IZ: 4.1 Höre auf die innere Stimme

Während ich auf meinen Flug wartete, wurde mir plötzlich klar, dass ich nichts zu lesen dabei hatte. Kurz bevor das Gate schloß, rannte ich zum Buchladen hinüber. Die Aufga­be, aus Hunderten von Büchern eines auszusuchen, während ich fürchtete, meinen Flug zu verpassen, fiel mir nicht leicht. In meiner Hektik sprang mir der Titel eines Buchs ins Auge: THE COSMIC CODE: QUANTUM PHYSICS AS THE LANGUAGE OF NATURE (Der kosmi­sche Code: Die Quantenphysik als Sprache der Natur) geschrieben von dem Physiker Heinz R. Pagels [Pagels 1982]. Ich überflog den Klappentext und stellte fest, daß es eine Darstellung der Quantenphysik für Laien war. Ich hatte seit dem College immer weiter stur an meiner Abneigung gegen die Quantenphysik festgehalten und legte das Buch zurück, um mich nach einer etwas leichteren Lektüre umzusehen. Mein Zeitgefühl schlug immer lauter Alarm, also griff ich mir einen dieser selbst er­nannten Bestseller und lief zur Kasse. Während der Verkäufer den Bestseller in die Kas­se eingab, sah ich hinter ihm auf einem Regal ein weiteres Exemplar von Pagels Buch. Ich überwand endlich meine Abneigung gegen die Quantenphysik und bat den Kassie­rer, mir auch den KOSMISCHEN CODE zu geben.

 

An Bord des Flugzeugs mußte ich mich erst einmal bei einem Kreuzworträtsel von mei­nem adrenalingesättigten Ausflug in den Buchladen erholen. Schließlich nahm ich aber doch Pagels Buch zur Hand. Binnen kurzem war ich völlig gefesselt. Ich brannte darauf, was auf der nächsten Seite stand und mußte doch einzelne Passagen immer wieder le­sen. Ich las während des ganzen Flugs, während meiner drei Stunden Aufenthalt in Mia­mi und während der restlichen fünfstündigen Reise auf meine Insel. Pagels faszinierte mich restlos!

 

Bevor ich in Chicago an Bord gegangen war, hatte ich keine Ahnung gehabt, was die Quantenphysik mit der Biologie, der Wissenschaft von den lebendigen Organismen, zu tun hat. Als ich im Paradies ankam, befand ich mich in einer Art intellektuellem Schockzustand. Mir war klar, daß die Quantenphysik für die Biologie eine wichtige
Rolle spielt und daß die Biologen einen schweren wissenschaftlichen Irrtum begehen, indem sie die Gesetze der Quantenphysik ignorieren. Schließlich ist die Physik die


Grundlage aller Naturwissenschaften, doch wir Biologen halten uns immer noch an das altmodische, wenn auch recht geordnet strukturierte Newtonsche Weltmodell. Unser
Denken bewegt sich in der physischen Welt Newtons und mißachtet die unsichtbare Quantenwelt Einsteins, in der Materie aus Energie besteht und es nichts Absolutes gibt.
Auf der atomaren Ebene ist ja noch nicht einmal gesichert, daß es die Materie überhaupt gibt. Es gibt sie nur als Tendenz. All meine biologischen und physikalischen Gewißhei­ten waren erschüttert!

 

Im Rückblick hätte mir und anderen Biologen klar sein können, daß die Newtonsche Physik, so elegant und beruhigend sie für hyperrationale Wissenschaftler auch sein mag, nicht die ganze Wahrheit über den menschlichen Körper oder das Universum enthalten kann. Die medizinische Forschung schreitet zwar immer weiter voran, aber lebendige Organismen verweigern sich letztendlich stur jeder Quantifizierung.

 

Eine Entdeckung nach der anderen erklärt biochemische Signalstoffe wie Hormone und Zytokine (Im­munbotenstoffe), Wachstumsfaktoren und Tumor-Unterdrücker, doch sie deutet keine paranormalen Phänomene wie etwa Spontanheilungen, verblüffende übersinnliche oder rational nur schwer erklärliche körperliche Phänomene wie das Laufen über glühende Kohlen ohne Auftreten von Brandwunden oder die Fähigkeit der Akupunktur, Schmer­zen zu beseitigen, indem Chi im Körper bewegt wird, die allesamt der Newtonschen Biologie widersprechen.

 

Natürlich hatte ich über solche Dinge nicht nachgedacht, als ich noch an der medizini­schen Fakultät war. Meine Kollegen und ich hatten unsere Studenten dazu ausgebildet, Heilungen zu ignorieren, die auf Akupunktur, Chiropraktik, Massagen, Gebete oder Ähnliches zurückgeführt wurden. Wir gingen sogar noch weiter. Wir beschuldigten die­se Therapien der Scharlatanerie, weil wir an den alten Glauben der Newtonschen Physik gebunden waren. Alle eben genannten Heilweisen beruhen auf dem Glauben, dass es Energiefelder gibt, die unsere Physiologie und Gesundheit beeinflussen können.