IZ: 8.2 Wir sind als Ebenbild des Universums erschaffen

An jenem frühen Morgen in der Karibik wurde mir klar, daß selbst die »Gewinner« un­serer darwinschen Welt Verlierer sind, weil wir eins sind mit dem größeren Universum, mit Gott.

 

Das Verhalten der Zelle entsteht dadurch, daß ihr Gehirn, die Membran, auf Umweltsignale reagiert. Tatsächlich ist jedes funktionale Protein unseres Körpers ein komplementäres »Abbild« eines Umweltsignals. Wenn ein Protein kein komplementä­res Signal hätte, mit dem es sich verbinden kann, könnte es nicht funktionieren.

 

Das be­deutet, wie mir damals klar wurde, daß jedes Protein in unserem Körper ein physika­lisch-elektromagnetisches Gegenstück zu etwas in unserem Umfeld ist. Weil wir aus Proteinen bestehende Maschinen sind, sind wir also ein Abbild unseres »Umfelds«. Und dieses Umfeld ist das Universum – manche nennen es auch Gott.

 

Zurück zu den Gewinnern und Verlierern. Die Menschen entwickelten sich also kom­plementär zu ihrer Umgebung. Wenn wir diese Umgebung jedoch zu sehr verändern, werden wir nicht mehr komplementär dazu sein – wir werden nicht mehr »passen«.

 

Im Augenblick verändern die Menschen diesen Planeten so drastisch, daß wir unser eigenes Überleben ebenso gefährden wie das aller anderen, immer schneller aussterbenden Or­ganismen. Diese Bedrohung betrifft Porschefahrer und Fastfood-Mogule mit einem Haufen Geld – also die »Gewinner« – genauso wie arme Wanderarbeiter und andere »Verlierer« dieses Überlebenskampfes.

 

Es gibt zwei mögliche Auswege aus diesem Di­lemma: aussterben oder mutieren.

 

Darüber sollte man ernsthaft nachdenken. Das Be­dürfnis, möglichst viele BigMacs zu verkaufen, zerstört den Regenwald, immer mehr benzinsaufende Fahrzeuge verpesten die Luft, und die Ölindustrie verwüstet die Erde und vergiftet das Wasser.

 

Die Natur hat uns als Ebenbild einer natürlichen Umwelt er­schaffen, nicht der Umwelt, die wir zur Zeit erzeugen.Von den Zellen habe ich gelernt, daß wir ein Teil des Ganzen sind und daß wir dazu neigen, das in unserer Not zu vergessen. Aber ich weiß auch, daß jeder von uns eine einzigartige, biologische Identität besitzt. Warum eigentlich?

 

Was macht die Zellge­meinschaft eines jeden Menschen so einzigartig?Auf der Oberfläche unserer Zellen gibt es eine Gruppe von Identitätsrezeptoren, die ein Individuum vom anderen unterscheiden.

 

Eine gut untersuchte Untergruppe dieser Iden­titätsrezeptoren sind die HLA-Antigene (Human Leucocyte Antigene), die zum Immun­system gehören. Ohne Ihre Identitätsrezeptoren wären Ihre Zellen nicht mehr als Ihre ei­genen zu erkennen.

 

Sie wären einfach allgemein menschliche Zellen. Doch mit diesen Identitätsrezeptoren sind sie eindeutig als Ihre persönlichen Zellen zu identifizieren.

 

Bei Organspenden ist es sehr wichtig, daß die Identitätsrezeptoren des Spenders zu de­nen des Empfängers passen. Je besser sie übereinstimmen, desto geringer die Absto­ßungsreaktion des Immunsystems. Angenommen, es gäbe auf der Oberfläche der Zelle 100 verschiedene Identitätsrezeptoren, die Sie als Individuum kennzeichnen. Wenn ich Ihnen jetzt ein Organ spenden wollte, dann würden meine 100 Identitätsrezeptoren mit den Ihrigen verglichen. Wenn man dabei nur eine Übereinstimmung bei 10 Rezeptoren
fände, wäre ich kein guter Spender für Sie.

 

Die geringe Überschneidung wäre ein Hin­weis darauf, daß wir sehr unterschiedliche Identitäten aufweisen. Der große Unterschied würde Ihr Immunsystem mobilisieren, die fremden Zellen des transplantierten Organs abzustoßen.

 

Ihre Heilungschancen wären größer, wenn Sie einen Spender finden wür­den, dessen Identitätsrezeptoren den Ihrigen ähnlicher sind.Sie würden jedoch niemals einen hundertprozentig übereinstimmenden Spender finden. Bislang haben die Wissenschaftler noch keine zwei Individuen gefunden, die biologisch vollkommen übereinstimmen.

 

Theoretisch ist es möglich, universelles Spendergewebe zu erzeugen, indem man die Identitätsrezeptoren entfernt. Diese Zellen würden dann nicht abgestoßen. Allerdings wurde das bisher noch nicht versucht.

 

Die Wissenschaftler konzentrieren sich ganz auf diese mit dem Immunsystem zusam­menhängenden Rezeptoren, doch letztlich sind es nicht die Proteinrezeptoren, die einem Individuum seine Identität verleihen, sondern das, was sie aktiviert.

 

Jede individuelle Gruppe von Identitätsrezeptoren auf der Membranoberfläche empfängt wie eine Anten­ne ihre komplementären Signale aus ihrer Umgebung. Die Identitätsrezeptoren empfan­gen Signale der »Identität«, die nicht aus dem Inneren der Zelle heraus bestimmt wird, sondern von der äußeren Umgebung.

 

Stellen Sie sich den menschlichen Körper wie ein Fernsehgerät vor. Sie sind in dieser Analogie das Bild auf dem Bildschirm. Aber das Bild ist nicht in dem Fernsehgerät ent­standen. Ihre Identität wird per Funk an die Antenne des Gerätes gesendet. Eines Tages stellen Sie den Fernseher an und die Bildröhre geht kaputt. Ihre erste Reaktion ist: »Oh Sch…, jetzt ist der Fernseher kaputt!«

 

Aber ist das Bild auch kaputt? Wenn Sie sich ei­nen anderen Fernseher besorgen und ihn auf den Sender einstellen, den Sie zuvor emp­fangen haben, merken Sie, daß das Bild immer noch gesendet wird, obwohl Ihr vorheri­ges Fernsehgerät »gestorben« ist.

 

Der »Tod« des Fernsehers als Empfänger kann dem aus der Umwelt gesendeten Bild nichts anhaben.In unserer Analogie entspricht der Fernseher der Zelle. Die empfangende Antenne ent­spricht unserer Gruppe von Identitätsrezeptoren und die Sendung entspricht einem Um­weltsignal. Durch unsere Fixierung auf die materielle Welt Newtons glauben wir zu­nächst, daß die Proteinrezeptoren der Zelle das »Selbst« sind.

 

Das wäre so, als glaubten Sie, daß Ihre Fernsehbilder aus der Antenne kommen. Die Rezeptoren der Zelle sind nicht die Quelle Ihrer Identität, sondern sie sind das »Gerät«, in welches das »Selbst« aus der Umwelt heruntergeladen wird.

 

Als ich diese Beziehung ganz begriffen hatte, erkannte ich, daß meine Identität, mein »Selbst«, in der Umwelt existiert, ganz gleich ob mein Körper hier ist oder nicht. Das ist genauso wie bei der Analogie mit dem Fernseher: Wenn mein Körper stirbt und in der Zukunft ein neues Individuum mit genau der gleichen Gruppe von Identitäts-Rezeptoren geboren wird, »lädt« mich dieses Individuum in sein System und »ich« werde wieder in der Welt präsent sein.

 

Auch wenn mein physischer Körper stirbt, ist die »Sendung« im­mer noch aktiv. Meine Identität ist eine komplexe Signatur innerhalb der riesigen Men­ge an Informationen, die alle gemeinsam die Umwelt ausmachen.

 

Meine Überzeugung, daß die »Sendung« eines Individuums auch nach seinem Tod im­mer noch präsent ist, wird durch die Berichte von Transplantationspatienten unterstützt, die davon berichten, daß sie mit ihren neuen Organen auch neue Verhaltensweisen und Körperempfindungen erhalten haben.

 

Die konservative, gesundheitsbewußte Claire Syl­via aus Neu-England staunte sehr, als sie nach einer Herz- und Lungentransplantation eine Vorliebe für Bier, Brathähnchen und Motorräder entwickelte. Sie sprach mit der Familie des Spenders und erfuhr, daß sie das Herz eines achtzehnjährigen Motorradfans erhalten hatte, der sich am liebsten von Bier und Brathähnchen ernährte. In ihrem Buch A CHANGE OF HEART beschreibt Sylvia ihre transformierenden persönlichen Erfahrun­gen und die Erfahrungen anderer Transplantationspatienten aus ihrer therapeutischen Begleitgruppe [Sylvia und Novak 1997].

 

In seinem Buch THE HEARTʼS CODE: THE TRUE STORIES OF ORGAN TRANSPLANT PATIENTS präsentiert Paul P. Pearsall eine Reihe ähnli­cher Geschichten [Pearsall 1998].

 

Die Detailliertheit der Erinnerungen, die mit diesen Transplantationen einhergingen, ist mehr als nur Zufall. Ein Mädchen hatte nach einer Herztransplantation heftige Alpträume, in denen es um Mord ging. Ihre Träume waren so aussagekräftig, daß sie dazu beitrugen, den Mörder ihres Spenders zu überführen.

 

Eine Theorie, wie diese neuen Verhaltensweisen übertragen werden, ist das »Zellge­dächtnis«, das heißt die Annahme, daß mit den Zellen irgendeine Art von Gedächtnis übertragen wird. Nun wissen Sie, daß ich eine große Hochachtung vor der Intelligenz der Zelle habe, aber für mich ist an dieser Stelle Schluß. Ja, Zellen können sich daran »erinnern«, daß sie eine Muskelzelle oder eine Leberzelle sind, aber ihre Intelligenz ist begrenzt.

 

Ich glaube nicht, daß es in der Zelle Wahrnehmungsmechanismen gibt, die sich an eine Vorliebe für Brathähnchen erinnern können! Ein psychologisches und verhaltensorientiertes Erinnerungsvermögen scheint jedoch möglich, wenn wir bedenken, daß in dem transplantierten Organ immer noch die Identi­täts-Rezeptoren des Spenders vorhanden sind, die offensichtlich weiter ihr ursprüngli­ches Programm empfangen. Obwohl der Körper des Spenders längst tot ist, läuft die Sendung noch. Sie sind unsterblich – wie wir es nach meiner Erkenntnis über die Me­chanik der Zellmembran alle sind.

 

Zellen- und Organtransplantationen bieten nicht nur ein Modell für unsere Unsterblich­keit, sondern auch für die Reinkarnation. Denken Sie nur an die Möglichkeit, daß ein zukünftiger Embryo über genau die gleichen Identitäts-Rezeptoren verfügt wie ich jetzt. Dieser Embryo wird »mich« empfangen. Meine Identität ist dann wieder da, allerdings in einem anderen Körper. Wenn man sich klarmacht, daß dieser neue Körper weiß, schwarz, braun, gelb, weiblich oder männlich sein kann, wird aller Rassismus und Se­xismus nicht nur lächerlich, sondern auch unmoralisch.

 

Wenn die Umwelt das Alles, was ist (= Gott) umfaßt und unsere Identitäts-Rezeptoren immer nur einen kleinen Aus­schnitt aus diesem riesigen Spektrum »downloaden«, dann wird klar, daß wir ein kleiner Teil des Großen Ganzen sind – ein kleiner Teil Gottes.