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  • Erstellungsdatum 8. August 2024
  • Zuletzt aktualisiert 8. August 2024

Meinungsmacht

Uwe Krüger

Meinungsmacht

Der Einfluss von Eliten auf Leitmedien und Alpha-Journalisten –  eine kritische Netzwerkanalyse

REIHE DES INSTITUTS FÜR PRAKTISCHE  JOURNALISMUS- UND KOMMUNUNIKATIONSFORSCHUNG (IPJ)

1.1 Hinführung zum Thema

Am Abend des 5. Juni 2008 moderierte Maybrit Illner im ZDF eine Talkrunde zur Spitzel-Affäre der Deutschen Telekom Ag. Wenige Tage zuvor war ans Licht gekommen, dass die Unternehmensspitze der Telekom in den Jahren 2005 und 2006 illegal Telefonverbindungsdaten von Aufsichtsräten und Journalisten abgeglichen hatte, um herauszubekommen, wer Interna
aus den Sitzungen des Aufsichtsrates an die Medien weitergegeben hatte.

Unter dem Titel »Deutschland einig Spitzelland – Wer stoppt die Datendiebe?« debattierten nun der Telekom-Aufsichtsratsvize Lothar Schröder, der CDu-Innenpolitiker Wolfgang Bosbach, Hans Leyendecker von der Süddeutschen Zeitung, die frühere (und spätere) Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger und der Geschäftsführer des Bundesverbandes Deutscher Detektive, wie es um den Datenschutz in Deutschland und speziell bei der Telekom bestellt ist. Obwohl es auch um Versäumnisse des aktuellen Vorstandsvorsitzenden René Obermann ging (die Bespitzelungen gingen auf das Konto seines Vorgängers), fiel sein Name kein einziges Mal.

Die Diskutanten schlichen mit den Bezeichnungen »aktueller Vorstand« und »neuer Vorstand« um das Wort »Obermann« herum (KAZim 2008). Warum? Weil die Moderatorin und der Vorstandsvorsitzende privat ein Paar waren.

Auf einer sehr offensichtlichen Ebene demonstriert dies, wie persönliche Bande von Journalisten zu einem Tabu im journalistischen Inhalt führen können. Hier war der blinde Fleck in der Berichterstattung nur ein Name, und der Grund war jedem bekannt, der die Boulevard-Berichterstattung über die Liebesbeziehung der beiden attraktiven und erfolgreichen Mittvierziger verfolgt hatte. Nicht immer ist die Sache so augenfällig.

 

Am 27. Februar 2009 meldete die Bild-Zeitung auf ihrer Politikseite, dass der Verein Atlantik-Brücke in einem Hotel im indischen Mumbai getagt habe, ein »Internationales Beratergremium« in Leben gerufen sowie die »Erklärung von Mumbai« verabschiedet habe: »Eine Aufforderung an den Westen, trotz Wirtschaftskrise für offene Märkte einzustehen.« Darüber ein Foto mit Granden der Atlantik-Brücke wie Airbus-Chef Thomas Enders und Unternehmensberater Roland Berger (Abb. 1). Wer auf die Website des Vereins schaute, sah dort dasselbe Foto, allerdings mit einem weiter gefassten Ausschnitt: Zu sehen ist zusätzlich etwas architektonisches Flair des Taj Mahal Palace Hotels – und Kai Diekmann, der Chefredakteur der Bild-Zeitung. Er war nicht als Berichterstatter zugegen gewesen, sondern hatte als Vorstandsmitglied der Atlantik-Brücke einen gleichberechtigten Platz in der Runde gehabt. Dass er auf dem Foto in der Bild-Zeitung abgeschnitten war, dürfte nicht nur auf Platzgründe zurückzuführen sein. Sicher spielte das Kalkül eine Rolle, dass manche Leser die Involviertheit des Chefredakteurs nicht goutieren würden, soll er ihnen doch eigentlich als möglichst neutraler, unbeteiligter Beobachter die Ereignisse in der Welt nahebringen.