RKI 2010: Schizophrenie

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  • Erstellungsdatum 17. Februar 2022
  • Zuletzt aktualisiert 16. März 2022

RKI 2010: Schizophrenie

Autoren: Wolfgang Gaebel und Wolfgang Wölwer - Herausgeber: Robert Koch-Institut, Berlin 2010

2 Krankheitsbild

Schizophrenie ist eine schwere psychische Erkrankung, die durch zeitweilige, fundamentale Störungen des Denkens, der Wahrnehmung und des Erlebens mit Beeinträchtigungen bis hin zum Verlust des Realitätsbezugs charakterisiert ist. Sie betrifft weltweit etwa 1 % der Bevölkerung mindestens einmal im Leben, erstmals zumeist bereits in jungen Jahren zwischen dem 18. und 35. Lebensjahr. Bei etwa 20 % bis 25 % der Betroffenen bleibt es nach erfolgreicher Behandlung
bei einer einzigen psychotischen Episode mit völliger Wiederherstellung der psychischen Gesundheit. Bei den übrigen Patienten kommt es nach zwischenzeitlichen Phasen einer mehr oder weniger vollständigen Remission, die von Symptomfreiheit bis zum Verbleib erheblicher Restsymptomatik mit kognitiven und sozialen Beeinträchtigungen reichen kann, zu teils wiederholten Rückfällen. Einen chronisch progredienten Verlauf entwickeln heute nur noch zwischen 10 % bis ca. 30 % der Patienten. Gleichzeitig vorhandene (»komorbide«) somatische oder psychische Erkrankungen (insbesondere Suchterkrankungen), die sich bei etwa 40 % bis
60 % der stationär behandelten und bei etwa einem Drittel der ambulant behandelten Patienten finden, sowie mangelnde Behandlungsbereitschaft fördern einen schlechten Verlauf.

3 .1 Inzidenz und Prävalenz

Jährlich erkranken weltweit unabhängig vom sozioökonomischen Status von je 100.000 Einwohnern zwischen 11 und 20 Personen neu an Schizophrenie, d. h. die Jahresinzidenz liegt bei 0,01 % bis 0,02 % [17]. In Deutschland werden pro Jahr etwa 19 Neuerkrankungen pro 100.000 Einwohner diagnostiziert; d. h. bei einer Einwohnerzahl Deutschlands von 82,3 Millionen ist im Jahr mit etwa 15.600 neu diagnostizierten Schizophrenieerkrankungen zu rechnen. Die Lebenszeitprävalenz, also das Risiko mindestens einmal im Leben an Schizophrenie zu erkranken, liegt in der Altersgruppe der 15- bis 60-Jährigen weltweit je
nach Weite der Diagnosekriterien zwischen 0,7 % und 1,4 % und wird durchschnittlich mit 1 % angegeben. Dies bedeutet, dass im Durchschnitt eine von hundert Personen irgendwann in ihrem Leben eine schizophrene Episode erlebt. Bedingt durch den hohen Anteil rezidivierender und chronischer Verläufe der Erkrankung liegt auch die Jahresprävalenz, d. h. der Anteil derjenigen Personen, die während eines Jahres mindestens einmal die Diagnose-Kriterien einer Schizophrenie gemäß ICD-10, F20 erfüllen, nur unwesentlich niedriger:
Eine Metaanalyse von 24 nationalen (inklusive drei deutschen) und drei transnationalen Bevölkerungssurveys aus europäischen Ländern weist in der Gruppe der 18- bis 65-Jährigen auf eine Jahresprävalenz von Schizophrenie von 0,8 % bis 0,9 % hin [18].