Nachwort

„Wenn man sich einer Tatsache gegenübersieht, die im Widerspruch zu einer herrschenden Theorie steht, so muß man die Tatsache annehmen und die Theorie verwerfen, selbst wenn letztere allgemein geglaubt wird, da große Köpfe sie befürworten. „

Claude Bernard (1813-1878)

 

Dieses Buch soll im wesentlichen Experimente dokumentieren, von denen ich hoffe, daß sie ausreichen, um die Realität des Phänomens, dem wir gegenüberstehen, unbezweifelbar klarzustellen. Die Abhandlung mußte beschränkt bleiben, um den Blick für die Anwendung dieser neuentdeckten Reaktionen auf möglichst viele Gebiete zu eröffnen. Ich hoffe, die angegebenen Beispiele sind dem Leser nicht nur eine Hilfe, die vorliegenden Mechanismen zu verstehen, sondern auch zugleich eine Anregung, die Probleme auf seinem speziellen Arbeitsgebiet jeweils weiterzuverfolgen.

 

Die vorangehenden Seiten haben gezeigt, daß die biologischen Transmutationen der Elemente den Gesetzen der Chemie in keiner Weise widersprechen. Chemie ist die Wissenschaft von den Austauschvorgängen der Elektronen der äußeren Schalen der Atome. Es ist die Wissenschaft von den Molekülen, nicht von den Atomkernen.

 

Das Phänomen, das ich aufgedeckt habe, existiert auf der Ebene des Atomkerns. Es handelt sich um einen neuen Zweig der Naturwissenschaft, der sich von der Chemie klar unterscheidet; diese erfaßt lediglich das Ergebnis der Transmutationen und ist von daher in ihren Möglichkeiten begrenzt.

 

Einstein sagte nichts davon, daß die von ihm aufgedeckten Gesetzmäßigkeiten in der Biologie Anwendung hätten. Er beharrte stets darauf, daß sie nur in seinem besonderen Forschungsgebiet von Bedeutung seien.

 

Aufgeschlossene Physiker sind sich der Tatsache wohl bewußt, daß nicht alle Gesetze der Physik sich auf Lebendiges anwenden lassen. Louis de Broglie schrieb: „Es wäre verfrüht, die Vorgänge des Lebendigen auf die sehr unvollkommen entwickelten Auffassungen der Physik und Chemie des 19. und selbst des 20. Jahrhunderts zu reduzieren.“

 

In ähnlicher weise schrieb R. H. Dicke in seinem Werk The Theoretical Significance of Experimental Relativity (New York), mittlerweile zeige sich, daß die anfängliche Begeisterung für die Beweise der allgemeinen Relativitätslehre allmählich abflaue. Immer mehr Physiker widersetzen sich der starren Haltung einzelner Spezialisten.

 

Einer dieser Physiker, Professor H. Prat, schrieb: „All unsere physikalischen und biologischen Gesetze sind in der Tat mehr oder weniger auf die implizite Annahme des Begriffs der Identität gegründet. Sie müßten samt und sonders gesichtet und flexibler gemacht werden.“

 

Als ein weiteres Beispiel schrieb der herausragende Physiker Brillouin über die Selbstheilung von Gewebe und ähnliche Vorgänge: „Das ist auch der Grund, weshalb so viele Wissenschaftler meinen, derart merkwürdige Phänomene seien mit unseren derzeit gültigen physikalischen und chemischen Gesetzen nicht zu erklären.“

 

Auf dem Gebiet der Atomphysik wird alles an die Theorie Einsteins angeglichen. Doch nicht überall wird dieser eher Verwirrung stiftende Versuch zur Verallgemeinerung unterstützt. Andere Wissenschaftler meinen: „Einsteins Gleichungen bleiben gültig, doch es hat jetzt den Anschein, daß sie unvollständig sind“ (The Sciences, Juli 1964). Weiter heißt es: „Eine neuerliche Prüfung, die eine vollständige Revision unserer Vorstellungen einschließt, wird uns zu dem Schluß führen, daß die Relativitätstheorie angepaßt werden muß.“

 

Ich stelle mich nicht gegen Einstein. Ich widersetze mich nur denen unter seinen Anhängern, die ihren Lehrer nicht begriffen haben und die Gesetze, deren Gültigkeit Einstein selbst klar eingrenzte, auf jedes und alles anwenden.


Aber wer liest schon Einstein? Viele populäre Bücher über die Relativität stammen von Professoren, die diese Lehre mißverstanden haben und falsche Berechnungen aus anderen Werke unbesehen automatisch übernehmen. „Nur für diese Bezugskörper [Galileische Körper, d. h. solche, die eine geradlinig gleichförmige, rotationsfreie Bewegung ausführen] wurde die Gültigkeit des Relativitätsprinzips angenommen“, schrieb Einstein. Und weiter, „daß nach der allgemeinen Relativitätstheorie das Gesetz von der Konstanz der Vakuumlichtgeschwindigkeit Y keine unbegrenzte Gültigkeit beanspruchen kann*.“

 

Einsteins späte Position lautete, daß es mehrere gültige Theorien gibt, von denen jede für sich völlig eigenständig und für ihr Gebiet anwendbar ist. Doch heute beziehen viele leidenschaftlich Partei für die Theorie Einsteins, während andere sie vollständig ablehnen. Die Physiker sind untereinander uneins, und mir liegt nichts daran, mich in ihre Debatte einzumischen.

 

Wichtig ist dagegen, daß Ärzte, Biologen und Agronomen die biologischen Transmutationen bereits heute anwenden. Manche Ärzte setzen sie empirisch ein, ohne sie ganz zu verstehen. Das gleiche tun Agronomen, die einen ertragarmen Acker einige Jahre brachliegen lassen, und während dieser Zeit gewinnt das Land die Elemente, an denen es ihm mangelte, wieder zurück. Genauso wissen auch viele Knochenspezialisten, daß Knochen sich ohne Calcium bilden.

 

Die gesamte Entstehung und Entwicklung unseres Planeten muß unter dem Blickwinkel der Transmutation neu erforscht werden. Dies eröffnet Geologen wie Philosophen neue Horizonte, aber auch Theologen. Diese können Anlaß zum Nachdenken in der Tatsache sehen, daß sich Leben nicht auf Chemie beschränkt. Damit soll allerdings nicht gesagt sein, mit der Anerkennung der biologischen Transmutation sei man dem Phänomen Leben weitgehend auf die Spur gekommen. Ich meine, daß damit im Gegenteil nur gezeigt wird, daß das Leben viel komplexer ist, als einige Biochemiker glauben.

 

„Wenn man eine allgemeine Theorie aufstellt“, sagt Claude Bernard, „so weiß man nur eines, nämlich daß alle solche Theorien, absolut gesehen, falsch sind, Y denn sie müssen mit dem Wachsen der Wissenschaft modifiziert werden, und das umso mehr, als die Wissenschaft noch jung in ihrer Entwicklung ist. Was den Wissenschaftler auszeichnet, ist nicht so sehr, daß er große Entdeckungen macht, bei denen der Zufall eine große Rolle spielt, sondern daß er die Gesetzmäßigkeiten aufdeckt, die hinter den Erscheinungen stehen.“

 

Der Fluch des modernen Wissenschaftlers ist in der übertriebenen Spezialisierung auf jedem Wissenschaftsgebiet zu sehen; das isoliert ihn von den anderen Disziplinen. Für viele ist die Wissenschaft einfach eine Arbeit wie jede andere Tätigkeit; den Angestellten ist jeglicher Sinn für Abenteuer abhanden gekommen.

 

Rufen wir uns noch einmal in Erinnerung, daß es sich bei den Niedrigenergie-Transmutationen um ein gänzlich anderes Phänomen als das in der Kernphysik erforschte handelt. Alle hier betrachteten Transmutationen waren biologischer Natur. Sie führten uns zu der Erkenntnis, daß die natürliche Struktur des Atoms sich von derjenigen unterscheidet, die sich aus den Techniken der Forschung in der Kernphysik ergibt. Der Kern ist aus Untereinheiten aufgebaut, die sich mit verhältnismäßig geringem Energieaufwand voneinander trennen lassen. Insbesondere sind bei den meisten der untersuchten Reaktionen ein Wasserstoffatom oder ein Sauerstoffatom beteiligt.

 

Ich hoffe, daß der Leser, der dieses Buch aufmerksam gelesen hat, einen Nutzen aus der Kenntnis des Phänomens der biologischen Transmutation zieht. In der Zukunft werden weitere Bücher übersetzt werden, und in diesen werden natürlich weitere Experimente geschildert werden, ausgeführt von Forschern der verschiedenen Fachrichtungen, die biologische Transmutationen auf ihr jeweiliges Gebiet anwenden. Aus diesem Grunde wurde die zu unserem Thema gehörende Theorie in diesem Buch vernachlässigt.

 

* Albert Einstein: Über die spezielle und allgemeine Relativitätstheorie (gemeinverständlich). 19. Aufl. Braunschweig 1963. S. 37, 46