IZ: 3.0 Das Wunder der Zellmembran

Zellmembrane

Nachdem wir uns nun die Proteinbau-Maschine der Zelle angesehen und die Idee hinter uns gelassen haben, der Zellkern sei das Gehirn der Zellfunktionen, und besonders nachdem wir die entscheidende Rolle erkannt haben, welche die Umgebung für die Funktionen der Zelle spielt, wenden wir uns den nützlichen Aspekten dieser Erkenntnis­se zu – denen, die Ihrem Leben mehr Sinn verleihen und Ihnen einen Weg zu persönli­cher Veränderung aufzeigen können.

 

In diesem Kapitel will ich meinen Kandidaten für das Steuerungsorgan des Zelllebens vorstellen: die Membran. Ich bin überzeugt, wenn Sie erst einmal verstanden haben, wie die chemische und die physikalische Struktur der Membran funktioniert, werden Sie diese wie ich »die magische Membran« nennen. Und wenn Sie dann Ihr Wissen um die­se magische Membran mit einem Wissen um die aufregende Welt der Quantenphysik vereinen, die ich im nächsten Kapitel erläutern werde, dann begreifen Sie, wie falsch die Tagespresse des Jahres 1953 lag. Das wahre Geheimnis des Lebens liegt nicht in der be­rühmten Doppelhelix. Es liegt in den genial einfachen biologischen Mechanismen der magischen Membran – jenes Mechanismus, durch den Ihr Körper Umweltsignale in Verhalten umsetzt.

 

Als ich in den 1960er-Jahren damit begann, Zellbiologie zu studieren, wäre

man für die Idee, daß die Membran das Gehirn der Zelle sei, ausgelacht worden. Ich muß zugeben, daß die Membran in jenen Tagen kein besonderes Interesse zu erwecken vermochte. Sie schien einfach eine halb durchlässige, dreischichtige Haut zu sein, die das Zytoplasma zusammenhielt. Wie eine Frischhaltefolie mit Löchern.

 

Einer der Gründe, weshalb die Wissenschaftler die Membran so falsch einschätzten, war, daß sie so dünn ist. Zellmembranen sind nur ein siebenmillionstel Millimeter dick, sind also nur durch ein Elektronenmikroskop überhaupt sichtbar, und dieses Gerät wur­de nach dem Zweiten Weltkrieg entwickelt. So konnten die Biologen erst in den 1950er-Jahren bestätigen, daß es eine solche Membran überhaupt gab. Bis dahin glaubten viele Biologen, das Zytoplasma hielte durch seine gallertartige Konsistenz zusammen. Mit Hilfe dieser leistungsstarken Mikroskope erfuhren die Biologen, daß alle lebendigen Zellen eine Membran mit der gleichen dreilagigen Struktur aufweisen. Doch diese sim­ple Struktur täuscht über ihre funktionelle Komplexität hinweg.

 

Die Zellbiologen erhielten Einblick in die erstaunlichen Fähigkeiten der Zellmembran, indem sie die primitivsten Organismen studierten, die es auf diesem Planeten gibt: Pro­karyoten, zu denen auch Bakterien und andere Mikroben gehören, bestehen nur aus ei­nem von einer Membran umgebenen Tropfen Zytoplasma. Sie stellen zwar die primi­tivste Lebensform dar, doch sie haben ein Sinnesorgan. Ein Bakterium läßt sich nicht ziellos in der Gegend umhertreiben, sondern es führt genau wie die komplexeren Zellen die grundlegenden physiologischen Prozesse aus. Ein Bakterium nimmt Nahrung auf, atmet, scheidet aus und zeigt sogar eine Art »neurologische« Verarbeitung von Außen­reizen. Es kann wahrnehmen, wo es Nahrung gibt, und sich dorthin bewegen. Und es kann Gifte und Räuber erkennen und vor ihnen flüchten. Anders ausgedrückt: auch Pro­karyoten zeigen Intelligenz!Welche Struktur verleiht einer Prokaryote also ihre »Intelligenz«? Wir finden im Zyto­plasma von Prokaryoten keine Organellen, beispielsweise einen Zellkern oder Mit­ochondrien, wie in den höher entwickelten Eukaryoten. Die einzige geordnete Struktur, die als Kandidat für das Gehirn der Prokaryote in Frage kommt, ist ihre Zellmembran.