Troika

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  • The Wolff of Wall Street: Troika

In der Weltfinanzkrise von 2007/08 wurden zahlreiche Großbanken für „too big to fail“ erklärt und von verschiedenen Regierungen gerettet. Das allerdings riss gewaltige Löcher in die Staatshaushalte, sodass einige wirtschaftlich schwächere Länder anschließend in Zahlungsschwierigkeiten gerieten.


Besonders betroffen waren mehrere südeuropäische Länder der Eurozone, die in zweistelliger Milliardenhöhe bei westeuropäischen Banken verschuldet waren. Da diese bei US-Großbanken rückversichert waren, drohte eine gefährliche Kettenreaktion im globalen Finanzsystem.


Was also tun? Eine Währungsabwertung, die man normalerweise vorgenommen hätte, war wegen der Zugehörigkeit dieser Länder zur Euro-Währungsgemeinschaft ausgeschlossen. Deshalb wurde zunächst überlegt, einzelne Länder aus dem Euro zu entlassen. Das aber hätte das Vertrauen der Finanzwelt in die gesamte Eurozone untergraben und wurde deshalb schnell verworfen. Es war also klar, dass der Euro in allen Staaten der Eurozone beibehalten und sämtliche Staaten vor der Zahlungsunfähigkeit bewahrt werden mussten.


Um dieses Ziel zu erreichen, taten sich damals drei Organisationen zusammen und bildeten die Troika – zu Deutsch: das „Dreigespann“. Sie besteht

  • erstens aus der EU-Kommission, also der Exekutivarm der Europäischen Union,
  • zweitens aus der Europäischen Zentralbank (EZB) und
  • drittens aus dem Internationalen Währungsfonds (IWF).

Gemeinsam entwickelten die drei eine Notstrategie, um die Forderungen der internationalen Finanzindustrie zu erfüllen. Sie beschlossen die Vergabe von milliardenschweren Krediten an die Regierungen und die gleichzeitige Einführung der Austeritätspolitik – also einer Sparpolitik, die darauf abzielt, die Staatshaushalte zu entlasten.


Die EU-Kommission übernahm den politischen Part. Er bestand unter anderem darin, den Menschen die Maßnahmen zur Rettung der Banken als „Hilfsprogramme“ zu ihren Gunsten zu erklären und sie davon zu überzeugen, dass es nötig war, gewählte Politiker an der Spitze von Ländern wie Italien und Griechenland durch Technokraten wie die ehemaligen Goldman-Sachs-Banker Monti und Papadimos zu ersetzen.


Die EZB übernahm zu einem Teil die Finanzierung der Kredite, nutzte ihren Einfluss aber auch, um die Empfängerländer der Kredite politisch unter Druck zu setzen. Als in Griechenland die damals noch austeritätskritische Syriza-Bewegung die Wahlen zu gewinnen drohte, schnitt die EZB das Land kurzerhand von den Finanzmärkten ab. Der IWF als mächtigste Finanzorganisation der Welt übernahm nicht nur einen großen Teil der Kreditfinanzierung, sondern sorgte auch für die Konditionalität. Das heißt, er diktierte die Bedingungen, zu denen die Kredite an die Regierungen vergeben wurden. Dabei griff er vor allem auf sogenannte Strukturanpassungsmaßnahmen zurück, die er bereits in zahllosen Entwicklungs- und Schwellenländern durchgesetzt hatte.

 

Dazu gehörten unter anderem: Die Senkung der Staatsausgaben durch Entlassungen von Staatsangestellten und Einsparungen vor allem bei den Sozialausgaben. Da diese immer den höchsten Anteil am Staatshaushalt ausmachen, erfolgten hier die stärksten Einschnitte – und zwar bei Renten, Arbeitslosenzahlungen, Gesundheits- und Bildungsausgaben.


Die Privatisierung des staatlichen Vermögens, das heißt, der Ausverkauf von allem, was zu Geld zu machen war – bis hin zu Häfen und Flughäfen.


Die Erhöhung der Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft. Das heißt, Lockerung des Kündigungsschutzes, Verschärfung der Arbeitstempos, Senkung der Löhne, auch des Mindestlohns, und Kürzung von Vergütungen wie Urlaubs- oder Krankengeld.


Die Folge dieser Austeritätspolitik war eine drastische Senkung des Lebensstandards und eine Verschärfung der sozialen Ungleichheit. Während die Eigentümer der internationalen Banken, die die Krise durch ihre Spekulation an den Finanzmärkten verursacht hatten, ihr Geld erhielten, wurde der arbeitenden Bevölkerung der betroffenen Länder die gesamte Last der Krise auferlegt.


Auch das Ergebnis ihres Kurses rechtfertigt das Handeln der Troika nicht. Die Schuldenberge der Staaten sind heute höher als vor der Krise und das am härtesten von der Troika-Politik betroffene Griechenland ist bis heute nicht einmal in der Lage, die Zinsen auf die ausstehenden Schulden zu zahlen.


Eines allerdings ist der Troika gelungen. Sie hat deutlich gemacht, welchen Stellenwert die parlamentarische Demokratie innerhalb des Gefüges der Europäischen Union besitzt: Wenn gewählte Politiker in Krisensituationen problemlos durch ungewählte Bürokraten ersetzt werden können und diese anschließend ganze Staaten im Interesse der Finanzindustrie und zu Lasten der arbeitenden Bevölkerung zwangsverwalten dürfen, dann hat das mit parlamentarischer Demokratie – also der Herrschaft des Volkes mittels gewählter Volksvertreter – wohl kaum etwas zu tun.