2022/04: Melnyk, die FAZ und der nächste Tabubruch: „Alle Russen sind Feinde“

Über den ukrainischen Botschafter könnte man fast jeden Tag einen Artikel schreiben. Verdient hat er es nicht. Aber eines hat er mit Hilfe der deutschen „Qualitätspresse“ mittlerweile geschafft: Die immer noch latente Russophobie im Westen auf ein Niveau wie zu Hochzeiten des ersten Kalten Krieges zu heben – mindestens.

von Kaspar Sachse

 

Er hat es schon wieder getan! Der ukrainische Botschafter in Deutschland hat den nächsten Tabubruch begangen. Einmal mehr hat die selbsternannte „führende Tagezeitung Deutschlands“ dem ruhelosen wie ruchlosen Andrij Melnyk ein Podium für seine völkisch aufgeladenen Provokationen geboten. Erst letzte Woche gab es dazu von meiner Seite bereits an gleicher Stelle eine Sammlung „Best of„.

 

Am Mittwoch bekam Melnyk in der FAZ eine halbe Seite Platz – mit seinem Zitat als Überschrift, die in Deutschland nach den Gräueln von 1941 bis 1945 kaum für möglich gehalten werden konnte: „Alle Russen sind Feinde.“ Ja – Sie lesen richtig! Da reibt sich wohl sogar der kaltherzigste aller Kalten Krieger verdutzt die Freudentränen aus den Augen!

 

Im Interview legte der 46-Jährige aus der Ukraine dann in gewohnt „diplomatischer“ Weise los:

„Putin führt einen Vernichtungskrieg. Nicht nur gegen den ukrainischen Staat, sondern auch gegen die Ukrainer, gegen Zivilisten.“

 

Wieder taucht bei Melnyk – nicht zum ersten Male – die historisch hinreichend besudelte Formel vom „Vernichtungskrieg“ auf, den diesmal allerdings angeblich Russland gegen die Ukraine führe: Mit dieser Wortwahl begeht Melnyk wiederholt „eine Holocaust-Verharmlosung und Russophobie der übelsten Sorte, denn Hitler und seine Schergen führten einen ‚Vernichtungskrieg‘ gegen Juden und slawische ‚Untermenschen‘ „. Doch bereits Hitlers Propagandachef Joseph Goebbels wurde der Satz nachgesagt: „Wenn man eine große Lüge erzählt und sie oft genug wiederholt, dann werden die Leute sie am Ende glauben.“

 

Mit Verweis auf die schlimmen Ereignisse in der Ortschaft Butscha zeigt Melnyk, dass er selbst aber gar keine Waffenruhe mit den Russen will, sondern den Krieg mit allen Mitteln fortsetzen möchte:

 

Ich glaube, dass die Weltöffentlichkeit jetzt aufwachen und uns nicht mehr dazu zwingen sollte, diesen Krieg so schnell wie möglich zu beenden, eine Waffenruhe einzuführen, ohne Abzug der russischen Truppen. Denn eine Waffenruhe würde bedeuten, dass hunderte andere Städte und Dörfer, die seit mehr als vierzig Tagen besetzt sind, womöglich ein ähnliches schreckliches Schicksal erwartet.“

 

Nach dem Verhalten der ukrainischen Armee befragt, räumt Melnyk anschließend tatsächlich unumwunden ein, dass durchaus ukrainische Soldaten russischen Kriegsgefangenen in die Beine geschossen haben:

„Es ist Krieg, da liegen die Nerven blank.“

Angesprochen darauf, warum er die Einladung vom Bundespräsidenten Frank-Walter Steinmeier zu dem durch ihn initiierten Benefizkonzert mit ukrainischen und russischen Musikern als Zeichen der Versöhnung brüsk zurückgewiesen hatte, stellte der ukrainische Botschafter deutlich heraus:

 

„Uns kann es jetzt nicht darum gehen, zwischen guten Russen und bösen Russen zu unterscheiden. Denn Russland führt einen Krieg gegen die Ukraine. Es ist nicht Putin, der Menschen in Butscha ermordet hat. Das waren konkrete Menschen aus verschiedenen Regionen Russlands. Sie haben ihre Verwandten, sie telefonieren nach Hause, sie plündern Häuser. Wir haben tausende Telefonate, die wir aufgezeichnet haben, für das Kriegstribunal. Ich sage es ganz klar: Russland ist ein Feindstaat für uns. Und alle Russen sind Feinde für die Ukraine im Moment.“

 

Nach dieser Aussage will man sich gar nicht erst ausmalen, was Melnyk von diesen „konkreten Menschen aus verschiedenen Regionen Russlands“ hält, da er neulich schon „Putin schlimmer als Hitler“ diffamierte. Da wundert es auch nicht, wenn Melnyk auf die Frage, ob er keine russischen Freunde habe, lapidar erklärte:

 

„Nein, nie gehabt. Aus einem einzigen Grund: weil das, was wir heute erleben, schon seit vielen Jahrzehnten geplant war.“

 

Und wer dahinter steckt, ist für Melnyk auch eindeutig:

„Putins Propaganda hat ganze Arbeit geleistet. Man kann nicht erwarten, dass bald wieder Frieden herrscht. Wir können nicht einfach zur Normalität zurückkehren. Das wird nicht geschehen.“

 

Die NATO-Osterweiterung seit 1990 bis vor die Grenze der russischen Föderation, ebenso der von den USA mit 5 Milliarden Dollar finanzierte Maidan-Putsch 2014 und die Absetzung des gewählten Präsidenten Janukowitsch durch Oligarchen, die die Ukraine zum korruptesten Land Europas machten, fehlen an dieser Stelle in Melnyks Erzählung genauso, wie auch der achtjährige ukrainische Bürgerkrieg im Donbass mit seinen von ukrainischen Soldaten und Neonazi-Bataillonen ermordeten 13.000 Russen oder die vom Westen finanzierten, bis vor kurzem streng geheimen Bio-Labore verschwiegen werden. Danach hätte der Interviewer Simon Strauß – als Sohn des bekannten Schriftstellers Botho Strauß – den ukrainischen Botschafter durchaus einmal fragen können. Aber wie das so ist im Haltungsjournalismus: Der erste Kalte Krieg hatte bei der FAZ nie ganz aufgehört.

 

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