Eustace Mullins: Bankier-verschwörung – 2. SENATOR ALDRICH

Gleich nach der Rückkehr von Jekyl Island begannen die Finanzleute einen Propaganda-Feldzug im ganzen Lande, um dem Volke den ››Aldrich-Plan« schmackhaft zu machen.

 

Alle nationalen Banken mußten zu einem Bestechungsfonds von 5 Millionen Dollar beisteuern; die großen Universitäten wurden die Bollwerke der Propaganda, unterstützt von den Universitäts-Rektoren und den Professoren der Volkswirtschaft.

 

Woodrow Wilson, der Rektor der Princeton-Universität, war der prominenteste Erzieher, der sich für den Aldrich Plan einsetzte: ein Verhalten, das ihm sofort den Gouverneurssitz von New Jersey einbrachte. Während der Krise von 1907 hatte Wilson erklärt:

 

»Das ganze Mißgeschick hätte vermieden werden können, wenn wir ein Komitee von sechs oder sieben Männern mit der nationalen Gesinnung eines J. P. Morgan ernannt hätten, um die Angelegenheiten des Landes in die Hand zu nehmen.«

 

Dieses Eintreten für eine finanzielle Diktatur verschaffte ihm die Gunst der Bankiers, und er wurde zusammen mit James Stillman, dem damaligen Präsidenten der National City Bank, von Frank Vanderlip zum Essen eingeladen. Stillman bemerkte nachher Vanderlip gegenüber, daß Woodrow Wilson kein bedeutender Mann wäre. Trotzdem wurde er mit Unterstützung der National City Bank zum Präsidenten der Vereinigten Staaten
gemacht, nachdem er versprochen hatte, dem Federal-Reserve-Act Gesetzeskraft zu geben.

 

Viele Gelder des Propaganda-Feldzuges der Bankiers wurden unter dem Schutz einer Organisation gespendet, die sich National Citizens League (Nationale Bürger-Vereinigung) nannte, die jedoch keineswegs national war und richtiger eine Vereinigung von Volkswirtschaftlern hätte genannt werden müssen, da ihr hauptsächlich Dozenten angehörten, die vorwärts kommen wollten. An ihrer Spitze stand J. Laurence Laughlin, der prominenteste Volkswirtschaftler und Leiter der Volkswirtschaftlichen Fakultät an der Rockefeller-Universität von Chikago. Diese Liga ließ viele schwer verständliche Broschüren mit technischen Ausdrücken drucken und verteilen, in denen sie die Notwendigkeit einer Zentralbank und anderer Finanzreformen behauptete.

 

Der Aldrich-Plan wurde dem Kongreß als das Ergebnis eines mit einem Kostenaufwand von über 300000 Dollar erfolgten dreijährigen Studiums während der Europareise der National Monetary Commission vorgelegt. In Wirklichkeit hatten nur zwei Mitglieder der Kommission etwas mit dem Plan zu tun: Senator Aldrich und A. Piatt Andrew. Die anderen genossen eine zweijährige Vergnügungsreise durch Europa und unterzeichneten willig alles, was Aldrich von ihnen forderte.

 

1911 wurde der Aldrich-Plan ins offizielle Parteiprogramm der Republikanischen Partei aufgenommen. Dies war ein Fall, bei dem der Besen die Hexe reitet, denn die Republikanische Partei hatte stets seit dem Bürgerkrieg alle Versuche erbittert bekämpft, die eine Geldrefortn betrafen, und zwar bis zum Jahre 1910, und sie hatte die bis dahin größte Summe für eine Präsidentenwahl bei der Wahlschlacht gegen William Jennings Bryan im Jahre 1896 ausgegeben.

Bryan veranstaltete einen Propagandafeldzug für eine Währungsreform und erzielte eine derartige Wirkung, daß internationale Bankers hier und in Europa Geld in einen republikanischen Fonds fließen ließen und damit Millionen von Stimmen erkauften. Der Betrag, welcher bei diesem Wahlfeldzug ausgegeben wurde, ist niemals annähernd genau festgestellt worden, doch spätere Nachforschungen des Kongresses nannten Zahlen von sechs bis achtzehn Millionen Dollar. Dieselben Bankiers, welche einst Geld gaben, um die Währungsreform von 1896 zu bekämpfen, gaben 1911 großzügige Spenden, um das Reformgesetz zur Annahme zu bringen.

 

Die Republikanische Partei galt in Geldangelegerıheiten allgemein als die Vertreterin der Konservativen, und ihre plötzliche Wendung erregte einigen Verdacht. Das Eintreten für eine Währungsreform war bisher das Reservat der Demokratischen Partei gewesen. William Jennings Bryan hatte die Präsidentschaft fast nur auf Grund eines Programms erreicht, das eine Gold- und Silberwährung propagierte, obgleich er gegenüber dem Volkswirtschaftler Arthur Kitson bemerkte, »Frei-Silber ist nur Fenster-Schmuck. In Wirklichkeit kommt es nur auf die Kontrolle des Geldes und des Kreditwesens der Nation an. « Als er seine berühmte Rede vom ››Goldenen Kreuz« hielt, worin er den New Yorker Barıkiers anbefahl, die amerikanischen Bürger nicht an ein goldenes Kreuz zu schlagen, hörten sie nicht auf ihn.

 

1911 gab es noch viele unabhängige, volksfreundliche Zeitungen, deren Herausgeber nicht von den Bankiers bezahlt wurden. Diese Verleger erkannten in dem Aldrich-Plan die versteckte Gefahr für ihre Gremien und starteten einen heftigen, wirkungsvollen Kampf gegen ihn. Sie wiesen darauf hin, wie Paul Warburg es vorausgesehen hatte, daß Senator Nelson Aldrich weder die Allgemeinheit noch irgendeinen vertrat, der weniger als eine Million Dollar besaß, wofür es viele Beweise gab. Inforlgedessen entstand eine über das ganze Land verbreitete Opposition gegen den Aldrich-Plan. Andererseits schuf das Geschrei gegen ihn eine günstige Atmosphäre, eben diesem Plan unter der Patenschaft Woodrow Wilsons und der Demokratischen Partei als Federal-Reserve-Act von 1913 Gesetzeskraft zu verleihen.

 

Louis Brandeis führte den Kampf in Halper’s Weekly mit einer Serie von Artikeln über den „Großen Geld-Konzern„. Die publizistische Periode, welche als die des ››Ausmisten« bekannt ist, war in vollem Gange. Ida Tarbell enthüllte im American Magazine in mehreren Abhandlungen die ungesetzlichen Tätigkeiten von Senator Aldrich, veröffentlichte eine genaue Geschichte über Rockefellers Standard Oil und wies nach, daß Rockefellers gigantische Expansion ohne die Gelder, die ihm von der National City Bank und Kuhn, Loeb Co. vorgestreckt wurden, nicht möglich gewesen wäre.

 

Anschaulich beschrieb Miss Tarbel auch die Armut, in der die Arbeiter der Fabriken von Aldrich lebten, während er in Sicht ihrer Elendsquartiere Orchideen in Gewächshäusern züchtete. Aldrich hatte sich die Zustimmung des Senats zur Bildung der großen Trusts am Ende des 19. Jahrhunderts gesichert, er war auch selbst an zwei der größten Konzerne beteiligt, dem Tabaktrust mit Duke an der Spitze und dem Gummi-Trust, der von Rockefeller und Guggenheim geführt wurde.

 

Die technische Handhabung dieser großen Zusammenschlüsse wurde von einem glänzenden jungen Finanziers, mit Namen Bernard Baruch, organisiert, der sich gerade erst auf der Wall-Street hervorgetan hatte.

 

In Harper? Weekly vom 7. Mai 1910 heißt es in einem Leitartikel:

 

»Das Gebiet der Finanzen und Zölle untersteht Nelson Aldrich. Es untersteht seiner alleinigen Überwachung und Gesetzgebung. Herr Aldrich bemüht sich mit Hilfe der National Monetary Commission, ein Bank- und Währungsgesetz durchzusetzen. Viele Hunderttausende sind fest davon überzeugt, daß Herr Aldrich in seiner Person die größte und ernsteste Gefahr für das Wohl des Volkes der Vereinigten Staaten vereinigt. Ernst Newman sagte kürzlich: ›Was der Süden den Negern in politischer Hinsicht auferlegt, =wiirdeAldrich dem Norden zumessen, wenn er einen sich einen und praktischen Weg dazu wüßte!«

 

Der Aldrich-Plan war ein sicherer und praktischer Weg, die Wünsche Aldrichs und seiner Gruppe zu erfüllen, ebenso das Federal-Reserve-Gesetz. Die Organisatoren der Trusts hatten den größten Teil ihres Aufbauwerkes in den vorangegangenen zwanzig Jahren vollendet, es ging jetzt darum, die Gewinne zu sichern. Das konnte nur durch die Kontrolle von Geld und Kredit geschehen. Denn der Besitz der Trusts könnte nicht erhalten werden, wenn einer mit noch mehr Geld käme, um sie aufzukaufen. Gummi, Stahl, Schwerindustrie, Eisenbahnen und Zeitungswesen waren sicher in den Händen einiger Familien-Dynastien, wie Ferdinand Lundberg in seinem maßgebenden Werk ››Amerikas sechzig Familien« nachweist. Die Guggenheims, Seligmans, Schiffs, Warburgs, Baruchs, Lehr ans und ihre Satelliten kontrollierten das Bankwesen und die Politik. Die Macht dieser Trosts konnte nur auf zweierlei Weise angegriffen werden: durch unkontrollierbares Geld und durch unkontrollierbare Volksbewegungen, die im Kongreß eine Mehrheit gewinnen und die Oligarchie zwingen könnten abzutreten. So fiel die Geldreformbewegung zeitlich mit der großen Reformbestrebung der Geldleute zusammen, jeden Protest des Volkes gegen internationale Elemente zu schwächen und zu unterdrücken. Wie das geschah, dazu gibt Theodore Roosevelt ein ausgezeichnetes Beispiel: 1904 erhielt er Wahlgelder in Höhe von 500000 Dollar von Schiff und Morgan, damit er ihren Interessen diene, während er landau und landab zog und hinausposaunte, was er angeblich gegen die Trusts zu tun gedenke. Die Trosts überlebten seine Amtszeit. Shermans Anti-Trust-Gesetz und Claytons Anti-Trust-Gesetz wurden von der Oligarchie für die Oligarchie geschrieben, um zu verhindern, daß jemand in den Kreis eindringen könnte, nachdem man alles aufgebaut hatte. Das Ziel dieser ››Anti-Trust«-Gesetze war, die großen Konzerne vor der Einmischung des Volkes zu bewahren. Thurn an Arnold schrieb in The Folklore of Capitalism:

 

»Die Anti- Trust-Gesetze waren die größte Ermutigung, große Trusts zu  bilden.«

 

Nur der gigantischen Anhäufung gleicher Interessen in den großen Konzernen gelang es, das Gestrüpp der Gesetze zu überleben, das durch die Gesetzgebung der Regierung geschaffen worden war. Kleine Unternehmen, die nicht in der Lage waren, sich einen großen juristischen Stab zu leisten, sahen sich genötigt, an die Trusts zu verkaufen.

 

Ein neuer Beruf, der eines Trust-Anwalts entwickelte sich, dessen Aufgabe es war, Wege und Gesetze zu ersinnen, um die Regierung den Trusts gegenüber machtlos zu machen. Der Oberstaatsanwalt konnte einen Prozeß gegen einen Konzern anstrengen, um ein Komplott wegen Handelsbeschränkung aufzulösen; doch zu der Zeit, da er eine gerichtliche Verfügung erreicht hatte, und das Gericht sich einschalten sollte, hatten die Anwälte der Konzerne eine neue, unanfechtbare Organisation ausgearbeitet. Dazu kam, daß die Auflösung eines Konzerns und seine anschließende Umbildung gewöhnlich ein sehr gewinnbringendes Geschäft für die Unternehmer war. Solch eine Neuordnung bedeutet, daß die Aktien des alten Konzerns auf der Wall Street manipuliert werden konnten, solange der gerichtliche Eingriff noch in der Schwebe war, und daß die Bildung einer neuen Gesellschaft eine große Emission neuer Aktien erlaubte. Dadurch bedeutete das Netto-Ergebnis eines juristischen Vorgehens gegen einen Konzern oft den Gewinn von weiteren Millionen Dollar für die Trusts, die anzugreifen die Regierung vorgab.

 

Die Ära der Trusts als dynamische politische Macht begann 1890, als New Jersey den Gesellschaften durch ein Gesetz erlaubte, Dachgesellschaften zu bilden und Aktien anderer Gesellschaften zu besitzen. Das führte zu dem Mißstand einer ineinandergreifender Geschäftsführung, was wenigen Männern gestattete, eine unmittelbare Kontrolle in vielen Gesellschaften auszuüben, von denen einige sogar als Konkurrenten galten.

 

Die possenhafte Erscheinung der ››Reform~Präsidenten« zeigt der Ruf des ersten von ihnen, Theodore Roosevelt, der den Beinamen ››trust-buster« (Trust-Zertrümmerer) erhielt. Sein Freund und Finanzberater Colonel Ely Garrison bemerkte in seinen Memoiren:

 

»Die Wall Street hatte bei der Wahl Theodore Roosevelts keinen Grund, in Aufregung zu verfallen; jeder ernsthafte Geschichtsstudent weiß, daß die Nachforschungen des Justiz-Ministeriums hei den Northern Securities und Standard Oil (beides Unternehmen ‚von Kuhn, Loeb Co.) vor Roosevelts Wahl begonnen und gegen seinen Willen weitergeführt wurden.«

 

Außerdem haßte Theodore Roosevelt jene Schriftsteller, die ernsthafte Untersuchungen über die Tätigkeiten der Trusts anstellten, wie Upton Sinclair, Ida Tarbell und Frank Norris. Sein Privatsekretär William Loeb Jr. prägte für sie den Namen ››ruck-raker« (Mist-Harker).

 

Obwohl die Reform-Bewegung durch Bestechung grundsätzlich lahmgelegt und korrumpiert war, fand sie doch ehrliche Verfechter im Kongreß. Ihre Führer waren Senator La Follette aus Wisconsin und Kongreßmitglied Charles Augustus Lindbergh aus Minnesota. Beide Männer griffen den Aldrich-Plan als einen Wall Street-Plan an, und durch ihre kraftvollen Reden lenkten sie die Aufmerksamkeit des Volkes auf die Machenschaften des Geld-Trusts.

 

Ihre Anklagen führten schließlich zu den Anhörungen des Pujo Committee: einer Überprüfung der New Yorker Bankiers durch Gilbert und Sullivan, an der weder Lindbergh noch La Follette teilnahmen, da sie nicht geladen wurden.

Jacob Schiff, der Senior-Partner von Kuhn, Loeb Co., sagte in einer Rede vor der New Yorker Handelskammer kurz vor der Geldkrise von 1907:

 

›› Wenn wir keine Zentralbank mit der nötigen Kontrolltbefugnis der Kredit-Quellen haben, wird dieses Land der schwersten und weitestreichenden Geldkrise in seiner Geschichte zusteuern« .


Diese eindringliche Drohung des Bankiers wurde bald Wirklichkeit. Die Krise von 1907, die sich in einem guten Erntejahr ereignete und zu einer Zeit, da die Industrie sehr produktiv war und das Land sich eines allgemeinen Wohlstandes erfreute, erregte die Entrüstung der Allgemeinheit und zwang den Kongreß, etwas Entscheidendes gegen eine Wiederholung zu unternehmen; das geschah durch das Aldrich-Vreeland Gesetz von 1908. Es sah die Ausgabe von Banknoten gegen Sicherheiten im Falle einer späteren Geldkrise vor. Diese Vorsorge trat erst in den letzten Monaten seines Bestehens zu Beginn des Jahres 1914 ein, als die plötzliche Zurücknahm des europäischen Goldes aus Amerika als Folge des Ersten Weltkrieges eine vorübergehende Geldknappheit verursachte. Obwohl das Federal-Reserve-Gesetz bereits erlassen war, war es noch nicht in Kraft, und so wurde das Aldrich-Vreeland-Gesetz als Grundlage für die Ausgabe von 400 Millionen Dollar benutzt, um eine Anleihe der Bank von England bei der Firma J. P. Morgan Co. abzudecken.

 

Der eigentliche Zweck des Aldrich-Vreeland-Gesetzes war die Schaffung einer nationalen Währungs-Kommission. Demzufolge mußte jedes geplante Währungsgesetz, das dem Kongreß vorgelegt wurde, dieser Kommission zugeleitet werden, wodurch die öffentliche Entrüstung daran gehindert werden konnte, in irgendeiner konstruktiven Form einzugreifen. Zwei Jahre später hat dann diese Kommission unter der Leitung von Senator Nelson Aldrich den Federal-Reserve-Plan von Paul Warburg unter dem Namen Aldrich-Plan befürwortet.

 

Am 2. März 1911 übernahm die New Yorker Handelskammer offiziell den Vorschlag ihres von Paul Warburg geleiteten Währungs~Ausschusses, eine Central-Reserve-Bank (eine Zentralbank) zu bilden. Der Vorschlag unterschied sich vom Aldrich-Plan nur hinsichtlich der Verteilung der Reserven. Er trat offen für eine Zentralisation der Reserven in New York ein und wurde sofort als der amtliche Wall Street-Plan gebrandmarkt, um von den Sympathien abzulenken, die die Wall Street dem Aldrich-Plan entgegenbrachte.

 

Der Feldzug für den Aldrich-Plan war aufrichtig, da Aldrich und seine Anhänger in der Republikanischen Partei ehrlich glaubten, daß sie mit ihm die Wahl gewinnen und ihn dann zum Gesetz erheben könnten.

 

Höchstwahrscheinlich hätten sie dies auch erreicht, hätte ein weniger bekannter Mann als Nelson Aldrich an ihrer Spitze gestanden. Das Federal Reserve Gesetz, das zum offiziellen Parteiprogramm Woodrow Wilsons und der Demokratischen Partei im ]ehre 1912 gehörte, glich in allen wesentlichen Punkten dem Plan für eine Zentral-Bank im Sinne der New Yorker Bankiers. Man konnte sich so oder so entscheiden; die Bankiers waren die Gewinner und würden ihre Zentralbank bekommen. Die Propagandisten für den Aldrich-Plan führten ihren Kampf ohne Rücksicht auf die Opposition weiter, wie aus einer Zeugenaussage ersichtlich ist, die Andrew Frame, ein Mitglied des Exekutiv-Kommitees der Amerikanischen Bankier-Vereinigung, 1913 vor dem Bank- und Währungs-Ausschuß des Repräsentantenhauses machte. Andrew Frame vertrat eine Gruppe der westlichen Banlders, die Verhältnismäßig frei von der Herrschaft des New Yorker Geldmarktes war und traditionsgemäß der Opposition in der Bankier-Vereinigung angehörte:

Vorsitzender Carter Glass: »Warum opponierten die westlichen Bankiers nicht, als die Amerikanische-Bankier-Vereinigung uneingeschränkt und einmütig, so wurde uns versichert, dem Entwurf zustimmte, der ihr von der Nationalen Währungs-Kommission ‚vorgelegt wurde ?«

Andrew Frame: »Ich begrüße es, daß Sie danach fragen. Der Entwurf für ein Währungsgesetz wurde uns nur wenige Tage ‚UO7‘ der Zusammenkunft der Bankier-Vereinigung in New Orleans 1911 bekannt gemacht. Unter hundert Bankiers gab es nicht einen, der den Entwurf gelesen hatte. Wir hatten 12 Zuschriften zu seinen Gunsten erhalten. General Hamby aus Austin, Texas, schrieb an Präsident Watts einen Brief in dem er um ein Hearing gegen den Entwurf bat. Er erhielt keine sehr höfliche Antwort. Ich weigerte mich, für ihn zu stimmen, und sehr viele Bankiers taten dasselbe«.

Mr. Bulkley: »Meinen Sie damit, daß sich kein opponierendes Mitglied
der Vereinigung Gehör verschaffen konnte?
«
Andrew Frame: »Sie wiirgten alle Argumente ab.«
Mr. Kindred: »Aber es wurde berichtet, daß die Entscheidung prak tisch
einstimmig gefallen sei
. «

Andrew Frame: ››Das Gesetz war schon von Senator Aldrich *vorbereitet
und im Mai 1911 dem Exekutiv-Rat der Bankier~Vereinigung vorgelegt
worden. Als Mitglied dieses Rats erhielt ich einen Tag *vor der Verhand-
lung eine Abschrift. Als der Entwurf in New Orleans zur Sprache kam,
hatten die Bankiers der Vereinigten Staaten ihn nicht gelesen
«
Mr. Kindred: »Schloß der Vorsitz ende einfach jeden aus, der das Gesetz
abfällig besprechen wollte ?« .
Andrew Frame: »Sie ließen keinen zu Wort kommen, der den Entwurf
nicht billigte.
«

Vorsitzender Glass: ›› Was hat es zu bedeuten, daß die Banleier-

 

Vereinigung beim nächsten Treffen in Detroit 1912 ihre Zustimmung zum Plan
der Nationalen Wiihrungs-Kommission, bekannt als Aldrich-Plan, wiederholte ?
«
Andrew Frame: »Sie tat es nicht, weil die Anhänger des Aldrich-Planes
ihn nicht zur Sprache brachten, da sie die ablehnende Haltung der Ban-
hierVereinigung kannten. Wir ‚waren fair sie erledigt
. «

 

Andrew Frame war ein ehrlicher amerikanischer Bankier ohne internationale Verbindungen. Da Carter Glass sich um New Yorker Geld bemühte, um seine Lynchburg Steel Co. zu finanzieren, beachtete er kaum die Aussagen des Bankiers. Stattdessen holte er einen der zehn mächtigsten Bankiers in Amerika vor den Ausschuß, der obendrein am wenigsten bekannt war: Georg Blumenthal, den Teilhaber des internationalen Bankhauses Lazard Freres und Schwager von Eugene Meyer, Jr. Glass begrüßte Blumenthal überschwenglich und sagte:

 

»Senator O’Gorman ‚ar so freundlich, Sie uns vorzuschlagen.«

 

O’Gorman spielte ein Jahr später insofern eine Rolle, als er einen Senatsausschuß daran hinderte, seinem Auftraggeber Paul Warburg einige verfängliche Fragen zu stellen, bevor er diesen zum ersten Gouverneur des Federal-Reseve-Board ernannte.

 

Georg Blumenthal erklärte: »Seit 1893 (dem Jahr der großen von Schiff hervorgerufenen Krise) ist meine Firma Lazard Freres führend im Import und Export von Gold und kam daher mit jedem in Berührung, der etwas damit zu tun hatte.«

 

Das Kongreßmitglied Taylor fragte ihn: ››Haben Sie eine Aufstellung darüber, welche Rolle sie bei der Einfuhr von Gold in die Vereinigten Staaten spielten?« Taylor fragte dies, weil die Panik von 1893 bei den Volkswirtschaftlern als das klassische Beispiel für eine Geldpanik gilt, die durch Goldbewegungen verursacht wurde. ››Nein«, erwiderte Blumenthal, »Ich habe nichts darüber, weil es mit der eigentlichen Frage nichts zu tun hat. «

 

Blumenthal hatte recht. Die Frage war die, ob der Kongreß das amerikanische Volk vollständig den internationalen Bankiers ausliefern konnte. Es bedeutete Zeitverschwendung, die vergangenen Verbrechen der Bankiers zu diskutieren. Sie brauchten das Zentralbank-Gesetz, um sich die Unterstützung und Förderung ihrer ungesetzlichen Pläne durch die Regierung zu sichern, was hernach dann auch geschah.

 

Marriner Eccles, Vorsitzender des Federal-Reserve-Board während der Amtszeit von Roosevelt (1933-45), veröffentlichte kürzlich seine Selbstbiographie unter dem Titel: Beckoning Frontiers (Schwindende Grenzen). Der begeisternde Titel wird durch den Inhalt völlig widerlegt, da Eccles dafür eintritt, Grenzen zu schließen und der individuellen Entfaltung alle Möglichkeiten zu nehmen. Wie sein mürrischer Diktator F . D. Roosevelt, haßte Marriner Eccles die Freiheit, und langatmig legt er in seinem Buch
seine Lieblingstheorie dar, die Theorie der kompensation Wirtschaft.

 

Die kompensative Wirtschaft sorgt dafür, wenn Bankiers und Spekulanten das Volk ausgeplündert und in die Knie gezwungen haben, daß die Regierung einschreitet, um dem Volk wieder auf die Beine zu helfen, damit es von neuem ausgeplündert werden kann. Das ist die Aufgabe solcher Einrichtungen, wie der Securities Exchange Commission, der Reconstruction Finance Corporation und vieler anderer. Diese Theorie der kompensativen Wirtschaft untergräbt alle Moral im Öffentlichen Leben und ist
mitverantwortlich für die Bestechlichkeit der Beamten in Washington.

 

Auch die Vorliebe der internationalen Bankiers, unwissende Provinzler in Schlüsselpositionen zu setzen, ist keine bloße Laune und vielleicht einer der Gründe für die unaufhörliche Anpreisung der Demokratie. Es paßt den Internationalen, daß die Öffentlichen Beamten unwissend sind und unter der Maske der Demokraten wirksam überwacht werden.

 

In den zwanziger Jahren waren das Federal-Reserve-System und die Vorsitzenden des Federal-Reserve-Board nichts weiter als einflußreiche Verkäufer von Anleihen für Firmen, wie J. & W. Seligman Co. und Kuhn, Loeb Co. in New York. Unter der fähigen Führung von Albert Strauss, der 1919 mit Baruch in Paris weilte, Teilhaber von J. & W. Seligman war und dem Board in den zwanziger Jahren angehörte, gelang es den New Yorker Bankiers mit Hilfe des Systems die ganzen zwanziger Jahre hindurch die Politik des billigen Geldes zu verfolgen und dadurch die bekannten ausländischen Schuldverschreibungen unterzubringen. Während dieser Jahre übte das System in keiner Weise die ihm übertragene verantwortungsvolle Pflicht aus, die Käufer vor Anleihen zu warnen, die nur zum geringen Teil oder gar nicht gedeckt waren.

 

Edward B. Vreeland, Eigentümer der New Yorker Untergrundbahn und Mitverfasser desAldrich-Vreeland-Gesetzes von 1908 schrieb am 25. August 1910 im Independent (im Besitz von Aldrich), daß

 

 »die Monopole unter dem vorgeschlagenen Währungsplan von Senator Aldrich verschwinden werden, da sie nicht mehr als 4 % Gewinn erzielen und bei einer solch geringen Rate nicht weiterbestehen könnten. Damit würde auch die Regierung aus dem Bankgeschäft verschwinde

 

Es ist nicht klar, was Mr. Vreeland damit sagen wollte, daß die Regierung aus dem Bankgeschäft aussteigen würde, es sei denn, er meinte, in Zukunft müßte die Regierung Zinsen auf ihren eigenen Kredit zahlen oder den Kredit der Regierung auf Privatpersonen übertragen, die ihn dann zum eigenen Profit nutzen würden, was der klassischen Tradition der Zentralbanken entspräche.

 

Das 1914 in das Federal-Reserve-System eingezahlte Grundkapital von einhundertfünfundvierzig Millionen Dollar war fünfunddreißig jahre später mehr als fünfundvierzig Milliarden Dollar wert. Zeit und Mühe hatten sich entschieden gelohnt, die Regierung aus dem Bankgeschäft hinauszudrängen.

 

Das Nation Magazine vom 19. Januar 1911 bemerkte :

 

»Der Name Zentral~Bank wird sorgfältig vermieden; aber die Federal Reserve Association – das ist der Name, der der vorgeschlagenen Organisation gegeben wurde – ist mit all der Macht und den Verantwortlichkeiten einer europäischen Zentralbank ausgestattet. « .

 

Nach der Rückkehr der National Monetary Commission aus Europa fand zwei Jahre lang weder eine offizielle Sitzung statt, noch gab man Einzelheiten über den Verfasser des Aldrich-Planes bekannt. Und da keine Sitzung stattgefunden hatte, konnten die Mitglieder schwerlich den Plan als ihr eigenes Werk ausgeben. Das einzig greifbare Ergebnis der teuren Europa-Reise der Kommission war eine mitgebrachte Bibliothek von 30 dicken Werken über europäisches Bankwesen; keines befaßte sich jedoch mit den Geldproblemen der Vereinigten Staaten. Typisch für diese Werke war die rund tausend Seiten umfassende Geschichte der Reichsbank, jener Zentralbank, die das Geld- und Kreditwesen in Deutschland kontrollierte und deren Hauptaktionär Paul Warburgs Stammhaus M. M. Warburg Co. war. Die Berichte der Kommission erweisen, daß sie tatsächlich nur als beratschlagende Körperschaft tätig war. Senator Cummins brachte im Kongreß eine Entschließung durch, die von der Kommission einen Bericht und den Nachweis eines konstruktiven Ergebnisses ihrer dreijährigen Arbeit bis zum 8. Januar 1912 verlangte. Angesichts dieser Herausforderung löste sich die National Monetary Commission auf. Der Aldrich-Plan stieß auf kräftigen Widerspruch bei Schriftstellern wie Wilbur L. Stonex, der in der Nortb American Review vom September 1911 schrieb:

 
»Senator Aldrich beabsichtigt, die absolute Kontrolle über die öffentlichen Gelder dem Volke zu nehmen und sie den Bankiers zu übergeben. Es liegt klar auf der Hand, daß in einem solchen Gremium der Bankiers das Volle oder seine Repräsentanten keine Aussicht haben, ihre Wünsche wirksam zu vertreten, wenn sie mit den Bank in teressen in Widerstreit stehen.«

 

Es ist bezeichnend, daß die North American Review, wie viele andere Zeitschriften, die die Ziele und Absichten der internationalen Bankiers kritisierten, von der amerikanischen Bühne verschwunden sind, während andere, wie die Nation, ihre Haltung zugunsten der internationalen Bankiers ändern mußten, nachdem Maurice Wertheim von Hallgarten Co. sie aufgekauft und dadurch unter Kontrolle gebracht hatte.

 

Die Geschichte des Federal Reserve Board seit 1914 zeigt, daß niemals eine Möglichkeit bestand, durch die der Bürger seine Interessen wahren konnte, falls der Board sich für einer Wechsel in seiner Geld- und Börsenpolitik entschied. Carter Glass bekämpfte alle Bemühungen, die Mitgliedschaft von Bankiers im Aufsichtsrat auszuschließen oder zu begrenzen, er wurde in seinem Vorgehen durch Cordell Hull und andere mächtige Kongreßmitglieder des Jahres 1913 unterstützt. Glass wies darauf hin, wenn, wie angestrebt, die Zahl der Bankiers im Vorstand durch ein Gesetz beschränkt würde, wir die Aufsicht über unsere Banken Handwerkern und Landarbeiternübertragen würden. Glass‘ Entsetzen bei diesem Gedanken ist etwas seltsam, da eine große Zahl von Handwerkern und Landarbeitern dreißig ]ehre lang dafür gestimmt hatte, ihn in den Kongreß zu senden. Handwerker in ihren Vereinigungen und Landarbeiter in ihren Genossenschaften haben ebenso gute Arbeit geleistet, um ihren Kredit aufrechtzuerhalten, wie die meisten amerikanischen Bankiers. Das Kongreßmitglied Charles A. Lindbergh aus Minnesota war, wie bereits erwähnt, einer der kraftvollsten Redner gegen den Aldrich-Plan.

 

Am 15. Dezember 1911 sagte er im Repräsentanten-Haus:

  • »Der Aldricb-Plan ist ein Plan der Wall Street. Er ist eine klare Herausforderung der Regierung durch einen Verfechter des Geld-Trustes. Durch ihn wird wieder eine Panik hervorgerufen, um das Volk einzuschüchtern.Aldrich, der von der Regierung bezahlt wird, um das Volk zu vertreten,schlägt stattdessen einen Plan zugunsten der Trusts war. Durch einen sehr klugen Schachzug ist die National Monetary Commission geschaffen worden. 1907 hatte dieses Land die reichste Ernte, die es je dort gegeben hatte. Die Industriebetriebe waren vollbeschäftigt. Alle Bedingungen für ein gutes Jahr waren gegeben. Stattdessen fiigte uns eine Krise enorme Verlust ezu. Wall Street wußte, daß das amerikanische Volk einen Schutz gegen die Wiederholung dieses lächerlichen, unnatürlichen Zustandes verlangte. Die meisten Senatoren und Repräsentanten gingen in die von der Wall Street aufgestellte Falle und nahmen das Aldrich-Vreeland-Gesetz als ein Währungs-Notgesetz an. Aber dessen eigentlicher Zweck war, eine Finanzkommission zu schaffen, die unsere Währung und unsere Bankgesetze zum Vorteil des Geld-Trusts ändern sollte. Die Interessenten sind nun überall am Werke, den Aldrich-Plan dem Volke schmackhaft zu machen. Man sagt, daß eine große Summe Geldes zu diesem Zweck aufgebracht wurde. Die Spekulationen der Wall Street führten die Krise von 1907 herbei. Die Gelder der Sparer wurden an Spekulanten und jeden ausgeliehen, den der Geld-Trust begünstigen wollte. Als dann die Sparer ihr Geld brauchten, hatten es die Banken nicht. Das verursachte die Panik.«