2022/05: Geplatzter amerikanischer Traum – Wie die USA ukrainische Flüchtlinge ausbremsen
New York Die Vereinigten Staaten wollen 100.000 Geflüchtete aus der Ukraine aufnehmen. Das hat US-Präsident Joe Biden bereits Anfang März großmütig erklärt. Doch dann tat sich lange gar nichts. Erst vergangene Woche wurden die Bedingungen klar definiert, zu denen die Ukrainer im Zuge des Programms „Uniting for Ukraine“ in das Land dürfen: Nur wer einen Sponsor vorweisen kann, der für die finanzielle Absicherung bürgt, darf ins Land kommen. Damit sind die Auflagen deutlich strikter als etwa in der EU.
Immigrationsanwältin Nicolette Glazer erklärt: „Das Programm ist für jene Menschen gedacht, die hier in den USA auf eine Gemeinschaft und Unterstützung zählen können.“ De facto könnten nur jene Menschen davon profitieren, die Verwandte, Freunde oder Geschäftspartner haben, die bereit sind, für sie zu bürgen.
Wenn es um Waffenlieferungen, militärische Informationen und Milliarden für Hilfen vor Ort geht, stellen die USA im Ukrainekrieg alle anderen Länder in den Schatten. Insgesamt 33 Milliarden Dollar will sich Biden vom Kongress für die Ukraine bis Ende September genehmigen lassen – sieben Milliarden weniger als der Afghanistankrieg durchschnittlich pro Jahr gekostet hat.
Doch wenn es um die Aufnahme von ukrainischen Geflüchteten geht, sieht die Lage etwas anders aus. Angesichts der 5,5 Millionen Ukrainer, die nach Angaben des UN-Flüchtlingshilfswerks UNHCR das Land verlassen haben, sind 100.000 Menschen keine hohe Zahl. Außerdem dürfen die Geflüchteten nur zwei Jahre in den USA bleiben.
Gleich nach Ausbruch des Krieges haben viele ukrainische Geflüchtete versucht, über die mexikanische Grenze in die USA zu kommen. Rund 20.000 Personen ist dies gelungen. Doch Ukrainer sollen an der Grenze keine Ausnahmegenehmigungen mehr bekommen, damit ist dieser Weg nun ausgeschlossen.
Sponsoren müssen finanziell für die Flüchtlinge bürgen
Stattdessen sollen sie das neue Programm „Uniting for Ukraine“ nutzen. Den Antrag dafür können sie in der Ukraine oder auch in einem anderen Land online stellen. Damit sollen Geflüchtete nun direkt ins Land kommen können. Da die Maßnahme erst vor Kurzem angelaufen ist, liegen noch keine Zahlen vor, wie viele Anträge oder Genehmigungen es derzeit gibt.
Biden erklärte: „Das neue Programm soll es Ukrainern auf der Suche nach Zuflucht ermöglichen, direkt von Europa in die Vereinigten Staaten zu kommen.“ Das Programm werde schnell und leicht verständlich sein, versprach der US-Präsident. Und es werde sicherstellen, dass die Vereinigten Staaten ihr Versprechen halten, zu den Ukrainern zu kommen, damit sie nicht mehr über die mexikanische Grenze gehen müssen.
Im Internet hat vor allem die Nachfrage nach einem Sponsor bereits für Spott gesorgt. So schreibt etwa Charli Carpenter, Professorin an der Universität von Massachusetts: „Es ist nicht genug, dass ich gewillt bin, einen Flüchtling zu begrüßen, aufzunehmen und ihm zu helfen. Ich kann diese Dinge nur dann tun, wenn ich auch ihre medizinische Versorgung abdecke, während ich meinen Kindern das College finanziere. Wow, das wird Amerikaner ermutigen bei #Unitingfor Ukraine mitzumachen.“
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Anwältin Glazer hat schon Anfragen von Amerikanern bekommen, die gerne als Sponsoren tätig werden wollten, ohne dass sie jemanden aus der Ukraine persönlich kennen. „Als ich denen allerdings erklärt habe, dass sie finanziell für die Flüchtlinge garantieren müssen, haben sie ganz schön geschluckt“, berichtet sie.
Glazer hat bisher noch keine Antwort auf die von ihren Mandanten gestellten Anträge erhalten. Aber sie geht davon aus, dass es schnell gehen wird. Sie lobt, dass die Geflüchteten in den USA sofort arbeiten können. Außerdem könnten sie ihre Familie mitbringen, auch wenn die Angehörigen keine ukrainischen Staatsbürger seien. „Das ist gerade bei ukrainisch-russischen Familien sehr wichtig“, erklärt sie.
Die Anwältin glaubt, dass es letztlich für die Geflüchteten – aber auch die Sponsoren besser sei, wenn sie sich gegenseitig kennen: „Für die Sponsoren ist das Risiko dann geringer, dass sie nachher zahlen müssen. Und für die Ukrainer ist das Risiko geringer, dass sie Betrügern oder Menschenhändlern in die Hände fallen“, sagt Glazer.
Aber, um jemanden gut zu kennen, muss man erst einmal gute Kontakte in die USA haben. Und das gilt nicht für alle Geflüchteten.