2017/09: Swiss Propaganda Research – Der CFR
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Die Propaganda-Matrix:
Wie der CFR den geostrategischen Informationsfluss kontrolliert
Eine Studie von Swiss Propaganda Research: September 2017
„Wir sind jetzt ein Imperium, und wenn wir handeln,
so erschaffen wir unsere eigene Realität.“
Karl Rove, ehemaliger Leiter des Büros für
Strategische Initiativen der US-Regierung
Ob Russland, Syrien oder Donald Trump: Um die geopolitische Berichterstattung westlicher Medien zu verstehen, muss man die Schlüsselrolle des amerikanischen Council on Foreign Relations (CFR) kennen.
In der folgenden Studie wird erstmals dargestellt, wie der CFR einen in sich weitgehend geschlossenen, transatlantischen Informationskreislauf schuf, in dem nahezu alle relevanten Quellen und Bezugspunkte von Mitgliedern des Councils und seiner Partnerorganisationen kontrolliert werden.
Auf diese Weise entstand eine historisch einzigartige Informationsmatrix, die klassischer Regierungs-propaganda autoritärer Staaten deutlich überlegen ist, indes durch den Erfolg unabhängiger Medien zunehmend an Wirksamkeit verliert.
1. Der Council on Foreign Relations
Der Ursprung des Council on Foreign Relations liegt im sogenannten »Trauma von 1920«: Nach dem Ersten Weltkrieg hätten die USA erstmals die globale Führungsrolle übernehmen können – doch der Senat entschied sich gegen den Beitritt zum Völkerbund und die kriegsmüde Bevölkerung wählte mit Warren Harding einen Präsidenten, der eine »Rückkehr zur Normalität« versprach und sich zuerst um die Angelegenheiten und Probleme Amerikas und der Amerikaner kümmern wollte.
Um einen solchen Rückschlag künftig zu vermeiden und »Amerika für seine weltweiten Pflichten zu erwecken«, gründeten international orientierte Bankiers, Unternehmer und Politiker im Folgejahr in der Finanz- und Handelsmetropole New York den parteiübergreifenden CFR. Durch die Mitarbeit führender Akademiker und Publizisten, darunter Archibald Coolidge (The United States as a World Power, 1908) und Walter Lippmann (Public Opinion, 1922), sollten Ideen für eine aktive Außenpolitik entwickelt und in der Öffentlichkeit beliebt gemacht werden.
Der Durchbruch gelang dem Council während des Zweiten Weltkriegs, als CFR-Experten im Rahmen der War and Peace Studies die amerikanische Kriegsstrategie sowie die Grundsätze der Nachkriegsordnung formulierten – inklusive der Satzungen von UNO, Weltbank und Weltwährungsfonds. Dabei folgten sie der Vorgabe von CFR-Gründungsdirektor Isaiah Bowman, wonach die USA künftig die »globale Sicherheit garantieren« müssten, dabei jedoch »konventionelle Formen des Imperialismus« zu vermeiden hätten, weswegen der Ausübung amerikanischer Macht ein »internationaler Charakter« zu verleihen sei (Shoup & Minter 1977, S. 169ff).
Auf diese Weise entstand – nur 170 Jahre nach der Unabhängigkeitserklärung – ein globales American Empire, dessen Schlüsselpositionen seitdem nahezu durchgehend von den inzwischen knapp 5000 Vertretern des CFR besetzt wurden (siehe folgende Abbildung sowie Auflistung nach Administration). Das Nachrichtenmagazin Der Spiegel bezeichnete den Council deshalb einst als die „einflussreichste private Institution Amerikas und der westlichen Welt“ und als ein „Politbüro für den Kapitalismus“.
2. Die CFR-Matrix
Die erfolgreiche Umsetzung einer geopolitischen Strategie – in Friedens- und insbesondere in Kriegszeiten – wäre undenkbar ohne die wirkungsvolle Beeinflussung der öffentlichen Meinung. Autoritäre Staaten sind hierfür meist auf direkte Regierungspropaganda angewiesen, die indes oft rasch an Glaubwürdigkeit verliert.
Der Council ging dies klüger an: Mit seinen inzwischen knapp 5000 Mitgliedern baute er ein scheinbar vielfältiges und unabhängiges Informationssystem auf, in dem jedoch nahezu alle relevanten Quellen und Bezugspunkte von Mitgliedern des CFR und seiner Partnerorganisationen kontrolliert werden. Auf diese Weise entstand eine historisch einzigartige »Propaganda-Matrix«, deren Elemente und Funktionsweise im Folgenden dargestellt werden.
Eingebettete Medien
Ob Zeitungen, Magazine, Rundfunk oder Internet: Der Council on Foreign Relations war stets darauf bedacht, Eigentümer, Chefredakteure und Top-Journalisten der führenden Medien in seine Strukturen zu integrieren.
In den USA wurden tatsächlich nahezu alle bekannten Medien von CFR-Vertretern gegründet oder bereits vor Jahrzehnten aufgekauft (siehe Abbildung unten). Dies war möglich, weil für den Betrieb eines einflussreichen Mediums bislang erhebliche finanzielle Mittel sowie Zugang zu politischen Entscheidungsträgern erforderlich waren – und über beides verfügt der Council und seine Mitglieder wie kaum eine andere Gruppierung. Selbst moderne Internetunternehmen wie Google und Facebook sind auf höchster Ebene in das Netzwerk des Councils eingebunden – und bisweilen auch an dessen internationalen Operationen beteiligt.
Die traditionellen Medien in (West-)Deutschland wurden nach dem Krieg in einem alliierten Lizenzverfahren gegründet und mit sorgfältig ausgewählten Verlegern und Chefredakteuren besetzt – Strukturen, die sich über verwandtschaftliche und andere Beziehungen bis heute erhalten haben. Nebst der Bilderberg-Gruppe und der Trilateralen Kommission erfolgt die Einbindung und Sozialisierung der führenden deutschen Medienleute dabei insbesondere über die sogenannte Atlantik-Brücke, die 1952 von CFR- und Weltbank-Präsident sowie Hochkommissar für Deutschland, John J. McCloy, zusammen mit CFR-Mitglied und Bankier Eric Warburg – dem Enkel von CFR-Direktor und Federal Reserve Initiant Paul Warburg – gegründet wurde.
Auch die offiziell neutrale Schweiz ist seit dem Zweiten Weltkrieg in die transatlantische Wirtschafts- und Sicherheitsarchitektur integriert und hat in hohem Maße von ihr profitiert. Deshalb liegt eine von transatlantischen Standards abweichende, allzu kritische Medienberichterstattung – die rasch als »feindliche Propaganda« gewertet und zu unerwünschten politischen oder ökonomischen Komplikationen führen könnte – nicht im Landesinteresse.
In geopolitischen bzw. imperialen Angelegenheiten berichten mithin auch die etablierten Schweizer Medien weitgehend CFR- und NATO-konform. Begünstigt wird diese Konformität durch die zunehmende Medienkonzentration, die dazu führte, dass inzwischen über 90% des Schweizer Marktes von nur fünf Medienhäusern kontrolliert werden. Die strukturelle Einbindung dieser Verlage erfolgt dabei primär über die Bilderberg-Gruppe sowie über zunehmend enge Kooperationen mit deutschen Atlantikbrücke-Medien.
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In den folgenden Grafiken werden die soeben beschriebenen Mediennetzwerke in den USA, Deutschland und der Schweiz anhand der offiziellen Mitglieder- und Teilnehmerlisten (siehe Anhang) erstmals grafisch dargestellt. Wie ersichtlich umfassen sie im Wesentlichen sämtliche sogenannten »Mainstream-Medien«. Diese zugleich abwertende wie anmaßende Bezeichnung kann insofern als eine Umschreibung für CFR-konforme Publikationen begriffen werden.
»Die Mitgliedschaft dieser Journalisten im Council, was auch immer sie von sich selbst denken mögen, ist eine Bestätigung ihrer aktiven und wichtigen Rolle in öffentlichen Angelegenheiten und ihres Aufstiegs in die herrschende Klasse Amerikas. Sie analysieren und interpretieren die Außenpolitik der USA nicht nur; sie helfen sie zu machen. () Sie sind ein Teil des Establishments, ob sie es wollen oder nicht, und sie teilen die meisten seiner Werte und Ansichten.«
Richard Harwood, ehem. leitender Redakteur und Ombudsmann der Washington Post.
Obige Medien – sowie einige weitere, kleinere Publikationen – bilden den inneren Ring der Informationsmatrix. Sie suggerieren der Bevölkerung eine scheinbare Informationsvielfalt, vermitteln ihr in Wirklichkeit jedoch eine weitgehend homogene und CFR-konforme Sichtweise auf das Weltgeschehen. Hierfür steht den Medien ein umfangreiches Instrumentarium mit über zwei Dutzend verschiedenen Methoden zur Verfügung, die von einer tendenziösen Sprache über die selektive Themenwahl und systematische Ausblendung von Kontext bis hin zur gelegentlichen Falschbehauptung reichen.
Um die langfristige Kohärenz dieser Medienmatrix sicherzustellen, ist jedoch zusätzlich ein äußerer Ring erforderlich, der die Medien mit geeigneten Informationen, Sichtweisen und Deutungsmustern versorgt. Dieser äußere Ring besteht primär aus transatlantischen Regierungen, Militärs, Geheimdiensten, NGOs, Denkfabriken und Experten sowie Nachrichten- und PR-Agenturen, die ihrerseits allesamt in das weitverzweigte Netzwerk des CFR eingebunden sind, wie die folgenden Abschnitte zeigen.
Nichtregierungsorganisationen (NGOs)
Während Propaganda in autoritären Staaten zumeist direkt von der Regierung ausgeht (und entsprechend einfach zu durchschauen ist), spielen in der CFR-Matrix die sogenannten Nichtregierungsorganisationen (NGOs) eine besondere Rolle, da sie der Bevölkerung eine Regierungsferne und mithin eine größere Unabhängigkeit und Glaubwürdigkeit suggerieren.
Tatsächlich sind die Direktoren von Amnesty International (AI), Human Rights Watch (HRW) und vieler weiterer vordergründig humanitärer Organisationen jedoch seit Jahrzehnten in den Council eingebunden, während zahlreiche andere von CFR-Milliardären wie George Soros finanziert und gelenkt werden. Letzterer betreibt dabei durchaus keine eigenständige Außenpolitik, sondern unterstützt lediglich die internationalen Operationen des Councils im Rahmen seiner Möglichkeiten.
Während diese NGOs unterm Jahr bisweilen durchaus sinnvolle, indes überwiegend folgenlose Arbeit leisten (z.B. Berichte zur internationalen Menschenrechtslage verfassen), kommt ihre geopolitische Funktion immer dann zum Einsatz, wenn es gilt, einen Regime Change vorzubereiten oder eine Militärintervention humanitär zu legitimieren.
So »verifizierte« Amnesty International bereits 1991 öffentlich die von einer amerikanischen PR-Firma erfundene »Brutkastenlüge« und trug damit wesentlich zur Lancierung des Golfkriegs bei. Auch auf dem Balkan, in Afghanistan („NATO: keep the progress going!“) und Libyen forderten AI und HRW auf Basis fragwürdiger bis falscher Behauptungen »humanitäre« Militärinterventionen.
Im Syrienkrieg hatte Human Rights Watch nach dem Giftgasangriff vom Sommer 2013 alsbald ein Gutachten zur Hand, welches die Täterschaft der syrischen Regierung belegen und damit eine NATO-Intervention begründen sollte. In einer späteren Analyse von MIT-Forschern stellte sich das Gutachten indes als fabriziert heraus, doch für CFR-Medien dürfte dies auch künftig kein Grund zur Skepsis sein.
HRW-Direktor und CFR-Mitglied Kenneth Roth auf der Deutschen Welle
Im ostafrikanischen Eritrea, das sich den amerikanischen Hegemonialansprüchen seit seiner Unabhängigkeit von Äthiopien 1993 widersetzt hat, wurden Amnesty International und Human Rights Watch 2011 sogar auf frischer Tat bei einer Regime-Change-Operation ertappt: In geheimer Mission infiltrierten teils als Nonnen getarnte Mitarbeiter das Land, um ein verdecktes Netzwerk aufzubauen, das später auf Kommando landesweite Proteste auslösen sollte. In einem abgefangenen Schreiben der Amnesty-Direktorin für »Spezialprogramme in Afrika« heißt es: „Unser Ziel ist es, dass das Regime von Issayas Afewerky bis Ende des Jahres ins Wanken gerät und gestürzt werden kann.“
Neben den permanenten NGOs wie Amnesty und HRW gründen und finanzieren CFR-geführte Institutionen wie USAID und NED für einzelne Konflikte bei Bedarf zusätzlich temporäre Organisationen, die lokale Aufgaben übernehmen und sich nahtlos in die Matrix einfügen lassen. In Syrien entstanden auf diese Weise etwa die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte, das Aleppo Media Center oder die berüchtigten Weißhelme, die die westlichen Agenturen und Medien mit dramatischen und nicht immer über alle Zweifel erhabenen Bildern und Informationen versorgten.
Ein Mitarbeiter der Weißhelme zeigt auf den UNO-Hilfskonvoi, der am 20. September 2016 in der Nähe von Aleppo unter ungeklärten Umständen ausbrannte, und beschuldigt Russland und Syrien.
Selbstverständlich gibt es auch zahlreiche aufrichtige und unabhängige NGOs, die sich ernsthaft für den Frieden und die Menschenrechte engagieren. Nur sind diese zumeist mit wesentlich weniger Mitteln ausgestattet, und kommen in CFR-Medien kaum je zu Wort – insbesondere nicht in geostrategisch entscheidenden Momenten.
Box 1: Der Friedensnobelpreis. Eine besondere Rolle in der Definition von »Gut« und »Böse« spielt der sogenannte Friedensnobelpreis. Dieser wird als einziger der Nobelpreise nicht von der Akademie der Wissenschaften des neutralen Schweden verliehen, sondern von einer Kommission ehemaliger Politiker des NATO-Gründungsmitglieds Norwegen. Der Friedensnobelpreis wird deshalb im Allgemeinen nicht für die Wahrung des Friedens an sich, sondern für die Wahrung des amerikanischen Friedens – der Pax Americana – vergeben. Persönlichkeiten, die sich beispielsweise gegen völkerrechtswidrige NATO-Interventionen engagiert haben, sucht man auf der Liste der Preisträger daher vergeblich. Dafür findet man dort CFR-Vertreter von Kissinger bis Obama und ihre Gehilfen in Ländern von Burma über Tunesien und Jemen bis zur EU.
Die Friedensnobelpreisträgerin und Präsidentin Burmas, Aung
San Suu Kyi, erhält den NED Democracy Award 2012 im US-Kapitol. Links NED-Präsident und Council-Mitglied Carl Gershman, rechts die frühere US-Außenministerin und Council-Direktorin Madeleine Albright. Burma ist Teil der US-Einkreisungsstrategie gegenüber China.
Denkfabriken und Experten
Eine weitere wichtige Funktion in der CFR-Matrix nehmen die sogenannten Denkfabriken (Think Tanks) und Experten wahr. Diese versorgen die Medien und die Öffentlichkeit mit scheinbar fundierten und objektiven Einschätzungen und Analysen. Tatsächlich sind jedoch nahezu alle Experten, die in CFR-konformen Medien zu Wort kommen, ihrerseits in das transatlantische Netzwerk des Councils integriert – wobei dies dem Publikum zumeist nicht mitgeteilt wird.
In den USA betrifft dies etwa die Brookings Institution, die RAND Corporation, den NATO-nahen Atlantic Council, das Aspen Institute oder das Center for Strategic and International Studies (CSIS), die allesamt von CFR-Kadern geführt werden. Auch der Gründer des »investigativen Journalisten-Kollektivs« Bellingcat – das CFR-Medien in der Ukraine-Krise und im Syrienkrieg mit einschlägigen Analysen belieferte – tauchte alsbald als Senior Non-Resident Fellow beim Atlantic Council auf.
Bellingcat-Gründer Eliot Higgins und ZDF-Moderatorin Marietta Slomka erhalten 2015 den Hanns-Joachim-Friedrichs-Preis für herausragenden Fernsehjournalismus. (WDR) Hinzu kommen Dutzende von Politik-, Wirtschafts- und Geschichtsprofessoren sowie die Präsidenten der meisten amerikanischen Eliteuniversitäten, die als CFR-Mitglieder für einen konformen Forschungs- und Lehrbetrieb sorgen und den Medien als Experten zur Verfügung stehen.
In Deutschland zählen zu den in CFR-Medien gefragten Denkfabriken insbesondere die Deutsche Gesellschaft für Auswärtige Politik (DGAP) – die 1955 vom CFR mitgegründet und vom ehemaligen Atlantikbrücke-Chef Arendt Oetker präsidiert wird – sowie die von einem BND-Geheimdienstler auf Anraten von CFR-Direktor Kissinger gegründete Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP). Die SWP wird hauptsächlich von der deutschen Bundesregierung finanziert und von Volker Perthes geleitet, der gleichzeitig Mitglied in der Atlantikbrücke, der Trilateralen Kommission, der Bilderberg-Gruppe und der DGAP ist und damit zu den führenden Transatlantikern Deutschlands zählt.
SWP-Direktor Volker Perthes in den ARD-Tagesthemen (ARD)
Die SWP ist indes nicht nur eine Denkfabrik, sondern auch ein Planungsbüro: So organisierte sie 2012 in Berlin zusammen mit dem »US Institute of Peace« – das vom ehemaligen US-Sicherheitsberater und CFR-Mitglied Stephen Hadley geleitet wird – eine Serie von Workshops mit syrischen Oppositionellen und Rebellen, um die Zeit nach dem anvisierten Regierungssturz zu planen (Projekt »Day After«).
In der Schweiz gibt es mit Ausnahme des ETH Center for Security Studies kaum noch nennenswerte geopolitische Institute. Das Schweizer Fernsehen und Zeitungen wie die NZZ greifen für ihre Interviews und Gastbeiträge deshalb ebenfalls gerne auf SWP-Experten und andere deutsche Transatlantiker zurück – wobei deren einschlägige Verbindungen üblicherweise nicht offengelegt werden.
Unabhängige Experten – an Fachwissen ihren transatlantischen Kollegen nicht selten überlegen – haben in den CFR-Medien hingegen einen schweren Stand: Die meisten von ihnen werden schlicht ignoriert, während besonders kritische Köpfe sogar mit Diffamierungskampagnen rechnen müssen, wie sie zuletzt der deutsche Islamwissenschaftler und Syrienkenner Michael Lueders oder der Schweizer Historiker und Experte für verdeckte Kriegsführung Daniele Ganser erlebten.
Militär
Auch das Militär der USA und der NATO-Staaten ist ein integraler Bestandteil der CFR-Matrix und spielt insbesondere in Krisen- und Kriegszeiten eine entscheidende Rolle.
Der CFR unterhält seit Jahrzehnten ein eigenes Ausbildungsprogramm für Offiziere, sodass inzwischen Schätzungen zufolge rund 75% aller höheren US-Militärs vom CFR ausgebildet wurden – inklusive nahezu aller Generalstabschefs, NATO-Oberbefehlshaber und Gebietskommandeure seit dem Zweiten Weltkrieg (siehe erste Abbildung und Auflistung pro Administration). Auf diese Weise hat sich der Council eine ideologisch geschulte, imperiale Streitkraft aufgebaut, wie man dies sonst fast nur von totalitären Regimen her kennt.
Ulrich Tilgner, der langjährige Nahost-Korrespondent des ZDF und Schweizer Fernsehens, beschrieb die Interaktion zwischen Medien und Militär im Rückblick auf den Irak-Krieg von 2003 wie folgt: „Mit Hilfe der Medien bestimmen die Militärs die öffentliche Wahrnehmung und nutzen sie für ihre Planungen. Sie schaffen es, Erwartungen zu wecken und Szenarien und Täuschungen zu verbreiten. In dieser neuen Art von Krieg erfüllen die PR-Strategen der US-Administration eine ähnliche Funktion wie sonst die Bomberpiloten.
Die Spezial-Abteilungen für Öffentlichkeitsarbeit im Pentagon und in den Geheimdiensten sind zu Kombattanten im Informationskrieg geworden. () Dabei nutzen die amerikanischen Militärs die mangelnde Transparenz der Berichterstattung in den Medien gezielt für ihre Täuschungsmanöver. Die von ihnen gestreuten Informationen, die von Zeitungen und Rundfunk aufgenommen und verbreitet werden, können Leser, Zuhörer oder Zuschauer unmöglich bis zur Quelle zurückverfolgen. Somit gelingt es ihnen nicht, die ursprüngliche Absicht der Militärs zu erkennen. … Journalisten werden so als Mittel genutzt, den Kriegsgegner in die Irre zu führen. Information wird zum Bestandteil der Kriegsführung: zum Informationskrieg.“ (Tilgner, Der inszenierte Krieg, 2003/2007, S. 132ff)
Tilgners Einschätzung wurde von Tom Curley, dem ehemaligen Chef der amerikanischen Nachrichtenagentur Associated Press, bestätigt. Curley machte in einem Vortrag von 2009 publik, dass allein das Pentagon 27’000 PR-Spezialisten beschäftigt, die mit einem jährlichen Budget von fast 5 Milliarden Dollar Propaganda und Desinformation produzieren. Zudem hätten hohe US-Generäle gedroht, dass man die AP und ihn »ruinieren« werde, falls die Reporter allzu kritisch über das US-Militär berichten sollten. Dennoch – oder deswegen – übernehmen CFR-Medien die Verlautbarungen des US- und NATO-Militärs zumeist gänzlich unkritisch.
Die Symbiose zwischen Militär und Medien reicht somit weit über die berüchtigten »eingebetteten Journalisten« hinaus. Unabhängige Investigativ-Journalisten haben hingegen einen schweren Stand: Sie werden von NATO-Mitgliedern gemäß Wikileaks-Dokumenten als eines der größten Sicherheitsrisiken eingestuft – und entsprechend behandelt.
Mitglieder des US-Generalstabs auf einem CFR-Podium, 2013.
Geheimdienste
Seit dem Zweiten Weltkrieg waren nahezu alle CIA-Direktoren Mitglieder des Councils. Bereits die Vorgängerorganisation der CIA, das Office of Strategic Services (OSS), wurde von den CFR-Mitgliedern Allen Dulles und William J. Donovan gegründet und geleitet. Insofern dürfte die CIA eher als ein verdeckt operierender Arm des Councils zu sehen sein, und weniger als ein klassischer, ausschließlich dem US-Präsidenten unterstellter Geheimdienst.
CIA- und CFR-Direktor Allen Dulles (links), der nach der gescheiterten Kuba-Invasion von Kennedy entlassen wurde und später die Untersuchungskommission zum Mord an Kennedy mitleitete.
Damit erscheint auch die bekannte Operation Mockingbird in einem etwas anderen Licht. Mitte der 70er Jahre wurde publik, dass die CIA in nahezu allen US-Medien über Konfidenten verfügte und diese mit Information bzw. Desinformation belieferte. Allerdings waren die Chefs dieser Medien ohnehin längst in den Council eingebunden und saßen mit den Direktoren der CIA am selben Tisch – von einer subversiven Unterwanderung ansonsten unabhängiger Medien kann insofern nicht wirklich gesprochen werden. Beendet haben soll dieses Programm schließlich CIA- und CFR-Direktor George H.W. Bush – jedenfalls stand dies damals so in den Zeitungen.
Dass auch einige deutschsprachige Top-Journalisten eng mit Geheimdiensten zusammenarbeiten, dies zeigt beispielhaft der Fall von Otto Schulmeister. Schulmeister war langjähriger Chefredakteur der Presse, einer der traditionsreichsten Tageszeitungen Österreichs. Dabei unterhielt er enge Kontakte zur CIA und wurde vom Geheimdienst laufend mit »Material« versorgt. In der CIA-Zentrale freute man sich über die gute Zusammenarbeit, wie in seinem kürzlich deklassifizierten Dossier nachzulesen ist: »Material ausgehändigt. Es erschien ein Leitartikel nach unseren Anweisungen.«
Das Besondere an Geheimdiensten wie der CIA ist indes, dass sie nicht nur in der Gewinnung und Verarbeitung von Informationen tätig sind, sondern auch verdeckte Operationen durchführen. So organisierten britische und amerikanische Geheimdienste zusammen mit der NATO während des Kalten Kriegs Dutzende Bombenanschläge in Westeuropa, die sodann kommunistischen und arabischen Gruppierungen angelastet wurden (Operation Gladio). CFR-Medien verbreiteten dabei stets das offizielle
Narrativ und stellten keine kritischen Fragen – ein Mechanismus, der sich bis heute beobachten lässt.
Anschlag auf den Bahnhof von Bologna, 1980: Eine Gladio-Operation
Auf diese Weise kann das Netzwerk des Councils von der verdeckten Operation bis hin zur medialen Berichterstattung eine ganze Ereigniskette dirigieren und so eine künstliche Realität erschaffen, mit der sich die Öffentlichkeit nahezu beliebig lenken lässt. Oder wie es der ehemalige CIA-Direktor und Council-Vertreter William Casey einst formulierte: „Unser Desinformationsprogramm wird erst abgeschlossen sein, wenn alles, was die Öffentlichkeit glaubt, falsch ist.“
Box 2: Die SITE Intelligence Group. Wenn ein neues Al-Kaida-Video auftaucht oder die mysteriöse Terrorgruppe ISIS sich zu einem Anschlag bekennt, erfahren CFR-Medien dies meist aus derselben Quelle: Von der israelisch-amerikanischen SITE Intelligence Group. Das Besondere an SITE: Die Organisation erhält solche Informationen nicht nur meist als Erste, sie ist mitunter auch an deren Produktion beteiligt. So stellte sich 2011 im Rahmen eines Gerichtsverfahrens heraus, dass SITE zusammen mit US-Geheimdiensten beim Aufbau der Al-Kaida-Plattform Global Islamic Media Front (GIMF) in Deutschland behilflich war. Ausschnitt aus einem von SITE veröffentlichten ISIS-Video.
Die Terrorgruppe marschierte 2014 via NATO-Mitglied Türkei und NATO-Partner Jordanien in Syrien und im Irak ein und provozierte eine Militärintervention der US-Allianz.
Regierungen
Bis zur überraschenden Wahl von Donald Trump besetzte der Council während Jahrzehnten nahezu alle Schlüsselpositionen in der US-Regierung und stellte pro Administration – ob demokratisch oder republikanisch – mehrere hundert Spitzenbeamte und Berater. Der ehemalige US-Senator Barry Goldwater sagte dazu einst: „Wenn wir die Präsidenten wechseln, dann bedeutet dies, dass die Wähler einen Wechsel in der nationalen Politik wünschen. () Bisher gab es zwar stets einen großen Wechsel an Personal, aber keinen Wechsel in der Politik, denn ein CFR-Mitglied löste das andere ab.“
Andere Regierungen im Einflussbereich der USA haben meist nur geringen Einfluss und Spielraum, wenn es um geopolitische bzw. imperiale Angelegenheiten geht. Werner Weidenfeld, der langjährige Koordinator der deutschen Bundesregierung für die deutsch-amerikanische Zusammenarbeit, erklärte dies in einem Interview wie folgt: „Wenn wir in einer ernsten Frage anderer Auffassung sind [als die Amerikaner], dann kommt Geheimdienstmaterial auf den Tisch, das Deutschland belastet, und [es heißt:] entweder ihr macht mit, oder ihr seid dran.“
Auch die offiziell neutrale Schweiz kann sich den geopolitischen Zwängen nicht entziehen: Würde sich die Eidgenossenschaft beispielsweise nicht an den US-initiierten Sanktionen gegen Russland, Syrien oder den Iran beteiligen, dann gäbe es eben Sanktionen gegen die Schweiz (wie sie im Rahmen des Hotz-Linder-Abkommens schon einmal angedroht wurden) – mit verheerenden Folgen für die Schweizer Wirtschaft und Gesellschaft. Entsprechend zurückhaltend berichten staatstragende Medien.
»Diejenigen von uns, die in der Wahlkampagne von Kennedy mitwirkten, wurden in der Regierung toleriert und durften mitreden, aber die Außenpolitik war dennoch in der Hand der Leute vom Council on Foreign Relations.« John Kenneth Galbraith, Harvard-Ökonom und Kennedy-Unterstützer
Innerhalb der Matrix nehmen Regierungen verschiedene Aufgaben wahr. Einerseits zählen sie natürlich seit jeher zu den Hauptakteuren in der unmittelbaren Verbreitung von Propaganda. Im Vergleich zu autoritären Staaten profitieren Demokratien dabei vom Umstand, dass ihre durch Propaganda »belasteten« Regierungen alle paar Jahre durch frische Nachfolger mit neuem Vertrauensvorschuss abgelöst werden – wobei sich an den geopolitischen Machtverhältnissen und Mechanismen durch den Regierungswechsel zumeist nichts ändert.
Box 3: Die UNO. Die Giftgasangriffe der syrischen Regierung seien durch einen »sehr seriösen UNO-Bericht« belegt, schrieb der Ombudsmann des Schweizer Fernsehens in seiner Antwort an einen Zuschauer, der dem SRF eine einseitige Berichterstattung vorwarf. Doch amerikanische Investigativ-Journalisten kamen zu einem gegenteiligen Ergebnis: Der UNO-Bericht zu Giftgaseinsätzen in Syrien weise gravierende Mängel auf, habe Manipulationen ignoriert und basiere letztlich auf Behauptungen regierungsfeindlicher Milizen.
Weshalb publiziert die UNO einen solch fragwürdigen Bericht? Womöglich deshalb, weil die federführende UNO-Abteilung für Politische Angelegenheiten von einem US-Diplomaten geleitet wird, der zuvor in der Besatzungsbehörde für den Irak (CPA) diente, während die von der UNO mit der Untersuchung beauftragte Organisation für das Verbot chemischer Waffen (OPCW) von einem türkischen Diplomaten geführt wird, der zuvor NATO-Funktionär (und Bilderberg-Teilnehmer) war. Auch UNO-Berichte sind mithin stets kritisch zu prüfen – zumal CFR-Medien diese Arbeit aus naheliegenden Gründen kaum übernehmen werden.
Noch wesentlich grundlegender ist indes der staatliche Einfluss auf das Bildungswesen, durch welches das Welt- und Geschichtsbild einer Bevölkerung nachhaltig geformt wird. Insbesondere die Geschichtsschreibung ist ein essentielles Instrument, um »Gut« und »Böse« zu definieren und das Selbstverständnis von Ländern zu prägen. Und obwohl jeder weiß, dass »der Sieger die Geschichte schreibt«, sind sich nur wenige bewusst, dass dem tatsächlich so ist.
CFR-Medien – sowie das Online-Lexikon Wikipedia – sorgen ihrerseits dafür, die imperiale Geschichtsschreibung in der Öffentlichkeit präsent zu halten, während es kritischen Historikern (»Revisionisten«) oft noch schlechter ergeht als ihren Kollegen im Journalismus. Denn es gilt das Diktum von George Orwell: „Wer die Vergangenheit kontrolliert, kontrolliert die Zukunft. Wer die Gegenwart kontrolliert, kontrolliert die Vergangenheit.“
Hollywood
Nebst den traditionellen Medien ist auch die Filmindustrie in Hollywood ein fester Bestandteil der CFR-Matrix, zumal die Chefs aller bekannten Filmstudios – von Disney über Universal bis 20th Century Fox – in den Council eingebunden sind. Deshalb erstaunt es nicht, dass Hollywood von American Sniper bis Zero Dark Thirty einen Propagandastreifen nach dem anderen in die Kinos bringt und damit – zusätzlich zum Schulunterricht – das Welt- und Geschichtsbild breiter Bevölkerungsschichten auf mehr oder weniger subtile Art und Weise beeinflusst.
Die Filmstudios agieren dabei nicht unabhängig von den übrigen Akteuren der CFR-Matrix: Gemäß kürzlich veröffentlichten Dokumenten haben Pentagon und CIA die Drehbücher von mindestens 800 Kinofilmen und über 1000 TV-Produktionen bis in einzelne Dialoge und Figuren hinein bearbeitet, um dem Publikum die gewünschten Botschaften und Stereotype zu vermitteln. Besonders lohnenswert ist dieser Aufwand, wenn die jeweilige Filmproduktion Ende des Jahres einen Oscar erhält – so wie zuletzt der »Dokumentarfilm« über die ominösen Weißhelme in Syrien.
»Der Kinofilm ist eines der mächtigsten Propagandawerkzeuge, die den Vereinigten Staaten zur Verfügung stehen.«
Zitat aus: Der Film als Waffe der psychologischen Kriegsführung, Strategiepapier des US-Geheimdienstes OSS.
Doch nicht nur Filmstudios, auch einige der bekanntesten Hollywood-Stars sind Mitglied im CFR und engagieren sich für dessen internationale Projekte. Wenn Angelina Jolie nach Libyen fliegt, um mit den NATO-Revolutionären Solidarität zu zeigen und sie für ihren Einsatz zu loben, oder wenn George Clooney sich (der hungernden Kinder wegen) für die Aufspaltung des (ölreichen und China-freundlichen) Sudans unter US-Aufsicht einsetzt, dann berichten CFR-Medien ausführlich darüber – und erwähnen dabei nur eines nicht: dass diese Schauspieler ebenfalls Mitglieder des Councils sind.
Nachrichtenagenturen
Eine besondere Rolle in der Informationsmatrix nehmen die Nachrichtenagenturen ein. Der ehemalige Geschäftsführer der österreichischen Nachrichtenagentur APA beschrieb ihre Funktion mit diesen Worten: »Nachrichtenagenturen stehen selten im Blickpunkt des öffentlichen Interesses. Dennoch sind sie eine der einflussreichsten und gleichzeitig eine der am wenigsten bekannten Mediengattungen. Sie sind Schlüsselinstitutionen mit substanzieller Bedeutung für jedes Mediensystem. Sie sind das unsichtbare Nervenzentrum, das alle Teile dieses Systems verbindet.« (Segbers 2007, S.10)
Tatsächlich stammen bei internationalen Ereignissen nahezu alle Texte und Bilder, die CFR-Medien verwenden, von nur drei globalen Nachrichtenagenturen: der amerikanischen Associated Press (AP), der britisch-kanadischen Thomson-Reuters, und der französischen Agence France-Presse (AFP). Selbst internationale Korrespondenten müssen sich für ihre Arbeit zumeist auf diese Agenturen verlassen, wie der langjährige holländische Kriegsberichterstatter Joris Luyendijk in seinem Buch »Von Bildern und Lügen in Zeiten des Krieges« eindrucksvoll beschrieb.
»Putin droht«, »Iran provoziert«, »NATO besorgt«, »Assad-Hochburg«: Inhaltliche und sprachliche Ähnlichkeit der geopolitischen Berichterstattung aufgrund von Meldungen der globalen Agenturen.
Die Dominanz der drei globalen Agenturen hat einerseits zur Folge, dass sich in CFR-Medien von Wien bis Washington meist in etwa dieselben Informationen finden – und dieselben fehlen. Andererseits erleichtert die zentrale Informationsdistribution jenen Akteuren die Arbeit, die in entscheidenden Momenten Propaganda und Desinformation in das weltweite Mediensystem einspeisen möchten.
Reuters-Kriegskorrespondent Fred Bridgland beschrieb dies in einer bemerkenswerten Reportage des britischen Channel 4 wie folgt: »Wir basierten unsere Berichte auf offiziellen Mitteilungen. Erst Jahre später erfuhr ich, dass in der US-Botschaft ein Desinformations-Experte der CIA saß und diese Mitteilungen erfand, die überhaupt keinen Bezug zur Realität hatten. () Aber ehrlich gesagt, egal was die Agenturen publizieren, es wird von den Redaktionen sowieso aufgenommen.«
Während Reuters und AP direkt in den Council eingebunden sind, gehört die AFP dem französischen Staat, der seinerseits über die Bilderberg-Gruppe und die NATO in die transatlantischen Strukturen integriert ist. Im Endeffekt fungieren die globalen Agenturen dadurch als eine Art »Propaganda-Multiplikator«, mit dem CFR-Operateure und ihre Partner die gewünschten Botschaften weltweit verbreiten können (siehe Vertiefungsstudie). Dabei profitieren sie vom Umstand, dass die Agenturen im Normalfall absolut seriös arbeiten und deshalb einen ausgezeichneten Ruf genießen.
3. Journalisten in der Matrix
Ein entscheidender Aspekt der CFR-Matrix besteht darin, dass auch gewöhnliche Journalisten in sie eingeschlossen sind. Viele Journalisten dürften mithin selbst an die ihnen vorgesetzten Narrative glauben, während andere wie PR-Profis arbeiten und ihre Beiträge einfach mit dem gewünschten Spin abliefern. Wieder andere mögen in der Konformität gar eine Karrierechance für sich erblicken. Doch vorselektierte Quellen, Gruppendruck und die Abhängigkeit von Vorgesetzten und Auftraggebern sorgen dafür, dass es selbst für aufrichtige und intelligente Journalisten schwierig bis unmöglich ist, die Informationsmatrix von innen heraus zu durchbrechen und abweichende Standpunkte einzubringen, sofern imperiale Angelegenheiten tangiert sind.
So haben Mitarbeiter der ARD gemäß internen Memos die Vorgabe, bei geopolitischen Konflikten »westliche Positionen zu verteidigen«, vertrauliche Sprachregelungen zu beachten und ausschließlich konforme Quellen zu verwenden. Der ehemalige Chefredakteur des ZDF machte zudem publik, dass Beiträge zu US-Kriegen politisch beeinflusst werden. Nahost-Korrespondent Ulrich Tilgner beklagte redaktionelle Eingriffe aufgrund von »Bündnisrücksichten«, und der vormalige Leiter des ZDF-Studios Bonn bestätigte »Anweisungen von oben« und eine »freiwillige Gleichschaltung« der Journalisten.
4. Fazit
Jahrzehntelang hatte das Netzwerk des Council on Foreign Relations eine nahezu uneingeschränkte Kontrolle über den geostrategischen Informationsfluss in den NATO-Ländern. Die meisten Menschen hatten keine Möglichkeit zu realisieren, dass sie sich trotz scheinbarer Medienvielfalt tatsächlich in einer dicht gewobenen Informationsmatrix befanden.
Weshalb betrieb und betreibt der Council einen derartigen Aufwand zur Täuschung der eigenen Bevölkerung? Der inzwischen verstorbene Nationale Sicherheitsberater und Council-Direktor Zbigniew Brzezinski brachte es in seinem Buch The Grand Chessboard: American Primacy and Its Geostrategic Imperatives auf den Punkt: „Demokratie ist der imperialen Mobilisierung abträglich, denn das Streben nach imperialer Macht läuft den demokratischen Instinkten zuwider.“ (Brzezinski 1998, S. 20)
Tatsächlich mussten die USA seit dem Krieg gegen Spanien von 1898 für nahezu alle ihre Interventionen einen Vorwand kreieren, um die stetige Expansion der eigenen Einflusssphäre – nach der letztlich alle Imperien streben – moralisch zu legitimieren und die eigene Bevölkerung dafür zu gewinnen – zumal kaum je ein Land so leichtfertig war, die Vereinigten Staaten ohne Not von sich aus anzugreifen.
Hierzu erschufen die USA – wie Karl Rove es ausdrückte – eine eigene, »imperiale« Realität, die von verdeckten Operationen über die mediale Berichterstattung bis hin zur Geschichtsschreibung reicht und von den Mitgliedern des Councils und seiner Partnerorganisationen inszeniert und propagiert wird.
Damit wird zugleich verständlich, warum CFR-Medien bisweilen derart nervös auf den Erfolg russischer Medien wie RussiaToday (RT) reagieren: Diese erweitern eben nicht nur die gepriesene Meinungsvielfalt, sondern destabilisieren die umfassende Informationsmatrix des Councils – zumindest dort, wo dies russischen Interessen dienlich ist.
Durch das Internet entwickelte sich zudem die Möglichkeit, Informationen dezentral und kostengünstig zu verbreiten und so die Gatekeeper des Councils zu umgehen. Inzwischen existieren auch im deutschsprachigen Raum eine Vielzahl leserfinanzierter Medien und Plattformen, die das konventionelle Narrativ kritisch hinterfragen und neue Sichtweisen ermöglichen (siehe den Medien-Navigator).
Aus Sicht des Councils stellen solche Publikationen indes eine zunehmende Bedrohung der eigenen Informations- und Deutungshoheit dar. CFR-konforme Medien und Internetunternehmen reagierten hierauf mit der Schließung von Leserforen, Zensur auf sozialen Netzwerken, der »Bereinigung« von Suchresultaten sowie zunehmender Überwachung. Auf Illusion folgt somit Repression – es bleibt die Frage, ob dadurch das Vertrauen der Bevölkerung zurückgewonnen werden kann.
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