8. Einfluß des Freilandes dritten Grades auf Grundrente und Lohn.

Nehmen wir an, daß zur landläufigen, der Sparhandkultur (* Sogen. extensive Kultur – weitläufige Bebauung) von 10 Hektaren 12 Mann nötig seien und daß die Ernte 600 Tonnen betrage, also 50 Tonnen auf jeden Mann oder 6 auf den Hektar.

 

Nehmen wir weiter an, daß für die Sparhandkultur , die sogen. dichte oder intensive Bebauung derselben Bodenfläche, 50 Mann nötig seien und daß die Ernte dann 2000 Tonnen betrage. Es entfallen dann auf den Kopf  jetzt 40 Tonnen statt 50, und auf den Hektar 20 statt 6 Tonnen.

 

Das Produkt der Sparlandtultur steigt also nach Hektaren gemessen, geht jedoch nach Arbeit gemessen zurück. Bei Sparlandkultur lieferten unsere

 

12 Männer je 50, also 600 Tonnen
und in Sparlandkultur je 40, also nur 480 Tonnen
Der Unterschied von: 120 Tonnen

 

ist also auf die große Landfläche von 100 Hektaren, die den 12 Mann diese Handspar-, d. h. geringere Arbeit heischende Kultur gestattet, zurückzuführen. Steht ihnen die Landfläche zur Sparhandkultur nicht zur Verfügung, so müssen sie zur Sparland-Kultur übergehen und sich dann mit einem geringeren Arbeitsprodukt begnügen. Stellt ihnen jemand aber die zur Sparhand-Kultur nötige Ackerfläche zur Verfügung, so sind sie selbstverständlich bereit, für den Vorteil, der ihnen daraus erwächst, zu bezahlen, d. h. der Besitzer dieser Ackerfläche wird eine Rente erheben können, die dem Unterschied entspricht, der zwischen dem Arbeitsprodukt bei Sparhand- und Sparlandkultur erfahrungsgemäß zu Gunsten ersterer besteht. In unserem Beispiel also eine Rente im Betrage von 120 Tonnen von 100 Hektaren.


Die Landwirtschaft neigt in Bezug auf Arbeitsersparnis nach der weitläufigen und in Bezug auf Bodenersparnis nach der dichten Bebauung. Aus der Spannung, die sich hieraus ergibt, entspringt die Grundrente und aus dem Grade dieser Spannung (Erfahrungssache) ergibt sich die Verteilung der Ackerprodukte nach Grundrente und Lohn.


Warum die weitläufige Bebauung höhere Arbeitserträge und geringere Bodenerträge gibt, brauchen wir hier nicht zu erklären. Das ist Sache der landwirtschaftlichen Technik. Uns genügt die Tatsache, daß es sich so in der Landwirtschaft verhält, daß es in der Natur der Sache begründet liegt. Lägen die Sachen umgekehrt, etwa so, daß die weitläufige Bebauung 40 Tonnen, die dichte aber 50 Tonnen eintrüge, so würde die gesamte Landwirtschaft der dichten Bebauung zustreben. Man würde allen Boden, für den die vorhandenen Arbeiter nicht aufzutreiben wären, einfach brach liegen lassen, weil, wie gesagt, die etwa noch vorhandenen Arbeiter durch noch gründlichere Bearbeitung des Kulturbodens größere Arbeitsprodukte ernten würden als durch Bebauung von Brachland.

  • Die Bevölkerungslehre, die uns sagt, daß die Volkszahl den Lebensmitteln entspricht, steht mit obigem Satz nicht in Widerspruch. Die Bevölkerung vermehrt sich mit der Vermehrung der Lebensmittel. Sie läuft der Sparland-Kultur nach, nicht voraus.

durch ein Beispiel wollen wir die rechnerische Verteilung des Ackerprodukts zwischen Lohn und Grundrente noch schärfer beleuchten:

  • A. 12 Genossen bewirtschaften in landläufiger Sparhand-Kultur (weitläufiger Bebauung) 100 Hektar eigenen Bodens und ernten 480 Tonnen, also 40 Tonnen auf den Mann.
  • B. 60 Genossen bewirtschaften in Sparland-Kultur (dichter Bebauung) ebenfalls 100 Hektar eigenen Bodens gleicher Güte und ernten 900 Tonnen, also 15 Tonnen auf den Mann.
  1. Gegenüber den 12 Genossen haben die 60 auf den Kopf einen Minderertrag von 25 Tonnen, nämlich 40—15 = 25.
  2. Dieser Minderertrag ist allein darauf zurückzuführen, daß die Sparhand-Kultur, die A betreiben können, mehr Ernte ergibt nach der Kopfzahl der Arbeit berechnet.
  3. Will darum einer der 60 B. mit einem der 12 A. tauschen, so muß er ihn für den Unterschied im Arbeitsprodukt entschädigen. Wollen die 12 Mann tauschen, so erhalten diese 12 auch 12 mal 25 Tonnen,
    zusammen also 300 Tonnen.
  4. Diese 800 Tonnen, da sie auf die größere Landfläche zurückzuführen sind, sind Grundrente. Jedoch nur ein Teil der wirklichen Grundrente.
  5. Würden nämlich von den 60 B. 48 wegziehen, so hätten die übrigbleibenden 12 B. ebenfalls dasselbe Arbeitsprodukt der 12 Genossen A., also 300 Tonnen für die 12 B. oder 25 Tonnen auf den Mann mehr. Die 12 B. hätten dann auf den Mann 40 statt 15 Tonnen.
  6. Den Austritt aus der Genossenschaft dieser 48 B. können die Zurückbleibenden durch eine Abfindung von 300:48=6, 25 je Kopf und Jahr erlangen.
  7. Wollen die zurückbleibenden 12 B. die ausgetretenen 48 Genossen durch andere Genossen ersetzen, so muß jeder von diesen seine Beteiligung mit jährlich 6, 25 Tonnen erkaufen. Wollen sie als Lohnarbeiter mitwirken, so werden ihnen die 6, 25 Tonnen vom Arbeitsprodukt (15) abgezogen. Dann bleiben als Lohn 8, 75 Tonnen.
  8. Die volle Rente der 100 Hektaren ist also 60 mal 6, 25 oder 375 Tonnen. Lohn und Rente verteilen sich somit wie folgt:
60 mal 6,25 = 375 für Renten-Abzug vom Produkt der Sparland-Arbeit;
60 mal 8,73 = 525 Lohn, der übrigbleibt nach Abzug der Grundrente;
60 Mal     15 = 90 Produkt der dichten oder Sparland-Kultur
12 mal 8,75 = 105 Lohn — wie oben.
                          375   Rente wie oben.
                         480 Produkt der weiten oder Handspar-Kultur.

 

Die Verteilung des Produktes unter die Reutner und Arbeiter ermittelt man also:

  1. durch Feststellung des Unterschieds im Arbeitsprodukt bei dichter und bei weiter Bebauung (40—15 = 25) und durch Vervielfältigung dieses Unterschieds mit der Zahl der weitläufig Wirtschaftenden. 12 mal 25 = 300. (Das Resuitat dürfte man passend mit Rentendifferenz bezeichnen.)
  2. durch Abziehung der weitläufig Wirtschaftenden (60— 12 = 48) und Teilung der Rentendifferenz (300) durch diese Zahl (300:48 = 6,25).
  3. Diese so gewonnene Zahl mit der Gesamtzahl der dicht Bebauenden vervielfältigt, gibt die Rente des Bodens, auf den sich die benutzten Zahlen beziehen. (60 mal 6, 25 = 375).
  4. Zieht man die auf den Kopf der Arbeiter entfallende Rente (6, 25) vom Arbeitsprodukt (15) ab, so hat man den Lohn (15 – 6,25 = 8,75).

Unter weitläufiger oder Handspar-Wirtschaft verstehen wir diejenige Bodenkultur, bei der sämtliche sich anbietenden Arbeitskräfte herangezogen werden müssen, um die ganze verfügbare Bodenfläche zu bewirtschaften, ganz einerlei, welches Gepräge diese Wirtschaft sonst haben mag — Jagd, Viehzucht, Dreifelderwirtschaft, Schiffelland, oder auch die heute gebräuchliche, vergleichsweise hoch entwickelte Landwirtschaft.

 

Unter Landspar-Wirtschaft (dichte Bebauung) verstehen wir diejenige Bodenkultur, bei der, wenn sie größeren Umfang annimmt, sich ein allgemeiner Arbeitermangel einstellen muß.


Handspar- und Landspar-Wirtschaft sind also bedingt aufzufassen. Der Hirt ist dem Jäger gegenüber der Landsparwirtschaftende. Hirtenvölker werden darum auch aller Regel nach Rente für die Überlassung des Boden (Jagdgebiet) anbieten müssen und auch anbieten können.


Die Sparhand-Kultur gibt das höchste Arbeitsprodukt (Lohn und Reute), die Sparland-Kultur das höchste Ackerprodukt. Der Grundeigentümer möchte beides vereinigen und sucht natürlich Sparland-Kultur zu betreiben. Das kann er aber nicht ohne den Sparhandwirtschaftenden die Arbeiter zu nehmen und dadurch Land brach zu legen. (Freiland 3.) Daß die Eigentümer ihren Boden aber wieder nicht ohne weiteres brach liegen lassen wollen und darum die Arbeiter durch Lohnaufbesserung an ihren Boden zu fesseln suchen werden, ist auch wieder selbstverständlich, auch daß sie mit der Lohnaufbesserung bis hart an die Grenze der Einträglichkeit Auflösung der Rente in Lohnerhöhungen, gehen werden, ist klar. Ein Grundbesitzer wird für den Hektar Land als Pacht immer noch lieber 1 Mark nehmen als gar nichts.


Freiland 3 wirkt somit als Lohn- und Renten-Ausgleicher. Freiland 3 schließt jede Willkür bei der Bemessung des Lohnes aus. Der Grundbesitzer zahlt nicht so viel, wie ihm behagt, und der Arbeiter fordert nicht soviel er Lust hat, sondern beide, nehmen nie mehr, als sie bekommen können!