9. Einfluß der Technik auf Rente und Lohn.

I. Technik. Die Verbesserung der Technik erhöht das Arbeitsprodukt. Unter der Bedingung, daß die Verbesserung gleichmäßig das Arbeitsproduk wie bei der Sparland-, so auch bei der Sparhand-Kultur erhöht, steigen Lohn und Rente auch gleichmäßig.

 

Wir wollen das hier nachrechnen:

  • A.12 Genossen ernten auf 100 ha 480 t, je Mann 40 t.
  • B. 60 Genossen ernten auf 100 ha 900 t, je Mann 15 t, nach den Berechnungen S. 28 beträgt die Rente der 100 Hektar 375 Tonnen und der Lohn 8, 75 Tonnen.


Durch eine technische Verbesserung wird das Arbeitsprodukt gleichmäßig  um 1/4 gehoben. Bei A. von 480 Tonnen auf 600 Tonnen oder von 40 auf 50 je Kopf und bei B. von 900 auf 1125 Tonnen, je Kopf von 15 auf 18,75 Tonnen.


Nach Anweisung S. 28/29 gelangen wir zu folgendem Ergebnis:

 

Rente: 50 — 18, 75 = 31, 25 mal 12 = 375:48 = 7, 81 mal 60 =468,60.  
Lohn:  18,75 – 7,81 = 10,94.  
A. 12 mal 10, 94 =  131,34 Lohn   B. 60mal 10,94 = 656, 40 Lohn
                                  468,66 Rente                                      168,60 Rente
                                  600,00 Produkt.                                             1123,00 Produkt.

 

Demnach ist die Rente von 375 auf 468, 60 = 25 % gestiegen und der Lohn ebenfalls von 9,75 auf 10,94 = 25% gestiegen.

 

Das Verteilungsverhältnis ist also unbeeinflußt geblieben. Der Rentner zieht aus der Verbesserung der Produktionsmittel in diesem angenommenen Fall denselben Vorteil wie der Arbeiter.

 

Jedoch die Verbesserungen der Technik kommen nur selten beiden Bebauungsarten, der Sparhand und Sparland zu statten, und noch seltener kommen sie beiden Kulturarten gleichmäßig zu statten. Was macht der Sparlandbauer z. B. mit einem 10 scharigen Motorpflug und mit einem Säe-Flugzeug? Eine solche Maschine kann nur bei großen Flächen in Anwendung kommen. Für die Sparland-Kultur ist sie vollkommen nutzlos, so etwa wie der Löwe für die Mausejagd nutzlos ist.

 

Zur Freiland 3 kommt der Motorpflug nicht in Frage, um so mehr aber zur Freiland 1 und 2, in den weiten Ebenen Amerikas. Dort wendet ein einziger Motorpflug (* ) die Acker von 50 und mehr Bauern, und zwar wendet er sie gut und billig. Natürlich vergrößert sich das Arbeitsprodukt dieser Freiländer dadurch außerordentlich.

 

(* )Der Motorpflug ist zuweilen Eigentum der Bauerngenossenschaft, in der Regel aber eines Unternehmers, des Hufschmieds, der auch die Instandsetzungen vornimmt.)

 

Vom Arbeitsprodukt aber hängt der Arbeitsertrag ab und dieser Arbeitsertrag des Freiländers bestimmt den Lohn der Arbeiter auf dem Rentenland überall.

 

Wenn nun alle Umstände, die bei der Umwandlung des Arbeitsprodukts in Arbeitsertrag mitspielen, unverändert bleiben, so müßte der Lohn allgemein in demselben Verhältnis steigen, wie durch den Motorpflug das Arbeitsprodukt gestiegen ist. Jedoch bleiben diese Umstände nicht unverändert und hier zeigt es sich wieder, wie nötig unsere zu Anfang gemachte Unterscheidung zwischen Arbeitsprodukt und Arbeitsertrag war. Denn dieser, nicht das Arbeitsprodukt bestimmt die Löhne allgemein.

 

Wenn der Arbeitsertrag des Freiländers nun wächst, so steigt ohne weiteres auch der Arbeitsertrag der Industrie-Arbeiter. Wenn das nicht wäre, so würden die Industrie-Arbeiter zur Landwirtschaft, zum Freiland 1, 2 und 3 zurückfluten. Dieses Steigen der Industrie-Arbeitslöhne geschieht durch eine Verschiebung im Tauschverhältnis zwischen den Produkten des Freiländers und der Industrie. Statt 10 Sack Weizen muß der Freiländer 12 Sack hergeben für einen Phonographen, eine Flinte, eine Hausapotheke. So verliert der Freiländer bei der Umwandlung des Arbeitsproduktes in Arbeitsertrag einen Teil des Mehrproduktes an den Industriearbeiter. Der Motorpflug treibt also den Lohn auf der ganzen Linie aufwärts.

 

Jedoch ist das, was die Lohnarbeiter durch den Motorpflug gewinnen größer als das, was der Motorpflug an Produkten mehr schafft. Der Motorpflug mag 100 Millionen Tonnen mehr schaffen, aber auf alle Arbeiter verteilt, wäre das eine sehr geringe Summe, die in gar keinem Verhältnis steht zur Arbeitsertragssteigerung der Freiländer. Und das verhält sich so:

 

Geht der Arbeitsertrag der Freiländer 1 und 2 in die Höhe, so steigt auch der Lohn der Arbeiter auf europäischem Rentenboden, und zwar ohne daß das Arbeitsprodukt wächst (weil ja hier der Motorpflug keine Anwendung finden kann, oder doch nur eine sehr beschränkte). Die Lohnsteigerung vollzieht sich hier also auf Kosten der Grundrente. Die Mittel für die Lohnerhöhung kommen also nur zum keinsten Teil aus dem Mehrprodukt der Freiländer. Suchen wir dies ebenfalls rechnungsmäßig zu erfassen.

 

Das Arbeitsprodukt des Freiländers 1 und 2 wächst infolge Erfindung leistungsfähiger Maschinen, und zwar nach Abzug der Zinsen und Unterhaltungskosten dieser Maschinen um 20 %. Der Arbeitsertrag wächst nur um 10 %, weil, wie wir gezeigt haben, der Industriearbeiter für seine Produkte mehr fordert und auch mehr fordern kann. Das Tauschverhältnis der industriellen zu den landwirtschaftlichen Erzeugnissen verschiebt sich um 10 % zu Gunsten der ersteren. Bleiben also von den 20 nur 10 % übrig, die sich auf den allgemeinen Arbeitslohn übertragen.

 

So müssen unsere Grundherren in die Grundrente greifen, um die erhöhten Forderungen der Arbeiter zu befriedigen, da das Produkt ihres Ackers nicht gestiegen ist. Betrug also die Rente von 100 Hektar 375 Tonnen, die Zahl der Arbeiter 12, der Lohn 8, 75, so werden die Lohnausgaben jetzt 8, 75 * 10 % = 9,62 mal 12 = 115, 44 statt 12 mal 8, 75 = 105 Tonnen betragen. Von der Rente gehen 10, 44 Tonnen ab, sie beträgt jetzt 364,55 Tonnen. Doch beschränkt sich der Verlust des Grundherrn nicht auf den in Tonnen ausgedrückten Rückgang seiner Rente. Mit der Rente in Gestalt von Tonnen landwirtschaftlicher Produkte ist ihm ebenso wenig gedient, wie dem Freiländer mit dem Arbeitsprodukt. Beim Tausch aber der 364,56 Tonnen gegen industrielle Erzeugnisse verliert er infolge der beschriebenen Verschiebung im Tauschverhältnis wieder 10 %, so daß die Rente jetzt 364,56 – 10 % = 328,10 beträgt. In Prozent ausgedrückt beträgt der Gesamtwert 12 1/2 %. Je kleiner die Rente im Verhältnis zu den Lohnausgaben ist, um so fühlbarer wird die Lohnsteigerung für den Rentner sein. Da es aber wieder nicht angeht, daß dem Grundherrn aus der Anstellung von Arbeitern ein Verlust erwachsen soll, daß also der weitläufig wirtschaftende Grundherr mehr Rente aus dem Boden schlägt, als der gedrängt wirtschaftende Grundherr, so findet eine rückwärtige Bewegung von der dichten zur weitläufigen Bebauung statt. Es werden Arbeiter frei, die auf den Lohn drücken und ihn unter seine regelrechte Höhe (d. i. der um 10 % gehobene Arbeitsertrag des Freiländers 1 und 2) herabzusetzen. Dann wächst die Auswanderung, bis das Gleichgewicht der Löhne hier und des Arbeitsertrages dort wieder hergestellt ist.

 

Nun haben wir noch die Teilung des Produkts in Lohn und Rente für den Fall zu berechnen, daß die verbesserte Technik der Sparhand-Kultur zugute kommt, der Sparlandkultur jedoch nicht.

 

Das Arbeitsprodukt der 12 Genossen A. steigt von 480 auf 600 Tonnen, das der 60 Genossen B. bleibt auf 900 stehen. Auf den einzelnen Mann berechnet entfallen auf die Genossen A. jetzt 50 Tonnen und auf die Genossen B. immer noch 15 Tonnen. Der Unterschied steigt von 25 auf 35 Tonnen.

 

Nach unserer Anweisung S. 28/29 berechnet, beträgt nun die Rente 525  375 und der Lohn 6, 25 statt 8, 75.

 

35 mal 12 = 420:48 = 8,76 mal 60 = 525 Tonnen, das ist die Rente.  
15 – 8,75 = 6,25, das ist der Lohn.  
12 mal 6, 25 = 75 Lohnausgaben   60 mal 6, 25 = 375 Lohn
                         525 Rente                                 525 Rente
                        600 Produkt                                300 Produkt

 

Wir erkennen aus diesen Beispielen, daß der Einfluß verbesserter Technik sich sehr ungleich bei der Verteilung der Bodenprodukte fühlbar macht, daß es sehr darauf ankommt, wem die neue Technik in erster Linie dient, ob dem Freiland 1 und 2 oder dem Freiland 3, oder gar der Sparhand-Kultur.

 

Wir erkennen aber auch, daß die Arbeiter in früherer Zeit nicht immer fehlgingen, als sie in Verfolgung ihrer Interessen die Zerstörung der Maschinen forderten. Es kann ja vorkommen, wie das in dem zuletzt berechneten Falle geschieht, daß die Rente bei einer verbesserten Technik nicht nur das Mehr an Produkten für sich beansprucht, sondern noch darüber hinaus den Lohn herabsetzt. So stieg in dem zuletzt angenommenen Fall das Produkt der Sparhandkultur von 480 auf 600 Tonnen = 25 %, die Rente aber stieg von 375 auf 525 Tonnen = 40 %. Und trotz des vermehrten Arbeitsprodukts (50 statt 40) ging der Lohn herunter von 8, 75 auf 6, 25 Tonnen.