Über Hühner
Meine Eltern hatten ein paar Hühner, für die sie neben dem Hof einen Auslauf hatten. Wir wohnten in der Bretagne und mein Vater war dort Regierungsbeamter. In der Gegend gab es viel Schiefer und Granit, aber absolut keinen Kalkstein. Die Hühner erhielten nie Kalk, und doch legten sie in der Saison jeden Tag Eier mit Kalkschalen.
Damals fragte ich mich noch nicht, woher der Kalk kam, doch mich faszinierte es zuzuschauen, wie die Hühner unablässig am Boden scharrten, wenn man sie auf den Hof freiließ. Sie suchten Glimmerstückchen. (Glimmer ist zusammen mit Quarz und Feldspat Bestandteil von Granit; alle drei sind Siliciumverbindungen. Mehr wußte ich in meiner Grundschulzeit noch nicht.)
Mir fiel auf, wie gut die Hühner ihre Auswahl trafen, wenn es geregnet hatte: Im sauberen, gewaschenen Zustand sahen diese Bruchstücke wie winzige Spiegel aus. Man konnte genau sehen, wo sie mit ihren Schnäbeln gepickt hatten.
Keiner konnte mir erklären, weshalb die Hühner nach Glimmer scharrten und nicht nach Sand. Jedesmal wenn ein Huhn geschlachtet wurde, sah ich meiner Mutter beim Öffnen des Vormagens zu; immer fand sie Sandkörnchen, nie Glimmerstückchen. Wo war der Glimmer geblieben? In den Magen weitergewandert?
Weshalb aßen die Tiere dieses Mineral? Dieses Problem fesselte mich und blieb wie alles Geheimnisvolle in meinem Unbewußten haften, denn ich wollte logische und klare Erklärungen, wie bei all den Fragen nach dem „Warum?“, die Kinder so stellen.
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