Vorwort des Herausgebers der ersten englischsprachigen Ausgabe (1972)
Die vorliegende englische Ausgabe der Werke von Louis Kervran richtet sich an jedermann, an Wissenschaftler, Laien und Studenten gleichermaßen. Man hätte auch allein den Sachverstand des Wissenschaftlers ansprechen und alles in nüchternen Fachbegriffen darlegen können, doch das hätte den Fortschritt behindert. Wenn es stimmt, was Kervran einmal gesagt hat, daß nämlich die Wissenschaftler „aus der Wissenschaft einen Job wie jeden anderen gemacht haben“, wäre es moralisch nicht zu verantworten, nur sie allein mit diesem Thema anzusprechen.
Die Probleme der Ökologie, Medizin und Ernährung sowie die alarmierende Zunahme der Radioaktivität sind viel zu groß, als daß man sie nur in akademischen Kreisen abhandeln dürfte. Die biologischen Transmutationen sind für jedermann verständlich, solange ein Wunsch nach echter Erkenntnis vorhanden ist.
Man muß nur alle starren Denkmuster ablegen, wenn man sie begreifen will. Bei der Transmutation geht es um nicht mehr und nicht weniger als um eine Wirklichkeit, die uns etwas über Wandel und Veränderung lehrt. Wandel bedeutet Leben, und durch Wandel schaffen wir Leben. Die einzig konstante Größe ist unser Ziel der Menschwerdung.
Die Grundsätze der biologischen Transmutationen haben Auswirkungen auf jeden Bereich unserer Existenz. Auch ohne Patente und Lizenzen werden sie bereits bei der Herstellung von chemischen, pharmazeutischen und anderen Produkten angewandt, wobei Kervrans Forschungen die Grundlage bilden.
In der Medizin erkennt man Transmutationen an. Dadurch haben sich neue Möglichkeiten zur Behandlung bisher für unheilbar gehaltener Krankheiten aufgetan. In Planung sind bereits Lösungen zur Heilung von Arteriosklerose, Rheuma, Bluthochdruck, Dekalzifizierung, Nierensteinen, Hormonmängeln und weiteren Leiden, und dies auf natürliche Weise, ohne Gefahr für den Patienten.
Schon wenden Agronomen die Erkenntnisse Kervrans im großen Stile an. Ernährungsfachleute ziehen den größten Nutzen, denn die Ernährung steht dem Körper und der Seele des Menschen zu nah, als daß sie eine rein akademische und isolierte Disziplin bleiben könnte. Aufgrund dieses Gesetzes des Wandels der Elemente, das Louis Kervran entdeckt hat, ernähren sich heute Hunderttausende auf naturnahe Weise.
Im Jahre 1799 war der französische Chemiker Vauquelin so fasziniert von der großen Menge Kalk, die eine Henne jeden Tag produziert, daß er beschloß, ein Tier in einem Käfig einzusperren und nur mit Hafer zu füttern. Zuerst analysierte er, wieviel Kalk in einem Pfund Hafer enthalten war, und dann fütterte er die Henne damit. Hinterher untersuchte er, wieviel Kalk mit den Eierschalen und den Exkrementen ausgeschieden worden war. Er stellte fest, daß die Henne fünfmal soviel Kalk ausgeschieden hatte, wie in der Nahrung enthalten war. Vauquelin folgerte daraus, daß der Kalk sich gebildet haben mußte, aber woher, das wußte er nicht.
Im Jahre 1822 definierte Prout, ein Engländer, die Probleme der Elementumwandlung zum ersten Mal. Er untersuchte systematisch die Zunahme des Kalkgehalts im heranreifenden Hühnerei und wies nach, daß der Kalk (das Calciumcarbonat) nicht aus der Schale stammte. Im Jahre 1831 ließ der Franzose Choubard Samen von Brunnenkresse in einem Gefäß keimen, das keinerlei Substanz abgab (aus Sand, Glas usw., mit Säure gereinigt, gespült und erhitzt). Er stellte fest, daß die Keimlinge Mineralien enthielten, die nicht in den Samen enthalten waren.
Andere Forscher folgten. Im Jahr 1844 experimentierte Vogel mit Brunnenkressesamen, die er unter einer großen Glasglocke keimen ließ. Er „analysierte“ laufend die Luft und fügte eine Nährlösung hinzu, die keinen Schwefel enthielt. Nach dem Keimen untersuchte er die Pflänzchen und fand heraus, daß sie mehr Schwefel enthielten als die Samen, aus denen sie stammten. Vogel konnte sich das nicht erklären und kam zu dem Schluß, daß es sich bei Schwefel nicht um einen „einfachen Körper“ (ein Element) handle oder daß es eine unbekannte Quelle für den Schwefel geben müsse.
Ein paar Jahre später beschäftigten sich J. B. Lawes und J. H. Gilbert mit der Schwankungsbreite der anorganischen Bestandteile von Eschen während der Wachstumsperiode. Bei ihren Analysen stießen sie auf unerklärliche Unterschiede im Magnesiumgehalt der Eschen. Im Jahre 1875 ging von Herzeele einen Schritt weiter und prüfte die Gewichtzunahme der Eschen bei jungen Pflanzen, die aus Samen gezogen worden waren. Für seine Kulturen verwendete er statt der Pflanzerde eine gut erforschte Nährlösung. Später führte er Experimente durch, die sich an die frühere Untersuchung Vogels zum unterschiedlichen Magnesiumgehalt anlehnten, womit sich auch schon Lawes und Gilbert beschäftigt hatten. Von Herzeele gelangte zu der Auffassung, daß die Elemente sich
ineinander umwandelten.
Anscheinend war er der erste, der den Ursprung und den Verbleib eines Elements erforschte. Sein beachtliches Werk blieb in der Fachwelt ohne Resonanz. In den 1940er Jahren grub Hauschka es wieder aus und veröffentlichte von Herzeeles Erkenntnisse in einem seiner Bücher. Unter anderen befaßten sich dann noch Branfield, Lakhovsky, Spindler und Freundler mit diesem Thema. Doch keiner kam zu klaren Ergebnissen. Der Leiter des Labors für Organische Chemie an der École Polytechnique in Paris, Baranger, lernte die Arbeiten von Herzeeles kennen. Im Jahr 1960 veröffentlichte er die ersten Ergebnisse der Untersuchungen Spindlers über die Schwankungsbreite des Phosphor- und Calciumgehalts in keimenden Samen. Baranger schloß, daß eine Umwandlung der Elemente stattgefunden haben mußte, doch er konnte mit seinen Forschungen die Mechanismen, die für diese Abweichungen verantwortlich waren, genauso wenig aufzeigen wie seine Vorgänger.
Im Jahr 1959 begann Kervran mit der Veröffentlichung seiner Entdeckungen. Etwa zur selben Zeit erfuhr er von den Arbeiten der gerade genannten Forscher, die zufällig mit demselben Thema befaßt waren. Im Sommer jenes Jahres schloß Kervran seine jahrelange systematische Forschungsarbeit ab. So gut es ihm möglich war, breitete er seine Überzeugung vor der Fachwelt aus, in einer Klarheit, wie sie keiner vor ihm erreicht hatte. Es gelang ihm zu zeigen, worauf er so viele Jahre gewartet hatte, nachdem er Tausende von Analysenergebnissen eingesehen hatte, die alle auf dasselbe hinausliefen, daß nämlich nicht nur Moleküle, sondern auch die Atome selbst umgewandelt werden können. Er wies nach, daß es eine Transmutation der Materie von einem „einfachen Körper“ zu einem anderen, von einem Atom zu einem anderen gibt.
Alle Beweise lagen auf dem Tisch, doch Kervran sah sich einer vehementen Opposition skeptischer Leute gegenüber, die zögerten, etwas Neues anzunehmen. Andererseits erhielt er auch herzliche Glückwünsche und Ansporn von seiten einiger Wissenschaftler höchsten Ranges, die nun endlich Licht sahen in so manchem, was ihnen schon immer unklar erschienen war. Schon im Jahr 1959 erfuhr Kervran solide Unterstützung von Menschen, die den wahren Forschergeist besaßen. Im Juli 1960 veröffentlichte ein Wissenschaftsjournal in Frankreich einen Artikel über Louis Kervran. Das genügte der Öffentlichkeit, um zu erkennen, was so viele Gelehrte nicht sehen wollten.
Nun gaben Zeitschriften, Radio und Fernsehen Millionen die Gelegenheit, etwas über die „Transmutationen“ zu erfahren. Erst 1962 wurde das Buch Transmutations biologiques im Verlag Librarie Maloine veröffentlicht. Innerhalb von wenigen Monaten war die erste Auflage ausverkauft und man druckte nach. Zwei Jahre später folgte eine dritte Auflage. Es folgten Transmutations naturelles, Transmutations à faible énergie, Preuves relatives à l’existence des transmutations biologiques sowie Transmutations biologiques en agronomie.
Im Vorwort zu Transmutations naturelles schrieb Jean Lombard, ein weltbekannter Geologe: „Wer wahrhaft wissenschaftlich arbeitet, ist immer dankbar für neue Vorschläge und fragt sich manchmal, ob nicht das größte Hindernis für den Fortschritt der Wissenschaft das schlechte Gedächtnis der Gelehrten ist. Man möchte sie bisweilen daran erinnern, daß einige ihrer Vorläufer verbrannt wurden, weil sie Interpretationen von Fakten vortrugen, die inzwischen eherne Wahrheiten geworden sind. Würde man Pioniere der Wissenschaft auch heute noch verbrennen, so hätte Louis Kervran wohl keine großen Chancen, lebendig davonzukommen.“
Im Januar 1963 hörte sich eine Gruppe von Wissenschaftlern Louis Kervran an. Nach diesem Treffen schrieb Fischhoff einen Bericht, in dem es hieß: „Wir sind davon überzeugt, daß es sich hier um eine Reihe von Beobachtungen und Phänomenen handelt, die von allergrößter Bedeutung sind für den Fortschritt unseres Wissens auf den Gebieten Physik, Biologie, Geologie, Kosmologie usw. Das große Verdienst Louis Kervrans ist es, so hartnäckig darauf bestanden zu haben, daß an den Fakten, die er uns vortrug, irgend etwas seltsam war und daß man irgendeine ’neue‘ Erklärung dafür brauchte. Er hat seine Idee unbeirrbar weiterverfolgt und geduldig viele Jahre lang Fakten, Beobachtungen und Ergebnisse gesammelt, auch wenn diese anscheinend nichts miteinander zu tun hatten, um sie schließlich in einer kühnen Hypothese zusammenzufassen, die man als ebenso solide wie fesselnd bezeichnen muß. Kühn ist sie deshalb, weil sie den klassischen Aufassungen der Kernphysik und der Biologie zu widersprechen scheint. Solide ist sie, weil es sich bei den zitierten und beobachteten Fakten um ein reiches Material handelt, untermauert von einer zuverlässigen logischen Argumentation. Fesselnd, weil sie neue Perspektiven und Horizonte eröffnet für die Biologie, Medizin, Energetik, Physik, Kosmologie usw.“
Zwölf Jahre sind jetzt vergangen seit der Bekanntmachung der Transmutations biologiques, und die große Debatte hält weiter an. In Frankreich gibt es nun zwei Lager, eines für Kervran und eines gegen ihn. Britische Wissenschaftler haben Kervran eingeladen, eine Vortragsreihe abzuhalten und seine Experimente vorzuführen. Wissenschaftler in Italien, Belgien und der Schweiz haben ihn bereits gehört und setzen die Transmutationen jetzt in die Praxis um. Russland hat Kontakt mit Kervran aufgenommen. Alle Bücher über Transmutationen wurden ins Russische übersetzt, sind aber noch nicht im Laden erhältlich, sondern liegen in der Moskauer Bibliothek aus. Russische Wissenschaftler bereiten derzeit einen Kongreß vor, der sich allein mit Transmutationen befassen wird und 1973 stattfinden soll. Die chinesische Botschaft hat Kervran offiziell und nachdrücklich mehrfach eingeladen, drei Monate nach Peking zu gehen, um chinesischen Wissenschaftlern eine Gelegenheit zu geben, von seinen Arbeiten zu erfahren. Vor neun Jahren lud Dow Chemical Kervran in die USA ein, doch konnte er dieser Einladung leider nicht nachkommen.
Nachdem ich dieses Buch abgeschlossen und den größten Teil des Vorworts verfaßt hatte, fuhr ich zu Kervran nach Europa, um Korrekturen vorzunehmen. Ich hatte einfach alle seine Bücher zu einem einzigen zusammengefaßt, was keine leichte Aufgabe war. Das erste Problem bestand darin, das Wichtigste auszuwählen, denn alles schien wesentlich. Eine weitere Schwierigkeit tauchte dann bei jedem einzelnen Satz auf. Kervrans Aussagen waren an französische Wissenschaftler gerichtet, die eine andere Art der Genauigkeit als ihre amerikanischen Kollegen erwarten. Ich stand also vor der Aufgabe, den Text getreu wiederzugeben und dabei so zu formulieren, daß er den wissenschaftlichen Gepflogenheiten der Amerikaner entsprach. Mit anderen Worten, was gebraucht wurde, war jemand, der scharf denken und vorzüglich formulieren konnte, der sich mit Englisch und Französisch bestens auskannte, dazu noch in Chemie, Biologie, Kernphysik und einigen weiteren Disziplinen, und der flexibel genug war, dem Konzept der Transmutation als einer „neuen Wissenschaft“ zu trauen.
Wenn ich mich entschloß, dieses Werk selbst auf mich zu nehmen, dann nicht, weil ich ein solcher Autor wäre, sondern einfach, weil ich niemand finden konnte, der auch nur halbwegs dafür befähigt gewesen wäre. Es gibt nicht viele Wissenschaftler, die gut genug Französisch können, um Kervrans Texte zu entziffern. So habe ich mich selbst überredet, indem ich mir sagte: Das ist eine ganz neue Art, die Wissenschaft zu sehen, und es ist Sache des Lesers, sei er nun Fachmann oder Laie, sich damit auseinanderzusetzen und hineinzuwachsen. Meine Rolle beschränkt sich auf die des Katalysators.
Soweit mag mein Werk gelungen sein, doch ich gestehe freimütig, daß ich leider nicht alles tun konnte, was wirklich hätte getan werden sollen. Da ich in der Lehre und Forschung stehe, konnte ich nur sechs Monate für dieses Buch erübrigen (zwölf Stunden täglich). Es hätten wahrlich weitere sechs Monate sein müssen. Kurz und gut, dieses Buch hätte eines Menschen bedurft, der in jeder Hinsicht mehr zu bieten hat als ich, der über ein oder zwei Jahre Zeit verfügt, um nur an seinem Schreibtisch zu sitzen und über das Thema Transmutationen nachzudenken.
Dies ist kein Lehrbuch oder Labornachschlagewerk. Es dient einzig dem Zweck, diejenigen wachzurütteln, die sich um den ökologischen Zustand der Erde sorgen. Wollte ich sämtliche denkbaren Anwendungen der biologischen Transmutationen darlegen, so käme ich nie zu einem Ende.
Von besonderer Bedeutung ist die Position der Adressaten: sie müssen zwischen dem Naturwissenschaftler und dem Metaphysiker vermitteln. Bisher ist es wegen der Unterschiede in der Sprache zu keinem unmittelbaren Dialog zwischen beiden gekommen. Jetzt ist meines Erachtens eine Begegnung möglich, denn die biologischen Transmutationen lehren uns etwas über die Abläufe des Lebens. Der Naturwissenschaftler lernt daraus, daß die Wissenschaft sich nicht auf das Studium des Physischen allein beschränken kann, denn im Gegensatz zur Entropie schließen diese Abläufe eine Veränderung zum Metaphysischen hin ein. Der Metaphysiker wiederum lernt aus denselben Abläufen, die die unsichtbaren Elemente beseelt, daß es sich lohnt, das Leben in seiner Einzigartigkeit zu studieren. Dann wird er im Kleinsten das wiederfinden, was er schon immer wußte, daß nämlich das Leben eine ständige Erneuerung der Individuen und der Zellen ist.
Ich möchte dieses Vorwort schließen, indem ich kurz Louis Kervran selbst vorstelle. Ich hatte erwartet, einen Wissenschaftler vorzufinden, mit dem man sich zum Kennenlernen, wie unter Männern üblich, über philosophische Fragen unterhalten kann. Doch weit gefehlt. Er entpuppte sich nämlich als eine wahre Furie der Wissenschaft, und es wurde über nichts anderes als wissenschaftliche Fachfragen gesprochen. Kervran kannte sich sehr gut aus auf seinem Gebiet. Er schien sämtliche wissenschaftliche Werke und Aufsätze gelesen zu haben, die weltweit veröffentlicht worden waren, schien über das Werk jedes lebenden Wissenschaftlers informiert. Und als ich ihm sagte, er habe der Wissenschaft eine neue Richtung und neue Hoffnung gegeben, antwortete er erregt: „Ich
habe lediglich auf Dinge hingewiesen, die es schon immer gab!“ Die Kapitel dieses Buchs wurden so angeordnet, daß ein Leser, der die biologischen Transmutationen noch nicht kennt, sie allmählich kennenlernt.
Vielleicht empfindet man beim Lesen einige der Schwierigkeiten, die mir selbst beim Lesen der Bücher Kervrans begegneten. Ich empfehle daher, das Buch mehr als einmal zu lesen oder, falls gewünscht, gleich den besonders interessierenden Teilaspekt (Medizin, Landwirtschaft usw.) aufzuschlagen. Auf diese Weise findet man man schnell heraus, wo biologische Transmutationen überall ihre Anwendung finden. Möge dieses Buch einer neuen Zeitepoche dienen, in der die Menschen guten Willens und voller Verständnis sind und Frieden und Gerechtigkeit auf die Erde bringen.
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