Kalium
Mir erschien es nützlich, alles zusammenzutragen, was ich zum Thema des abweichenden Kaliumstoffwechsels herausgefunden habe.
In diesen Forschungen konnte ich ermitteln,
- daß es sich beim Phänomen des Lebens nicht um ein chemisches Phänomen handelt, sondern um einen Vorgang, der tiefer in das Atom zurückreicht und im Kern beginnt. Die organische Chemie umfaßt lediglich den letzten Schritt des Molekülumbaus.
- daß der Atomkern der leichteren Elemente recht verschieden ist von dem, was die Kernphysik als den typischen Atomkern ansieht; ihre Annahmen treffen nur auf die schwereren Elemente zu.
- daß die Natur Teilchen von einem Kern zum anderen bewegt, z. B. Wasserstoff- und Sauerstoffkerne, in einigen Fällen auch Kohlenstoff- und Lithiumkerne. Es gibt also eine Transmutation.
- daß die biologische Transmutation ein Phänomen ist, das sich vollständig von der Atomspaltung oder Fusion der Physik unterscheidet. Sie stellt eine bislang unerkannte Eigenschaft der Materie dar.
Mir ging es bei meinen Forschungen vor allem um die Reaktionen in den Kernen der Elemente Natrium, Magnesium, Kalium, Calcium, Stickstoff und in geringerem Maße auch Phosphor, Schwefel, Chlor und einigen weiteren. Kalium erschien mir als wichtiger biologischer Regulator; es kann endogen aus Natrium gebildet werden. Für diese Reaktion konnte ich errechnen, wieviel Energie endotherm benötigt wird, um einen Sauerstoffkern mit einem Natriumkern zu verknüpfen, so daß ein Kaliumkern entsteht:
23 Na + 16 O := 39 K
Dieser Vorgang beansprucht nur ein Millionstel der Energie, den die kernphysikalische Reaktion in vitro verbraucht.
Die Beziehung zwischen Kalium und der Temperatur
Zu diesem Thema gibt es eine Fülle von Literatur. Hier einige Experimente, die Reinberg zitiert: Offenbar hat Bachrach dieses Phänomen als erster näher untersucht. Er setzte Kulturen von Milchbakterien und Bierhefe in einem Medium mit überhöhter Kaliumkonzentration bei unterschiedlichen Temperaturen an. Nach einem Monat hatten sich diese einzelligen Organismen dort am stärksten vermehrt, wo der Kaliumgehalt und die Temperatur am höchsten waren. (Bei hoher Temperatur und geringem Kaliumgehalt sieht das Ergebnis anders aus.)
Ets und Boyd zeigten (in einer Studie über den Hüftnerv des Froschs), daß Kälte reaktionshemmend wirkt. Bei Kaliumzusatz jedoch tritt die Hemmung nur bei höheren Temperaturen auf, und zwar umso ausgeprägter, je höher der Kaliumgehalt. Hunderte von Experimenten dieser Art haben einen Zusammenhang zwischen der Stoffwechseltemperatur und dem Kaliumgehalt der lebenden Substanz ergeben. Doch die Art und Ursache dieser Beziehung ließ sich nicht ermitteln.
E. G. Martin fand, daß ein Übermaß an Kalium das Herz einer Süßwasserschildkröte, die in einer kalten Umgebung gehalten wird, zum Stillstand bringt. Hebt man die Temperatur an, unterbleibt die Wirkung des Kaliums. Es gibt eine bestimmte Höchstkonzentration, die nicht überschritten werden darf, sowie proportional zur Temperatur eine Mindestkonzentration, die immer vorhanden sein muß. Beim Menschen kann der Wert je nach Individuum zwischen 150 und 200 mg/l betragen, doch ab 300 mg/l besteht Gefahr. Man hat zwar eine Beziehung zwischen Kalium und der Temperatur gesehen, doch anscheinend nicht bemerkt, daß es sich hierbei um eine Opposition handelt: überhöhte Temperatur verringert die physiologische Aktivität oder bringt sie zum Stillstand; der Organismus reagiert darauf, indem er Kalium ausscheidet.
Die Beziehung zwischen Kalium, Sauerstoff und Wasserstoff
Daß ein Zusammenhang zwischen Kalium, Sauerstoff und Wasserstoff besteht, wird anerkannt und in verschiedenen Werken erwähnt, doch auch hier gibt es bisher keine übergreifende Erklärung.
a) Die Beziehung zwischen Kalium und Sauerstoff
Kalium tritt offenbar dort am reichlichsten auf, wo Sauerstoff zugegen ist, d. h. wo der Stoffwechsel sehr rege und die Atmung tief ist, mithin in solchem Gewebe, das in voller Tätigkeit ist. Man muß die Reaktion Na + O := K im Sinn behalten, um zu verstehen, daß Kalium nur dann endogen gebildet werden kann, wenn Sauerstoff zur Verfügung steht. Damit erscheinen folgende Beobachtungen in neuem Licht:
Latshaw und Miller stellten fest, daß bei Mais durchschnittlich 45 % des Gesamtkaliums der Pflanze im Blatt zu finden sind (wo die Atmung kräftig ist), 35 % im Stengel, 13% Prozent im Korn, 4 % im Ballen und 3 % in den Wurzeln. Diese Werte variieren natürlich je nach Alter der Pflanze, Jahreszeit und Lichtverhältnissen (was nicht überrascht, da die Atmung im Zusammenhang mit der Photosynthese mittels Chlorophyll steht).
Bei Kartoffelblättern fand man heraus, daß der Kaliumwert bei Tag am höchsten und bei Nacht am niedrigsten ist. Wie Broyer zeigen konnte, steigt der Kaliumgehalt in den Wurzeln von Gersten-, Tomaten- und Reispflanzen bereits in Gegenwart kleiner Mengen Sauerstoff an. Dasselbe trifft auf Mensch und Tier zu; hier ist der Kaliumgehalt direkt proportional der Atemaktivität oder dem Aktivitätsniveau der Gewebe mit hohem Sauerstoffbedarf.
So kommt es, daß Krebstumoren viel Kalium enthalten, was sowohl beim Menschen als auch bei Sarkomen des Huhns festgestellt wurde (Moravek). Eine Zunahme des Kaliumgehalts führt zur Erhöhung des arteriellen Blutdrucks, zur Aktivierung der vasomotorischen Reaktionen. (Magnesium und Calcium bewirken das Gegenteil.) Injiziert man Kalium in die Rückenmarksflüssigkeit, so bewirkt dies eine starke Stimulierung der Atmung.
Tiere schlafen nach einer Magnesium-Injektion ein und wachen durch Kalium auf (die Wirkung tritt nur bei einer Injektion in die Gegend des Hypohysenstiels auf, nicht in anderen Bereichen des Gehirns). Die Anreicherung mit Sauerstoff läßt während des Schlafs sowie unter Einwirkung von Narkotika nach. Kalium hat dieselbe Wirkung. Es finden weniger Austauschvorgänge statt, es ist weniger Sauerstoff vorhanden und dementsprechend weniger Kalium. Der Kaliumgehalt im Plasma kann sich bis zum Ende der Schlafphase um 16,6 % verringern.
Ein Überschuß an Kalium verringert die Frequenz und Amplitude der Systolen, was im Extremfall bis zum Herzversagen führt, da die Muskeln und Arterien gelockert werden. Für die Muskeltätigkeit wird Sauerstoff benötigt, was zu einem erhöhten Kaliumgehalt in der extrazellularen Flüssigkeit führt. Tipton fand dies bei der Katze heraus, Heppel beim Kaninchen, Bureau beim Frosch, Fenn beim Menschen, und so fort.
Herzversagen tritt beim Menschen bei einer Kaliumkonzentration des Plasmas von 9 bis 12 mmol/l ein (ca. 350 bis 450 mg/l).
Wegen weiterer Details zur Frage der Wirkung von Kalium auf das Herz sei auf die Spezialliteratur verwiesen. Als Folgerung ergibt sich, daß innerhalb gewisser Grenzen ein bestimmtes Natrium/Kalium-Verhältnis eingehalten werden muß und daß dieses Gleichgewicht auch Grenzen für das Kalium/Calcium-Verhältnis bedeutet. Manchmal wird das Verhältnis von Natrium + Kalium zu Calcium + Magnesium betrachtet. Darrow zeigte, daß Veränderungen beim Kaliumwert sich stark auf das EKG auswirken, was eine Hyper- oder Hypo-„Kaliämie“ offenbart. Dies ist auf eine mangelnde Polarisierung zurückzuführen, die ihrerseits abhängt vom Natrium/Kalium-Verhältnis auf den beiden Seiten der Wand der Nervenfaser. Das Verhältnis der Konzentration des Natriums
im umgebenden Medium zu der des Kaliums im Innern der Nervenzelle bestimmt die Potentialdifferenz.
Eine junge Ratte benötigt täglich 15 mg Kalium, als erwachsenes Tier aber lediglich 2 mg. Ein Menschenbaby braucht durchschnittlich 9 g Kalium pro Tag, was bedeutet, daß die Muttermilch recht kaliumreich ist (500 mg/l), aber wenig Natrium enthält.
b) Die Beziehung zwischen Kalium und Wasserstoff
Neben der Fülle von Literatur, aus der hervorgeht, daß der Kaliumgehalt von der Verfügbarkeit des Sauerstoffs abhängt, gibt es auch eine Anzahl Experimente, die seine Beziehung zum Wasserstoff zeigt, denn nach unserer Reaktion gilt: K + H := Ca. Mit anderen Worten, wenn Kalium in Gegenwart von Wasserstoff reichlich vorhanden ist, entsteht daraus Calcium.
Das Vorhandensein von Wasserstoff ist mit dem sauren Charakter einer Lösung verbunden (niedriger pH-Wert). Ein Überschuß an Wasserstoff-Ionen bedeutet einen möglicherweise gefährlichen Säuregrad für die Zelle. In diesem Fall kann aber ein Kaliumkern einen Wasserstoffkern anlagern und so Calcium bilden, was den alkalischen Charakter der Lösung erhöht und zu einem optimalen Calcium/Kalium-Verhältnis führt. Kalium hat mithin eine ausgleichende Wirkung. Die Wirkungen von Kalium und Calcium sind also nur scheinbar gegensätzlich; in Wirklichkeit ergänzen sie einander.
Hoagland berichtet, daß es in der Zellflüssigkeit eine deutliche Tendenz zur Versauerung gibt; Zufuhr von Kaliumionen bewirkt eine Verschiebung ins Alkalische.
Reinberg hält fest, daß „die Verschiebung des pH der Zellflüssigkeit ins Alkalische durch Kalium eine den Obstbauern wohlbekannte Tasache ist, die mit Hilfe von Kaliumnitrat ein schnelleres Reifen der Früchte bewirken.“
Es ist wissenswert, daß Kalium und Calcium nicht nur im tierischen Plasma, sondern auch im Meerwasser, von wo das Leben stammt, zueinander im selben Verhältnis stehen. Hier eine Tabelle
Reinbergs (Angaben in mval/l):
Kalium Natrium Calcium Magnesium Chlor
Meerwasser 10 450 20 100 530
Ratte 6,2 145 6,2 3,2 116
Hund 4,7 142 4,9 1,8 108
Mensch 4,5 140 5 2 102
Vergleicht man die Massenangaben in Milligramm, so ergibt sich für das Massenverhältnis Natrium/Kalium bei Meerwasser ein Wert von 25 bis 27, für das Blutplasma beim Menschen 17 bis 18 (individuelle Unterschiede reichen von 15 bis 22), doch in den Zellen überwiegt das Kalium. Im roten Blutkörperchen, das den Sauerstoff transportiert, produziert Natrium einen Überschuß an Kalium (gemäß der Reaktion Na + O := K), denn das Verhältnis Kalium/Natrium beträgt etwa 180!
Bei Meerestieren liegt das Verhältnis fast genauso wie bei Meerwasser. Bei Süßwasser- und Landtieren ist es niedriger, doch dort ist das Kalium/Natrium-Verhältnis viel höher. Dies weist auf einen höheren Aktivitätsgrad und ein sauerstoffreicheres Blut hin, denn Kalium und Sauerstoff gehen „Hand in Hand“, während der Anteil an Natrium sinkt.
Jedoch finden wir im Blutplasma von Landtieren ein Kalium/Calcium-Verhältnis von fast 1, und zwar wegen der Umkehrbarkeit der Reaktion 39K + 1H :=: 40Ca . Im Zellinnern liegen die Verhältnisse anders, und hier findet diese Reaktion statt. Natrium dringt durch die Zellwand ein und verschmilzt mit Sauerstoff zu Kalium. So gibt es dort weniger Natrium und mehr Kalium, aber wenig Calcium.
Es folgt eine weitere Tabelle von Reinberg (Angaben in mval/l):
Kalium Natrium Calcium Magnesium
Chlor
Tintenfischmuskel 101 81 3,7 12,7 93
Katzenmuskel 151 28,5 1,2 15,4 18
menschl. rotes
Blutkörperchen
105 10 0 5,5 80
Die Zellen von Landpflanzen enthalten mehr Kalium und Calcium und weniger Natrium als die von Tieren. Hier einige Beispiele (Angaben in mval/l):
Kalium Natrium Magnesium Calcium
Pilz 102 8,7 4 11,5
Kartoffel 115 8,7 25 7,5
Kastanie 135 8,7 33 20
Weizenkorn 118 8,7 112 22,5
Maiskeim 197 36 440 34
Dattel 165 4,3 52 32,5
Spargel 64 1,3 9,1 12,5
Erdbeere 40 2,2 17,5 22,5
Weinbeere 64 2,7 8,3 5
Darrow weist darauf hin, daß eine Zunahme des Kaliumgehalts in der Zelle den pH-Wert anhebt, weil damit eine Abnahme des Gehalts an Wasserstoff (H+) einhergeht. Die Zelle wird also alkalischer, wenn Kalium mit Wasserstoff zu Calcium regagiert. Das Calcium wird von der umgebenden Flüssigkeit entzogen und ausgeschieden, so daß eine negative Stoffwechselbilanz für Calcium die Folge ist. Es wird mehr Calcium ausgeschieden als aufgenommen wurde. Doch das meiste Calcium stammt aus Magnesium, und zwar gemäß folgender Beziehung:
24Mg + 16O := 40Ca
Um eine tierische Zelle im Gleichgewicht zu halten, ist ein hoher Gehalt an Kalium und ein geringer an Calcium erforderlich. Die Reaktionen mit Wasserstoff bauen überschüssige Säure ab, da der Wasserstoff wegreagiert.
Man hat herausgefunden, daß Mikroorganismen des Bodens Wasserstoffionen ausscheiden, womit der Boden saurer wird. Kalium hingegen neutralisiert diese Säure, wenn es mit den Wurzeln in Berührung kommt.
Erhöht man den Calciumgehalt in der Nährlösung, wird weniger Kalium absorbiert. Dies läßt sich damit erklären, daß folgender Vorgang reversibel ist: 39K + 1H :=: 40Ca Diese Reaktion ermöglicht die Aufrechterhaltung eines biologischen Gleichgewichts.
In anderen Kapiteln werden wir noch mehr über den Kalium-Stoffwechsel erfahren. In diesem Kapitel sollte der Leser mit einigen grundlegenden Tatsachen vertraut gemacht werden, damit er besser versteht, um was es in diesem Buch geht.
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