Die Positivliste von Horst Seehofer
Host Seehover: Lobbyismus
- Wikipedia-de: Gesundheitsreform
- Ärzteblatt: Positivliste für Arzneimittel: Auf ein Neues
Freitag, 8. Dezember 2000
Es geht los. Gegner und Befürworter der Arzneimittel-Positivliste sammeln sich, um für ihre Positionen zu werben. Mitte nächsten Jahres soll die Liste vorliegen, die alle zulasten der gesetzlichen Krankenkassen erstattungsfähigen Präparate verzeichnet.
Eine Meinung haben sich beide Lager schon gebildet, obwohl noch niemand genau weiß, was denn nun in die Liste aufgenommen wird. Genau an diesem Punkt setzt die Kritik des Bundesverbandes der Pharmazeutischen Industrie ein, der vor allem mittelständische Firmen vertritt.
Mangelnde Transparenz wirft er der neunköpfigen Kommission vor, die die Liste erarbeitet. Mit halbseitigen Anzeigen in der Presse will er die Bevölkerung über das aufklären, was auf sie zukommt: „den Einstieg in den Ausstieg der Krankenkassen-finanzierten Arzneimittelversorgung“. Bei der EU-Kommission hat sich der Verband bereits über mangelnde Transparenz und fehlendes Mitspracherecht beschwert.
Nicht nur die Pharmaindustrie macht mobil. Der NAV-Virchow-Bund und der Berufsverband der Allgemeinärzte haben sich im Namen der niedergelassenen und der Hausärzte gegen die Positivliste ausgesprochen: Sie behindere die Therapiefreiheit und sei ein unwürdiger und überdies unwirtschaftlicher Eingriff in die „gewachsene Arzt-Patient-Beziehung“. Die Liste sei allein politisch motiviert. Sie trage nicht zu einer medizinisch sinnvollen Therapie bei.
Das Projekt hat Geschichte. 1992 hatte sich der damalige Bundesgesundheitsminister Horst Seehofer daran versucht (FT-Autor: Negativliste). Die Positivliste scheiterte am Widerstand aus dem Kanzleramt. Was aus dem neuerlichen Versuch wird, steht dahin.
Der Bundesrat muss der Liste zustimmen. Anders als damals betrachtet die Kassenärztliche Bundesvereinigung die Medikamentenliste heute eher wohlwollend. Sie verspricht sich davon mehr Verordnungssicherheit und weniger Diskussionen über Wunschverordnungen der Patienten. Auch die Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft plädiert dafür.
Heike Korzilius
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