Petrodollar
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- The Wolff of Wall Street: Der Petrodollar
1973 kam es im Nahen Osten zwischen einer Koalition aus arabischen Staaten einerseits und Israel andererseits zum Yom-Kippur-Krieg, den Israel gewann. Als Vergeltung für die Unterstützung Israels durch den Westen reagierten die arabischen Staaten mit einer Drosselung der Ölfördermengen und drastischen Öl-Preiserhöhungen von bis zu 400 Prozent.
Das führte in den Industrieländern zu erheblichen Problemen, machte aber auch deutlich, welche Bedeutung das Öl für die gesamte Welt hatte. Vor allem aber brachte es die Regierung in Washington auf eine Idee: Da der Dollar nach der 1971 erfolgten Abkoppelung vom Gold ja an keinen festen Wert mehr gebunden war, konnte man ihn vielleicht an die meist gehandelte Ware der Welt, nämlich das Öl, binden. Aber wie?
Die Idee zur Lösung des Problems kam vom damaligen US-Außenminister Henry Kissinger. Er nahm 1974 Kontakt mit Saudi-Arabien auf, das innerhalb der OPEC (Organisation erdölexportierender Länder) den Ton angab, und machte den Vertretern der dort herrschenden Monarchie folgende zwei Angebote: Die Regierung in Washington würde dafür sorgen, dass Saudi-Arabien von seinen Feinden, insbesondere von Israel und Syrien, in Ruhe gelassen würde.
Die Regierung in Washington würde außerdem dafür sorgen, dass Saudi-Arabien ab sofort in unbegrenztem Umfang US-amerikanische Waffen beziehen könnte. Als Gegenleistung forderte Kissinger vom saudischen Königshaus, innerhalb der OPEC dafür zu sorgen, Öl weltweit nur noch in Dollar zu handeln und die eigenen Gewinne größtenteils in US-Staatsanleihen anzulegen.
Das Königshaus Saud sah das Ganze als Win-Win-Situation und willigte sofort ein. Der Petrodollar war geboren und in den USA rieb sich die Finanzelite die Hände: Nachdem sie den Dollar 1944 bereits zur globalen Leitwährung gemacht hatten, verhalf die US-Regierung ihm nun – dreißig Jahre später – durch das Abkommen mit Saudi-Arabien auch noch zum Status der weltweit wichtigsten Reservewährung – ein Status, der den Dollar stärker als je zuvor gemacht hat.
Denn da alle Länder der Erde zur Energieproduktion auf Öl angewiesen sind, müssen ihre Zentralbanken seit der Mitte der 1970er Jahre große Mengen an US-Dollar vorhalten, und zwar bis heute. 2018 bestanden die Währungsreserven aller Zentralbanken der Welt zu fast zwei Dritteln aus US-Dollar. Der Petro-Dollar ist damit ein enormes Druckmittel in den Händen der USA. Wie wichtig ihnen diese Funktion ist, zeigt sich immer dann, wenn er in Gefahr gerät.
Der Irak und Libyen zum Beispiel wurden nicht etwa deshalb bombardiert, weil sie Massenvernichtungswaffen besaßen oder Massaker an der eigenen Bevölkerung zuließen, sondern weil ihre Regierungen den Petrodollar infrage stellten – Saddam Hussein, indem er sein Öl für Euro verkaufte, und Muammar Gaddafi, indem er
den Petrodollar durch einen goldgedeckten nordafrikanischen Dinar ersetzen wollte.
Trotz dieser Kriege hat sich die Situation für den Petrodollar inzwischen allerdings weiter verschlechtert, und das hauptsächlich durch die Aktivitäten dreier Länder, die mit militärischen Mitteln nicht so einfach zu unterjochen sind wie der Irak und Libyen: Nämlich Iran, Russland und China.
Vor allem China spielt dabei eine wichtige Rolle: Das Land ist mittlerweile die größte Handelsnation der Erde und seine Währung, der Yuan, gewinnt zusehends an Bedeutung. Nach langem Zögern hat China inzwischen seine Zurückhaltung gegenüber dem Petrodollar abgelegt und nach diversen Handelsverträgen mit Partnern wie
Russland und Iran im März 2018 sogar offiziell einen eigenen Terminhandel mit Rohöl in Yuan begonnen.
Außerdem hat China in den vergangenen Jahren sehr große Goldvorräte angelegt, mit denen es die eigene Währung möglicherweise hinterlegen könnte. Noch ist es nicht so weit, denn noch ist China selbst vom US-Dollar abhängig, weil es US-Staatsanleihen in Höhe von mehr als einer Billion US-Dollar hält. Aber es ist bereits abzusehen, dass die Zeit des Petrodollars abläuft. Das bedeutet für die gesamte Welt allerdings eine große Gefahr. Sieht man nämlich in die Geschichte zurück, so hat noch kein Land freiwillig auf seine Macht und seinen Einfluss verzichtet.
Genau das dürfte der Grund sein, warum die USA derzeit aufrüsten wie seit langem nicht, warum sie immer mehr Militärs in die Regierung berufen und warum sie vor allem im Südchinesischen Meer immer wieder zündeln und provozieren.
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