Freihandel
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- The Wolff of Wall Street: Freihandel
Die Geschichte des Handels, also die Geschichte des Austauschs wirtschaftlicher Erzeugnisse zwischen den Menschen, wurde über viele Jahrhunderte von künstlich geschaffenen Hemmnissen geprägt.
Bereits in der Antike und später im Mittelalter wurden immer wieder Zölle erhoben und Handelskriege geführt, und mit der Errichtung von Nationalstaaten begann ab dem 18. Jahrhundert die Geschichte des Protektionismus.
Unter Protektionismus versteht man sämtliche Maßnahmen, die ein Staat ergreift, um ausländische Anbieter auf dem Inlandsmarkt zu benachteiligen und inländische Anbieter vor ausländischer Konkurrenz zu schützen.
Das Gegenteil des Protektionismus ist der Freihandel, in dem keine Handelshemmnisse bestehen und keine Handelskriege ausgetragen werden, sondern Waren und Güter ungeachtet staatlicher Grenzen ihren Besitzer wechseln können. Der erste prominente Fürsprecher des Freihandels war Mitte des 18. Jahrhunderts Adam Smith, der Begründer der klassischen Nationalökonomie. Seinen Durchbruch erlebte der Freihandel allerdings erst 200 Jahre später – nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges.
Die USA, die als unumstrittener Sieger aus dem Krieg hervorgingen, hatten damals ein großes Problem, nämlich die Überproduktion. Ihre Wirtschaft stellte mehr Waren her, als der heimische Markt aufnehmen konnte. Die USA brauchten also Märkte.
Zu diesem Zweck griffen sie 1944 zu einem sehr effektiven Mittel: Auf der Konferenz von Bretton Woods schufen sie ein Geldsystem, das fast alle Währungen der Welt an ihre Währung band und den US-Dollar so zur ersten globalen Leitwährung machte.
Außerdem bekannte sich die Führung der USA, deren Wirtschaftspolitik vorher über Jahrzehnte von Protektionismus und Isolationismus geprägt war, nun rückhaltlos zum Freihandel und pries ihn als demokratische Errungenschaft und als Garant für Frieden und Wohlstand an.
Die tatsächlichen Folgen aber sahen anders aus. Die Aufhebung von Importbeschränkungen bedeutete für wirtschaftlich schwächere Länder, dass ausländische Waren ungehindert hineinfließen und deren Märkte überfluten konnten. Die mittelständischen Unternehmen dieser Länder mussten nun mit US-amerikanischen und anderen ausländischen Großkonzernen konkurrieren – und zogen dabei fast immer den Kürzeren.
Da der Freihandel auch den Abbau von Devisenbeschränkungen beinhaltete, wurden die ins Trudeln geratenen Betriebe häufig von internationalen Großinvestoren aufgekauft, die sich auf diese Weise einen großen Teil der Märkte dieser Länder unterwarfen. Besonders heftig waren die Auswirkungen im Nahrungsmittelbereich.
Durch den Freihandel mussten zum Beispiel afrikanische Kleinbauern den ungleichen Konkurrenzkampf gegen internationale Nahrungsmittelkonzerne aufnehmen. Das Ergebnis: Zahlreiche Länder, die zuvor Nahrungsmittel exportiert hatten, wurden zu Nahrungsmittelimporteuren – und sind es bis heute geblieben.
Im Zuge des Abbaus von Kapitalkontrollen wurden auch die Börsen und der Finanzhandel der betroffenen Länder für ausländisches Kapital geöffnet – mit der Folge, dass internationale Großinvestoren die lukrativsten Bereiche der Finanzsektoren afrikanischer, asiatischer und südamerikanischer Länder übernahmen.
Eine weitere Folge des Freihandels war die Globalisierung, die zu einer nie dagewesenen Verlagerung von Abermillionen von Arbeitsplätzen in Niedriglohnländer führte und die dafür sorgte, dass die Reallöhne in den Industrieländern wegen des Drucks durch die ausländische Konkurrenz entweder stagnierten oder sogar
zurückgingen.
Dass etwas so positiv Klingendes wie „Freihandel“ solch negative Auswirkungen haben konnte, ist im Übrigen kein Zufall. Ein Freihandel, der allen Beteiligten zugutekommt, ist nämlich nur unter gleichwertigen Partnern vorstellbar. Aber das herausragende Merkmal der Welt, in der wir leben, ist die Ungleichheit. Und ein Freihandel zwischen ungleichen Partnern ist vergleichbar mit einem Kampf zwischen Boxern verschiedener Gewichtsklassen: Gewinnen wird immer der, der mehr auf die Waage bringt, ob beim Boxen oder im globalen Handel.
Seit der Krise von 2007/08 wird der Protektionismus übrigens wieder gefördert – bei uns unter anderem durch die Abwrackprämie als Subvention für die heimische Autoindustrie, durch Sondersteuern auf Agrarimporte oder durch Zölle auf Stahlerzeugnisse.
Verantwortlich für diese Wende sind – wen wundert‘s? – genau diejenigen, die uns den Freihandel jahrzehntelang angepriesen und vor allem selbst davon profitiert haben.
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