Michael Greger: 4 – Krebsarten des Verdauungssystems überlisten
Jedes Jahr verlieren US-Amerikaner über fünf Millionen Lebensjahre an Krebsarten, die sich verhindern lassen können.1 Nur ein kleiner Anteil aller menschlichen Krebsarten lässt sich allein genetischen Faktoren zuschreiben. Der Rest wird auch durch externe Faktoren, besonders unsere Ernährung, verursacht.
Ihre Haut hat eine Fläche von etwa zwei Quadratmetern. Wenn Sie Ihre Lunge einschließlich aller Lungenbläschen flach ausbreiten könnten, würde diese mehrere Dutzend Quadratmeter bedecken.
Und Ihr Darm? Mit all seinen Darmfalten und Zotten entstünde dabei eine Fläche, die manche Wissenschaftler auf Hunderte Quadratmeter schätzen – weitaus größer, als Ihre Haut und Lunge zusammen. Was Sie essen, ist höchstwahrscheinlich Ihre größte Schnittstelle mit der Außenwelt. Ungeachtet all der Karzinogene, die Ihnen in Ihrer Umwelt auflauern, sind Sie in erster Linie alldem ausgesetzt, was Sie über Ihre Nahrung aufnehmen.
Drei der häufigsten Krebsarten des Verdauungssystems töten jedes Jahr etwa einhunderttausend US-Amerikaner. Darmkrebs, der in den USA jährlich etwa fünfzigtausend Menschenleben fordert, zählt zu den am häufigsten diagnostizierten Krebsarten. Glücklicherweise lässt er sich aber auch noch am besten behandeln, wenn er früh genug erkannt wird.
Bauchspeicheldrüsenkrebs hingegen ist faktisch ein Todesurteil für alle etwa sechsundvierzigtausend Menschen, die jährlich daran erkranken. Nur wenige leben ein Jahr nach der Diagnose noch. Gerade das macht die Prävention so wichtig. Speiseröhrenkrebs endet ebenso meistens tödlich für die etwa achtzehntausend Menschen, die ihm jährlich zum Opfer fallen. Die Lebensmittel, die Sie essen, können Ihr Krebsrisiko indirekt mitbestimmen, z. B. wenn sie einen Rückfluss der Magensäure, einer der Risikofaktoren für Speiseröhrenkrebs, verschärfen, oder wenn sie in direkten Kontakt mit der Darmschleimhaut kommen.
Darmkrebs
Bei einer durchschnittlichen Person besteht ein Risiko von etwa eins zu zwanzig, im Laufe ihres Lebens Darmkrebs zu entwickeln. Glücklicherweise gehört dieser zu den Krebsarten, die behandelbar sind, da regelmäßige Untersuchungen dazu führen, dass Ärzte ihn schnell entdecken und entfernen können, bevor er sich ausbreitet. Es gibt allein in den USA über eine Million Darmkrebsüberlebende. Unter denen, die ihre Diagnose erhielten, bevor sich der Krebs ausbreiten konnte, beträgt die Überlebensrate nach fünf Jahren etwa 90 Prozent. Im Frühstadium aber treten bei Darmkrebs nur selten Symptome auf.
Wird er nicht zu einem frühen Zeitpunkt entdeckt, ist die Behandlung wesentlich schwieriger und weniger effektiv. Ab dem Alter von fünfundfünfzig Jahren bis zu dem von fünfundsiebzig Jahren sollten Sie entweder jedes Jahr eine Stuhlprobe untersuchen lassen, alle drei Jahre eine Stuhlprobe abgeben und gleichzeitig alle fünf Jahre eine Sigmoidoskopie („kleine“ Darmspiegelung) oder aber alle fünf Jahre eine Darmspiegelung durchführen lassen. Mehr zu den Risiken und Vorteilen dieser Optionen finden Sie in Kapitel 15. Zwar stellen regelmäßige Untersuchungen sicherlich eine bewährte Methode dafür dar, Darmkrebs früh zu erkennen, doch ist es natürlich viel besser, ihm von vorherein vorzubeugen.
Kurkuma
Indiens Bruttoinlandsprodukt (BIP) ist etwa achtmal kleiner als das der USA, und etwa 20 Prozent der indischen Bevölkerung leben unter der Armutsgrenze. Dennoch sind die Krebsraten viel niedriger als die in den USA. Frauen in den USA erkranken zehnmal häufiger an Darmkrebs als Frauen in Indien, und außerdem siebzehnmal häufiger an Lungenkrebs, neunmal häufiger an Gebärmutterhöhlenkrebs und Melanomen, zwölfmal häufiger an Nierenkrebs, achtmal häufiger an Blasenkrebs und fünfmal
häufiger an Brustkrebs.
Männer in den USA erkranken im Vergleich zu Männern in Indien elfmal häufiger an Darmkrebs, dreiundzwanzigmal häufiger an Prostatakrebs und siebenmal häufiger an Lungen- und Blasenkrebs. Woher kommt dieser Unterschied? Die häufige Verwendung von Kurkuma in der indischen Küche wurde als eine mögliche Erklärung angeführt.
In Kapitel 2 haben wir gesehen, in welcher Weise Curcumin, das gelbe Pigment der Kurkumawurzel, bei In-Vitro-Versuchen gegen Krebszellen wirken kann. Nur sehr wenig des Curcumins, das Sie verzehren, geht aber tatsächlich in Ihre Blutbahn über, also ist es möglich, dass es niemals in einen ausreichenden Kontakt mit Tumoren außerhalb des Verdauungskontakts gelangen wird. Das Curcumin allerdings, was nicht in die Blutbahn gelangt, endet im Darm, wo es sich positiv auf die Zellen in Ihrer Darmschleimhaut auswirken kann, genau dort, wo krebsartige Polypen entstehen.
Das Entstehen von Darmkrebs lässt sich in drei Stadien aufteilen. Im ersten Stadium bilden sich sogenannte „aberrante Crypt Foci“ (ACF) bzw. abnormale Zellklumpen in der Darmschleimhaut. Im zweiten Stadium entstehen Polypen. Im finalen dritten Stadium verwandelt sich ein zunächst gutartiger Polyp in ein bösartiges Krebsgeschwür. Ab dann kann sich der Krebs durch die Darmwand hindurchfressen und im gesamten Körper ausbreiten.
Bis zu welchem Grad aber kann Curcumin in jedem der drei Stadien Darmkrebs entgegenwirken? Bei einer längeren Untersuchung von Rauchern, die tendenziell viele ACF in der Darmschleimhaut aufweisen, fanden Wissenschaftler heraus, dass der Verzehr von Curcumin die Anzahl dieser mit Krebs assoziierten Strukturen in deren Enddarm um bis zu 40 Prozent verringern konnte – von achtzehn auf nur noch elf in nur dreißig Tagen. Die einzige Nebenwirkung, die berichtet wurde, war eine gelbliche Verfärbung des Stuhls.
Was aber, wenn sich bereits Polypen gebildet haben? Sechs Monate mit Curcumin und einem weiteren Phytonährstoff namens Quercetin, der natürlich in Obst und Gemüse wie bspw. roten Zwiebeln und Trauben vorkommt, konnten bei Patienten mit einer erblichen Form von Darmkrebs die Zahl und Größe der Polypen mehr als halbieren. Und wieder wurden praktisch keine Nebenwirkungen berichtet.
Und wenn die Polypen sich bereits in Krebsgeschwüre verwandelt haben? Bei einem letzten verzweifelten Versuch, das Leben von fünfzehn Patienten im fortgeschrittenen Darmkrebsstadium, die weder auf die standardmäßige Chemotherapie noch auf Bestrahlung ansprachen, zu retten, verabreichten Onkologen ihnen Kurkuma-Extrakt. Während zwei der vier Behandlungsmonate schien es die Krankheiten bei einem Drittel der Patienten, also fünf von fünfzehn, aufzuhalten.
Würden wir über ein neues Chemotherapeutikum sprechen, das nur einem von drei Menschen helfen könne, müssten wir dessen Einsatz gegenüber ernsten Nebenwirkungen abwägen. Wenn es sich aber nur um ein pflanzliches Präparat handelt, das bewiesenermaßen erstaunlich sicher in der Anwendung ist, sollte man dieses, auch wenn es nur einem von hundert Patienten helfen könnte, auf jeden Fall in Betracht ziehen. Ein Vorteil, der immerhin über 30 Prozent der Patienten im Darmkrebsendstadium helfen kann und keine ernst zu nehmenden Begleiterscheinungen im Gepäck hat, scheint es doch wert zu sein, besser
erforscht zu werden, oder nicht? Aber wer bezahlt schon für etwas, das sich nicht patentieren lässt?
Die niedrigere Krebsrate in Indien mag mit den dort verwendeten Gewürzen zusammenhängen, aber auch damit, wie diese Gewürze mit Lebensmitteln kombiniert werden. Indien ist einer der weltgrößten Obst- und Gemüseproduzenten. Nur 7 Prozent der erwachsenen Bevölkerung essen täglich Fleisch. Was aber täglich gegessen wird, sind dunkelgrüne Blattgemüse und Hülsenfrüchte, z. B. Bohnen, Spalterbsen, Kichererbsen und Linsen, die voller Phytate stecken – ein weitere Art von krebsbekämpfenden Inhaltsstoffen.
Warum die Größe des Stuhls relevant ist
Je öfter Sie Stuhlgang haben und je größer das Ergebnis ist, umso gesünder sind Sie wahrscheinlich. Eine Untersuchung von dreiundzwanzig Bevölkerungsgruppen aus über einem Dutzend verschiedener Länder legt nahe, dass die Häufigkeit von Darmkrebs immens ansteigt, sobald das durchschnittliche Gewicht des täglichen Stuhls unter 230 g sinkt. Die Bevölkerungsgruppen, die sich „leichter erleichtern“, scheinen eine dreimal höhere Darmkrebsrate zu haben. Sie können das Gewicht Ihres Stuhls übrigens mit einer einfachen Badezimmerwaage wiegen. Nein, nicht so! Indem Sie sich wiegen, bevor und nachdem Sie auf dem stillen Örtchen waren.
Der Zusammenhang zwischen der Stuhlgröße und Darmkrebs hängt vermutlich mit der „Darmtransitzeit“ zusammen, d. h. der Anzahl der Stunden, die es dauert, bis das Essen vom Mund durch den Körper bis in die Toilette wandert. Je größer der Stuhlgang, umso kürzer ist die Transitzeit, da es dann leichter für Ihren Darm ist, den Inhalt zu transportieren. Viele Menschen wissen nicht, dass sie zwar täglich Stuhlgang haben und trotzdem verstopft sein können. Was Sie heute wegspülen, haben Sie vielleicht schon letzte Woche gegessen.
Wie schnell das Essen von einem zum anderen Ende transportiert wird, kann vom Geschlecht und den Essgewohnheiten abhängen. Bei Menschen, die sich pflanzenbasiert ernähren, dauert dies nur ein bis zwei Tage. Wer sich allerdings mehr nach einem konventionellen Modell ernährt, muss manchmal fünf Tage oder sogar länger warten, bis der „Transit“ abgeschlossen ist.
Frauen,die sich pflanzenbasiert ernähren, haben ebenfalls eine Transitzeit von einem bis zwei Tagen, wohingegen die, die einer konventionellen Ernährungsweise folgen, eine Transitzeit von durchschnittlich vier Tagen haben. Sie können also regelmäßig Stuhlgang haben, doch Ihr Darm liegt trotzdem vier Tage mit der Verdauung zurück. Sie können Ihre eigene Darmtransitzeit leicht selbst herausfinden, indem Sie einmal reichlich Rote Bete essen und dann darauf achten, wann sich Ihr Stuhl rötlich färbt. Wenn dies weniger als vierundzwanzig bis sechsunddreißig Stunden dauert, erreichen Sie wahrscheinlich das 230-Gramm-Ziel.
Verstopfung ist die häufigste gastrointestinale Beschwerde in den USA, die jedes Jahr zu Millionen Arztbesuchen führt. Neben dem Unwohlsein, das eine Verstopfung auslöst, wird die Anstrengung des Darms dabei, kleine und harte Stuhlteile zu transportieren, mit einer Reihe von gesundheitlichen Problemen wie bspw. Zwerchfellbruch, Krampfadern, Hämorrhoiden und schmerzhaften Beschwerden mit Namen wie Afterriss in Zusammenhang gebracht. Verstopfung kann auch als eine Nährstoffmangelerkrankung angesehen werden, denn es fehlen die Ballaststoffe. So wie Ihre Haut trocken und schuppig werden kann, wenn Sie nicht genügend Vitamin C aufnehmen, können Sie bei einem Mangel an Ballaststoffen an Verstopfung leiden. Da Ballaststoffe nur in pflanzlichen Lebensmitteln vorkommen, ist es keine große Überraschung, dass die Wahrscheinlichkeit von Verstopfungen immer geringer wird, je mehr pflanzliche Lebensmittel Sie essen. So hat z. B. eine Untersuchung, die Omnivoren, Vegetarier und Veganer miteinander verglich, herausgefunden, dass diejenigen, die sich ausschließlich pflanzlich ernährten, mit einer dreimal so hohen Wahrscheinlichkeit täglichen Stuhlgang hatten. Es sieht ganz so aus, als seien Veganer auch nur Menschen.
Phytate
Darmkrebs liegt auf Platz zwei der häufigsten krebsbedingten Todesfälle in den USA. Gleichzeitig gibt es auf der Welt Regionen, in denen man praktisch noch nie etwas davon gehört hat. Die höchsten Raten wurden in Connecticut, USA, und die niedrigsten in Kampala, Uganda verzeichnet. Warum tritt Darmkrebs so viel häufiger in westlichen Kulturen auf? Auf der Suche nach einer Antwort auf diese Frage verbrachte der angesehene Chirurg Denis Burkitt vierundzwanzig Jahre in Uganda. Viele der ugandischen Krankenhäuser, die Dr. Burkitt besuchte, hatten es noch nie mit einem Darmkrebsfall zu tun gehabt. Er kam letztendlich zu dem Schluss, dass dies an der Ballaststoffaufnahme lag, da die meisten Ugander sich größtenteils von vollwertigen pflanzlichen Lebensmitteln ernährten.
Darauf folgende Untersuchungen legen nahe, dass es zur Krebsvorbeugung mit einer bestimmten Ernährungsweise nicht allein auf die Ballaststoffe, sondern auch noch auf etwas anderes ankommt. So sind die Darmkrebsraten in Dänemark bspw. höher als in Finnland, obwohl die Dänen etwas mehr Ballaststoffe als die Finnen zu sich nehmen. Welche anderen schützenden Inhaltsstoffe können dann die niedrigen Krebsraten bei den Bevölkerungsgruppen erklären, die sich pflanzenbasiert ernähren? Nun, Ballaststoffe sind nicht das Einzige, was in vollwertigen pflanzlichen Lebensmitteln, aber nicht in tierischen Produkten vorkommt.
Die Antwort hat wahrscheinlich mit Phytaten zu tun – natürlichen Inhaltsstoffen, die in den Samen von Pflanzen vorkommen, bzw. in allen Vollkorngetreidesorten sowie in Bohnen, Nüssen und Samen. Phytate können das Blut nachweislich von überschüssigem Eisen befreien, das andernfalls zur Bildung einer äußerst schädlichen Form freier Radikale namens Hydroxyl-Radikale führen kann. Die durchschnittliche amerikanische bzw. westliche Ernährungsweise ist daher gleich doppelt schädlich, wenn es um Darmkrebs geht: Erstens enthält Fleisch den Eisentyp (Häm), der besonders mit Darmkrebs in Verbindung gebracht wird, und zweitens mangelt es an Phytaten, die auch bei stark verarbeiteten pflanzlichen Lebensmitteln fehlen, um diese gefährlichen, durch das Eisen gebildeten freien Radikale unschädlich zu machen.
Viele Jahre lang wurden Phytate als Hemmer der Mineralstoffaufnahme verteufelt, weshalb Sie vielleicht auch schon den Rat gehört haben, Nüsse zu rösten, einzuweichen oder zu keimen, um sie davon zu befreien. Theoretisch könnten Sie dadurch mehr Mineralien wie bspw. Kalzium aufnehmen. Diese Annahmen gehen auf eine Serie von Laborexperimenten an Welpen aus dem Jahr 1949 zurück, die darauf hindeuteten, dass Phytate eine knochenerweichende, kalkentziehende Wirkung haben könnten.
Auch eine nachfolgende Untersuchung mit Ratten kam zu ähnlichen Ergebnissen. Doch mittlerweile, nachdem es Humandaten dazu gibt, erscheinen Phytate in einem völlig anderen Licht. Diejenigen, die Lebensmittel mit einer höheren Phytatdichte essen, scheinen tatsächlich eine höhere Knochenmineraldichte, einen geringeren Knochenschwund und weniger Hüftfrakturen zu haben. Phytate scheinen die Knochen in ähnlicher Weise zu schützen wie das Anti-Osteoporose-Medikament Fosamax, doch ohne das Risiko einer Kieferosteonekrose, einer seltenen, potenziell zur Entstellung führenden Nebenwirkung, die mit diesem Medikament in Zusammenhang gebracht wird.
Phytate scheinen auch gegen Darmkrebs zu helfen. Eine sechsjährige Untersuchung von dreißigtausend Kaliforniern fand heraus, dass ein höherer Fleischkonsum mit einem höheren Darmkrebsrisiko in Verbindung stand. Überraschenderweise schien sich weißes Fleisch dabei schlimmer auszuwirken. Diejenigen, die mindestens einmal pro Woche rotes Fleisch aßen, hatten ein doppelt so hohes Risiko, an Darmkrebs zu erkranken, während sich dieses Risiko allerdings bei denjenigen zu verdreifachen schien, die ein- oder mehrmals pro Woche Hühnchen oder Fisch aßen. Der Verzehr von Bohnen, einer hervorragenden Quelle von Phytaten, schien dieses Risiko etwas abzumildern. Ihr Darmkrebsrisiko mag daher wahrscheinlich von dem Verhältnis Ihres Fleischverzehrs gegenüber dem von Gemüse abhängen.
Zwischen den zwei Extremen – sehr viel Gemüse und sehr wenig Fleisch gegenüber sehr viel Fleisch und sehr wenig Gemüse – besteht in puncto Darmkrebsrisiko ein beachtlicher achtfacher Unterschied. Es reicht also nicht aus, weniger Fleisch zu essen. Sie müssen gleichzeitig auch Ihren Obst- und Gemüseverzehr erhöhen. Das National Cancer Institute fand bei seinem Polyp Prevention Trial heraus, dass diejenigen, die begannen, täglich nicht einmal eine Viertel Tasse Bohnen mehr zu essen, das Risiko, wieder prekanzeröse Polypen zu entwickeln, um bis zu 65 Prozent verringern konnten.
Bohnen enthalten eine Unmenge fantastischer Nährstoffe. Warum wird gerade den Phytaten die risikoverringernde Wirkung zugeschrieben? Untersuchungen in Laborschalen haben gezeigt, dass Phytate das Wachsen praktisch aller bisher getesteten menschlichen Krebszellen verhindern – einschließlich Darm-, Brust-, Gebärmutterhals-, Prostata-, Leber-, Bauchspeicheldrüsen- und Hautkrebs – normale Zellen aber in Ruhe lassen. Genau das macht einen guten Krebswirkstoff aus: die Fähigkeit, zwischen Tumorzellen und gesundem Gewebe zu unterscheiden. Wenn Sie Vollkorngetreide, Bohnen, Nüsse und Samen essen, gehen die Phytate schnell in die Blutbahn über und werden von den Tumorzellen aufgenommen. Die Tumore konzentrieren diese Wirkstoffe so effizient, dass Phytate-Scans dafür genutzt werden können, die Ausbreitung von Tumoren im Körper zu verfolgen.
Phytate bekämpfen Krebszellen mit einer Kombination aus antioxidativen, entzündungshemmenden und immunstärkenden Aktivitäten. Sie greifen die Krebszellen nicht nur direkt an, sondern fördern auch die Aktivität der körpereigenen natürlichen Killerzellen – weiße Blutkörperchen, die die erste Verteidigungslinie des Körpers bilden, indem sie Krebszellen aufspüren und eliminieren. Phytate können auch die letzte Verteidigungslinie beeinflussen, indem sie die Blutversorgung der Tumore unterbinden. In pflanzlichen Lebensmitteln gibt es viele Phytonährstoffe, die dabei helfen, das Entstehen neuer kleiner Blutgefäße zu verhindern, die die Tumore versorgen könnten. Phytate allerdings schaffen es sogar, bereits bestehende Versorgungskanäle von Tumorzellen zu blockieren. In ähnlicher Weise sind viele pflanzliche Inhaltsstoffe dazu in der Lage, das Wachstum von Krebszellen zu verlangsamen oder sogar aufzuhalten,53 doch sind Phytate darüber hinaus in der Lage, Krebszellen wieder in ihren Ausgangszustand zu verwandeln bzw. sie dazu zu bringen, sich nicht mehr wie Krebs zu verhalten. Diese Krebszellen-„Rehabilitation“ wurde in vitro bereits bei Darmkrebs- sowie Brust-, Leber- und Prostatakrebs nachgewiesen.
Phytate haben Nebenwirkungen, aber diese scheinen durchgängig positiv zu sein. Eine hohe Phytataufnahme wird mit weniger Herzerkrankungen, weniger Diabetes und weniger Nierensteinen in Verbindung gebracht. Einige Wissenschaftler haben sogar vorgeschlagen, Phytate als essenzielle Nährstoffe zu klassifizieren. Genau wie Vitamine sind sie an wichtigen biochemischen Reaktionen im Körper beteiligt. Abhängig von Ihrer Ernährungsweise schwanken die Phytatwerte in Ihrem Körper, und eine ungenügende Aufnahme dieser Nährstoffe kann durch das Essen angemessener Mengen ausgeglichen werden. Vielleicht sollten Phytate als „Vitamin P“ betrachtet werden.
Lassen sich rektale Polypen mit Beeren kurieren?
Es gibt viele Arten, den Gesundheitsgrad verschiedener Obst- und Gemüsesorten miteinander zu vergleichen, z. B. mittels ihres Nährstoffgehalts oder ihrer antioxidativen Aktivität. Idealerweise würden wir eine Methode wählen, die die tatsächliche Bioaktivität misst. Eine Art, dies zu tun, ist zu messen, wie stark sich das Krebszellwachstum unterdrücken lässt. Elf verschiedene, häufig verzehrte Obstsorten wurden miteinander verglichen, indem ihre Extrakte auf Krebszellen getropft wurden, die in Laborschalen wuchsen. Das Ergebnis? Die Beeren gewannen. Biologisch erzeugte Beeren können das Krebszellwachstum unterdrücken, viel besser noch als solche aus konventioneller Landwirtschaft. Ein Labor ist jedoch etwas anderes als das reale
Leben. Diese Erkenntnisse sind nur dann gültig, wenn die aktiven Inhaltsstoffe dieser Lebensmittel vom Körper absorbiert werden und ihren Weg zu den entstehenden Tumoren finden. Darmkrebs entsteht aber in der Darmschleimhaut im Inneren der Verdauungsorgane, sodass hier das Essen, was Sie verzehren, sehr wohl eine direkte Wirkung haben kann. Aus diesem Grund versuchten es Wissenschaftler mit Beeren.
Familiäre adenomatöse Polyposis (FAP) ist eine erbliche Form von Darmkrebs, die durch eine Mutation der krebsunterdrückenden Gene entsteht. Bei den Betroffenen bilden sich Hunderte Polypen im Darm, von denen sich einige unvermeidbar in Krebs weiterverwandeln. Die Behandlung kann eine prophylaktische Kolektomie umfassen, bei der der Dickdarm präventiv bereits frühzeitig im Leben entfernt wird. Es gab ein Medikament, durch das sich die Polypen zurückzubilden schienen. Dieses wurde aber vom Markt genommen, nachdem es Zehntausende Menschen getötet hatte. Könnten Beeren auch dazu führen, dass sich Polypen zurückbilden, und zwar ohne tödliche Nebenwirkungen? Ja.
Nach einer neun Monate andauernden täglichen Behandlung mit schwarzen Himbeeren halbierte sich die Anzahl der Polypen bei vierzehn Patienten, die an FAP litten. Normalerweise müssen Polypen chirurgisch entfernt werden, doch die Beeren ließen sie scheinbar auf natürlichem Wege verschwinden. Die Methode, mit der die Beeren verabreicht wurden, war allerdings alles andere als natürlich. Die Wissenschaftler nahmen eine Abkürzung und verabreichten die Beeren in Zäpfchenform. Machen Sie dies auf keinen Fall nach! Nachdem den Patienten über den Verlauf von neun Monaten hinweg das Äquivalent von etwa 4 Kilogramm Himbeeren rektal verabreicht worden war, litten diese an Afterrissen. Die Hoffnung bleibt bestehen, dass die Wissenschaft eines Tages beweisen wird, dass es einen ähnlichen krebsbekämpfenden Effekt bei Beeren gibt, die auf die altmodische Art eingenommen werden – durch den Mund.
Zu viel Eisen?
Im Jahr 2012 wurden die Ergebnisse zweier groß angelegter Untersuchungen der Harvard University veröffentlicht. Die erste, bekannt geworden unter dem Namen Nurses’ Health Study, begann bereits 1976 damit, die Ernährungsweisen von etwa 120.000 Frauen im Alter zwischen dreißig und fünfundfünfzig Jahren zu beobachten.
Die zweite Health Professionals Follow-Up Study begleitete etwa 50.000 Männer zwischen vierzig und fünfundsiebzig Jahren. Alle vier Jahre tauschten sich die Wissenschaftler mit den Teilnehmern aus, um auf dem Laufenden zu bleiben, was ihre Ernährungsgewohnheiten betraf. 2008 waren bereits 24.000 Probanden verstorben, etwa 6.000 unter ihnen an Herzkrankheiten und 9.000 an Krebs.
Nachdem die Ergebnisse analysiert worden waren, fanden die Wissenschaftler heraus, dass der Verzehr von naturbelassenem und weiterverarbeitetem rotem Fleisch mit einem erhöhten Risiko, an Herzkrankheiten oder Krebs zu sterben, in Verbindung stand, sowie mit einer generell kürzeren Lebenserwartung. Sie kamen zu demselben Schluss, auch nachdem sie Faktoren wie Alter, Gewicht, Alkoholkonsum, sportliche Betätigung, Rauchen, Familiengeschichte, Kalorienaufnahme und sogar den Verzehr von vollwertigen pflanzlichen Lebensmitteln wie Vollkorngetreide, Obst und Gemüse berücksichtigt hatten. Mit anderen Worten starben die Probanden nicht deshalb so früh, weil sie weniger gesunde Inhaltsstoffe wie bspw. Phytate aus Pflanzen zu sich genommen hatten. Die Ergebnisse legen nahe, dass dies mit einer gefährlichen Wirkung des Fleischs selbst zu tun hat.
Stellen Sie sich den Aufwand vor, der betrieben werden muss, um über 100.000 Probanden über Jahrzehnte hinweg zu beobachten. Und nun stellen Sie sich eine Untersuchung mit einem fünfmal größeren Umfang vor. Die umfangreichste Untersuchung zu Ernährung und Gesundheit der Geschichte ist die NIH-AARP-Studie, die von den National Institutes of Health und der American Association of Retired Persons mitfinanziert wurde. Im Zeitraum von zehn Jahren beobachteten Wissenschaftler über 545.000 Frauen und Männer im Alter von fünfzig bis einundsiebzig Jahren bei der größten Untersuchung zum Zusammenhang von Fleisch und Sterblichkeit, die jemals durchgeführt wurde. Diese Wissenschaftler kamen zu denselben Ergebnissen wie die Harvard-Wissenschaftler: Der Verzehr von Fleisch wurde mit einem erhöhten Risiko in Verbindung gebracht, an Krebs und Herzkrankheiten zu sterben bzw. allgemein frühzeitig zu versterben.
Auch diese Ergebnisse berücksichtigten bereits andere Faktoren der Ernährungs- und Lebensweise, wodurch die Wahrscheinlichkeit, dass Menschen, die Fleisch aßen, gleichzeitig auch mehr rauchten, weniger Sport trieben oder nicht genug Obst und Gemüse aßen, ausgeschlossen werden konnte Der dazu erschienene Leitartikel in den Archives of Internal Medicine der American Medical Association (mit dem Titel „Reducing Meat Consumption Has Multiple Benefits for the World’s Health“ / „Ein verringerter Fleischkonsum hat vielfältige Vorteile für die Weltgesundheit“) forderte eine „deutliche Reduzierung des gesamten Fleischverzehrs.“
Was aber steckt im Fleisch, dass sich dadurch das Risiko eines frühzeitigen Todes derartig erhöhen kann? Eine Möglichkeit ist das Hämeisen, eine Eisenform, die vor allem im Blut und in den Muskeln vorkommt. Da Eisen, wenn es prooxidativ wirkt, zur Bildung krebserregender freier Radikale führt, ist es sozusagen ein zweischneidiges Schwert: zu wenig davon, und Sie riskieren eine Anämie, zu viel davon, und Ihr Herzkrankheiten- und Krebsrisiko kann sich erhöhen.
Der menschliche Körper verfügt über keinen speziellen Mechanismus, um sich selbst von überschüssigem Eisen zu befreien. Stattdessen haben sich die Menschen so entwickelt, dass die Menge des aufgenommenen Eisens streng kontrolliert wird. Wenn nicht genug Eisen in Ihrem Körper zirkuliert, beginnen Ihre Verdauungsorgane damit, die Eisenaufnahme zu steigern. Wenn Sie zu viel davon haben, nehmen sie weniger auf. Dieses thermostatähnliche System funktioniert aber nur dann effektiv, wenn es sich um die primäre Eisenquelle der menschlichen Nahrung handelt, nämlich um nicht-hämisches Eisen, das hauptsächlich in Pflanzen vorkommt. Sobald Sie eine ausreichende Eisenmenge im Blut haben, ist Ihr Körper fünfmal so effektiv dabei, die Aufnahme weiteren, überschüssigen Eisens aus pflanzlichen Quellen zu blockieren als dessen tierischer Herkunft. Das scheint der Grund zu sein, warum Hämeisen mit dem Risiko in Verbindung gebracht wird, Krebs oder Herzkrankheiten zu entwickeln. Hämeisen wird außerdem auch mit einem höheren Diabetesrisiko in Zusammenhang gebracht, nicht-hämisches Eisen hingegen nicht.
Wenn wir das Eisen aus dem menschlichen Organismus entfernen, lässt sich dann die Krebsrate senken? Untersuchungen haben herausgefunden, dass zufällig ausgewählte Probanden, die regelmäßig Blut spenden sollten, um die Eisenvorräte in ihrem Körper zu verringern, ihr Risiko, an neuem Darmkrebs zu erkranken oder daran zu sterben, in einem Zeitraum von fünf Jahren um etwa die Hälfte reduzieren können. Diese Erkenntnisse waren so bemerkenswert, dass ein Leitartikel im Journal of the National Cancer Institute kommentierte: „Diese Ergebnisse erscheinen fast zu gut, um wahr zu sein.“
Blut spenden ist wunderbar, doch sollten wir zuallererst versuchen, die Speicherung von zu viel überschüssigem Eisen zu vermeiden. Die Fleischindustrie ist eifrig dabei, Zusatzstoffe zu entwickeln, die „die giftige Wirkung von Hämeisen unterdrücken“. Eine bessere Strategie wäre es aber, stärker auf pflanzliche Lebensmittel auszuweichen, mit denen der Körper besser umgehen kann.
Eine ausreichende Eisenaufnahme bei einer pflanzenbasierten Ernährung
Im Vergleich zu Personen, die Fleisch essen, verzehren Vegetarier mehr Eisen (sowie auch mehr der meisten anderen Nährstoffe), doch wird das Eisen aus pflanzlichen Lebensmitteln nicht so effizient absorbiert wie das Hämeisen aus Fleisch. Dies mag ein Vorteil dabei sein, einem Eisenüberschuss entgegenzuwirken. Über ein Drittel der menstruierenden Frauen in den USA verlieren aber mehr Eisen, als sie wieder aufnehmen, was zu einer Anämie bzw. Blutarmut führen kann.
Frauen, die sich pflanzenbasiert ernähren, scheinen keine höheren Raten an Eisenmangelanämie vorzuweisen als Frauen, die sehr viel Fleisch essen. Dennoch sollten alle Frauen im gebärfähigen Alter sicherstellen, dass sie genügend Eisen aufnehmen. Diejenigen, bei denen ein Eisenmangel diagnostiziert wird, sollten mit ihrem Arzt zuerst darüber sprechen, wie sie ihre Ernährung ändern können, da Eisenpräparate, wie nachgewiesen wurde, den oxidativen Stress erhöhen. Die gesündesten Eisenquellen sind Vollkorngetreide, Hülsenfrüchte, Nüsse, Samen, Trockenobst und dunkelgrünes Blattgemüse. Trinken Sie zum Essen keinen Tee, da dies die Eisenaufnahme behindern kann. Vitaminreiche Lebensmittel hingegen verbessern die Eisenabsorption des Körpers. Der Vitamin-C-Gehalt einer einzigen Orange kann die Eisenaufnahme um das Drei- bis Sechsfache verbessern. Wer seine Eisenaufnahme verbessern möchte, sollte daher lieber zu Obst greifen und die Tasse Tee stehen lassen.
Bauchspeicheldrüsenkrebs
Mein Großvater starb an Bauchspeicheldrüsenkrebs. All sich das erste Symptom bemerkbar machte – ein dumpfer Schmerz in seinem Bauch – war es bereits zu spät. Darum ist es so wichtig, diesem Krebs von vornherein vorzubeugen. Bauchspeicheldrüsenkrebs ist eine der tödlichsten Krebsarten. Nur 6 Prozent der davon betroffenen Patienten leben fünf Jahre nach der Diagnose noch. Glücklicherweise ist er sehr selten und fordert in den USA jährlich nur vierzigtausend Menschenleben.
Ganze 20 Prozent aller Bauchspeicheldrüsenkrebsfälle sind wahrscheinlich durch das Rauchen von Tabak verursacht worden. Andere vermeidbare Risikofaktoren sind Fettleibigkeit und starker Alkoholkonsum. Wie wir sehen werden, spielen auch Ernährungsfaktoren eine bedeutsame Rolle bei der Entstehung dieser tödlichen Krankheit.
Wie das über die Nahrung aufgenommene Fett das Risiko erhöht, an Bauchspeicheldrüsenkrebs zu erkranken, ist z. B. schon seit Längerem ein Diskussionsthema. Die widersprüchlichen Forschungsergebnisse von Untersuchungen, die die Auswirkung des Gesamtfettkonsums analysierten, scheinen teilweise damit zusammenzuhängen, dass verschiedene Fette sich unterschiedlich auf das Risiko auswirken. Die bereits erwähnte NIH-AARP-Studie war groß genug angelegt, um herauszufinden, welche Art von Fett am meisten mit Bauchspeicheldrüsenkrebs in Zusammenhang gebracht werden konnte. Diese Studie war die erste, bei der die Rolle von Fetten pflanzlichen Ursprungs, die z. B. in Nüssen, Samen, Avocados sowie Oliven- und Pflanzenöl enthalten sind, von der Rolle tierischer Fette aus Fleisch- und Milchprodukten sowie Eiern getrennt betrachtet wurde. Der Konsum tierischer Fette wurde deutlich mit einem Bauchspeicheldrüsenkrebsrisiko in Verbindung gebracht, während kein Zusammenhang mit dem Konsum pflanzlicher Fette gefunden wurde.
Hühnchen und Risiko von Bauchspeicheldrüsenkrebs
Seit den frühen 1970er-Jahren gibt es eine Reihe von Gesetzen, die den Einsatz von Asbest streng reglementieren. Dennoch sterben jährlich immer noch Tausende US-Amerikaner an den Folgen einer Asbestaussetzung. Die Centers for Disease Control and Prevention, die American Academy of Pediatrics und die Environmental Protection Agency schätzen, dass über einen Zeitraum von dreißig Jahren hinweg wahrscheinlich Tausende weitere Krebsfälle unter den Menschen auftreten werden, die als Kinder in
Schulgebäuden Asbest ausgesetzt waren. Dies alles begann bereits vor Generationen mit den Asbestarbeitern. Die ersten Krebsfälle, die sich auf den Kontakt mit Asbest zurückführen ließen, traten in den 1920er-Jahren unter Bergleuten auf, die Asbest förderten.
Später gab es eine zweite Welle unter Schiffbauern und Bauarbeitern, die Asbest verwendeten. Mittlerweile sind wir mit einer dritten Welle von asbestbedingten Erkrankungen konfrontiert, da die Gebäude, die mit Asbest errichtet wurden, beginnen baufällig zu werden.
Wie die Geschichte von Asbest zeigt, untersuchen die Wissenschaftler, um herauszufinden, ob etwas krebserregend ist, zuerst diejenigen, die am stärksten damit in Kontakt gekommen sind. So finden wir heute mehr über die potenziell krebserregende Wirkung von Geflügelviren heraus. Seit Langem besteht die Sorge, dass sich warzenverursachende Hühnerviren durch den Kontakt mit frischem oder gefrorenem Hühnerfleisch auf Menschen übertragen. Diese Viren verursachen bei den Hühnern Krebs, doch ihre Rolle bei der Krebsentstehung bei Menschen ist bisher nicht bekannt. Diese Sorge ist durch Untersuchungen entstanden, die festgestellt haben, dass Menschen, die in Geflügelschlachthöfen und im Bereich der Geflügelverarbeitung tätig sind, ein erhöhtes Risiko haben, an bestimmten Krebsarten zu sterben.
Die jüngste Untersuchung von dreißigtausend Arbeitern aus der Geflügelverarbeitung war speziell dafür ausgelegt, zu testen, ob „die Exposition gegenüber Viren, die bei Geflügel Krebs verursachen, und die weithin berufsbedingt bei Menschen in der Geflügelverarbeitungsindustrie gegeben ist – ganz abgesehen vom Rest der Allgemeinbevölkerung – sich mit einem erhöhten Sterberisiko an Leber- und Bauchspeicheldrüsenkrebs in Zusammenhang bringen lässt.“ Die Untersuchung ergab, dass diejenigen, die Hühner schlachten, ein etwa neunfaches Risiko haben, sowohl an Bauchspeicheldrüsen- als auch an Leberkrebs zu sterben. Zum Vergleich: Der bisher am besten erforschte Risikofaktor, der zur Entstehung von Bauchspeicheldrüsenkrebs führt, ist das Rauchen von Zigaretten. Doch auch wenn Sie fünfzig Jahre lang rauchen würden, hätte sich Ihr Risiko an Bauchspeicheldrüsenkrebs zu erkranken „nur“ verdoppelt.
Was passiert mit den Leuten, die Hühnerfleisch essen? Die größte Untersuchung, die sich dieser Frage widmete, ist die europäische EPIC-Studie (European Prospective Investigation into Cancer and Nutrition), die 477.000 Probanden über ein Jahrzehnt hinweg beobachtete. Die Wissenschaftler fanden heraus, dass pro täglich verzehrten fünfzig Gramm Hühnerfleisch das Risiko, an Bauchspeicheldrüsenkrebs zu erkranken, um 72 Prozent anstieg. Und dies ist nicht einmal eine große Menge Fleisch – gerade einmal ein Viertel einer Hühnerbrust.
Die Wissenschaftler waren überrascht, dass der Verzehr von Geflügel und nicht rotem Fleisch enger mit der Krebsentstehung zusammenhing. Als in Bezug auf Lymphome und Leukämie ähnliche Ergebnisse ermittelt wurden, bestätigte das EPIC-Forscherteam, dass nicht nur die wachstumsbeschleunigenden Hormone, die an Hühner und Puten verfüttert werden, damit zusammenhängen könnten, sondern auch Krebsviren, die im Geflügel selbst gefunden wurden.
Der Grund für das schnelle Entdecken des Zusammenhangs zwischen Asbest und Krebs war relativ einfach, da Asbest sehr ungewöhnliche Krebstumoren, die sogenannten Mesotheliome, verursacht, die vor dem flächendeckenden Einsatz von Asbest praktisch unbekannt waren. Doch da der Bauchspeicheldrüsenkrebs, der durch das Essen von Hühnerfleisch entstanden sein könnte, derselbe ist, der auch durch das Rauchen von Zigaretten entsteht, ist es ungleich schwieriger, kausale Zusammenhänge daraus abzuleiten.
Es gibt Krankheiten, die nur in der Fleischverarbeitungsindustrie auftreten, wie bspw. die erst kürzlich beschriebene „Salamibürster-Krankheit“, an der nur die Personen erkranken, deren Vollzeitarbeit darin besteht, den weißen Schimmel von den Salamihäuten abzubürsten, der sich natürlich darauf bildet. Die meisten Krankheiten jedoch, an denen Menschen aus der Fleischverarbeitungsindustrie leiden, sind allgemeinerer Natur. Trotz der überzeugenden Beweise, die Geflügelviren mit der Entstehung von Bauchspeicheldrüsenkrebs in Verbindung bringen, können Sie daher nicht so bald mit einem Verbot von KFC-Fast-Food-Ketten rechnen.
Bauchspeicheldrüsenkrebs mit Curry behandeln
Bauchspeicheldrüsenkrebs gehört zu den aggressivsten Krebsarten. Ohne Behandlung sterben die meisten Patienten bereits zwei bis vier Monate nach dessen Diagnostizierung. Leider scheinen nur etwa 10 Prozent aller Patienten auf eine Chemotherapie anzusprechen, wobei der Großteil unter ihnen zusätzlich unter ernsten Nebenwirkungen zu leiden hat. Curcumin, der intensive gelbe Farbstoff der Kurkuma-Wurzel, scheint nicht nur in der Lage zu sein, präkanzeröse Veränderungen bei Darmkrebs rückgängig zu machen, sondern auch effektiv gegen Lungenkrebszellen vorzugehen, wie Labortests bewiesen haben.95 Warum sollte Curcumin dann nicht bei der Behandlung von Patienten mit Bauchspeicheldrüsenkrebs ausprobiert werden?
Bei einer vom National Cancer Institute finanzierten Untersuchung, die im MD Anderson Cancer Center durchgeführt wurde, wurden Patienten mit fortgeschrittenem Bauchspeicheldrüsenkrebs große Dosen Curcumin verabreicht. Von insgesamt einundzwanzig Patienten, die die Forscher untersuchen konnten, sprachen zwei positiv auf die Behandlung an. Bei einem von ihnen bildete sich der Tumor um 73 Prozent zurück, doch entwickelte sich später an dessen Stelle ein neuer, curcuminresistenter Tumor.
Der andere Patient aber zeigte über den Verlauf von achtzehn Monaten eine stetige Verbesserung. Das einzige Mal, bei dem die Krebsmarker wieder nach oben schossen, war während einer kurzen dreiwöchigen Pause, als die Curcumin-Therapie unterbrochen wurde. Ja, nur die Tumore von zwei von insgesamt einundzwanzig Teilnehmern sprachen auf die Behandlung an. Das entspricht jedoch auch dem Chemo-Schema, nur dass bei der Curcumin-Behandlung keinerlei Nebenwirkungen berichtet wurden. Daher würde ich persönlich allen von Bauchspeicheldrüsenkrebs Betroffenen sicherlich zu Curcumin raten, unabhängig davon, welche anderen Behandlungsmethoden sie noch wählen. Aufgrund der tragischen Prognose ist ein Vorbeugen allerdings entscheidend. Bis wir mehr wissen, fahren Sie am besten damit, Tabak, übermäßigen Alkoholgenuss und Fettleibigkeit zu vermeiden und einer Ernährung zu folgen, die wenig tierische Produkte, raffiniertes Getreide und Zuckerzusätze97 und stattdessen umso mehr Bohnen, Linsen, Spalterbsen und Trockenobst enthält.
Speiseröhrenkrebs
Speiseröhrenkrebs entsteht, wenn sich Krebszellen in der Speiseröhre bilden – dem Organ, das das Essen durch peristaltische Muskelbewegungen von Ihrem Mund zu Ihrem Magen transportiert. Der Krebs entsteht typischerweise in der Schleimhaut der Speiseröhre und befällt dann deren äußere Schichten, bevor er sich ausbreitet und andere Organe angreift. Zu Beginn gibt es, wenn überhaupt, nur wenige Symptome. Mit einer stärkeren Ausbreitung des Krebs aber können sich Schluckbeschwerden einstellen.
In den USA werden jährlich über achtzehntausend neue Fälle von Speiseröhrenkrebs diagnostiziert, und fünfzehntausend Menschen sterben daran. Die Hauptrisikofaktoren sind u. a. Rauchen, starker Alkoholkonsum und Refluxösophagitis (GERD, auch als Säure-Reflux bekannt), bei der Magensäure die Speiseröhre hinaufsteigt, dabei die Schleimhaut verätzt und Entzündungen verursacht, die schlussendlich zur Entstehung von Krebs führen können. Neben dem Verzicht auf Tabak und Alkohol (sogar leichtes Trinken scheint das Risiko zu erhöhen) ist das Wichtigste, was Sie gegen Speiseröhrenkrebs tun können, einen Rückfluss von Magensäure zu vermeiden. Das lässt sich oft mit der richtigen Ernährung erreichen.
Säure-Reflux und Speiseröhrenkrebs
Säure-Reflux ist eine der häufigsten Störungen des Verdauungssystems. Die üblichen Symptome reichen von Sodbrennen bis hin zur Regurgitation von Mageninhalten den Hals hinauf, was zu einem sauren Geschmack im Mund führt. GERD verursacht jährlich Millionen von Arztbesuchen und Krankenhausaufenthalten sowie die höchsten Kosten unter allen Krankheiten des Verdauungssystems in den USA. Eine durch Säure-Reflux verursachte chronische Entzündung der Speiseröhre kann zu Barrett- Ösophagus führen, einer präkanzerösen Erkrankung, die zu Veränderungen der Speiseröhrenschleimhaut führt. Um Adenokarzinomen, der häufigsten Form von Speiseröhrenkrebs in den USA, vorzubeugen, muss diese Entwicklung gestoppt werden – und das bedeutet zuerst den Säure-Reflux aufzuhalten. Das ist in den USA kein leichtes Unterfangen. Während der letzten drei Jahrzehnte hat sich die Zahl der Speiseröhrenkrebsfälle in den Vereinigten Staaten versechsfacht – eine größere Zunahme als bei Brust- oder Prostatakrebs. Das mag hauptsächlich damit zusammenhängen, dass auch die Fälle von Säure-Reflux weiter zunehmen. In den USA leidet mindestens eine von vier Personen (28 Prozent) an wöchentlichem
Sodbrennen und/oder saurem Aufstoßen. In Asien sind es nur 5 Prozent der Bevölkerung. Das lässt darauf schließen, dass die Ernährung eine tragende Rolle dabei spielt.
In den letzten zwei Jahrzehnten haben über fünfundvierzig Studien den Zusammenhang zwischen Ernährung, Barrett-Ösophagus und Speiseröhrenkrebs untersucht. Der am konsequentesten aufgetretene Zusammenhang mit Krebs war der mit Fleisch und fettreichen Mahlzeiten. Interessanterweise wurden verschiedene Fleischarten mit Krebsgeschwüren an verschiedenen Stellen assoziiert. Rotes Fleisch scheint besonders mit Krebs in der Speiseröhre einherzugehen, während Geflügel stärker zur Krebszellbildung entlang der Grenze zwischen Speiseröhre und Magen zu führen scheint.
Wie passiert das? Fünf Minuten nach dem Verzehr von Fett entspannt sich der Schließmuskel am Mageneingang, der wie ein Ventil funktioniert, um das Essen im Magen zurückzuhalten. Durch das Entspannen kann Magensäure zurück in die Speiseröhre fließen. So verspürten z. B. bei einer Untersuchung Freiwillige, die eine fettreiche Mahlzeit aßen (McDonald’s McMuffin mit Wurst, Ei und Käse) mehr Magensäure ihre Speiseröhre hinaufspritzen, als diejenigen, die ein weniger fettreiches Frühstück gewählt hatten (McDonald’s Pfannkuchen). Ein Teil dieses Effekts hängt vermutlich mit der Freisetzung eines Hormons namens Cholecystokinin ab, das sowohl durch Fleisch als auch durch Eier freigesetzt wird und wahrscheinlich auch den Schließmuskel entspannt. Das erklärt, warum Fleischesser Studien zufolge oftmals ein zweimal so hohes Risiko einer Speiseröhrenentzündung durch Säure-Reflux haben wie Vegetarier.
Auch ohne die Gefahr von Krebs kann GERD allein schon Schmerzen, Blutungen und die Entstehung von Narbengewebe verursachen, das die Speiseröhre verengt und zu Schluckbeschwerden führen kann. Es werden Milliarden für Medikamente ausgegeben, die Sodbrennen mildern, indem sie die Menge der produzierten Magensäure verringern. Diese Medikamente können allerdings zu einem Nährstoffmangel führen und das Risiko von Lungenentzündungen, Infektionen und Knochenbrüchen erhöhen.
Die wahrscheinlich bessere Strategie besteht wohl darin, die Magensäure an ihren Platz zu verweisen und den Verzehr von Lebensmitteln zu minimieren, die es ihr ermöglichen, aus dem Magen aufzusteigen. Der Schutz, den eine pflanzenbasierte Ernährung bietet, erstreckt sich wahrscheinlich nicht nur auf die Lebensmittel, die weggelassen werden. Wenn Sie vor allem antioxidantienreiche Lebensmittel essen, können Sie die Wahrscheinlichkeit von Speiseröhrenkrebs bereits halbieren. Die Lebensmittel, die Krebs an der Grenze zwischen Speiseröhre und Magen besonders vermeiden helfen, sind scheinbar rotes, oranges und dunkelgrünes Blattgemüse, Beeren, Äpfel und Zitrusfrüchte. Doch alle naturbelassenen pflanzlichen Lebensmittel enthalten Ballaststoffe.
Ballaststoffe und Zwerchfellbruch
Fett wird mit einem erhöhten, Ballaststoffe hingegen mit einem verringerten Säure-Reflux-Risiko in Verbindung gebracht.117 Eine ballaststoffreiche Ernährung kann das Entstehen von Speiseröhrenkrebs um bis zu einem Drittel verringern,118 indem sie dabei hilft, die Wurzel des Problems Säure-Reflux anzupacken: die Verlagerung von Magenanteilen in die Brusthöhle.
Der sogenannte Zwerchfellbruch oder wissenschaftlich die Hiatushernie entsteht, wenn ein Teil des Magens durch das Zwerchfell in den Brustraum gedrückt wird. Mehr als einer von fünf US-Amerikanern leidet an so einer Hiatushernie. Dabei ist dieses Phänomen bei Bevölkerungsgruppen, die sich pflanzenbasiert ernähren, nahezu unbekannt und liegt eher bei Raten wie eins zu eintausend. Man glaubt, dass deren weiche, große Stuhlmenge damit zusammenhängt.
Menschen, die wenig pflanzliche Lebensmittel verzehren, haben oft kleinere, harte Stuhlmengen, die der Verdauungstrakt nur schwer transportieren kann. (siehe Kasten auf Seite 61). Wenn Sie sich häufig anstrengen müssen, um Ihren Stuhl herauszupressen, kann der erhöhte Druck Teile des Magens nach oben in den Brustraum drücken, wodurch Magensäure die Speiseröhre hinauffließen kann. Dieser Druck, der Woche für Woche durch das Pressen auf der Toilette entsteht, kann auch andere Probleme auslösen.
Ähnlich wie bei manchen Stressbällen, bei denen durch starkes Zusammendrücken Blasen herausgequetscht werden können, kann der Druck beim Stuhlgang die Ausstülpungen des Darms blasenförmig herausdrücken. Dies wird fachsprachlich als Divertikulose bezeichnet. Zudem kann der erhöhte Unterleibsdruck auch den Blutfluss in den Venen um den After stauen, was zu Hämorrhoiden führt, und sogar Blut bis zurück in die Beine pressen, wodurch Krampfadern entstehen. Eine ballaststoffreiche Ernährung kann den Druck in beide Richtungen lindern. Wer sich pflanzenbasiert ernährt, hat in der Regel einen so mühelosen und leichten Stuhlgang, dass der Magen dort bleibt, wo er hingehört. Das wiederum hilft dabei, die Säureattacken zu vermeiden, die für eine der tödlichsten Krebsarten mitverantwortlich sein können.
Können Erdbeeren die Entstehung von Speiseröhrenkrebs rückgängig machen?
Speiseröhrenkrebs ist zusammen mit Bauchspeicheldrüsenkrebs eine der schlimmsten vorstellbaren Diagnosen. Die Fünf-Jahre-Überlebensrate beträgt weniger als 20 Prozent, und die meisten Betroffenen sterben bereits im ersten Jahr nach der Diagnose. Das unterstreicht die Notwendigkeit, diese Krankheit schon zum frühestmöglichen Zeitpunkt zu verhindern, aufzuhalten oder rückgängig zu machen.
Einige Wissenschaftler testeten die Wirkung von Beeren. In einer randomisierten klinischen Studie mit Erdbeerpulver bei Patienten, die präkanzeröse Verletzungen in der Speiseröhre aufwiesen, aßen diese sechs Monate lang jeden Tag 30 bis zu knapp 60 Gramm gefriergetrocknete Erdbeeren. Das entspricht einer täglichen Menge von etwa einem Pfund frischen Erdbeeren.
Alle Probanden begannen mit einer entweder milden oder moderaten präkanzerösen Erkrankung. Erstaunlicherweise konnte das Fortschreiten der Krankheit bei etwa 80 Prozent der Patienten, die die höhere Erdbeerdosis konsumierten, aufgehalten werden. Viele der präkanzerösen Verletzungen entwickelten sich von einer moderaten zu einer milden Form oder sogar ganz zurück. Die Hälfte der Patienten mit der höheren Erdbeerdosis war am Ende beschwerdenfrei.
Eine ballaststoffreiche Ernährung vermindert nicht nur den Druck. Während der Evolution haben wir Menschen uns immer mit großen Mengen an Ballaststoffen ernährt, teilweise sogar bis zu hundert Gramm täglich. Das ist bis das Zehnfache dessen, was eine durchschnittliche Person heutzutage an Ballaststoffen aufnimmt. Da Pflanzen in aller Regel nicht so schnell rennen wie Tiere, bestand der Großteil unserer Nahrung aus einer ordentlichen Menge davon. Abgesehen davon, dass Ballaststoffe zu einem
regelmäßigen Stuhlgang führen, binden sie auch Giftstoffe wie bspw. Blei und Quecksilber und helfen sie auszuscheiden. Unser Körper ist von Natur aus designt, eine Menge Ballaststoffe aufzunehmen, also deponiert er ungewollte Abfallprodukte wie überschüssiges Cholesterin und Östrogen in unserem Verdauungssystem, weil er glaubt, dass die Ballaststoffe diese „nach draußen befördern“. Wenn Sie Ihren Magen aber nicht ständig mit pflanzlicher Nahrung, der einzigen natürlichen Ballaststoffquelle, füllen, können diese unerwünschten Abfallprodukte wieder absorbiert werden und den Körper darin hindern, sich selbst zu entgiften. Nur drei Prozent aller US-Amerikaner erreichen gerade knapp die täglich empfohlene Ballaststoffmenge. Dadurch entsteht der am weitesten verbreitete Nährstoffmangel in den USA – der an wichtigen Ballaststoffen.
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