DgB-Teil1: Die Partei Das Instrument des Regierens ist das wichtigste politische Problem, mit dem menschliche Gemeinschaften konfrontiert sind. Sogar Konflikte innerhalb der Familie sind oft ein Resultat dieses Problems. Seit dem Entstehen der modernen Gesellschaften ist dieses Problem ein sehr ernstes geworden.

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Die Partei ist die Diktatur von heute. Sie ist das moderne diktatorische Instrument des Regierens. Mit einer Partei herrscht ein Teil über das Ganze. Sie ist das jüngste diktatorische Instrument. Da die Partei nicht individuell ist, praktiziert sie eine vorgetäuschte Demokratie, indem sie Parlamente und Ausschüsse einrichtet und indem ihre Mitglieder Propaganda betreiben. Die Partei ist ganz und gar kein demokratisches Instrument, weil sie aus Leuten zusammengesetzt ist, die gemeinsame Interessen haben, eine gemeinsame Sicht der Dinge oder eine gemeinsame Kultur; oder aus Leuten, die aus derselben Gegend kommen oder denselben Glauben haben. Sie bilden eine Partei, um ihre Zwecke zu erreichen, anderen ihre Ansichten aufzuzwingen oder den Einfluss ihres Glaubens auf die Gesellschaft insgesamt auszudehnen.

Das Ziel einer Partei ist es, unter dem Vorwand, ihr Programm zu verwirklichen, Macht zu gewinnen. Und doch sollte, aus demokratischer Sicht, wegen der Vielfalt der Interessen, Ideen, Temperamente, Gegenden und Glaubensrichtungen, welche die Identität eines Volkes ausmachen, keine dieser Parteien das gesamte Volk regieren. Die Partei ist ein diktatorisches Instrument des Regierens, das es denen mit einer gemeinsamen Sicht der Dinge und einem gemeinsamen Interesse ermöglicht, das Volk insgesamt zu beherrschen. Verglichen mit dem Volk als Ganzes, ist die Partei eine Minderheit.

Der Zweck der Bildung einer Partei besteht darin, ein Instrument zum Beherrschen des Volkes zu schaffen; und insbesondere zum Beherrschen derer, die nicht Mitglied der Partei sind. Denn im Grunde basiert die Partei auf einer willkürlichen und autoritären Theorie, d.h. auf der Dominanz der Parteimitglieder über den Rest der individuellen Angehörigen des Volkes. Die Partei setzt voraus, dass ihre Machtübernahme der Weg ist, auf dem sie ihre Ziele erreicht, wobei sie annimmt, dass ihre Ziele auch die Ziele des Volkes sind.

Das ist die theoretische Rechtfertigung der Parteiendiktatur, welche wiederum die Grundlage jeder Diktatur ist. Unabhängig davon, wie viele Parteien es gibt, bleibt die Theorie ein und dieselbe.

Aber das Vorhandensein von vielen Parteien führt zu einer Eskalation des Kampfes um die Macht, und daraus resultiert die Zerstörung jedweder Errungenschaften des Volkes und aller gesellschaftlich nutzbringenden Pläne.

Auf diese Zerstörung stürzt sich dann die Oppositionspartei, die sie zur
Begründung dafür macht, dass sie ihrerseits die Stellung der Regierungspartei unterminiert, um selbst die Macht übernehmen zu können. In ihrem Kampf um die Macht greifen die Parteien, wenn schon nicht auf Waffen (was selten geschieht), so aber doch darauf zurück, dass sie die andere Gruppierung denunzieren und ihre Handlungsweise für dumm erklären. Das ist eine Schlacht, die unweigerlich auf Kosten der höheren und vitalen Interessen der Gesellschaft geschlagen wird. Manche, wenn nicht alle dieser höheren Interessen werden dann ein Opfer des Machtkampfs der Instrumente des Regierens. Denn die Zerstörung dieser Interessen stärkt die von der Oppositionspartei gegen die Regierungspartei vorgebrachten Argumente.

Die Oppositionspartei muss das regierende Organ von der Macht verdrängen, um selbst Zugang zur Staatsgewalt zu bekommen. Um die Unfähigkeit des bisherigen Instruments des Regierens zu beweisen, muss die Oppositionspartei dessen Errungenschaften zerstören und seine Pläne in Zweifel ziehen, auch wenn diese Pläne für die Gesellschaft von Vorteil sind.

Folglich werden die Interessen und die Programme der Gesellschaft zu Opfern des Machtkampfs der Parteien. Ein solcher Kampf ist deshalb politisch, gesellschaftlich und ökonomisch destruktiv und trotz der Tatsache, dass er politische Aktivitäten hervorbringt, schädlich für die Gesellschaft. Außerdem führt der Kampf nur zum Sieg eines anderen Instruments des Regierens, d.h. zum Niedergang einer Partei und zum Aufstieg einer anderen. Für das Volk ist das aber eine Niederlage, und es ist eine Niederlage für die Demokratie. Darüber hinaus können Parteien gekauft oder bestochen werden, entweder von innen oder von außen.

Ursprünglich wird die Partei gebildet, um das Volk zu repräsentieren. Dann vertritt die führende Gruppe innerhalb der Partei ihre Mitglieder und der oberste Führer der Partei vertritt die führende Gruppe. Es wird klar, dass das Parteienspiel eine betrügerische Farce ist, basierend auf einer Form von vorgetäuschter Demokratie mit einem eigennützigen Inhalt, der auf Manövern, Tricks und politischen Spielereien beruht.

Das alles unterstreicht, dass das Parteiensystem ein diktatorisches, wenn auch ein modernes Instrument ist. Das Parteiensystem ist eine unverhohlene, keine versteckte Diktatur. Die Welt hat dieses System noch nicht hinter sich gelassen, und es wird zu Recht als ››die Diktatur des modernen Zeitalters« bezeichnet.

Das Parlament der siegreichen Partei ist in der Tat ein Parlament der Partei, so wie die den ausführenden Organen von diesem Parlament zugeteilte Macht die Macht der Partei über das Volk ist. Die Macht der Parteien, die angeblich gut für das gesamte Volk ist, ist tatsächlich der schlimme Feind von jeweils einem Teil des Volkes, nämlich der oppositionellen Partei oder Parteien und ihrer Anhänger.

Die Opposition ist also keine Instanz, durch die das Volk die Regierungspartei kontrolliert, sondern sie sucht nur selbst eine Gelegenheit, die Regierungspartei zu ersetzen. Der modernen Demokratie zufolge ist das Parlament die gesetzmäfšige Kontrollinstanz für die Regierungspartei, ein Parlament, dessen Mehrheit der Abgeordneten von der Regierungspartei gestellt wird. Das heißt, die Kontrolle liegt in den Händen der Regierungspartei, und das Regieren liegt in den Händen der kontrollierenden Partei.

Damit wird deutlich, wie betrügerisch, verfälschend und unzulässig die in der heutigen Welt vorherrschenden politischen Theorien sind, denen die traditionelle Demokratie unserer Zeit entsprungen ist.

  • Die Partei ist nur ein Teil des Volkes, aber die Souveränität des Volkes ist unteilbar.
  • Die Partei regiert stellvertretend für das Volk, aber das Prinzip lautet: Keine Vertretung anstelle des Volkes.
  • Das Parteiensystem ist das moderne Stammes- oder Sektensystem.

Die Gesellschaft, die von einer Partei regiert wird, ist exakt so wie die Gesellschaft, die von einem Stamm oder einer Sekte regiert wird.

Wie oben festgestellt, repräsentiert die Partei die Weltsicht einer bestimmten Gruppe von Leuten, oder sie vertritt die Interessen einer Gruppe der Gesellschaft, oder einen Glauben oder eine Gegend.

Verglichen mit dem gesamten Volk kann eine solche Partei nur eine Minderheit sein, genauso wie der Stamm und die Sekte eine Minderheit sind. Die Minderheit hat gemeinsame Interessen oder einen sektiererischen Glauben. Aus solchen Interessen oder einem solchen Glauben wird die gemeinsame Weltsicht gebildet.

Nur die Blutsverwandtschaft unterscheidet einen Stamm von einer Partei, und sogar bei der Gründung einer Partei kann die Blutsverwandtschaft eine Rolle spielen. Es gibt keinen Unterschied zwischen den Auseinandersetzungen der Parteien und den Machtkämpfen von Stämmen oder Sekten. Und wenn die Herrschaft eines Stammes oder einer Sekte politisch zurückgewiesen wird, dann muss auch das Parteiensystem zurückgewiesen und abgelehnt werden.

Beide schlagen denselben Weg ein und führen zum selben Ende. Die negativen und destruktiven Auswirkungen der Kämpfe der Stämme und Sekten auf die Gesellschaft sind dieselben wie die negativen und destruktiven Auswirkungen des Parteienkampfes.

Muammar al-Gaddafi