Portrait

1998 gab Brzeziński dem Journalisten Vincent Jauvert vom französischen Nachrichtenmagazin Le Nouvel Observateur ein Interview, in dem er erklärte, dass die Unterstützung des afghanischen Widerstands gegen die kommunistische, von der Sowjetunion gestützten Regierung schon am 3. Juli 1979 – also rund ein halbes Jahr vor der sowjetischen Intervention Ende Dezember 1979 – von US-Präsident Jimmy Carter genehmigt worden sei.

Diese Tatsache war zu diesem Zeitpunkt durch Veröffentlichungen des ehemaligen Leiters der Abteilung Mittlerer Osten der CIA Charles G. Cogan und des früheren CIA-Direktors Robert Gates schon bekannt. 

Zudem wurde Brzeziński in dem Interview zitiert, dass er Carter am selben Tag eine Nachricht zukommen ließ, in der er erklärte, diese Unterstützung würde seiner Meinung nach eine sowjetische Intervention auslösen und dass die Sowjetunion von den Vereinigten Staaten in die „afghanische Falle“ gelockt worden sei. 

Von diesem Interview wurden nur Teile veröffentlicht und nach Angaben Brzezińskis in einer verzerrten Version, die er selbst entgegen der Vereinbarung nie autorisiert hätte. Jauvert hingegen gab an, das Interview korrekt wiedergegeben zu haben, bestätigte aber, dass das Zitat in Anführungszeichen im Titel des Interviews von der Redaktion und nicht von Brzeziński stammt. Brzeziński selbst bestritt, an diesem Tag im Juli 1979 eine Nachricht an Carter diesen Inhalts geschickt zu haben und in den Archiven ist bisher auch kein derartiges Dokument zum Vorschein gekommen.

In einem Interview im Jahr 2015 erklärte Charles G. Cogan, Brzeziński habe ihm gegenüber bestätigt, dass es tatsächlich seine Absicht gewesen sei, die sowjetische Intervention in Afghanistan zu provozieren. Die Akten in den Archiven zeigen jedoch ein differenzierteres Bild. Brzeziński drängte Carter, die US-Position gegenüber der Sowjetunion deutlich zu machen. In seiner Eröffnungsrede während des Gipfeltreffens in Wien im Juni 1979 erklärte Carter, der Persische Golf sei für die USA von entscheidender Bedeutung und mahnte die Sowjets zur Zurückhaltung unter anderem in Afghanistan an. 

Im August warnte Brzeziński die Sowjetunion in einer Rede vor einer Intervention in Afghanistan. Brzezińskis Memos während dieser Zeit zeigen, dass er entschlossen war, die Sowjets mit verdeckten Operationen zu bekämpfen, er war jedoch ebenso darüber besorgt, dass sie die Oberhand behalten könnten. Was die sowjetische Führung tatsächlich wusste ist unklar, entsprechende Vorwürfe hatte sie schon im April 1979 erhoben. 

Viele US-amerikanische Quellen lassen zudem Überraschung erkennen, nachdem die „Falle“ zugeschnappt war. Die Sowjetunion wurde letztendlich mehrfach gewarnt und der Carter-Regierung konnte die Intervention in Afghanistan nicht gleichgültig sein.

Das Programm war zudem eine Reaktion auf die erheblich gestiegene sowjetische Präsenz im Jahr 1979 und der Umfang war auf nicht-militärische Hilfe begrenzt. Die Ursache für den Ausbruch eines bewaffneten Widerstands war die gewalttätige Politik der afghanischen Regierung. Allein im Gefängnis Pul-i Charki außerhalb Kabuls sollen etwa 27.000 Insassen hingerichtet worden sein. Entscheidend für die Ausbreitung des Widerstands waren weniger dessen militärische Stärke, sondern vielmehr Auflösungserscheinungen der afghanischen Armee. Die Mannstärke der afghanischen Armee reduzierte sich hauptsächlich durch Desertionen von 110.000 im Jahr 1978 auf 25.000 im Jahr 1980. Die US-Botschaft in Kabul kabelte nach Washington, die afghanische Armee schmelze dahin „wie eine Eisscholle im tropischen Ozean.“

Die Sowjetunion hatte sich nach den Unruhen in Herat im März 1979 nach einer dreitägigen Debatte im Politbüro aufgrund der politischen Risiken noch gegen eine Intervention entschieden. Über den Sommer 1979 hinweg versuchten die Sowjets das afghanische Regime zu einer weniger kompromisslosen Politik bei den Land- und Bildungsreformen zu bewegen, boten dafür höhere militärische Hilfen an und drängten Taraki, Amin abzusetzen. 

Im September 1979 ergriff Amin die Macht und ließ Taraki wenig später ermorden. Für Moskau war dies der Wendepunkt. Die Beziehungen der Sowjetunion zur afghanischen Regierung befanden sich nun im freien Fall. Breschnew fühlte sich persönlich brüskiert und Andropow war nun entschlossen, Amin zu ersetzen. Die Regierung kontrollierte nun nur noch etwa ein Viertel des Landes. Nach einem Treffen Amins mit dem Geschäftsträger der US-Botschaft war Moskau zudem alarmiert, dass Amin eine Neuorientierung zum Westen vornehmen könnte wie einst der ägyptische Präsident Sadat, der 1972 rund 20.000 sowjetische Berater ausweisen ließ. 

Entscheidend war aus sowjetischer Sicht weniger die militärische Stärke des Widerstands als der fortschreitende Verfall der Staatsmacht und die Befürchtung, ihre in Jahrzehnten erreichte Position in Afghanistan zu verlieren. Der Zugang zum Persischen Golf spielte entgegen der zeitgenössischen Sicht Brzezińskis und der Regionalmächte für die Entscheidung zur Intervention auf sowjetischer Seite keine Rolle.

Präsident Carter begann seine Präsidentschaft nach den Skandalen in den 1970ern unter Präsident Richard Nixon mit dem Ziel einer moralischen Erneuerung und sah die Menschenrechte als „fundamentalen Grundpfeiler seiner Außenpolitik“. Während einer Rede an der Notre Dame Universität im Mai 1977 kritisierte er den Antikommunismus, der dazu geführte habe, dass man „Feuer mit Feuer“ bekämpft habe und jeden Diktator in die Arme geschlossen habe, der dieselben Ängste teilte. 

Die Carter-Regierung nahm zunächst Abstand von der Monroe-Doktrin in Lateinamerika, setzte das Regime in Südafrika aufgrund der Apartheidpolitik unter Druck und unterzeichnete 1977 die Verträge über die Rückgabe des Panamakanals

Spätestens seit der Krise am Horn von Afrika begegnete Carter den sowjetischen Absichten jedoch mit Misstrauen und Brzezińskis Interpretation der sowjetischen Intervention als aggressive Expansion überzeugten den Präsidenten letztlich, diese als größte Bedrohung des Weltfriedens seit 1945 zu sehen. Carter fühlte sich zudem von Breschnew brüskiert, weil er glaubte, dieser habe ihm persönlich versichert, nicht in Afghanistan einzumarschieren. 

Unter dem Eindruck einer weltweiten aggressiven Politik der Sowjetunion begann die Carter-Regierung aus dem Blickwinkel des Kalten Krieges nach dem Prinzip „der Feind meines Feindes ist mein Freund“ einige der blutigsten Regime wie das der Roten Khmer in Kambodscha und Siad Barre in Somalia zu unterstützen. Die Carter-Regierung überschätzte dabei den Einfluss des Kremls auf Ereignisse wie den Aufstieg der Sandinisten in Nicaragua und übersah gleichzeitig Anzeichen für eine schwindende Macht der Sowjetunion. 

Die Carter-Doktrin bildete letztendlich auch den Auftakt zu einer jahrzehntelangen US-Präsenz im Nahen Osten. Während in der Zeit vor 1980 kaum ein US-Soldat in der Region ums Leben kam, waren seit 1990 fast alle im Einsatz gefallenen US-Soldaten im Nahen und Mittleren Osten umgekommen.