1911-Die Juden und das Wirtschaftsleben
10. Kapitel--IV: Der Reichtum 1911: Die Juden und das Wirtschaftsleben von Werner Sombart: Zweiter Abschnitt - 10. Kapitel: Die objektive Eignung der Juden zum Kapitalismus
10. Kapitel: Die objektive Eignung der Juden zum Kapitalismus
IV. Der Reichtum
Wir können einstweilen zu den objektiven Bedingungen, unter denen die Juden ihre ökonomische Mission während der letzten drei oder vier Jahrhunderte erfüllt haben, und deren eigenartige Gestaltung ihr Werk selbst zu einem eigenartigen machte, die Tatsache rechnen, daß sie immer und überall, wo sie eine Rolle im Wirtschaftsleben gespielt haben, über einen großen Geldreichtum verfügten (und wenn man die Wirkung jener eigenartigen Bedingtheit ihrer Tätigkeit bis in die Gegenwart verfolgen will: noch heute verfügen). Mit dieser Feststellung ist nichts über den Reichtum der „Juden“ im allgemeinen ausgesagt. Und es darf ihr also auch nicht die Tatsache entgegengehalten werden, daß es zu allen Zeiten sehr arme und wohl auch sehr viele arme Juden gegeben habe. Man braucht gar nicht lange erst nach Beweismitteln für die Richtigkeit dieser Behauptung zu suchen; wer einmal seinen Fuß in eine Khilla des Ostens gesetzt hat, oder wer die Judenquartiere in New, Tork kennt, kennt auch das Phänomen der jüdischen Armut zur Genüge. Was hier in Frage steht, ist vielmehr ein viel enger, umschriebener Tatbestand: ich behaupte, daß unter den Juden, die seit dem 17. Jahrhundert in den europäischen Kulturstaaten, des Westens und der Mitte so hervorragenden Anteil an der wirtschaftlichen Entwicklung nahmen: daß unter diesen viel Reichtum verbreitet war und ist; noch mehr zugespitzt: daß es unter ihnen stets sehr viele reiche Leute gab und daß die Juden allerorts reicher waren, als die sie umgebenden Christen (immer natürlich im großen Durchschnitt gerechnet; ein Narreneinwand, ist es: der reichste Mann in Deutschland oder die drei reichsten Männer in den Vereinigten Staaten seien gerade keine Juden)
Schwerreich muß eine große Anzahl der Flüchtlinge gewesen sein, die seit dem 16. Jahrhundert die Pyrenäenhalbinsel verließen. Wir vernehmen von einem „exodo der capitaes“, einer Auswanderung des Kapitals, die durch sie herbeigeführt sein soll. Wir wissen aber auch, daß sie bei ihrer Vertreibung ihre zahlreichen Besitzungen verkaufen und sich in Wechseln auf fremde Plätze dafür bezahlen lassen (412).
Die Allerreichsten wandten sich wohl nach Holland. Wenigstens erfahren wir hier von den ersten Ansiedlern: den Manuel Lopez Homen, Maria Nunez, Miguel Lopez und andern, daß sie große Reichtümer besaßen (413). Ob dann im 17. Jahrhundert viele reiche Spagniolen noch einwanderten oder ob die Alteingesessenen zu immer größerem Reichtum gelangten, wird kaum für die Gesammtheit festzustellen sein. Es genügt auch, zu wissen: daß die Juden in Holland während des 17. und 18. Jahrhunderts durch ihren Reichtum berühmt waren. Wir besitzen zwar keine Vermögensstatistik aus jener Zeit, dafür aber genug andere Zeugnisse, die den Reichtum der Juden erkennen lassen. Vor allem ihre Prachtentfaltung, die alle Reisebeschreiber nicht, genug zu bewundern wissen; ihren Wohnluxus, der sich in den herrlichsten Palästen ausprägt. Wer eine Sammlung von Kupferstichen aus jener Zeit durchblättert, findet bald heraus, daß die glänzendsten Paläste etwa in Amsterdam oder im Haag von Juden erbaut oder von Juden bewohnt waren; wie der Hof van den Baron Belmonte, der Hof van den E. Heer de Pinto, der Hof van den E. Heer d’Acoste und andere. (De Pinto wurde Ende des 17. Jahrhunderts auf 8 Millionen fl. geschätzt.) Von dem fürstlichen Luxus, der bei einer reichen Judenhochzeit in Amsterdam entfaltet wurde, gibt uns Glückel von Hammeln, die eine Tochter nach dort verheiratete, ein lebendiges Bild in ihren Memoiren (414).
Aber auch in den andern Ländern ragten die Juden durch ihren Reichtum hervor. Der kluge Savary bestätigt uns das für das Frankreich des 17. und angehenden 18. Jahrhunderts, indem er ganz summarisch ein allgemeines Urteil folgenden Inhalts vermittelt: „on dit huun marchand est riche comme um Juis, quand il a la réputation d’avoir amassé de grands (415) biens“.
Und für England besitzen wir sogar ziffermäßige Angaben über die Vermögenslage der reichen Spagniolen bald nach ihrer offiziellen Zulassung. Wir erfuhren schon, daß nach England ein Schweif reicher Juden der Braut Karls II., Katherina von Braganza, folgte. Wurden 1661 erst 35 Familienhaupter in der Sephardimgemeinde gezählt, so kommen allein im Jahre 1663 57 neue Namen hinzu. Für dieses Jahr ergeben sich aber aus den Büchern des Alderman Backwell folgende Halbjahresumsätze, reicher jüdischer Geschäftshauser (416)
- Jacob Aboab. 13085.
- Samuel de Vega 18309.
- Duarte da Sylva. 41441.
- Francisco da Sylva, 14646.
- Fernando Mendes da Costa, 30490.
- Isaae Dazevedo. 13605.
- George & Domingo Francia 35759.
- Gomes Rodrigues 18124.
In Deutschland waren die Zentren jüdischen Lebens während des 17. und 18. Jahrhunderts, wie wir gesehen haben, Hamburg und Frankfurt a. M. Für beide Städte können wir ziffermäßig genau den Vermögensstand der Juden feststellen, und was wir erfahren, bestätigt unser Urteil durchaus.
In Hamburg waren es auch zunächst spanisch-portugiesische Juden, die sich niederließen, Ihrer fanden wir schon im Jahre 1619 40 Familien bei der Gründung der Hamburger Bank beteiligt: also mindestens in guten Vermögensverhältnissen.
Bald begannen die Klagen über den zunehmenden Reichtum und das zunehmende Ansehen der Juden: 1649 wird geklagt, sie begrüben ihre Toten gar prächtig und führen in Kutschen spazieren; eine Beschwerde des Jahres 1650 sagt: die Juden bauweten Häuser als Pallaste; Luxusgesetze verbieten den Juden eine zu große Prachtentfaltung 117 m. dgl. Bis zum Ende des 17. Jahrhunderts scheint der Reichtum auf die sephardischen Juden beschränkt zu sein; um diese Zeit kamen aber auch die Askenazim rasch in die Höhe: Glückel von Hameln gibt die sichersten Belege dafür. Sie erzählt von zahlreichen deutsch-jüdischen Familien, die in ihrer Kindheit noch in dürftigen Verhältnissen gelebt hätten, nun aber recht wohlhabend geworden seien. Ihre aus ihrer reichen Erfahrung geschöpften Beobachtungen finden wir durchaus bestätigt in den vermögensstatistischen Angaben, die wir aus dem ersten Viertel des 18. Jahrhunderts besitzen (418). 1729 besteht die Altonaer Judengemeinde aus 297 Kontribuierten, darunter sind 145 Wohlhabende mit einem Besitze von mehr als 1500 Mark Banco, ihr Gesamtvermögen belief sich auf 5 434 300 Mark, also auf mehr als 37000 Mark im Durchschnitt; die Hamburger Gemeinde bestand aus 160 Kontribuierten, darunter 16 mit mehr als 1000 Mark und einem Gesamtvermögen von zusammen 501 500 Mark. Diese Ziffern erscheinen fast als zu niedrig, wenn wir damit die genauen Vermögensangaben vergleichen, die uns über die einzelnen reichen Juden gemacht werden. Im Jahre 1725 finden wir nämlich folgende vermögende Juden in Hamburg, Altona und Wandsbeck:
- Joel Salomon, 210000 Mk.
- Seinen Schwiegersohn, 50000.
- Elias Oppenheimer, 300000.
- Moses Goldschmidt, 60000.
- Alex Papenheim, 60000.
- Elias Salomon, 200000.
- Philip Elias, 50000.
- Samuel Schiesser, 60000.
- Berend Heyman, 75000.
- Samson Nathan 100000.
- Moses Hamm, 75000 Mk.
- Sam. Abrahams Wie, 60000.
- Alexander Isaad, 60000.
- Meyer Berend, 400000.
- Salomon Berens, 1600000.
- Isaad Hertz, 150000.
- Mangelus Heymann, 200000.
- Nathan Bendix, 100000.
- Philip Mangelus, 100000.
- Jac. Philip, 50000.
- Abrah. Oppenheimers Wwe., 60000.
- Zacharias Daniels Wwe und Tochter Wwe, 150000.
- Sim. del Banco, 150000.
- Marx Casten, 200000.
- Carsten Marx, 60000.
- Abrah, Lazarus, 150000.
- Berend Salomon, 600000 Rthlr.
- Meyer Berens, 400000.
- Abr. von Halle, 150000.
- Abr. Nathan, 150000.
Besaßen doch diese 31 oder 32 Personen schon zusammen mehr als 6 Millionen Mf. Auf jeden Fall wird an der Existenz reicher und sehr reicher Juden in Hamburg seit dem 17. Jahrhundert nicht gezweifelt werden dürfen.
Dasselbe Bild, vielleicht noch glänzender in den Farben, bieten uns die Frankfurter Juden dar. Ihr Reichtum beginnt sich gegen Ende des 16. Jahrhunderts zu entwickeln und steigt von da an rasch in die Höhe.
Im Jahre 1593 finden wir in Frankfurt a. M. erst vier Juden, (neben 54 Christen = 7,4 %), die ein Vermögen von mehr als 15 000 fl. versteuern; bis 1607 sind es schon 16 (neben 90 Christen, = 17,7 %) (419). Im Jahre 1618 mußte der ärmste Jude ein Barvermögen von 1000 fl., der ärmste Christ von 50 fl. versteuern; in diesem Jahre bringen die Juden 3627,85 fl. an Schatzung auf während die Gesamteinnahme der Stadt nur 20 872,225 fl. betrug. Etwa 300 jüdische Haushaltungen zahlen an Soldatenquartier und Schanzengeldern in den Jahren 1634—1650 100900 fl.; z. B. im Jahre 1634 14400 fl.; 1635 14800 fl.; 1636 11200 fl. usw. (420).
Bis zum Ende des 18. Jahrhunderts ist dann die Zahl der jüdischen Steuerzahler in Frankfurt a. M. auf 753 gestiegen, die zusammen mindestens 6 Mill. fl. besaßen, Davon entfällt mehr als die Hälfte auf die 12 reichsten Familien, nämlich folgende (421)
- Speyer, 604 000 fl.
- Reiß-Ellissen, 299916.
- Haas, Kann, Stern, 256500.
- Schuster, Getz, Amschel 253075.
- Goldschmidt 235000.
- May 211000.
- Oppenheimer, 171500.
- Wertheimer, 138600.
- Försheim, 166666.
- Rindskopf 115600.
- Rothschild. 109375.
- Sichel …. 107000.
Und selbst die Berliner Juden des frühen 18. Jahrhunderts sind keine armen Schnorrer mehr. Von den 120 jüdischen Familien, die es 1737 in Berlin gab, hatten nur 10 weniger als 1000 Taler im Vermögen, alle übrigen 2000 bis 20000 Taler und mehr (422).
Diese eigentümliche und interessante Tatsache, daß die Juden immer die reichsten Leute waren, hat sich durch die Jahrhunderte unverändert erhalten und besteht noch heute so wie vor zwei und dreihundert Jahren. Nur daß sie vielleicht heute noch viel ausgeprägter und allgemeiner ist als in früheren Zeiten. Angesichts der überragenden Wichtigkeit, die sie als Symptom sowohl der Eigenart unserer wirtschaftlichen Zustände wie als Erklärung dieser Eigenart besitzt, will ich hier in größerer Ausführlichkeit die Ergebnisse einiger Berechnungen mitteilen, die ich auf Grund zuverlässiger Quellen habe anstellen lassen über das Verhältnis des Einkommens jüdischer zu dem christlicher Steuerzahler in dem Deutschland unserer Tage, Sie lassen, die ganz ungeheuer große Überlegenheit der jüdischen Bevölkerung über die nichtjüdische im Vermögensstande mit aller nur wünschbaren Deutlichkeit erkennen und können an Bedeutung nicht leicht durch andere Ziffern der Statistik überboten werden. Es wird oft die Behauptung: die Juden seien viel reicher als die Christen, durch den Einwand zu widerlegen versucht: man lasse sich durch einzelne reiche Juden täuschen; die große Masse der Juden sei gar nicht reicher als die übrige Bevölkerung. Nun aus den folgenden Ziffern geht hervor, daß dieser Einwand nicht berechtigt ist: sie zeigen, daß die Juden im ganzen um ein mehrfaches, in zahlreichen Orten um ein vielfaches reicher sind als ihre Umgebung.
Man betrachte die Ziffern für Berlin und Mannheim! Sie weisen den sechs- bis siebenfachen Reichtum der gesamten jüdischen Bevölkerung im Vergleich mit den Christen, nach. Besonders lehrreich sind auch die Ziffern für die oberschlesischen Städte oder für die Stadt Posen, wo die Juden etwa sechsmal so reich wie die übrige Bevölkerung sind: lehrreich, weil es sich hier um sogenannte „arme“ Judenschaften handelt. (Daß übrigens auch in Rußland und Galizien, obwohl dort sehr arme Judengemeinden leben, diese immer noch um ein vielfaches reicher als die sie umgebende christliche Bevölkerung sind, darf nach den wenigen, freilich sehr unzulänglichen, Statistiken ebenfalls nicht in Zweifel gezogen werden.)
Was die Ziffern der folgenden Tabellen anbelangt, so sind die Bevölkerungszahlen der Volkszählung vom 1. Dezember 1905 entnommen,
Für das Großherzogtum Baden sind des Vergleiches mit den folgenden Zahlen wegen wiedergegeben die Zahlen für die Amtsbezirke mit über 30000 Einwohnern (außer den Amtsbezirken Waldshut, Heidelberg, Binsheim, Mosbach, da sich für diese Amtsbezirke nicht die späteren entsprechenden Zahlen ermitteln ließen).
Die allgemeinen Steuerbeträge sind für die preusischen Städte der Statistik des kgl. preus, Finanzministeriums, die Voranschläge der allgemeinen Kirchensteuern in Baden für 1908 dem Statistischen Jahrbuch entnommen. Sie sind für Steuerkommissärbezirke wiedergegeben; es wurden daher den Amtsbezirken die Zahlen für die entsprechenden Steuerkommissärbezirke gegenübergestellt bew erst berechnet.
Wie aber sollte man den von den Juden aufgebrachten Steuerbetrag ermitteln? Die allgemeinen Steuerstatistiken sondern ihn nicht aus. Da bot sich als eine wertvolle Quelle das „Handbuch der jüdischen Gemeindeverwaltung„, dessen Jahrgang für 1907 ich benutzt habe, um die Ziffern denen der Volkszählung von 1905 möglichst anzunähern. In diesem wird für jede Kultusgemeinde der von ihr erhobene Steuerbetrag angegeben: von vielen Gemeinden in einer absoluten Ziffer mit dem Vermerke, wie viel Prozent diese Summe von dem Einkommen oder der Staatseinkommensteuer ausmacht. In diesem letzten Falle konnte die von den Juden bezahlte Einkommensteuer ermittelt und nun der von der Gesamtbevölkerung des Bezirks aufgebrachten Steuer gegenübergestellt werden.
Die Ergebnisse dieser Berechnungen enthalten die Tabellen I und II für alle diejenigen Städte bew. Bezirke, für die vergleichbare Ziffern zu erlangen waren.
In denjenigen Fällen, wo die Kultussteuern der jüdischen Gemeinden, in Prozenten des Einkommens angegeben waren, mußte das Gesamteinkommen aller Einwohner gegenübergestellt werden. Das war möglich für Breslau und Frankfurt a. M. (Tab. III).
Was insbesondere noch die Zahlen für die Stadt Berlin betrifft, so sind sie auf eine besondere Weise ermittelt bew, zusammengestellt. Sie sind dem Berliner Statistischen Amt von dem Beamten der evangelischen Stadtsynode berichtet worden; dieser hat, laut persönlicher Mitteilung, nach Einsicht in die Steuerlisten der katholischen, jüdischen usw. Bevölkerung für die einzelnen Konfessionen die entsprechenden Angaben zusammengestellt. Die Zahlen beziehen sich jedoch, was aus dem Berliner
Tabelle I
Zahl der Summe der aufgebrachten Steuern
Satdt | Einwohner | darunter Juden | % Juden an Gesamt-Einwohner | von allen Ainwohnern | von den Juden | % Anteil Juden von Gesamt-Steuern |
Aachen | 144 095 | 1 665 | 1,16 | 1 672 641 | 130 357,14 | 7,79 |
Barmen | 156 080 | 584 | 0,87 | 1 502 439 | 26 383,38 | 1,75 |
Berlin | 2 484 285 | 125 723 | 5,06 | 84 182 981 | 10 517 535,00 | 30,77 |
Beuthen | 60 076 | 2 425 | 4,04 | 327 402 | 88 086,42 | 26,90 |
Bielefeld | 71 796 | 833 | 1,16 | 622 935 | 44 878,24 | 7,20 |
Bochum | 118 464 | 1 043 | 0,88 | 760 951 | 40 000,00 | 5,26 |
Bonn | 81 996 | 1 202 | 1,47 | 1 430 565 | 53 802,40 | 3,76 |
Brandenburg | 51 289 | 273 | 0,53 | 353 394 | 8 125,00 | 2,30 |
Bromberg | 54 231 | 1 513 | 2,79 | 455 059 | 62 500,00 | 13,73 |
Crefeld | 110 344 | 1 834 | 1,66 | 1 121 652 | 73 638,50 | 6,57 |
Dortmund | 175 577 | 2 104 | 1,20 | 1 503 532 | 78 471,67 | 5,22 |
Düsseldorf | 253 274 | 2 877 | 1,14 | 3 546 139 | 125 723,08 | 3,55 |
Duisburg | 192 346 | 1 035 | 0,54 | 1 503 379 | 31 111,00 | 2,07 |
Elberfeld | 162 853 | 1 754 | 1,08 | 1 841 058 | 70 000,00 | 3,80 |
Essen | 231 360 | 2 411 | 1,04 | 2 250 853 | 104 888,89 | 4,66 |
Frankfurt a. O. | 64 304 | 755 | 1,17 | 440 289 | 30 224,00 | 6,86 |
Gelsenkirchen | 147 005 | 1171 | 0,80 | 735 067 | 22 000,00 | 2,99 |
Gleiwitz | 61 826 | 1 962 | 8,20 | 288 256 | 68 894,31 | 23,90 |
Kiel | 168 772 | 470 | 0,29 | 1 428 488 | 11 272,73 | 0.79 |
Koblenz | 53 897 | 638 | 1,18 | 623 019 | 2 692.31 | 0,48 |
Königshütte | 66 042 | 990 | 1.50 | 172 165 | 25 000,00 | 14,52 |
Magdeburg | 240 633 | 1 935 | 0,80 | 2 581 680 | 102 500,00 | 3,58 |
Mülheim a. Rh. | 50 811 | 263 | 0,52 | 349 034 | 7 666,67 | 2,20 |
Mülheim a. d. R. | 93 599 | 747 | 0,80 | 687 254 | 18 533,33 | 2,70 |
München-Gladbach | 60 709 | 784 | 1,29 | 579441 | 40 000,00 | 6,90 |
Münster | 81 468 | 510 | 0,63 | 873 328 | 23 000,00 | 2,68 |
Oberhausen | 52 166 | 330 | 0,63 | 292 768 | 4 571,43 | 1,56 |
Osnabrück | 59 580 | 474 | 6.80 | 420 051 | 11 428,57 | 2,72 |
Posen | 136 808 | 5 761 | 4,21 | 1 017 173 | 244 521,00 | 24,02 |
Wiesbaden | 100 953 | 2 651 | 2,63 | 2 437 644 | 200 000,00 | 8,20 |
Tabelle II.
Bevölkerung vom 1. Dez. 1905
Amtsbezirke mit über 30 000 Einwohnern | Bevölkerung im Ganzen | Anteil Juden | Juden in Prozent | Vermögenssteuer der drei Konfessionen |
Konstanz | 59 912 | 1 178 | 1,97 | 190 465 900 |
Villingen | 30 263 | 61 | 0,20 | 62 563 600 |
Emmendingen | 52 393 | 642 | 1,23 | 122 239 100 |
Freiburg | 104 951 | 1 124 | 1,07 | 615 656 600 |
Lörrach | 46 420 | 287 | 0,62 | 114 386 600 |
Lahr | 43 445 | 373 | 0,86 | 123 282 000 |
Offenburg | 62 826 | 461 | 0,73 | 146 046 700 |
Rastatt | 65 996 | 411 | 1,09 | 104 087 800 |
Bruchsal | 68 196 | 1 088 | 1,60 | 120 169 500 |
Durlach | 43 274 | 471 | 1,09 | 67 422 900 |
Karlsruhe | 151 222 | 2891 | 1,91 | 648 721 500 |
Pforzheim | 94 161 | 664 | 0,71 | 316 369 900 |
Mannheim | 195 723 | 6 273 | 3,21 | 880 576 800 |
Schwetzingen | 35 674 | 235 | 0,66 | 48 702 200 |
Baden | 32 858 | 228 | 0,68 | 229 542 100 |
Bühl | 32 227 | 212 | 0,66 | 73 619 300 |
Großherzogtum Baden | 2010 728 | 25 893 | 1,29 | 6 091 568 350 |
Tabelle III.
Satdt | Gesamt-Bevölkerung | Zahl der Juden | % Juden von Gesamt | Einkommen aller Steuerzahler | Einkommen der Juden | % Juden-Einkommen von gesamt |
Breslau | 470 904 | 20 356 | 4,3 % | 213 635 475 | 43 347482 | 20,3 % |
Frankfurta. M. | 334 978 | 23 476 | 7,0 % | 461 114 500 | 96 000 000 | 20,8 % |
Jahrbuch nicht ersichtlich ist und auch dem Amte nicht bekannt war, auf Berlin, Charlottenburg, Schöneberg und Teile von Wilmersdorf. Um den Prozentsatz der jüdischen Bevölkerung zu berechnen, war daher die Gesamtbevölkerung dieses kleinen Großberlins zugrunde zu legen (Wilmersdorf ganz).
Sämtliche Berechnungen hat in meinem Auftrage Herr Dr. Rudolf Meerwarth ausgeführt.
Fragen wir nun wieder nach der Bedeutung, die solcherart hervorragender Geldbesitz für das ökonomische Schicksal der Juden haben mußte, so ist diese offensichtlich ganz allgemeiner Natur wie gleich des näheren darzulegen sein wird.
Es muß aber auch der besonderen Bedeutung Erwähnung,
Tabelle II.
Vermögenssteuer der Juden | % der Juden an Gesamt-Vermögenssteuer | Einkommenssteuer der drei Konfessionen (1908) | Einkommenssteuer der Juden | % der Juden an Gesamt-Einkommenssteuer |
17916 700 | 9,41 | 12 022 370 | 999 875 | 8,32 |
352 500 | 0,56 | 3 462 385 | 30 575 | 0,88 |
3 987 500 | 3,26 | 6 149 025 | 235 400 | 3,83 |
32 246 200 | 5,24 | 31 776 190 | 1 549 925 | 4,88 |
1 523 300 | 1,33 | 6 975 295 | 105 775 | 1,52 |
2 062 500 | 1,67 | 6 125 375 | 130 900 | 2,14 |
3 344 700 | 2,29 | 8 519 845 | 270 450 | 3,17 |
3 254 000 | 3,13 | 6 979 410 | 225 100 | 3,23 |
21 097 300 | 17,56 | 7 552 155 | 1 294 700 | 17,14 |
3 891 500 | 5,77 | 4 956 610 | 186 800 | 3,77 |
75 675 300 | 11,67 | 48 908 525 | 5 413 900 | 11,07 |
16 535 100 | 5,23 | 30 088 870 | 1 670 435 | 5,55 |
252 393 000 | 28,66 | 77 667 915 | 17 377 975 | 22,37 |
3 384 100 | 6,95 | 4 115 375 | 112 450 | 2,73 |
7 596 900 | 3,40 | 10 409 020 | 400 725 | 3,85 |
2 951 300 | 4,01 | 3 101 070 | 168 050 | 5,42 |
512 800 650 | 8,42 | 379 078 795 | 34 328 370 | 9,06 |
geschehen, die das Judengeld für jeweils diejenigen Staaten hatte, die den Strom der Wandernden in sich aufnahmen. Für die Gesamtentwicklung des Kapitalismus (der wir hier ja allein unser Augenmerk schenken) kommt diese Sonderbedeutung insofern in Betracht, als diejenigen Völker, die von den Juden gefördert wurden, selbst wieder in so hervorragender Weise geeignet waren, die kapitalistische Entwicklung zu fördern. Darum müssen wir die Tatsache als wichtig verzeichnen, daß durch die Wanderung der reichen Juden sich eine Verschiebung des Edelmetallvorrats (wie sie dann allmählich infolge der Neugestaltung der Handelsbeziehungen sich einstellte) plötzlich vollzog, die auf den Gang des Wirtschaftslebens nicht ohne tiefgreifende Wirkung beiben konnte: Spanien und Portugal wurden leer gepumpt; Holland und England angefüllt.
Und es läßt sich nun ziemlich deutlich verfolgen, wie es zum guten Teile das Geld der Juden ist, mit dem die großen kapitalheischenden Unternehmungen des 17. Jahrhunderts ins Leben gerufen werden.
Wie die Expedition des Columbus nicht möglich gewesen wäre, hätten die reichen Juden ein Menschenalter früher Spanien verlassen, so würden voraussichtlich die großen Indienkompagnien ebenso wenig wie die großen Banken, die im 17. Jahrhundert entstehen, in gleicher Mächtigkeit lebig geworden sein, wäre nicht der beträchtliche Reichtum der flüchtigen Juden den Holländern, Engländern, Hamburgern zu Hilfe gekommen, wären also die Juden ein Jahrhundert später aus Spanien und Portugal vertrieben worden.
Damit sind wir aber schon mitten in der allgemeinen Bewertung des jüdischen Reichtums, der natürlich darum so bedeutsam war, weil er die Inangriffnahme aller kapitalistischen Werke, wenn nicht überhaupt ermöglichte, so wesentlich erleichterte: Bankgründungen, Verlegertätigkeit, Börsenspekulation — all dieses wurde den Juden leichter als den andern in dem Maße als ihre Taschen reicher gefüllt waren. Was ja Selbstverständlichkeiten sind.
Auch daß ihr Reichtum sie befähigte, die Bankiers der Könige zu werden, ist eine Feststellung, die nicht allzuviel Aufwand an Scharfsinn erheischt.
Dagegen verdient ein anderer Umstand, der ebenfalls mit dem Geldbesitz der Juden im Zusammenhange steht, etwas heller beleuchtet zu werden. Ich meine den ausgiebigen Gebrauch, den die Juden von ihrem Gelde zu Leihezwecken machten.
Diese besondere Verwendungsart nämlich (an deren allgemeiner Verbreitung nicht gezweifelt werden kann) ist offenbar eine der wichtigsten Vorbereitungen für den Kapitalismus selbst geworden.
Wenn die Juden in jeder Hinsicht sich als geeignet erweisen, die kapitalistische Entwicklung zu fördern, so verdanken sie das ganz gewiß nicht zuletzt ihrer Eigenschaft als Geldleiher (im Großen wie im Kleinen).
Denn aus der Geldleihe ist der Kapitalismus geboren.
Seine Grundidee ist schon in der Geldleihe im Keime enthalten; seine wichtigsten Merkmale hat er aus der Geldleihe empfangen, In der Geldleihe ist alle Qualität ausgelöscht und der wirtschaftliche Vorgang erscheint nur noch quantitativ bestimmt.
In der Geldleihe ist das Vertragsmäßige des Geschäfts das Wesentliche geworden: die Verhandlung über Leistung und Gegenleistung, das Versprechen für die Zukunft, die Idee der Lieferung bilden seinen Inhalt.
In der Geldleihe ist alles Nahrungsmäßige verschwunden. In der Geldleihe ist alle Körperlichkeit (alles „Technische“), ausgemerzt: die wirtschaftliche Tat ist rein geistiger Natur geworden.
In der Geldleihe hat die wirtschaftliche Tätigkeit als solche allen Sinn verloren: die Beschäftigung mit Geldausleihen hat aufgehört, eine sinnvolle Betätigung des Körpers wie des Geistes zu sein. Damit ist ihr Wert aus ihr selbst in ihren Erfolg verrückt. Der Erfolg allein hat noch Sinn. In der Geldleihe tritt zum ersten Male ganz deutlich die Möglichkeit hervor, auch ohne eigenen Schweiß durch eine wirtschaftliche Handlung Geld zu verdienen; ganz deutlich erscheint, die Möglichkeit: auch ohne Gewaltakt fremde Leute für sich arbeiten zu lassen,
Man sieht: in der Tat sind alle diese eigentümlichen Merkmale der Geldleihe auch die eigentümlichen Merkmale aller kapitalistischen Wirtschaftsorganisation.
Dazu kommt nun noch, daß ein recht beträchtlicher Teil des modernen Kapitalismus historisch aus der Geldleihe (dem Vorschus, dem Darlehn) erwachsen ist. Überall nämlich dort, wo wir die Form des Verlags als die Urform der kapitalistischen Unternehmung finden. Aber auch dort, wo diese aus Kommendaverhältnissen erwachsen ist. Und schließlich doch auch dort, wo sie in irgend welcher Aktienform, zuerst aufgetreten ist.
Denn in höchstprinzipieller Konstruktion ist doch die Aktiengesellschaft nichts anderes als ein Geldleihegeschaft mit unmittelbar produktivem Inhalt.
So haben wir denn in der Ausübung des Geldleihegeschafts abermals einen Umstand aufgedeckt, der die Juden objektiv befähigte, kapitalistisches Wesen zu schaffen, zu fördern, zu verbreiten. Aber die letzten Ausführungen haben uns doch schon einen Schritt weiter gebracht: über das Gebiet der rein objektivistischen Deutung hinaus, Stecken in der Qualifikation zum Kapitalismus, die das Geldleihegeschaft erzeugt, nicht schon psychologische Elemente, die also auf eine bestimmte Eigenart des Geldleihers schließen lassen?
Diese Frage müssen wir erweitern zu der allgemeinen Frage: ob die hier dargelegten „objektiven“ Umstände überhaupt hinreichen, die wirtschaftliche Rolle der Juden zu erklären; ob also überhaupt die rein objektivistische Deutung ihrer Wirksamkeit sich als ausreichende Begründung erweist, oder ob nicht etwa diese „Begründung“ so etwas wie eine jüdische Eigenart als Glied in der Kausalkette notwendig macht. Ehe wir aber dieser Frage (im zwölften Kapitel) nähertreten, muß sich unserer Aufmerksamkeit einem Phänomen von ganz besonderer Eigenart zuwenden, aus Gründen, die im Eingang zum folgenden Kapitel dargelegt werden: der Religion der Juden.