Europäischer Stabilitätsmechanismus (ESM)

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  • The Wolff of Wall Street: ESM

Die Eurozone ist ein Konstrukt, das es so in der Geschichte noch nicht gegeben hat. 19 souveräne Länder mit über 330 Millionen Einwohnern verfügen über ein und dieselbe Währung. Wie problematisch das ist, zeigte sich ab 2010 im Zuge der Eurokrise.


Als damals mehrere wirtschaftlich schwächere Euroländer in Zahlungsschwierigkeiten gerieten, wurde schnell klar, dass man keines von ihnen einfach zusammenbrechen lassen oder in eine nationale Währung entlassen konnte. Das nämlich hätte das Vertrauen von Investoren in den Euro so stark erschüttert, dass die gesamte
Währungsunion gefährdet gewesen wäre. Also blieb damals nur eine Möglichkeit: Die betroffenen Länder mussten gestützt werden.


Zu diesem Zweck gründete die EU zwei Finanzinstitutionen – 2010 die Europäische Finanzstabilisierungsfazilität (EFSF) und 2012 den Europäischen Finanzstabilisierungsmechanismus (EFSM), zusammen Euro-Rettungsschirm genannt. Da schon bald klar wurde, dass die Finanzkraft beider Einrichtungen nicht zur Lösung der immer größer werdenden Probleme ausreichte, wurde 2013 der Europäische Stabilitätsmechanismus (ESM) gegründet, in dem die beiden anderen Organisationen aufgingen.


Beim ESM handelt es sich zunächst einmal um eine Bank, die ihren Sitz in Luxemburg hat. Ihre Eigentümer sind die Euroländer, die – je nach Wirtschaftskraft – Anteile am Stammkapital des ESM in Höhe von insgesamt 700 Milliarden Euro gezeichnet haben. 80 Milliarden davon haben sie eingezahlt, für die restlichen 620 Milliarden haben sie Garantien übernommen. Der ESM benutzt sein Stammkapital aber nicht, um Kredite zu vergeben, sondern hält es in der Hinterhand, um so zu günstigen Konditionen Kredite an den Finanzmärkten aufzunehmen, die dann zu etwas ungünstigeren Konditionen an die Zielländer weitergeleitet werden, wobei die Zinsgewinne in den Kassen der Garantieländer landen.


Bevor Geld fließt, ist allerdings eine Bewertung durch die Europäische Zentralbank vorgeschrieben. Sie muss prüfen, ob tatsächlich eine Gefahr für die Finanzstabilität der Eurozone besteht und wieviel Geld das Land tatsächlich benötigt. Aber es geht nicht nur um Länder. Seit 2014 dürfen die Kredite auch direkt zur Rettung von Banken eingesetzt werden, wenn diese in Not geraten und die eigenen Regierungen nicht in der Lage sind, sie zu stabilisieren.


Der ESM ist aber mehr als nur eine Bank, er ist auch ein politisches Instrument. Um kreditwürdig zu sein, müssen die betroffenen Länder nämlich dem Fiskalpakt zustimmen, der die sogenannte Schuldenbremse enthält. Außerdem müssen sie der Überwachung ihrer Länder durch die Troika aus Europäischer Zentralbank, Internationalem Währungsfonds und EU-Kommission zustimmen. Das heißt: Diese Länder müssen eine strikte Austeritätspolitik einführen, also den Haushalt zusammenstreichen  und gleichzeitig für eine Erhöhung der Staatseinnahmen sorgen.


Konkret bedeutet das: Ausgaben für das Gesundheitswesen, den Ausbildungssektor, den Rentensektor kürzen, Mindestlöhne und Arbeitslosengeld senken, Infrastrukturprojekte kippen, Energiekosten anheben und die Steuern erhöhen. Politisch gesehen bedeutet das: Die betroffenen Länder müssen die Budgethoheit des eigenen Parlaments aufgeben und sich der Zwangsverwaltung durch drei Organisationen unterwerfen, die von nicht gewählten Bürokraten geführt werden.

 
Wie aber steht es um die Demokratie innerhalb des ESM, um die Transparenz oder eine Kontrolle der Organisation? Sehen wir uns ihren Aufbau und ihre Struktur einmal genauer an: Die Führung des ESM besteht aus einem Gouverneursrat, der aus den 17 Finanzministern der ESM-Mitgliedsländer gebildet wird. Sie wählen einen Vorsitzenden und einen stellvertretenden Vorsitzenden, 17 Direktoren, 17 Stellvertreter und einen geschäftsführenden Direktor.


Der wiederum ist für die Auswahl der Bediensteten des ESM zuständig. Der ESM besteht also – wie die Organisationen der Troika – ausschließlich aus nicht vom Volk gewählten Mitarbeitern, die dazu auch noch mit zahlreichen Privilegien ausgestattet werden. Sie genießen nämlich juristische Immunität, sind von ihrer jeweiligen
nationalen Einkommenssteuer befreit und dürfen sich im Fall der Gouverneure dieses steuerfreie Gehalt sogar selbst genehmigen.


Und was die Kontrolle dieser doch für ganz Europa extrem wichtigen und vor allem sehr teuren Einrichtung angeht – der Ausschuss, der die Bücher des ESM am Jahresende prüft, wird mehrheitlich vom ESM selbst ernannt. Eine parlamentarische Aufsicht oder gar eine Kontrollkommission kommen in den Statuten dieser Mega-Bank, die immerhin über fast eine dreiviertel Billion Euro entscheidet, nicht vor.