Natrium – Kalium

Wie wir sahen, kann Natrium zu Kalium umgewandelt werden. Besonders in der Biologie der Tie-
re und des Menschen spielt diese Reaktion eine große Rolle, was ich in meinen ersten Büchern
vielfach beschrieben habe.
Dank der Unterstützung des Ethnologen Jacques Soustelle, damals Minister für die Sahara, konnte
ich dieses Phänomen nachprüfen und bestätigen, als er mir Gelegenheit gab, Experimente an Grup-
pen von Arbeitern zu machen, die unter extrem schwierigen Bedingungen Ölbohrungen vornah-
men. Wie allgemein bekannt ist, ist es sehr gefährlich, sich in der Sahara zu lange der Sonne aus-
zusetzen. Es war unerklärlich, wie diese Menschen harte Arbeit auf Metallplattformen ausführen
konnten, ohne gegen die glühende Sommersonne abgeschirmt zu sein. Unter der Mithilfe eines
Militärarztes und seiner Assistenten wurden systematische Untersuchungen angestellt.
Wir beobachteten eine Gruppe von Freiwilligen sechs Monate lang sorgfältig. Alles, was sie in sich
aufnahmen und wieder ausschieden, wurde genau gewogen und aufgezeichnet. Die Stoffwechselbi-
lanz zeigte, daß während der größten Hitzezeit die über den Schweiß ausgeschiedene Menge an
Kalium stark anstieg. Doch auch die aufgenommene Menge Meersalz stieg nahm stark zu. Die
Arbeiter erhielten zusätzliches Salz in Form von Tabletten, die sie lutschten. Dieses aufgenomme-
ne Salz wurde aber nicht vollständig ausgeschieden. Was geschah damit? Im Körper gespeichert
worden sein konnte es nicht, denn die Differenz zwischen aufgenommener und ausgeschiedener
Menge war so groß, daß eine Speicherung unmöglich gewesen wäre.
Am unerklärlichsten erschien die Wärmebilanz. Gemäß der geleisteten Arbeit und der aufgenom-
menen Nahrung sowie der Hitze in der prallen Sonne und im Schatten (bei einer Umgebungstem-
peratur, die über der Körpertemperatur lag) kam jeder Arbeiter in diesen sechs Monaten auf täglich
durchschnittlich 4085 Kilokalorien (ca. 17 000 Kilojoule), wobei im Sommer Höchstwerte von
über 7000 Kilokalorien (ca. 29 000 Kilojoule) täglich erreicht wurden. Durchschnittlich wurden
jeden Tag 4,12 Liter Schweiß abgegeben, der wegen der extremen Hitze nicht am Körper entlang-



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rinnen konnte, sondern sofort verdampfte. Um einen Liter Wasser zu verdampfen, werden etwa
540 Kilokalorien (2250 Kilojoule) benötigt. Bei einem derartigen Ungleichgewicht hätten die Ar-
beiter an „Überhitzung“ sterben müssen, denn die Wärme konnte nur über den Schweiß abgegeben
werden, also ergeben sich aus 540 x 4,12 = 2225 Kilokalorien (9300 Kilojoule) und 4085 – 2225 =
1860 Kilokalorien (7770 Kilojoule) Überschuß täglich nach der klassischen Berechnungsmethode.
Ein derartiger Überschuß ist offensichtlich nicht möglich.
Ich kam zu dem Schluß, daß der Schlüssel beim Natrium gelegen haben muß, das verschwand und
dabei zu Kalium wurde, wobei eine endotherme, Wärme verbrauchende Reaktion ablief. Deshalb
nimmt man in einer heißen und trockenen Gegend instinktiv mehr Salz zu sich. Daher rührt auch
die Bedeutung des Salzes in Afrika, im Mittleren Osten usw., wo Karawanen es bis zu 1000 Kilo-
meter weit heranbringen. In Taoudeni, einer einzigartigen Stadt mitten in der Sahara, 1000 Kilome-
ter nördlich Timbuktu gelegen, ist die Geldeinheit der Salzbarren. Man denke auch an die Bedeu-
tung, die dem Salz in der Bibel beigemessen wird.
Die Umwandlung von Natrium zu Kalium wurde auch durch ein weiteres Experiment bestätigt, das
im trockeneren Teil der Sahara mit Unterstützung des Militärs durchgeführt wurde. Es erstreckte
sich über acht Monate. In einem Speziallaboratorium für physiologische Forschung wurden syste-
matische Untersuchungen angestellt, die ergaben, daß bei einem Menschen, der bei 39C und
einer Luftfeuchtigkeit von 60 % drei Stunden lang körperlich schwer arbeitet, die über den Urin
ausgeschiedene Menge an Kalium auf das Dreifache gegenüber dem normalen Wert ansteigt (ge-
rechnet im Verhältnis zum ausgeschiedenen Natrium). Dieser Befund ist biologisch hochbedeut-
sam. Es ist eine altbekannte Tasache, daß Menschen mit einer Verletzung der Nebennieren erheb-
lich mehr Kalium ausscheiden, selbst wenn sie keines aufgenommen hatten. Man hat nie verstan-
den, woher dieses Kalium kam, denn die kleine Reserve, die der Körper mobilisieren kann, erklärt
keine derart massive Abgabe. (Andererseits hat man festgestellt, daß bei Patienten, die an der Ad-
dison-Krankheit leiden, Kochsalz im Körper verschwindet.)
Blutplasma enthält sehr viel Natriumchlorid (Kochsalz), etwa 7 Gramm pro Liter. Der Anteil sinkt
aber bei der Aufnahme ganz normal gesalzener Nahrung. Diese rätselhafte Tatsache hat man he-
rausgefunden und dann als eine der vielen geheimnisvollen Erscheinungen des Lebendigen wieder
vergessen. Das Natrium/Kalium-Verhältnis wurde nicht betrachtet.
Ärzte haben beobachtet, daß der Kaliumanteil im Blut gefährlich zunehmen kann. Ein Überschuß
an Kalium verringert die Erregbarkeit der Nerven, da sich die elektrischen Potentiale auf beiden



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Seiten der Wand der Nervenzelle einander angleichen. Im Normalfall ist das Medium außerhalb
der Zelle natriumreicher und kaliumärmer als das Zellinnere. Das Membranpotential wird durch
das Verhältnis der Konzentrationen an Kalium innerhalb und außerhalb der Zelle definiert. Stark
abweichende Werte führen zu einer Lähmung der Herz- und Lungennerven, was wiederum einen
Kollaps und schließlich den Tod zur Folge hat. Es gab Ärzte, die meinten, wenn sie das zu kalium-
reiche Plasma durch ein künstliches Serum ersetzten, welches nur Natriumchlorid enthält, müßte
das zu guten Ergebnissen führen. Doch leider hatte dieser Versuch den sofortigen Tod des Patien-
ten zur Folge.
Der Leser hat wahrscheinlich bereits erkannt, daß das Kalium sich aus dem Natrium gebildet hatte
und daß jegliches neue Natrium, das injiziert wird, vom Körper sofort zu Kalium umgewandelt
wird.
Professor Perrault, einer der angesehenen Krankenhausdirektoren Frankreichs und Mitglied der
Medizinischen Fakultät der Sorbonne in Paris, bat mich einmal, seinen Studenten in einem Vortrag
zu erklären, was sich wirklich abspielte. Man hatte herausgefunden, daß diese Transmutation durch
Aldosteron hervorgerufen wurde. In Fällen, bei denen die Nebennierenrinde verletzt ist, wird zu
wenig von diesem Hormon freigesetzt, und damit geht das Gleichgewicht verloren.
Reaktionen dieser Art sind abhängig vom physiologischen Zustand des Patienten. Wärmebilanzen,
die Ernährungswissenschaftler aufgrund der Nahrungsaufnahme aufstellen, haben nur einen relati-
ven Wert. Chemische Experimente zeigen, daß lediglich die Verbrennung von Kohlenstoff chemi-
sche Energie freisetzt, vor allem bei Kohlenhydraten (Zucker).
Der Zusammenhang von Natrium und Kalium offenbart sich sehr unterschiedlich. Eine Untersu-
chung von auf dem Lande und zu Wasser lebenden Leguanen ergab, daß einige Arten aus einer
besonderen Drüse der Nase eine Flüssigkeit absondern (bis zu 190 ml pro Stunde), die bis zu
190mal kaliumreicher ist als ihr Blutplasma. Eine Zugabe von Natriumchloridlösung zur Kloake
dieser Tiere führt zu einer verstärkten Kalium- und nicht Natriumabsonderung in der Nase. Gibt
man Kaliumchlorid hinzu, so steigen die Kaliumkonzentration und die abgesonderte Menge noch
weiter an.



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Jullien* (Faculté des Sciences, Besançon) wies nach, daß bei Schleien, die in Wasser mit einem
Kochsalzgehalt von 1,4 % gesetzt werden, die Kaliumkonzentration innerhalb vier Stunden von
3,95 g/l auf 5,40 g/l, also um 36 %, ansteigt.
Bei einem Salzgehalt von 0,8 % erzielt man dasselbe Ergebnis nach 72 Stunden. Der Kaliumchlo-
ridgehalt steigt dann von 3,95 g/l auf 5,39 g/l.
Der Calciumchloridgehalt bleibt von Anfang bis Ende des Experiments bei 0,300 g/l stabil. Um
sicherzugehen, daß man nicht das Kalium mißt, das aus den roten Blutkörperchen ins Blutplasma
übertritt, muß man den Gesamtgehalt an Kalium im Blut (Plasma + Blutkörperchen) ermitteln.
Diesen Anstieg der Kaliumkonzentration kann man nicht mit einem Verlust an Wasser erklären,
denn die relative Konzentration alle Salze bliebe dieselbe. Wie wir gesehen haben, bleibt die Cal-
ciumsalzkonzentration unverändert. Es wird allein das Natriumchlorid absorbiert, so daß es zu ei-
ner leichten Zunahme des NaCl-Gehalts im Blut kommt. Der NaCl-Gehalt steigt innerhalb von vier
Stunden von 5,10 g/l auf 6,60 g/l in Wasser mit einem Salzgehalt von 1,4 % und in 72 Stunden auf
6,40 g/l bei einem Salzgehalt von 0,8 %, also um 25 %, verglichen mit 36 % bei Kaliumchlorid
(ohne daß der Calciumchloridgehalt sich ändert).
Die Frage des Übergangs von Natrium zu Kalium ist in der Physiologie von erheblicher Bedeu-
tung. Dieser wertvolle natürliche Mechanismus sichert die Wärmeregulierung im Organismus.
Man erinnere sich an das Experiment in der Sahara, bei dem die Veränderung der Kalium/Natrium-
Bilanz mit derjenigen bei der Wärmebilanz bemerkenswert parallel lief.


* Annales Scientifiques de l’Université de Besançon, 2e Serie Zoologie et Physiologie, fasc. 13 (1959).



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Abb. 1: Veränderung des Gehalts an Natrium, Kalium und Calcium im Blut von Schleien in
Wasser mit einem Salzgehalt von 1,4 % NaCl

 

 

 

 



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Abb. 2: Kalium/Natrium- und Wärmebilanz

 

Der Körper nahm mehr Energie auf, als er abgab, wobei die Temperatur wegen der Transpiration
normal blieb. Experimente in Physiologie-Laboratorien zeigen, daß Männer unter Hitzeeinfluß
vermehrt Kalium ausscheiden, falls der Körper Natrium entbehren kann. (Diese Beobachtung
rechtfertigt „empirische“ Praktiken wie die Gabe von heißer salziger Gemüsebrühe bei Fieber.)
Kaliumzufuhr ermöglicht es in Kulturen gezüchteten Zellen, bei hoher Temperatur am Leben zu
bleiben. Die Ausscheidung von Kalium ist also eine Abwehrreaktion des Organismus und tritt auf
bei zufälliger Temperaturerhöhung. Dadurch wird ein neues Gleichgewicht erzeugt. (Fieber bleibt
beispielsweise konstant bei 39C stehen.) Anscheinend läßt sich auf diese Weise erklären, wie der
Organismus Fieber bekämpft: Die Umwandlung von Natrium zu Kalium ist ein stark endothermer
Vorgang auf der Ebene der Atomkerne (Natrium + Sauerstoff). Mit den Kalium/Natrium- und den
Wärmebilanzen, die ich in der Sahara für zwei vergleichbare Arbeitsgruppen aufgestellt hatte,
stand mir ein quantitativer Vergleich zur Verfügung, aus dem sich der Betrag der endothermen
Energie dieser Reaktion ermitteln ließ. Man erinnere sich an die praktischen Anwendungen, wie
die Verabreichung salzhaltiger Getränke zur Vermeidung von Hyperthermie bei Arbeitern, die tro-
ckener Hitze ausgesetzt sind. Praktische Ärzte und Forscher können heute den Fiebermechanismus
besser verstehen, denn es ist offenkundig, daß sich das Wärmegleichgewicht auf ungewöhnlich
hohem Temperaturniveau nicht durch den verdampfenden Schweiß erklären läßt. Die spezifische
Wärme des verdampften Wassers wirkt sich auf die Wärmeabgabe nicht aus, dagegen liefert die
Entzündung als Ursache der Hyperthermie weiterhin Energie. Es handelt sich um eine endogene
und endothermische Reaktion, die das Gleichgewicht durch starke Ausscheidung von Kalium auf-
rechterhält, was zeigt, daß das Kalium im Körper gebildet wurde, der dann den Überschuß abgibt.
Die Biologen haben viel geforscht, um Fälle aufzuklären, in denen Sauerstoff verbraucht wurde,
wenn der Natriumgehalt zu- und der Kaliumgehalt abnahm. „Der Sauerstoffverbrauch einiger Wir-
belloser nimmt mit steigendem Natrium/Kalium-Verhältnis zu, wie man es z. B. beim Schnecken-
herzen und bei der Miesmuschel sieht“, schreibt Reinberg in seinem Werk La Sodium et la Vie
(Natrium und das Leben). Ist der Sauerstoff knapp, gibt es den Verlauf von sich verringerndem
Natriumanteil und zugleich steigendem Kaliumanteil nicht mehr. Für die Zunahme des Kaliumge-
halts sind also Natrium und Sauerstoff nötig.



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In dem 600seitigen Sammelband Annals of the New York Academy of Sciences (Band 137) vom
Juli 1966, der den neuen Entdeckungen auf dem Gebiet der biologischen Membranen gewidmet
war, finden wir aus der Feder von H. H. Ussing Äußerungen wie diese: „Der überschüssige Sauer-
stoffverbrauch geht allem Anschein nach auf eine Anomalie im Natriumstoffwechsel zurück“ (Sei-
te 544). Oder: „Man erkennt, daß in allen Experimenten der Sauerstoffverbrauch je Ionenäquiva-
lent (an Natrium) erheblich höher liegt als normal“ (Seite 545). Und weiter: „Der Sauerstoff-
verbrauch nimmt zu mit dem Anteil an transportiertem Natrium“ (Seite 553). Der Autor belegt die
Fakten, ohne den Versuch zu unternehmen, sie zu deuten.
Unter Natrium“transport“ versteht man allgemein einen Austausch gegen Kalium durch die Zell-
wand; im Zellinnern kommt Kalium häufiger vor als außerhalb. So sagt es die klassische Theorie.
Es gibt keinen Grund, sie zu bezweifeln. Die Vielzahl und Vielfalt der Experimente bestätigt diese
Erscheinung. Doch fast immer gibt man sich mit einer solchen Erklärung zufrieden, einer fälsch-
lich verallgemeinerten Erklärung, die qualitativ stimmen mag, nicht aber quantitativ.
Es gibt keinen einfachen Stoffaustausch durch die Zellwand. Lichtenstein und Leaf (1966) sehen
diese Tatsache deutlich. Sie schreiben: „Frühere Studien haben jedoch keine quantitative Bezie-
hung zwischen dem Netto-Natriumtransport und der Kaliumaufnahme aus dem Serum aufzeigen
können.“ Und angesichts der Widersprüche der klassischen Hypothesen zu den Fakten fügen sie
hinzu: „Weitere Studien haben uns sogar zu der etwas unbehaglichen Folgerung geführt, daß die
Entfernung von Kalium aus dem Serum hauptsächlich den Effekt hat, daß die Durchlässigkeit der
Membran gegenüber Natrium verringert wird, so daß zu wenig Natrium durch diese Schicht hin-
durchgelangt“*.


* Annals of the New York Academy of Sciences, Bd. 137 (1966), S. 556-565

Die Autoren kamen noch zu einer weiteren unbehaglichen Schlußfolgerung. Sie erkannten, daß
auch eine Deutung aus der herkömmlichen Sichtweise möglich ist: Es gibt keine Proportionalität
zwischen dem Kalium, das dem Serum entnommen wird, und dem Natrium, das entfernt wird. Es
handelt sich also gar nicht um einen Austauschvorgang, wie von orthodoxer Seite immer behauptet
wird, denn wie wir gesehen haben, ist es unmöglich, einen Kaliumtransport in eine Richtung zu
postulieren, ohne zugleich ein Verschwinden von Natrium anzusetzen, damit Masse und elektri-
sche Ladung quantitativ ausgeglichen sind.
Diese Beobachtung macht uns auch begreiflich, weshalb Perrault, ein großer Spezialist in der
Hormonforschung, Professor an der Medizinischen Fakultät der Sorbonne und Abteilungsleiter an



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einem großen Pariser Krankenhaus, schon vor längerer Zeit feststellen konnte, daß „das Kalium aus
dem Nichts auftaucht“. Kalium taucht in großer Menge auf, ohne daß es einen Lieferanten gäbe; es
kann nur an Ort und Stelle erschaffen worden sein. Im Jahre 1963 stellte er die einzig mögliche
Deutung für folgende nachgewiesene Tatsachen vor (bezogen auf das Zellinnere): (1) kein Natrium
wird aufgenommen; (2) der Natriumanteil verringert sich; (3) der Kaliumanteil nimmt zu; (4) Sau-
erstoff wird verbraucht. Mit anderen Worten, es kann sich nur um die biologische Transmutation
handeln, die wir beschrieben haben: 11Na + 😯 :=: 19K. Drei Jahre später mußten viele Forscher in
der ganzen Welt anerkennen, daß die Vorstellung vom Austausch durch die Zellwand die Wirk-
lichkeit nur teilweise erfaßt und in quantitativer Hinsicht nicht ausreicht, sowie daß die vier zitier-
ten experimentellen Erkenntnisse unauflöslich miteinander verbunden sind und gleichzeitig ablau-
fende Vorgänge betreffen. Sogar noch bevor Perrault seine Beobachtungen anstellte, hatten – so-
weit mir bekannt – drei Professoren an der Sorbonne dieses Phänomen in ihre Vorlesungen einge-
führt. Seit 1963 haben sich ihnen viele weitere Universitätsprofessoren angeschlossen, wie ich zu-
fällig erfuhr. Mir sind auch einige Namen von Professoren und Dozenten an Fachhochschulen und
Landwirtschaftsschulen bekannt, die diese Auffassungen in ihrem Unterricht, in Zeitungsartikeln
oder Vorträgen darlegten. Ich kenne auch mindestens eine Broschüre, die von einer Gruppe von
Lehrern für Grundschullehrer herausgegeben wurde, in der einige biologische Elementumwandlun-
gen erklärt werden. Ein landwirtschaftlicher Fernlehrkurs widmet dem Thema ein ganzes Kapitel.
Zahllose weitere Beispiele von Beobachtungen des Zusammenhangs zwischen Natrium und Kali-
um könnten zitiert werden. Allein das Werk von Reinberg* enthält mehrere Seiten darüber. So
heißt es: „Die optimale Temperatur für die größte Leistungsfähigkeit des Herzens sinkt umgekehrt
proportional mit steigendem Natrium/Kalium-Verhältnis im Medium. Im natriumreichen Medium
wird die Herzmuskelkontraktion gehemmt; durch Kaliumzugabe erhöht man sie.“
Bei einer in-vitro-Kultur muß man Kalium hinzufügen, denn isoliertes Gewebe kann es nicht bil-
den. Vor allem das von der Nebennierenrinde (in Zusammenarbeit mit der Hypophyse) produzierte
Hormon Aldosteron ist für diese Reaktion verantwortlich. „Eine übermäßige Natriumaufnahme
kann die Zunahme der Kaliumausscheidung über den Urin bestimmen“ (Reinberg).
Es gibt zahlreiche Studien, und sie laufen alle auf dasselbe Ergebnis hinaus. Watan zeigte, daß die
Nieren weiterhin Kalium ausscheiden, selbst wenn wochenlang eine kaliumfreie Diät eingehalten
wurde.

* Alain Reinberg: Le Potassium et la Vie, Paris 1955



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Lehmann aus Dortmund erklärt: „Aus der Kaliumausscheidung erfahren wir noch nichts über die
Kaliumaufnahme.“ Außerdem schreibt er: „Die Zunahme der Kaliumabgabe bei hohen Temperatu-
ren ist nicht auf eine erhöhte Kaliumaufnahme zurückzuführen.“
Experimente und Entdeckungen dieser Art zeigen, daß der Organismus unter abnormalen Bedin-
gungen beschleunigt Natrium in Kalium umwandelt. Daraus sollte man aber nicht folgern, daß Ka-
lium, weil es aus Natrium entstehen kann, nicht unter normalen Bedingungen auch von Nutzen sein
kann. Die Beziehung zwischen Natrium und Kalium muß im rechten Licht gesehen werden, um
von dieser Warte aus bestimmte Fragestellungen der Ernährungswissenschaftler zu beantworten.