Eurokrise

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Das globale Finanzsystem war nach der Weltfinanzkrise von 2007/2008 eigentlich am Ende. Dass es trotzdem weiter existierte, verdankt es in erster Linie dem Eingreifen von Regierungen: Sie haben damals zahlreiche Finanzinstitute mit Hilfe von Steuergeldern am Leben erhalten.

 

Die Rettungsaktion hatte allerdings Folgen: Die Haushalte der betroffenen Staaten wiesen anschließend gewaltige Löcher auf. Deshalb dauerte es nicht lange, bis es in einigen Ländern der Eurozone zu ersten Zahlungsausfällen kam.


Diese Ausfälle zogen sehr schnell ein noch viel größeres Problem nach sich: Die betroffenen Länder waren nämlich bei europäischen und US-amerikanischen Banken hoch verschuldet. Da diese Schulden auch noch über Kreditausfallversicherungen bei weiteren Banken abgesichert waren, hätte der Staatsbankrott der betroffenen Länder einige dieser Banken in große Schwierigkeiten bringen können. Das hätte möglicherweise einen Domino-Effekt ausgelöst und das globale Finanzgefüge ins Wanken gebracht.


Was also tun? Zunächst wurde der Vorschlag gemacht, einzelne Länder aus dem Euro zu entlassen. Das wurde aber umgehend verworfen, denn eine solche Maßnahme hätte das Vertrauen der gesamten Finanzwelt in den Euro erschüttert.

 

Kein Investor der Welt wäre bereit gewesen, einem Land der Eurozone weiterhin Geld zu leihen, wenn es sich bei Zahlungsproblemen einfach aus seiner Währung verabschieden konnte. Damit aber war klar: Der Euro musste gerettet, die Löcher in den Haushalten der betroffenen Länder mussten irgendwie gestopft werden. Also wurden umgehend Notmaßnahmen ergriffen.

 

Diese wurden in ihrer Gesamtheit als „Euro-Rettungsschirm“ bezeichnet und sahen folgendermaßen aus: Es wurde eine Troika gebildet, die aus

  • Vertretern der Europäischen Zentralbank (EZB),
  • der EU-Kommission und
  • des Internationalen Währungsfonds (IWF) bestand.

Dann wurden die betroffenen Länder unter die  Zwangsverwaltung dieser Troika gestellt. Das heißt, gewählte Regierungen mussten die Ordnung ihrer Staatsfinanzen den nicht gewählten Technokraten von EU, EZB und IWF überlassen.


Zudem wurden die provisorische Europäische Finanzstabilisierungsfazilität (EFSF) und dann der provisorische Europäische Finanzstabilisierungsmechanismus (EFSM) gegründet, die beide ab 2013 durch den ständigen Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM) ersetzt wurden.


Das alles ist bei weitem nicht so kompliziert, wie es klingt. Hinter diesem Bürokraten-Deutsch verbirgt sich nämlich nichts anderes als die Gründung einer EU-Bank, deren Hauptzweck darin besteht, den Euro in Krisenzeiten zu stützen. Und da eine Bank Geld braucht, haben sich alle Eurozonenländer – ihrer Wirtschaftskraft entsprechend – verpflichtet, Geld in diese EU-Bank einzuzahlen.


Weil die eingezahlten Summen im Krisenfall möglicherweise nicht ausreichen, haben die Eurozonenländer auch noch Bürgschaften geleistet – und zwar ebenfalls entsprechend ihrer Wirtschaftskraft.


Das heißt, die großen Länder mussten für hohe Summen garantieren, die den in Schwierigkeiten steckenden kleineren Ländern notfalls als Kredite zur Verfügung gestellt werden. Auf diese Weise wurden die Probleme einzelner Eurozonenländer über die gemeinsame Währung – den Euro – zum Problem aller Eurozonenländer – und das mit erheblichen politischen Folgen: Da die Kredite, die anschließend an Länder wie Griechenland vergeben wurden, offiziell als „Hilfszahlungen“ bezeichnet wurden, erzeugten sie eine Welle der Empörung gegenüber den Empfängerländern, die aber vollkommen unberechtigt war.

 

Das Geld kam ja nicht diesen Ländern zugute, sondern wurde von deren Regierungen umgehend an ihre Gläubiger-Banken in Europa und den USA weitergeleitet.


Außerdem waren diese Kredite unter dem Schlagwort der „Austerität“ an harsche Bedingungen geknüpft. Sie bürdeten die Last der Krise nämlich nicht etwa denen auf, die sie verursacht hatten – also internationalen Finanzspekulanten – sondern der arbeitenden Bevölkerung. Aus diesem Grund muss die Mehrheit der Menschen in den betroffenen Ländern heute damit leben, dass Renten gekürzt, Sozialleistungen gestrichen, Mindestlöhne gesenkt, Steuern und Abgaben insbesondere für Mittelständler dagegen erhöht wurden. Das heißt, die Eurokrise hat den Lebensstandard vor allem der unteren und mittleren Einkommensschichten drastisch gesenkt.


Gelöst wurde dadurch aber keines der Probleme. Da Länder wie zum Beispiel Griechenland bisher gar nicht in der Lage sind, ihre Kredite zu bedienen und sich das in absehbarer Zeit auch nicht ändern wird, sind Zinszahlungen und Tilgung auf Jahre und Jahrzehnte hinaus aufgeschoben worden. Politik und Finanzindustrie haben es auf diese Weise geschafft, einen Teil der Folgen der Eurokrise auf Menschen abzuwälzen, die, als die Krise stattfand, noch gar nicht geboren waren.