Demokratisches Geldsystem

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Geld hat in der Geschichte der Menschheit eine einzigartige Rolle gespielt. Es ist vor einigen tausend Jahren aus dem Tauschhandel entstanden, hat nach und nach die gesamte Welt erobert und im Verlauf seiner Existenz immer wieder neue Gestalt angenommen – vom Naturalgeld über das Bargeld und das Buchgeld bis hin zu den heutigen Kryptowährungen.


Vor allem aber hat Geld eine außergewöhnliche Entstehungsgeschichte: Es ist zwar ein Produkt des Menschen, aber es ist nicht in einem bewussten Akt geschaffen worden, sondern hat sich – vor allem in seiner Anfangszeit – weitgehend unabhängig vom menschlichen Willen entwickelt. Das allerdings auf eine Art und Weise, die seine Geschichte bis heute entscheidend prägt. Es hat sich nämlich ungleich verteilt, die Menschen in wohlhabende und weniger wohlhabende unterschieden und auf diese Weise ungleiche Beziehungen zwischen ihnen geschaffen – Hierarchien oder anders ausgedrückt: Herrschaftsverhältnisse.


Wer viel Geld besitzt, ist nicht nur reich oder wohlhabend, sondern kann damit Einfluss nehmen, sich gegenüber anderen Menschen Vorteile verschaffen und mit der Zeit immer mehr Macht an sich reißen.


Und wer sehr viel Geld und sehr viel Macht besitzt, der kann entscheidenden Einfluss auf die Gestaltung der Gesellschaft nehmen – auf ihre sozialen, wirtschaftlichen und politischen Strukturen. Genau das ist in der Vergangenheit geschehen. Es waren grundsätzlich die Reichen und die Mächtigen, die diese Strukturen festgelegt haben – natürlich zu ihren Gunsten.


Und das gilt auch für das Geldsystem selbst: Ob es am Ende des Mittelalters die Einrichtung von Banken und später die von Zentralbanken war, ob es sich um die Einführung von Papiergeld oder Buchgeld oder in unserer Zeit von elektronischem Geld handelte oder ob es um die Zulassung von Hedgefonds und Derivaten ging – all das ist von den Reichen und den Mächtigen betrieben worden und hat natürlich in erster Linie ihnen genützt.


Alle bisherigen Geldsysteme sind also von oben geschaffen worden und konnten daher gar nicht demokratisch sein. Wie aber würde dann ein demokratisches Geldsystem aussehen, also eines, das von unten her entsteht und der Mehrheit der Bevölkerung und nicht nur einer Minderheit dient?


Ein solches System müsste zuerst einmal die wichtigste Lehre aus der Geschichte ziehen und feststellen, dass Geld selbst höchst undemokratisch ist, weil es die Eigenschaft besitzt, sich ungleich zu verteilen – und das gilt für alle Geldformen, ob Bargeld, Buchgeld, elektronisches Geld oder Kryptowährungen. Es liegt also nicht an der Erscheinungsform des Geldes, sondern an seiner Verteilung. Und diese Verteilung fängt mit der Geldschöpfung an.


Die Geldschöpfung liegt zurzeit – mit Ausnahme der Kryptowährungen – in der Hand der Banken. Nicht die Allgemeinheit, sondern private Eigentümer profitieren davon. Das ist vermutlich das allererste, was ein demokratisches Geldsystem ändern müsste: Es müsste die Geldschöpfung in den Dienst der Allgemeinheit stellen.


Das nächste wäre die Geldverteilung. Sie müsste so geregelt werden, dass die mit dem höchsten Einkommen der Allgemeinheit auch am meisten zurückgegeben und nicht wie in unserer Zeit am glimpflichsten davonkommen. Dazu müsste ein gerechtes Steuersystem eingerichtet werden, das nicht länger Einkommen stärker besteuert als Vermögen und das alle Schlupflöcher und damit auch den Weg in die Steueroasen schließt. Zudem müsste das Erbrecht, das in unserer Zeit die Vermögenden extrem begünstigt, geändert werden.


Die größte Veränderung aber würde den Finanzsektor betreffen, denn ein demokratisches Geldsystem verträgt sich nicht mit Derivaten, also Wetten, und schon gar nicht mit Finanzinstrumenten, mit denen sich Einzelne zum Nachteil anderer bereichern können, wie zum Beispiel mit Leerverkäufen oder  Kreditausfall-Versicherungen. Genauso undemokratisch sind Finanzinstrumente, mit denen der Markt ganz legal zum eigenen Vorteil manipuliert werden kann, wie zum Beispiel durch Aktienrückkäufe.


Die wichtigste Aufgabe eines demokratischen Geldsystems würde darin bestehen, diesen parasitären Auswüchsen des Finanzsektors die Grundlage zu entziehen, ihn auf seine eigentliche Funktion, nämlich die Kreditvergabe, zu reduzieren und die Gewinne daraus wiederum in den Dienst der Allgemeinheit zu stellen.


Das alles klingt so einfach, dass man sich fragen könnte: Wo liegt das Problem? Das Problem liegt darin, dass diejenigen, die seit Jahrhunderten vom bisherigen Geldsystem profitiert haben, sowohl dessen Bedeutung als auch dessen Funktionsweise auf eine so geschickte Art und Weise verschleiert haben, dass die Mehrheit der Menschen beides nie verstanden hat. Dieses Problem ist in unserer Zeit sogar noch größer geworden, denn noch nie haben die Medien einen solch großen Einfluss ausgeübt wie in unseren Tagen.


Voraussetzung für ein demokratisches Geldsystem wäre also, dass die Menschen seine Entwicklung und seine derzeitige Funktion zumindest in ihren Grundzügen durchschauen und sich nicht mehr hilfesuchend an die Falschen wenden – nämlich den Staat, der ja ein Produkt des bisherigen Geldsystems ist, oder an die Politik, die ja auf dem Boden dieses Staates operiert und ihn und sein Geldsystem verteidigt.


Das heißt aber nicht, zu einem gewaltsamen Aufstand gegen Staat und Politik aufzurufen, denn das würde, wie die Vergangenheit zeigt, mit absoluter Sicherheit in einer Sackgasse enden. Stattdessen bedeutet das, so lange Aufklärungsarbeit zu leisten, bis die Mehrheit der Bevölkerung erkennt, dass die bestehenden Strukturen ihr
schaden und sie so in die Lage zu versetzen, die riesige Aufgabe einer Umgestaltung des Geldsystems und damit der wirtschaftlichen, sozialen und politischen Grundlagen der gesamten Gesellschaft auf sich zu nehmen.


Und das wiederum heißt nichts anderes, als dass die Zeit reif ist für eine umfassende Aufklärungskampagne über die Rolle, die Geld in unserer Gesellschaft spielt.