2019/02: EU-Staaten einigen sich auf Position zu Gas-Richtlinie

Nachdem sich Frankreich im Streit um Nord Stream 2 überraschend gegen Deutschland gestellt hat, gibt es nun einen Kompromiss zwischen den EU-Staaten. Wirtschaftsminister Altmaier verteidigt das Projekt – auch wegen der Energiewende.

 

Mit einem Formelkompromiss haben Deutschland und Frankreich den Streit um den Bau der Gaspipeline Nord Stream 2 am Freitag beigelegt. Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) bestätigte die Lösung, die am Mittag in Brüssel gefunden worden war. Danach wird das Land, dessen Territorium an die Importleitung angrenzt, zuständig für die Regulierung. Es muss sich dabei allerdings mit anderen EU-Staaten abstimmen. Damit behält Deutschland im Namen und Auftrag der EU Oberhand über die Gasleitung Nord Stream 2. Der weitergehende Plan der EU-Kommission, die den Betrieb von Gaspipelines scharfen Kontrollen unterwerfen wollte, dürfte damit nicht mehr umgesetzt werden.

Spekulationen über Gründe für Frankreichs neue Position

Altmaier (CDU) rechtfertigte die neue Gasleitung durch die Ostsee am Rande seiner „Netzausbaureise“ in Wiesbaden. Wegen der Energiewende und des geplanten Kohleausstiegs benötige man für eine gewisse Zeit mehr Gas, um die Stromversorgung sicherstellen zu können. Gleichzeitig gingen die Förderkapazitäten in den west- und nordeuropäischen Fördergebieten wie der Nordsee oder in den Niederlanden zurück.

 

Er wies zudem darauf hin, dass sich die Produktion in Russland Richtung Norden verschoben habe, weshalb beispielsweise bereits die Leitung Nord Stream 1 von Russland nach Deutschland durch die Ostsee gelegt worden sei. Diese Themen würden allerdings vermischt mit sicherheitspolitischen Fragen der Ukraine. Deshalb setze die Bundesregierung sich weiterhin dafür ein, dass Russland der Ukraine vertraglich die Durchleitung von bestimmten Gasmengen zusichere. Die Ukraine erzielt jedes Jahr mehrere Milliarden Euro Erlös aus den Transfergebühren für russisches Gas Richtung Mittel- und Westeuropa.

 

Bild: F.A.Z.

Es wird darüber spekuliert, warum Frankreich kurz vor der entscheidenden Sitzung des EU-Gremiums seine Position geändert hatte. Bisher hatte Paris mit Deutschland, den Niederlanden, Österreich und anderen EU-Ländern im Streit um den Ausbau der Ostseeleitung immer für das Projekt geworben. Es wurden Mutmaßungen angestellt, dass die Verhärtung der französischen Position eine Folge der Proteste der „Gelbwesten“-Bewegung sein könnte, die womöglich von Russland unterstützt worden sei.

Die Leitung Nord Stream 2 hat eine Kapazität von 55 Milliarden Kubikmeter und wird über 9 Milliarden Euro kosten. Der erste der beiden Stränge ist bereits zur Hälfte gelegt und soll Ende des Jahres betriebsbereit sein. Das Projekt wird vor allem vom russischen staatlichen Energiekonzern Gasprom vorangetrieben. Fünf westeuropäische Energiekonzerne unterstützen den Konzern dabei. Das sind die beiden deutschen Unternehmen Wintershall und Uniper, der französische Energiekonzern Engie, der niederländisch-britische Konzern Shell sowie die österreichische OMV.

 

Letztes Hindernis für die Leitung ist eine noch nicht vorliegende Genehmigung Dänemarks. Unter amerikanischen Druck hatte die Regierung in Kopenhagen ein Gesetz verabschiedet, das den Bau von Leitungen auf dänischem Territorium untersagen kann. Deshalb muss die Pipeline jetzt in einem anderen Bogen um die dänische Insel Bornholm herum gelegt werden, was zu Verzögerungen und zusätzlichen Kosten führt. Das Projekt als solches soll dadurch nicht gefährdet sein – so hat es das Baukonsortium immer wieder betont.

Die Vereinigten Staaten sind gegen das Projekt, offiziell aus Solidarität mit der Ukraine und den osteuropäischen Ländern. Schwerwiegender dürften allerdings die wirtschaftlichen Interessen Washingtons sein. Denn Amerika will sein Flüssiggas (LNG) nach Europa exportieren, da sind die billigeren russischen Gaslieferungen eine ungewollte Konkurrenz.

Eingefädelt von Gerhard Schröder

Gegen Nord Stream 2 sind aber auch die Ukrainer, die Polen, die Balten, die Slowakei und andere Osteuropäer. Denn entweder gehen ihnen durch die Pipeline wichtige Transiteinnahmen verloren, oder sie befürchten, dass Moskau ihnen zukünftig den Gashahn zudrehen, Energie als Druckmittel einsetzen könnte. Gegen die Pipeline ist auch die Europäische Kommission, weil sie die Energieversorgung der EU weniger abhängig von Russland machen will.

Deutschland hält bislang aber an dem Projekt fest. Eingefädelt hatte die erste Nord-Stream-Pipeline noch Bundeskanzler Gerhard Schröder, die SPD hat sich seitdem immer für Nord Stream 2 starkgemacht. Schröder ist heute Vorsitzender des Verwaltungsrates von Nord Stream 2.

 

Bundeskanzlerin Merkel stellte die Pipeline nicht in Frage. Ihre ursprüngliche Argumentation, es handele sich um ein rein wirtschaftliches Projekt, hat sie zwar im vergangenen Jahr korrigiert. Es gebe dabei „auch politische Faktoren“, sagte sie. Nötig sei, dass die Ukraine weiter als Transitland eine Rolle spiele. In der CDU ist die Gas-Pipeline umstritten.

 

Die Vereinigten Staaten sind gegen das Projekt, offiziell aus Solidarität mit der Ukraine und den osteuropäischen Ländern. Schwerwiegender dürften allerdings die wirtschaftlichen Interessen Washingtons sein. Denn Amerika will sein Flüssiggas (LNG) nach Europa exportieren, da sind die billigeren russischen Gaslieferungen eine ungewollte Konkurrenz.