Ulrich Ott: Voraussetzungen der Meditationspraxis

Eine erste wichtige Voraussetzung haben Sie bereits geschaffen, wenn Sie Ihre Motivation zum Meditieren geklärt haben.


Möchten Sie sich in erster Linie entspannen, Ihre Konzentrationsfähigkeit verbessern, positive Emotionen entwickeln oder die Natur der Wirklichkeit ergründen? All dies können Sie durch die Übung verschiedener Meditationstechniken erreichen.


Unabhängig von der jeweiligen Zielsetzung und eingesetzten Methode sollten Sie jedoch einige allgemeine Hinweise beachten, um gut meditieren zu können.


Insbesondere zu Beginn der Meditationspraxis ist es hilfreich, wenn Sie sich in einer ruhigen Umgebung befinden und nicht unter Zeitdruck stehen.


Mit etwas Erfahrung wird es Ihnen später auch möglich sein, unter schwierigeren Bedingungen, beispielsweise während einer Fahrt in der Straßenbahn, zu meditieren. Günstige Bedingungen herrschen oft an den traditionellen Orten der inneren Einkehr, in Tempeln, Kirchen und Klöstern.


Eine Atmosphäre der Ruhe und Besinnung finden Sie möglicherweise auch an schönen Orten in der Natur, auf Bergen, an Gewässern oder im Wald. In der Regel werden Sie sich jedoch vermutlich nicht eigens an einen solchen Ort begeben, sondern sich zu Hause befinden. Das hat den Vorteil, dass sich Ihre innere Erfahrung ungestört entfalten kann und nicht durch einen religiösen Kontext überlagert wird. An öffentlich zugänglichen Orten und in der freien Natur können außerdem Störfaktoren wirksam werden, die Sie nicht beeinflussen können, wie zum Beispiel andere Besucher, lästige Insekten und widrige Wetterbedingungen. Suchen Sie sich also einen Platz in Ihrem Zuhause, wo Sie möglichst ungestört sind.


Treffen Sie Vorkehrungen, die verhindern, dass Sie abrupt aus der Meditation herausgerissen werden. Schalten Sie, wenn möglich, die Klingel und Telefone ab, und weisen Sie gegebenenfalls Mitbewohner darauf hin, dass Sie für einen bestimmten Zeitraum nicht gestört werden möchten. Ein Hinweis an der Tür kann als Erinnerungshilfe nützlich sein, insbesondere wenn sich Kinder in der Wohnung aufhalten. Auf diese Weise schaffen Sie einen geschützten Raum für die Erforschung Ihrer Innenwelt, ähnlich den standardisierten Rahmenbedingungen in einem wissenschaftlichen Labor.


Probieren Sie die zur Verfügung stehenden Zimmer aus, und entscheiden Sie sich dann für einen Platz, den Sie für die Meditation nutzen möchten. Sie sollten sich dort wohl fühlen und vor direkter Sonneneinstrahlung geschützt sein. Auf Hilfsmittel zur Einnahme einer optimalen Körperhaltung wird im nächsten Kapitel eingegangen.


Durch wiederholtes Meditieren am gleichen Ort entsteht eine Verknüpfung mit dem meditativen Zustand. Sie werden bemerken, dass auch hier die Bildung von Gewohnheiten wirksam wird und Sie sich automatisch auf Meditation einstimmen, wenn Sie sich an diesen Platz begeben. Dieser Effekt unterstützt Sie zu Beginn in Ihrer Praxis – später können Sie bewusst andere, ungewohnte Orte wählen und jede Art von Handlung als meditative Übung gestalten.


Die dritte Voraussetzung der Meditationspraxis neben der Motivation und der Wahl eines Ortes besteht darin, dass Sie einen geeigneten Zeitraum finden. Wann und wie lange möchten Sie üben?


In vielen Meditationsbüchern ist zu lesen, dass die Morgenstunden und die Abendstunden vor dem Schlafengehen sich besonders gut für die Meditation eignen würden. Empirische Untersuchungen zum Einfluss der Tageszeit auf die Qualität der Meditation existieren meines Wissens nicht. Sie selbst wissen am besten, wann Sie in der Lage sind, sich zu konzentrieren, ob Sie eher ein Frühaufsteher sind oder ein Morgenmuffel, der erst in der zweiten Tageshälfte richtig munter wird. Wählen Sie einen Zeitpunkt, an dem Sie wach und ausgeschlafen sind. Ansonsten besteht ein erhöhtes Risiko, dass Sie in der Meditation dösen oder sogar einnicken.


Aus diesem Grund ist es auch empfehlenswert, nicht nach schweren Mahlzeiten zu üben. Wählen Sie also einen Zeitpunkt vor dem Frühstück, Mittag- oder Abendessen, oder nehmen Sie nur eine leichte Mahlzeit zu sich und lassen Sie eine Weile verstreichen, bevor Sie mit der Meditation beginnen. Verzichten Sie vor der Meditation insbesondere auf alkoholische oder aufputschende Getränke, die Ihr Bewusstsein trüben oder Sie in Unruhe versetzen könnten.


Wenn Sie unter chronischem Zeitmangel leiden und es Ihnen schwerfällt, im hektischen Arbeitsalltag eine Auszeit für die Meditationspraxis zu nehmen, dann machen Sie Ihre ersten Versuche am besten in der Freizeit am Abend oder am Wochenende. Die Dauer der Übung hängt vor allem davon ab, welche Wirkungen Sie anstreben. Eine entspannende Wirkung stellt sich häufig schon nach wenigen Minuten ein. Tiefergehende Veränderungen des Bewusstseins erfordern demgegenüber gewöhnlich eine längere Zeitspanne.


Konkrete Angaben zur empfohlenen Übungsdauer finden Sie am Ende des Kapitels zum Atmen.