Psycho-Neuro-Immunologie (PNI)

Kein Körper ohne Seele

Das für Gesundheit und Krankheit maßgebliche Zusammenspiel von Nerven-, Hormon- und Immunfunktion ist Thema der Psychoneuroimmunologie (PNI). Sie ist der Forschungszweig der modernen Psychosomatik, der sich mit den neuronalen und biochemischen Kommunikationswegen zwischen Psyche, Gehirn und Immunsystem beschäftigt.


Das Immunsystem wurde in der biomedizinischen Wissenschaft traditionell als eigenständig, also autonom arbeitend betrachtet. Bei der systematischen Erforschung der zugrundeliegenden Phänomene wird jedoch eines zunehmend klar: Das Immunsystem ist kein isolierter Einzelgänger, sondern muss als Teamplayer des menschlichen Organismus angesehen werden. Gehirn, Psyche und Immunsystem sind eng miteinander verknüpft, sprechen eine gemeinsame Sprache und verfolgen dasselbe Ziel: den Schutz des Organismus, der laufend unterschiedlichen Gefahren und Stressoren ausgesetzt ist.

Bereitschaft für Flucht und Kampf

Die Regulation von psychischen, neurologischen, hormonellen und immunologischen Vorgängen ist eng an die Mechanismen der Stressverarbeitung gekoppelt. Zentrale Schaltstellen sind das autonome Nervensystem (ANS) und die Hypothalamus-Hypophysen-Nebennieren-Achse (HPA-Achse). Im Falle eines physischen oder psychischen  Stressreizes wird unmittelbar der Sympathikus aktiviert. Dieser Teil des autonomen Nervensystems ermöglicht die schnellstmögliche Anpassung an Gefahren, um den Organismus auf Flucht oder Kampf vorzubereiten.

 

Das Inkrafttreten des Sympathikus äußert sich unter anderem in einer gesteigerten Atem- und Herzfrequenz, einer erhöhten Muskelspannung und einer verringerten Verdauungstätigkeit. Außerdem wird die Ausschüttung von Katecholaminen – vor allem Adrenalin und Noradrenalin – bei akutem Stress um das Zehnfache intensiviert.


Um den physischen oder psychischen Stressreiz abzuwehren, rufen die ausgeschütteten Botenstoffe die Zellen des Immunsystems zu Hilfe. Diese lösen lokal Entzündungen aus, um ihrer Verteidigungsaufgabe gerecht zu werden. Stress steuert demnach auf direktem Wege wesentliche Immunfunktionen.


Um jedoch einer unentwegten und damit gefährlichen Aktivitätssteigerung des Immunsystems entgegenzuwirken, hält die HPA-Achse die Entzündungsaktivität durch eine negative Feedback-Schleife im Gleichgewicht. Vereinfacht könnte man sagen, die Stresshormone „schließen die Pforten“, indem sie die Immunzellen wieder zu ihren Ausgangspunkten zurückrufen und die akute Stressreaktion beenden. Zeitlich begrenzt und auf einen spezifischen Stressor bezogen, ist dieser Mechanismus sehr effektiv.