Michael Greger: 14 – Parkinson überlisten

In den 1960er-Jahren, auf dem Höhepunkt der Bürgerrechtsbewegung in den USA, wich mein Vater während der Ausschreitungen in Brooklyn den Kugeln aus und positionierte seine Kamera gleichzeitig in genau dem richtigen Winkel, in dem er am besten fotografieren konnte, wie meine
Mutter bei den Protesten immer und immer wieder festgenommen und weggeschleift wurde.


Seine berühmteste Aufnahme, die vom Esquire Magazine 1963 zu einem der Fotos des Jahres gewählt wurde, zeigt den Freund meiner Eltern Mineral Bramletter, wie er in einer christusähnlichen Haltung von zwei weißen Polizisten festgehalten wird, während ein dritter ihn mit den Armen um Hals und Schulter umklammert.

 

Was für ein grausamer Schicksalsschlag, dass ein gefeierter Fotojournalist wie mein Vater eine Krankheit bekam, die seine Hände zittern ließ. Jahrelang litt er an Parkinson. Langsam und umso schmerzvoller verlor er die Fähigkeit, für sich selbst sorgen und sein Leben in der Art und Weise leben zu können, wie er es gewohnt war. Er wurde bettlägerig und war auf jede nur denkbare Weise beeinträchtigt.

 

Nach sechzehn Jahren des Kämpfens musste er ein letztes Mal ins Krankenhaus. Wie so oft bei chronischen Erkrankungen führte eine Komplikation zur nächsten. Er bekam eine Lungenentzündung und verbrachte seine letzten Tage angeschlossen an ein Beatmungsgerät, während er einen langsamen und schmerzhaften Tod starb. Die Wochen, die er in jenem Krankenhausbett verbrachte, waren die schlimmsten seines und auch meines Lebens.

 

Es ist schrecklich, im Krankenhaus zu liegen, und noch schrecklicher, darin zu sterben. Aus diesem Grund müssen wir alle gut auf uns aufpassen. Wie die Geschichte meines Vaters zeigt, kann Parkinson schlimm enden. Es ist nach Alzheimer die zweithäufigste neurodegenerative Erkrankung. Parkinson ist eine invalidisierende Krankheit, die sich auf die Geschwindigkeit, die Qualität und die Freiheit von Bewegungen auswirkt. Die diese Krankheit kennzeichnenden Symptome, die sich mit fortschreitendem Verlauf verschlimmern, sind u. a. ein Zittern der Hände, Muskelsteifheit,  Gleichgewichtsstörungen und Probleme beim Gehen. Sie kann außerdem die Stimmung, das Denken und den Schlaf beeinträchtigen. Parkinson ist gegenwärtig nicht heilbar.

 

Die Krankheit wird durch das Absterben spezieller Nerven in einer Hirnregion ausgelöst, die die Bewegungen kontrolliert. Sie tritt typischerweise erst nach dem Erreichen des fünfzigsten Lebensjahres auf. Vorangegangene Kopftraumata können das  Parkinsonrisiko verstärken, was sehr wahrscheinlich der Grund dafür ist, warum so viele Schwergewichtsboxer wie z. B. Muhammad Ali und auch Footballspieler wie Forrest Gregg, der sich in der Hall of Fame verewigte, Opfer dieser Krankheit wurden. Die meisten Menschen aber scheinen die Krankheit eher durch Giftstoffe aus unserer Umwelt zu entwickeln, die sich in Lebensmitteln ansammeln und schließlich das Gehirn beeinträchtigen können.

 

 

Der Krebsbericht des Beirats des US-amerikanischen National Cancer Institute von 2008/2009 an den US-Präsidenten erörterte das Ausmaß, in dem wir mit industriellen Chemikalien überflutet werden. Er schlussfolgerte: Die US-amerikanische Bevölkerung ist – sogar schon vor der Geburt – kontinuierlich einer Unmenge giftiger Schadstoffkombinationen ausgesetzt. Der Beirat fordert Sie [Herr Präsident] dringend dazu auf, die Ihnen kraft Ihres Amtes verliehene Macht zu nutzen, um die Karzinogene und anderen Giftstoffe aus unseren Lebensmitteln, unserem Wasser und unserer Luft zu verbannen, die unsere Gesundheitskosten unnötig erhöhen, die Produktivität unserer Nation lähmen und verheerende Auswirkungen auf das Leben der US-amerikanischen Bevölkerung haben.

 


Abgesehen davon, dass sie das Entstehungsrisiko vieler Krebsarten erhöhen, spielen industrielle Schadstoffe sehr wahrscheinlich auch eine Rolle bei der Entwicklung hirnschädigender (neurodegenerativer) Krankheiten wie Parkinson. Und diese Giftstoffe finden sich in den Körpern der meisten Menschen wieder.


Alle paar Jahre messen die CDC die Werte chemischer Schadstoffe in den Körpern Tausender US-Amerikaner aus dem gesamten Land. Den Ergebnissen der Behörde zufolge sind die Körper der meisten US-amerikanischen Frauen mit Schwermetallen sowie einer ganzen Reihe giftiger Lösungsmittel, endokrin wirksamen Chemikalien, Flammschutzmitteln, Chemikalien aus Plastik, Polychlorbiphenylen (PCBs) und verbotenen Pestiziden wie DDT4 belastet (veröffentlicht von der amerikanischen Biologin Rachel Carson in ihrem Bestseller Silent Spring aus dem Jahr 1962).


In vielen Fällen hatten 99 bis 100 Prozent der Hunderten Frauen, die getestet wurden, nachweisbare Konzentrationen dieser Schadstoffe in ihrem Blut. Bei schwangeren Frauen wurden durchschnittlich bis zu fünfzig verschiedene Chemikalien nachgewiesen. Könnte das Vorhandensein dieser potenziellen Giftstoffe in den Körpern der Frauen bedeuten, dass diese auch auf ihre Kinder übergehen? Einige Wissenschaftler wollten dies herausfinden, indem sie die Schadstoffbelastung gleich nach der Geburt der Babys im Blut der Nabelschnur testeten. (Gleich nach dem Durchtrennen der Nabelschnur kann etwas Blut in eine Ampulle getröpfelt werden.)


Nachdem das Nabelschnurblut von über dreihundert Frauen gleich nach der Geburt getestet wurde, fanden die Wissenschaftler heraus, dass 95 Prozent der Nabelschnurproben nachweisbare Konzentrationen von DDT-Rückständen aufwiesen6 – und zwar Jahrzehnte, nachdem dieses Pestizid verboten wurde.


Wie sieht es bei Männern aus? Männer weisen tendenziell eine sogar noch höhere Schadstoffbelastung als Frauen auf. Ein Anhaltspunkt für die Erklärung dieses Rätsels wurde in Zusammenhang mit dem Stillen gefunden. Frauen, die ihre Kinder nie stillten, hatten eine etwa gleich hohe Konzentration bestimmter Schadstoffe in ihrem Blut wie Männer. Je länger Frauen ihre Babys aber stillten, umso niedriger war ihre Schadstoffbelastung, was nahelegt, dass sie sich selbst entgifteten, indem sie durch das Stillen die Schadstoffe an ihre Kinder weitergaben.


Es scheint, dass die Belastung mit einigen Schadstoffen bei Frauen während der Schwangerschaft bis um die Hälfte sinken kann8, teilweise auch deshalb, weil ihre Körper diese über die Plazenta abgeben.9 Aus diesem Grund scheint die Schadstoffkonzentration in der Muttermilch bei der ersten Schwangerschaft höher als bei späteren zu sein. Dies könnte erklären, warum die Geburtsreihenfolge ein maßgeblicher Prädiktor für die Schadstoffbelastung junger Menschen zu sein scheint. Die Erstgeborenen scheinen den Löwenanteil von Mamas Giftmüllabfällen abzukriegen, wodurch die jüngeren Geschwister mit weniger davonkommen.


Sogar Mütter, die selbst als Babys gestillt wurden, scheinen später in ihrer eigenen Muttermilch eine höhere Schadstoffkonzentration vorzuweisen, was ein Anzeichen dafür ist, dass diese Chemikalien über mehrere Generationen hinweg weitergegeben werden. Was Sie jetzt essen, könnte sich daher sogar auf die Schadstoffkonzentration im Blut Ihrer Enkelkinder auswirken. Wenn es um die Ernährung von Babys geht, ist Muttermilch immer noch die absolut beste Wahl. Doch anstatt uns selbst in unsere Kinder zu entgiften, sollten wir versuchen, uns von vornherein nicht selbst zu vergiften.


2012 veröffentlichten Wissenschaftler der University of California-Davis eine Analyse der Ernährungsweise kalifornischer Kinder zwischen zwei und sieben Jahren. (Es wird davon ausgegangen, dass Kinder besonders schadstoffanfällig sind, da sie noch wachsen und dadurch in Relation zu ihrem Körpergewicht mehr Nahrung und Flüssigkeit aufnehmen.) Es wurde herausgefunden, dass die Chemikalien und Schwermetalle aus Lebensmitteln in den Körpern von Kindern die sicheren Höchstmengen in höherem Maße übertrafen als bei Erwachsenen. Die Krebsrisikoraten waren z. B. um einen Faktor von bis zu einhundert oder sogar darüber erhöht. Bei jedem einzelnen untersuchten Kind wurden die Grenzwerte für Arsen, das verbotene Pestizid Dieldrin und potenziell hochgiftige industrielle Nebenprodukte, nämlich Dioxine, überschritten. Dies war auch bei DDE, einem Nebenprodukt von DDT, der Fall.


Welche Lebensmittel enthalten die meisten Schwermetalle? Die Lebensmittelquelle Nummer 1 für Arsen war bei Kindergartenkindern Geflügel und bei deren Eltern Thunfisch. Die häufigste Quelle von Blei? Milchprodukte. Von Quecksilber? Fisch und Meeresfrüchte.


Wer sich deshalb Sorgen macht, seine Kinder quecksilberhaltigen Impfstoffen auszusetzen, sollte wissen, dass schon eine einzige Portion Fisch in jeder Schwangerschaftswoche zu einer höheren Quecksilberkonzentration im Blut eines Neugeborenen führen kann, als diesem direkt ein Dutzend quecksilberhaltige Impfstoffe zu verabreichen. Sie sollten darauf achten, mit so wenig Quecksilber wie möglich in Kontakt zu kommen. Die Vorteile von Impfungen überwiegen die Risiken allerdings bei Weitem. Von Thunfisch lässt sich das allerdings nicht behaupten.


In welchen Lebensmitteln sind diese Schadstoffe versteckt? Heutzutage wird der Großteil an DDT in Fleisch gefunden, besonders aber in Fisch. Die Ozeane sind mittlerweile praktisch zur Kloake der Menschheit geworden: Irgendwann fließt alles ins Meer. Dasselbe gilt für die Aufnahme von PCBs, einer weiteren Art verbotener Chemikalien, die früher sehr häufig als Isolierflüssigkeit in Elektrogeräten zum Einsatz kamen. Eine Untersuchung von über zwölftausend Lebens- und Futtermittelproben in achtzehn Ländern fand heraus, dass die höchste PCB-Konzentration in Fisch und Fischöl auftritt, dicht gefolgt von Eiern, Milchprodukten und anderen Fleischarten. Die geringste Konzentration wurde am Ende der Nahrungskette gefunden – in Pflanzen. Hexachlorbenzol ist ein weiteres Pestizid, das bereits vor fast einem halben Jahrhundert verboten wurde, heutzutage aber immer noch vor allem in Milchprodukten, Fleisch und Fisch vorkommen kann. Und Perfluorochemikalien oder PFCs? Kommen ebenfalls besonders häufig in Fisch und Fleisch vor.22 Was Dioxine anbelangt, sind diese in den USA in besonders hoher Konzentration in Butter enthalten, gefolgt von Eiern und verarbeitetem Fleisch. Die hohen Werte in Eiern scheinen zu erklären, weshalb der Verzehr von bereits einem halben Ei pro Tag mit einem etwa zwei- bis dreimal so hohen Risiko für Mund-, Darm-, Blasen-, Prostata und Brustkrebs im Vergleich zu denjenigen, die gar keine Eier essen, assoziiert wird.


Wie lange dauert es, wenn Frauen vor einer Empfängnis beginnen wollen, besser und „sauberer“ zu essen, bis diese Schadstoffe ihren Körper verlassen haben? Um dies herauszufinden, baten Wissenschaftler Probanden, vierzehn Wochen lang einmal pro Woche eine große Portion Thunfisch oder einen anderen quecksilberhaltigen Fisch zu essen, um den Wert des Schwermetalls in ihrem Blut zu erhöhen, und dann damit aufzuhören. Indem sie maßen, wie schnell die Quecksilberwerte der Probanden fielen, konnten die Wissenschaftler die Halbwertszeit von Quecksilber im Körper bestimmen. Die Probanden schienen in der Lage zu sein, etwa die Hälfte des Quecksilbers innerhalb von zwei Monaten loszuwerden. Dieses Ergebnis legt nahe, dass unser Körper nach einem Jahr ohne Fisch dazu in der Lage ist, fast 99 Prozent des Quecksilbers zu entgiften.

 

Leider kann unser Körper aber länger dafür brauchen, andere Schadstoffe im Fisch loszuwerden: Die Halbwertszeit für bestimmte Dioxine, PCBs und DDT-Nebenprodukte, die in Fisch gefunden wurden, kann sich auf bis zu zehn Jahre erstrecken.26 Um denselben Rückgang von 99 Prozent zu erzielen, könnte es also mehr als ein ganzes Jahrhundert dauern – eine etwas lange Zeit, um die Geburt des ersten Kindes
hinauszuzögern.


Spätestens jetzt fragen Sie sich wahrscheinlich, wie diese Chemikalien überhaupt in unserem Essen landen. Ein Grund dafür ist, dass wir unseren Planeten so gründlich verschmutzt haben, dass diese Chemikalien schon Teil des Regens sein können, der auf herunterprasselt. Wissenschaftler haben z. B. acht verschiedene Pestizide identifiziert, die die schneebedeckten Gipfel des Rocky Mountain National Park in Colorado kontaminieren. Sobald diese Giftstoffe in den Boden gelangen, können sie sich in einer immer stärkeren Konzentration die Nahrungskette hinaufarbeiten. Sie müssen sich nur einmal vorstellen, dass eine Milchkuh, bevor sie geschlachtet wird, bis zu zweitausenddreihundert Kilogramm Pflanzen fressen kann. Die Chemikalien aus den Pflanzen können im Fett der Milchkuh gespeichert werden und sich in ihrem Körper konzentrieren.


Wenn es um fettlösliche Pestizide und Schadstoffe geht, dann essen Sie, wenn Sie so wollen, mit jedem Burger auch das mit, was der Burger gegessen hat, als er noch lebte. Die beste Weise, mit der Sie die Aufnahme von Industriegiften minimieren können, ist, sich an der niedrigsten Stufe der Nahrungskette gütlich zu tun – den Pflanzen.

Die Dioxinaufnahme reduzieren

Dioxine sind hochgiftige Schadstoffe, die sich im Fett von Tiergewebe anreichern. Etwa 95 Prozent aller Dioxine, mit denen wir in Kontakt kommen, gehen auf den Verzehr von tierischen Produkten zurück. Manchmal hängt dies mit verseuchtem Tierfutter zusammen. In den 1990ern ergab z. B. eine Supermarkterhebung, dass die höchste Dioxinkonzentration bei Welsen vorkam, die in Fischfarmen gezüchtet wurden. Den Welsen wurde allem Anschein nach ein Futter gegeben, das mit einem Trennmittel und Dioxinen vermischt war, die wahrscheinlich aus Klärschlamm stammten.


Dasselbe Futter wurde Hühnern gegeben. Dies betraf zu jener Zeit etwa 5 Prozent der gesamten US-Geflügelproduktion. Das wiederum würde bedeuten, dass die Menschen in den USA damals Hunderte Millionen verseuchter Hühner aßen. Wenn das Zeug in den Hühnern war, war es natürlich auch in deren Eiern. Und tatsächlich wurden auch bei US-amerikanischen Eiern erhöhte Dioxinwerte festgestellt.33 Das US-Landwirtschaftsministerium schätzte, dass weniger als 1 Prozent des Futters betroffen war. Doch auch nur 1 Prozent der US-Eierproduktion würde über eine Million verseuchter Eier pro Tag bedeuten. Die Wels-Kontamination aber war sogar noch weiter verbreitet: Mehr als ein Drittel aller getesteten Welse aus Fischfarmen waren mit Dioxinen verseucht.


Im Jahr 1997 rief die Lebens- und Arzneimittelkontrollbehörde FDA die Futtermittelhersteller dazu auf, keine dioxinverseuchten Inhaltsstoffe mehr zu verwenden, und erklärte, dass „ein kontinuierliches Ausgesetztsein gegenüber erhöhten Dioxinwerten in Futtermitteln das Risiko schädlicher Auswirkungen auf die Gesundheit bei Tieren und bei all den Menschen erhöht, die Produkte tierischer Herkunft verzehren.“ Ließ sich die US-Futtermittelindustrie davon beeindrucken? Bis zu einer halben Milliarde Pfund Wels wurden von den US-Fischfarmen jährlich auf den Markt geworfen, doch erst über ein Jahrzehnt später schaute die US-Regierung noch einmal genauer hin und überprüfte, ob die Vorgaben überhaupt eingehalten wurden.


Wissenschaftler des US-Landwirtschaftsministeriums testeten Welsproben aus dem gesamten Land und berichteten 2013, dass 96 Prozent der getesteten Proben immer noch Dioxine oder dioxinähnliche Bestandteile enthielten. Und als sie das Futter untersuchten, das die Fische bekamen? Kam über die Hälfte der Proben mit dem Testergebnis „kontaminiert“ zurück.


Der Futtermittelindustrie ist seit über zwanzig Jahren bekannt, dass das, was sie an Tiere verfüttert (und am Ende des Tages schließlich an uns) Dioxine enthalten kann, und dennoch setzt sie ihre Praktiken unvermindert fort. Das Institute of Medicine schlug verschiedene Strategien vor, um die Dioxinexposition zu verringern, wie bspw. das Entfernen von Fett bei Fleisch, Geflügel und Fisch und den Verzicht auf das Weiterverwenden von tierischem Fett zum Schmoren oder zur Herstellung von Bratensoßen. Wäre es nicht klüger, bei der Ernährung einfach die Menge an tierischen Produkten zu reduzieren? Wissenschaftler schätzen, dass sich durch eine pflanzenbasierte Ernährung bis zu 98 Prozent der gesamten Dioxinaufnahme vermeiden lassen.

Rauchen und Parkinson

Die CDC feierten vor Kurzem das fünfzigjährige Jubiläum des bahnbrechenden Berichts des Leiters der obersten US-Gesundheitsbehörde von 1964, der als eine der größten Errungenschaften des öffentlichen Gesundheitsschutzes unserer Zeit angesehen wird. Es ist interessant, noch einmal zurückzuschauen und die Reaktion der Tabakindustrie auf solche Berichte zu lesen. Ein Vertreter der Industrie erklärte z. B. im Gegensatz zu dem Argument des Berichts der Gesundheitsbehörde, dem zufolge das Rauchen die USA Milliarden kostet, „das Rauchen spart den USA Geld ein, da es die Anzahl der Menschen erhöht, die kurz nach ihrer Verrentung sterben.“ Man könnte auch sagen: Wie schön, dass unser Gesundheitssystem dank Zigaretten so viel sparen kann. Die Tabakindustrie kritisierte den Bericht für seine „mangelnde Ausgewogenheit bezüglich der Vorteile des Rauchens.“ Wie ihre Vertreter vor dem US-Kongress aussagten, beinhalten diese „positiven gesundheitlichen Wirkungen“ das „Gefühl von Wohlbehagen, Zufriedenheit, Glück und alles andere.“ Neben all dieser Glückseligkeit, die der Bericht der Gesundheitsbehörde ausmerzen wollte, behauptete die Tabakindustrie außerdem, dass „alles andere“ u. a. einen Schutz gegen Parkinson einschloss.


Wie das Schicksal so will, haben völlig unerwartet über fünf Dutzend Untersuchungen in den letzten fünfzig Jahren übereinstimmend gezeigt, dass das Rauchen von Tabak tatsächlich mit einem deutlich geringeren Auftreten von Parkinson in Zusammenhang steht. Viele kühne Versuche, diese Ergebnisse wegzuerklären, scheiterten. Vielleicht, so konterten Vertreter des Gesundheitssystems, liegt es daran, dass Raucher sterben, bevor sie Parkinson entwickeln können. Nein, die Raucher schienen in jedem Alter dagegen gefeit zu sein. Liegt es vielleicht daran, dass Raucher mehr Kaffee trinken, der, wie wir wissen, eine schützende Wirkung hat? Nein, die schützende Wirkung von Zigaretten blieb sogar dann bestehen, wenn die Wissenschaftler bei ihren Untersuchungen den Kaffeefaktor berücksichtigten. Studien mit eineiigen Zwillingen halfen dabei, genetische Ursachen für dieses Phänomen auszuschließen. Sogar das Aufwachsen in einem Haushalt, in dem beide Eltern rauchen, scheint davor zu schützen, Parkinson zu entwickeln. Hatte die Tabakindustrie also recht? Spielt das überhaupt eine Rolle?


Seit dem bahnbrechenden Bericht von 1964 sind über zwanzig Millionen US-Amerikaner an den Folgen des Rauchens gestorben. Sogar wenn es Sie nicht kratzt, an Lungenkrebs oder einem Lungenemphysem zu sterben und es Ihnen nur darum ginge, Ihr Gehirn zu schützen, sollten Sie trotzdem nicht zum Glimmstengel greifen, weil Rauchen ein hoher Risikofaktor für Schlaganfälle ist. Doch was, wenn Sie die Vorteile des Rauchens genießen könnten, ohne die Nachteile fürchten zu müssen? Vielleicht ist so etwas möglich. Der neuroprotektive Wirkstoff im Tabak scheint Nikotin zu sein. Die Tabakpflanze gehört zur Familie der Nachtschattengewächse, so wie auch Tomaten, Kartoffeln, Auberginen und Gemüsepaprika. Auch diese Pflanzen enthalten Nikotin, aber nur solch geringe Spuren davon (Hunderte Male weniger als in einer einzigen Zigarette enthalten sind), dass die schützende Wirkung dieser Gemüsesorten als unbedeutend verworfen wurde.

 

Doch dann wurde herausgefunden, dass nur ein bis zwei Züge an einer Zigarette bereits die Hälfte der Nikotinrezeptoren des Gehirns sättigen. Dann kam heraus, dass sogar das Passivrauchen das Parkinsonrisiko verringern kann, und dass die Menge an Nikotin, der Sie in einem verrauchten Restaurant ausgesetzt sind, in etwa die gleiche ist, die Sie durch das Essen einer gesunden Mahlzeit in einem rauchfreien Restaurant aufnehmen. Kann das Essen von reichlich Nachtschattengemüse Sie am Ende also doch vor Parkinson schützen?


Wissenschaftler der University of Washington machten sich daran, dies herauszufinden. Als sie Nachtschattengemüse auf dessen Nikotingehalt testeten, fanden sie nichts bei Auberginen, nur ein kleines bisschen bei Kartoffeln, etwas bei Tomaten, und bedeutendere Mengen bei Gemüsepaprika. Diese Ergebnisse stimmten mit dem überein, was Wissenschaftler herausgefunden hatten, als sie fast fünfhundert neu diagnostizierte Parkinsonpatienten untersuchten und mit einer Kontrollgruppe verglichen. Das Essen von nikotinreichem Gemüse, insbesondere Paprika, wurde mit einem deutlich geringeren Risiko in Zusammenhang gebracht, Parkinson zu entwickeln. (Diese Wirkung wurde nur bei den Nichtrauchern beobachtet, was Sinn ergibt, da die Nikotinflut, die durch Zigaretten entsteht, jede durch Lebensmittel verursachte Wirkung bei Weitem übertrumpft.) Diese Untersuchung hilft, die zuvor herausgefundene, wenn auch etwas zaghafte Wirkung des Verzehrs von Tomaten und Kartoffeln gegen Parkinson zu erklären, wie auch die einer mediterranen Ernährungsweise mit viel Nachtschattengemüse.

 

Die Wissenschaftler der University of Washington schlussfolgerten, dass noch weitere Forschungen notwendig seien, bevor zur Vermeidung von Parkinson zu bestimmten Ernährungsmaßnahmen geraten werden kann. Doch wenn solch eine Maßnahme allein darin besteht, ein gesünderes Gericht wie z. B. gefüllte Paprika mit Tomatensoße zu essen, sehe ich keinen Grund dafür, weshalb Sie damit noch länger warten sollten.

Milchprodukte

Bei Parkinsonpatienten wurde eine erhöhte Konzentration von Organochlor in ihrem Blut festgestellt, der Pestizidart, die weitgehend verboten ist und DDT enthält. Bei Autopsien wurden ebenfalls erhöhte Pestizidkonzentrationen im Hirngewebe von Parkinsonbetroffenen aufgefunden. Sie wiesen darüber hinaus auch erhöhte Werte anderer Schadstoffe wie PCBs auf. Je höher die PCB-Konzentration war, umso höher war auch der Schaden, der genau in der Hirnregion auftrat, wo die Krankheit zuschlägt, und die als „Substantia nigra“ bezeichnet wird.

 

Wie bereits erwähnt wurden die meisten dieser Chemikalien schon vor Jahrzehnten verboten, können aber weiterhin in der Umwelt vorkommen. Sie können sich diesen weiterhin aussetzen, indem Sie bspw. verseuchte Tierprodukte verzehren, was Milchprodukte miteinschließt. So wurden bei Menschen, die sich pflanzenbasiert und ganz ohne Milchprodukte ernähren, tatsächlich deutlich geringere PCB-Werte im Blut festgestellt.

 

Auch PCBs spielen bei der Entwicklung von Parkinson eine Rolle. Eine Metaanalyse verschiedener Untersuchungen mit insgesamt über dreihunderttausend Teilnehmern ergab, dass der Konsum von Milchprodukten generell mit einem deutlich erhöhten Parkinsonrisiko in Verbindung steht. Pro täglich getrunkenen 240 ml Milch kann das Parkinsonrisiko schätzungsweise um 17 Prozent ansteigen. „Die Kontaminierung der Milch mit Neurotoxinen kann von ausschlaggebender Bedeutung sein“, erklärten die Wissenschaftler in diesem Zusammenhang.


Neurotoxische Chemikalien wie z. B. Tetrahydroisochinolin, eine Substanz, mit der bei Primaten in Laborversuchen Parkinsonismus ausgelöst wird, scheint vor allem in Käse vorzukommen. Die aufgefundenen Konzentrationen waren zwar niedrig, doch gibt es Bedenken, dass sich diese im Laufe des Lebens durch einen ständigen Verzehr vergrößern, was zu solch stark erhöhten Werten führen könnte wie im Gehirn von Parkinsonpatienten. Die Milchindustrie wurde mehrmals aufgefordert, die Milch auf solche Giftstoffe zu untersuchen, hat bisher aber nicht auf diese Aufrufe reagiert.


Ein erst kürzlich in einer Fachzeitschrift für Ernährung veröffentlichter Artikel betrachtete den Fall als eindeutig: „Die einzig mögliche Erklärung für diese Wirkung ist der Beweis, dass die Milch mit Neurotoxinen verseucht ist.“ Es gibt jedoch noch andere Erklärungen für den eindeutigen Zusammenhang zwischen Milchprodukten und Parkinson. So kann der Schadstoffwert nicht erklären, weshalb Parkinson eher mit der Aufnahme des Milchzuckers Laktose als mit der Aufnahme von Milchfett in Zusammenhang gebracht wird, also eher mit Milch als mit Butter. Vielleicht ist ja die Galactose schuld, der Milchzucker, den ich schon in Kapitel 13 beschrieben habe, der auch für ein erhöhtes Risiko für Knochenbrüche, Krebs und einen frühzeitigen Tod verantwortlich gemacht wird.

 

Diejenigen, die nicht in der Lage sind, Galactose aus Milch abzubauen, können damit nicht nur ihre Knochen, sondern auch ihr Gehirn schädigen. Das kann vermutlich den Zusammenhang zwischen Milchkonsum und Parkinson erklären, und ebenfalls den Zusammenhang zwischen Milch und einer anderen neurodegenerativen Erkrankung namens Huntington-Krankheit. Der verstärkte Konsum von Milchprodukten scheint das Risiko einer frühzeitigen Erkrankung tatsächlich zu verdoppeln. Eine weitere Erklärung ist, dass der Verzehr von Milchprodukten zu geringeren Harnsäurewerten im Blut führt, einem wichtigen Antioxidans fürs Gehirn, das Nervenzellen vor oxidativem Stress schützt, der durch Pestizide verursacht wird. Harnsäure kann wahrscheinlich auch das Fortschreiten von Huntington und Parkinson verlangsamen, und, was am wichtigsten ist, das Risiko verringern, überhaupt Parkinson zu entwickeln.


Zu viel Harnsäure aber kann in den Gelenken kristallisieren und schmerzhafte Gicht auslösen. Daher ist das Thema Harnsäure ein zweischneidiges Schwert. Zu viel davon wird außerdem auch mit Herz- und Nierenkrankheiten und zu wenig davon mit Alzheimer, Huntington, Parkinson, multipler Sklerose und Schlaganfällen in Zusammenhang gebracht. Wer sich ohne Milchprodukte und pflanzenbasiert ernährt,
scheint voll ins Schwarze zu treffen, wenn es um Harnsäurewerte geht, die optimal für ein langes Leben sind. Die Milch scheint’s eben nicht zu machen, jedenfalls dann nicht, wenn es um die Gesundheit Ihrer Knochen und Ihres Gehirns geht.

Pflanzenbasierte Ernährungsweisen und Schadstoffe

Wie schon erwähnt sind Organochlorverbindungen eine Gruppe von Chemikalien, zu denen Dioxine, PCBs und Insektizide wie DDT gehören. Auch wenn viele davon schon vor Jahrzehnten verboten wurden, bestehen sie in der Umwelt weiterhin fort und kriechen über das Fett von Tieren, das von Menschen gegessen wird, die Nahrungskette hinauf.


Und wenn Sie überhaupt keine tierischen Produkte essen? Wissenschaftler fanden heraus, dass „Veganer deutlich weniger kontaminiert waren als Omnivoren“, als sie die Konzentration von chlororganischen Verbindungen in deren Blut maßen, einschließlich PCBs und eines Bestandteils von Monsantos schon längst verbotenem Aroclor. Dieses Ergebnis deckt sich mit Untersuchungen, die höhere Konzentrationen von Pestiziden im Körperfett und der Muttermilch von Menschen fanden, die Fleisch essen.


Menschen, die sich vollständig pflanzenbasiert ernähren, haben zudem Untersuchungen zufolge auch wesentlich geringere Konzentrationen von Dioxinen in ihren Körpern und zeigen auch eine geringere Kontamination mit PBDE, den chemischen Schadstoffen aus Flammschutzmitteln, die ebenso mit neurologischen Problemen in Zusammenhang gebracht werden. Es ist nicht übermäßig verwunderlich, dass die höchsten Konzentrationen von Flammschutzmitteln, die in US-amerikanischen Lebensmitteln gefunden wurden, in Fisch enthalten waren, auch wenn die Hauptaufnahmequelle bei den meisten US-Amerikanern Geflügel ist, gefolgt von verarbeitetem Fleisch. Diese Entdeckung erklärt auch die deutlich geringeren PBDE-Konzentrationen im Körper von all denen, die sich fleischfrei ernähren. Es scheint, dass die Konzentration in Ihrem Blut umso stärker abnimmt, je länger Sie sich pflanzenbasiert ernähren und auf tierische Produkte verzichten. Es gibt für PBDE in Lebensmitteln in den USA noch keine gesetzlich festgelegten Höchstwerte, doch erklärten Wissenschaftler des US-Landwirtschaftsministeriums in einer Erhebung zu Chemikalien aus Flammschutzmitteln, die in Fleisch und Geflügel vorkommen, das in den USA produziert wird, dass „das Reduzieren der Werte unnötiger, fortbestehender und giftiger Substanzen in Lebensmitteln und der Ernährung mit Sicherheit wünschenswert ist.“


Eine gesündere Ernährung kann außerdem die Konzentration von Schwermetallen in Ihrem Körper verringern. Die Quecksilberwerte, die in den Haaren von Probanden gefunden wurden, die sich pflanzenbasiert ernähren, waren bis zu zehnmal niedriger als die der Probanden, die Fisch aßen. Nach nur drei Monaten mit einer pflanzenbasierten Ernährung scheint die Konzentration von Quecksilber, Blei und Cadmium in den Haaren deutlich zu sinken (aber wieder zu steigen, sobald Eier und Fleisch wieder zum Bestandteil der Ernährung werden). Anders als Schwermetalle bleiben einige chlororganische Pestizide allerdings jahrzehntelange treue Begleiter. Jedes DDT aus Ihrer letzten KFC-Bestellung könnte für den Rest Ihres Lebens bei bzw. in Ihnen bleiben.

Beeren

Dr. James Parkinson ging in seiner ursprünglichen, jahrhundertealten Beschreibung der Krankheit, die seinen Namen trägt, auf ein charakteristisches Merkmal ein: auf „trägen“ Stuhlgang bzw. Verstopfung, die sich viele Jahre vor dem Auftreten Krankheit bemerkbar machen kann. Wir wissen mittlerweile, dass die Häufigkeit des Stuhlgangs auf Parkinson hinweisen kann. Bei Männern mit weniger als einem Stuhlgang pro Tag wurde z. B. herausgefunden, dass sie ein viermal so hohes Risiko haben, die Krankheit Jahre später zu entwickeln. Daraufhin wurde ein umgekehrter kausaler Zusammenhang vermutet: Vielleicht führte nicht die Verstopfung zu Parkinson, sondern Parkinson, auch Jahrzehnte vor der Diagnose, zu Verstopfung. Diese Idee wurde durch Einzelberichte gestützt, da viele Männer, die später Parkinson entwickelten, berichteten, dass sie niemals Durst verspürten und vielleicht die geringe Wasseraufnahme zu ihrer Verstopfung beitrug.


Andererseits kann auch angesichts des Zusammenhangs zwischen Schadstoffen in der Nahrung und Parkinson eine chronische Verstopfung auch direkt zur Erkrankung beitragen: Je länger der Kot im Darm bleibt, umso mehr neurotoxische Chemikalien können aus der Nahrung absorbiert werden. Es gibt mittlerweile über einhundert Untersuchungen, die Pestizide mit einem erhöhten Parkinsonrisiko in Zusammenhang bringen, doch basieren viele von diesen auf der Exposition der Testpersonen im Arbeitsumfeld oder ihrer persönlichen Umgebung. In den USA werden jährlich schätzungsweise etwa 500.000 Tonnen Pestizide versprüht. Schon das Leben oder Arbeiten in Gebieten, wo diese Pestizide häufig verwendet werden, kann das Risiko erhöhen. Die Verwendung von häufig im Haushalt gebrauchten Pestiziden wie bspw. Mückenspray wird ebenfalls mit einem deutlich erhöhten Risiko assoziiert.


Wie genau erhöhen Pestizide das Risiko, an Parkinson zu erkranken? Wissenschaftler glauben, dass diese DNA-Mutationen auslösen können, die die Anfälligkeit dafür verstärken oder die Art beeinflussen, in der sich bestimmte Eiweiße im Gehirn falten. Damit Eiweiße effizient wirken können, müssen sie die richtige Form haben. Wenn Ihre Zellen neue Eiweiße produzieren und diese falsch gefaltet sind, werden sie normalerweise einfach recycelt, und Ihr Körper probiert es noch einmal. Einige falsch gefaltete Eiweiße aber nehmen eine Form an, die Ihr Körper nur schwer aufspalten kann. Sollte diese Funktionsstörung anhalten, können sich die missgebildeten Eiweiße akkumulieren und zum Tod von Hirnnervenzellen führen. Falsch gefaltete Beta-Amyloid-Eiweiße führen bspw. zu Alzheimer (siehe Kapitel 3), falsch gefaltete Prion-Eiweiße zu Rinderwahn, ein weiteres falsch gefaltetes Eiweiß verursacht Huntington, und falsch gefaltete Alpha-Synuclein-Eiweiße können zu Parkinson führen.

 

In der umfassendsten bisher durchgeführten In-Vitro-Untersuchung waren acht der zwölf untersuchten Pestizide in der Lage, eine Anhäufung von Alpha-Synuclein-Eiweißen in menschlichen Nervenzellenzu verursachen. Wie gesagt wird Parkinson durch das Absterben bestimmter Nervenzellen in einer Hirnregion ausgelöst, die die Bewegungen kontrolliert. Wenn die Symptome erstmals auftreten, könnten bereits 70 Prozent dieser immens wichtigen Zellen bereits tot sein. Pestizide sind so verdammt gut darin, Neuronen zu töten, dass Wissenschaftler sie oft bei Laborversuchen mit Tieren einsetzen, um bei diesen Parkinson entstehen zu lassen und dann die neuesten Behandlungsmethoden an ihnen auszuprobieren.


Wenn Pestizide Hirnzellen abtöten, gibt es dann neben der Strategie, sich ihnen von vornherein in geringerem Maße auszusetzen, noch irgendeine andere Möglichkeit, diesen Prozess aufzuhalten? Es gibt keine bekannten Medikamente, die die Anhäufung dieser falsch gefalteten Eiweiße stoppen können. Aber es gibt Phytonährstoffe namens Flavonoide, die in Obst und Gemüse vorkommen und vermutlich eine schützende Wirkung haben. Wissenschaftler testeten achtundvierzig verschiedene pflanzliche Substanzen, die die Blut-Hirn-Schranke passieren können, um herauszufinden, welche von ihnen in der Lage waren, ein Zusammenklumpen der Alpha-Synuclein-Eiweiße zu verhindern. Zu ihrer Überraschung waren einige Flavonoide nicht nur in der Lage, die Eiweiße daran zu hindern zu verklumpen, sondern sogar dazu, bereits bestehende Klumpen aufzubrechen. Diese Untersuchung zeigt, dass sich mit einer gesunden Ernährung nicht nur die Exposition gegenüber giftigen Schadstoffen verringern, sondern gleichzeitig deren negative Wirkung reduzieren lässt. Wenn es um das Bekämpfen der schädlichen Auswirkungen von Pestiziden geht, scheinen Beeren besonders nützlich zu sein. In einem Direktvergleich zur Wirkung von Beeren auf Pestizide fanden Wissenschaftler heraus, dass die Präinkubation von Nervenzellen mit einem Heidelbeerextrakt es diesen ermöglichte, der verheerenden Wirkung von Pestiziden besser standzuhalten. Die meisten solcher Untersuchungen wurden allerdings in Laborschalen durchgeführt. Gibt es irgendwelche Beweise dafür, dass das Essen von Beeren auch etwas im menschlichen Körper bewirkt?

 

Eine kleine Untersuchung, die bereits vor Jahrzehnten veröffentlicht wurde, wies daraufhin, dass der Verzehr von Heidel- und Erdbeeren vor Parkinson schützen kann, doch blieb diese Frage weitgehend unbeantwortet, bis eine Untersuchung der Harvard University mit über 130.000 Probanden herausfand, dass Menschen, die mehr Beeren essen, tatsächlich ein deutlich geringeres Risiko haben, diese Krankheit zu entwickeln. Der Leitartikel, der zusammen mit den Untersuchungsergebnissen in der Fachzeitschrift Neurology veröffentlich wurde, schlussfolgerte, dass noch weitere Forschungen notwendig seien, aber „bis dahin ein Apfel am Tag keine schlechte Idee ist.“ Äpfel schienen wirklich vor Parkinson zu schützen, allerdings nur bei Männern. Im Gegensatz dazu schienen aber alle, Männer und Frauen, von dem Verzehr von Heidel- und Erdbeeren zu profitieren, den einzigen Beeren, die bei der Untersuchung getestet
wurden.


Wenn Sie sich dazu entschließen, meinen Empfehlungen zu folgen und jeden Tag Beeren zu essen, rate ich Ihnen allerdings, die Schlagsahne wegzulassen. Milchprodukte blockieren erwiesenermaßen nicht nur einige der positiven Wirkungen der Beeren, sondern können, wie wir weiter oben gesehen haben, auch Bestandteile enthalten, deren schädliche Auswirkungen die Beeren ja gerade rückgängig machen sollen.

Biomagnifikation durch kannibalistisches Futter

Wenn wir Menschen uns nur von den zwei unteren Stufen der Nahrungskette ernähren, also Pflanzen und Pflanzenfressern – d. h. Kühen, Schweinen und Hühnern, die mit Getreide und Sojabohnen gefüttert werden – warum ist die US-amerikanische Bevölkerung dann so stark kontaminiert? Diejenigen unter Ihnen, die sich noch an die Rinderwahngeschichte erinnern, kennen wahrscheinlich die Antwort. In der
modernen Agrarindustrie gibt es faktisch keine Pflanzenfresser mehr. Millionen Tonnen Schlachtabfälle werden jedes Jahr in den USA an Nutztiere verfüttert. Wir haben diese Tiere nicht nur in Fleischfresser verwandelt, sondern praktisch auch in Kannibalen. Wenn wir Millionen Tonnen Fleisch und Knochenmehl an Nutztiere verfüttern, füttern wir diese gleichzeitig mit den Giftstoffen, die darin enthalten sein können. Nach dem Schlachten dieser Tiere werden die dabei entstehenden Schlachtabfälle direkt an die nächste Generation von Nutztieren verfüttert, wodurch sich die Konzentration der Giftstoffe potenziell immer weiter erhöht. Auf diese Weise können wir wie Eisbären oder Adler an der Spitze der Nahrungskette landen und an den Folgen der Biomagnifikation von Schadstoffen leiden. Wenn wir diese Nutztiere essen, ist es fast so, als würden wir die Tiere essen, die vorher von diesen gefressen wurden.


Die Verwendung von Schlachtabfällen im Tierfutter kann dazu führen, dass sowohl giftige Schwermetalle wie auch Industriechemikalien recycelt wieder in unserer Nahrung auftauchen. Blei sammelt sich in Tierknochen und Quecksilber in tierischen Eiweißen an (weshalb Eiklar bis zu zwanzigmal so viel Quecksilber enthalten kann wie Eigelb). Fortbestehende lipophile organische Schadstoffe (sogenannte PLOPs125) reichern sich in tierischem Fett an. Ein verringerter Fleischkonsum kann die Exposition verringern, doch können diese Schadstoffe auch in einer Vielzahl weiterer tierischer Produkte zu uns zurückkehren. „Auch wenn eine vegetarische Lebensweise die Belastung des Körpers mit PLOP, MMHg [Quecksilber] und Blei verringern kann“, schrieb ein Toxikologe, „können diese Vorteile durch den Konsum kontaminierter Milch- und Eiprodukte wieder untergraben werden. Nutztiere, die mit kontaminiertem Tierfutter gefüttert werden, produzieren kontaminierte Milch und kontaminierte Eier.“ Wenn Sie die PLOP-Konzentration in Ihrem Körper verringern möchten, halten Sie sich am besten an die unterste Stufe der Nahrungskette.

Kaffee zum Vorbeugen und Behandeln von Parkinson

Könnte eine Tasse Kaffee am Morgen dabei helfen, eine unserer verheerendsten neurodegenerativen Krankheiten zu verhindern und vielleicht sogar zu behandeln? Es scheint so. Es gab bisher mindestens neunzehn Untersuchungen zu der Rolle, die Kaffee bei Parkinson spielen kann. Dabei wurde der Konsum von Kaffee generell mit einem geringeren Parkinsonrisiko assoziiert.127 Dem Koffein scheint hierbei die Schlüsselrolle zuzukommen, da Tee ebenfalls zu schützen scheint,128 entkoffeinierter Kaffee aber nicht. So wie bei den Phytonährstoffen in Beeren wurde auch für Koffein in Laborschalentests nachgewiesen, dass es menschliche Nervenzellen vor der Eliminierung durch ein Pestizid und andere Neurotoxine schützt.


Aber lässt sich Parkinson auch mit Kaffee behandeln? In einer randomisierten kontrollierten Studie, bei denen Parkinsonpatienten das Koffeinäquivalent von täglich zwei Tassen Kaffee (oder etwa vier Tassen schwarzem Tee oder acht Tassen grünem Tee) verabreicht wurde, verbesserten sich deren Bewegungssymptome innerhalb von drei Wochen deutlich. Natürlich kann man für eine Tasse Kaffee keine Unmengen Geld verlangen, weshalb Pharmaunternehmen versucht haben, Koffein in Form von neuen experimentellen Medikamenten profitfähig zu machen, wie z. B. Preladenant und Istradefyllin. Wie sich herausgestellt hat, funktionieren diese aber auch nicht besser als unser guter alter Kaffee, der wesentlich günstiger und auch deutlich sicherer ist.

 

Es gibt eine Reihe recht einfacher Dinge, die Sie tun können, um Ihr Risiko zu verringern, an Parkinson zu sterben. Sie können sich im Auto anschnallen und beim Radfahren einen Helm tragen, um Ihren Kopf zu schützen, Sie können regelmäßig Sport treiben, das Entstehen von Übergewicht vermeiden, Paprika und Beeren essen und grünen Tee trinken, dafür sorgen, dass Sie so wenig Pestiziden und Schwermetallen wie möglich ausgesetzt sind, und außerdem auf Milch- und Tierprodukte verzichten. Es lohnt sich. Glauben Sie mir, wenn ich Ihnen sage, dass keine Familie eine Tragödie wie Parkinson durchleiden sollte.