2017: Swiss Propaganda Research – 3. Journalisten in der Matrix

Die Propaganda-Matrix:

Wie der CFR den geostrategischen Informationsfluss kontrolliert

Eine Studie von Swiss Propaganda Research: September 2017

 

„Wir sind jetzt ein Imperium, und wenn wir handeln,  
so erschaffen wir unsere eigene Realität.“  
Karl Rove, ehemaliger Leiter des Büros für  
Strategische Initiativen der US-Regierung 

 

Ob Russland, Syrien oder Donald Trump: Um die geopolitische Berichterstattung westlicher Medien zu verstehen, muss man die Schlüsselrolle des amerikanischen Council on Foreign Relations (CFR) kennen.


In der folgenden Studie wird erstmals dargestellt, wie der CFR einen in sich weitgehend geschlossenen, transatlantischen Informationskreislauf schuf, in dem nahezu alle relevanten Quellen und Bezugspunkte von Mitgliedern des Councils und seiner Partnerorganisationen kontrolliert werden.


Auf diese Weise entstand eine historisch einzigartige Informationsmatrix, die klassischer Regierungs-propaganda autoritärer Staaten deutlich überlegen ist, indes durch den Erfolg unabhängiger Medien zunehmend an Wirksamkeit verliert.

 

3. Journalisten in der Matrix

Ein entscheidender Aspekt der CFR-Matrix besteht darin, dass auch gewöhnliche Journalisten in sie eingeschlossen sind. Viele Journalisten dürften mithin selbst an die ihnen vorgesetzten Narrative glauben, während andere wie PR-Profis arbeiten und ihre Beiträge einfach mit dem gewünschten Spin abliefern. Wieder andere mögen in der Konformität gar eine Karrierechance für sich erblicken.


Doch vorselektierte Quellen, Gruppendruck und die Abhängigkeit von Vorgesetzten und Auftraggebern sorgen dafür, dass es selbst für aufrichtige und intelligente Journalisten schwierig bis unmöglich ist, die Informationsmatrix von innen heraus zu durchbrechen und abweichende Standpunkte einzubringen, sofern imperiale Angelegenheiten tangiert sind.


So haben Mitarbeiter der ARD gemäß internen Memos die Vorgabe, bei geopolitischen Konflikten »westliche Positionen zu verteidigen«, vertrauliche Sprachregelungen zu beachten und ausschließlich konforme Quellen zu verwenden. Der ehemalige Chefredakteur des ZDF machte zudem publik, dass Beiträge zu US-Kriegen politisch beeinflusst werden. Nahost-Korrespondent Ulrich Tilgner beklagte redaktionelle Eingriffe aufgrund von »Bündnisrücksichten«, und der vormalige Leiter des ZDF-Studios Bonn bestätigte »Anweisungen von oben« und eine »freiwillige Gleichschaltung« der Journalisten.

 

 

Redaktionelle Eingriffe aufgrund von »Bündnisrücksichten«: Nahost-Korrespondent Tilgner Abweichler werden entsprechend sanktioniert: In der Schweiz wurde etwa der langjährige SRF-Korrespondent Helmut Scheben als »Putin-Troll« und »Teil der russischen Propaganda-Maschinerie« beschimpft, als er es wagte, die Syrienberichterstattung westlicher Medien kritisch zu hinterfragen. Auch ein NZZ-Autor, der sich anmerken ließ, dass er noch offene Fragen zu den Ereignissen vom 11. September 2001 hat, wurde von seinem Chef umgehend öffentlich zurechtgewiesen.


Amerikanischen Journalisten ergeht es nicht besser. Gary Webb, der in den 90er Jahren aufdeckte, dass die CIA Kokain aus Kolumbien importierte und mit den Erlösen Milizen in Nicaragua finanzierte, wurde von den US-Medien so lange diffamiert, bis sein Ruf ruiniert war und er einige Jahre später Selbstmord beging. Phil Donahue, der 2003 als beinahe einziger US-Topjournalist den geplanten Irak-Krieg kritisierte, wurde von MSNBC trotz hervorragender Quoten kurzerhand entlassen.


Amber Lyon, die im Auftrag von CNN eine Dokumentation über den US-Verbündeten Bahrein drehte und darin die Menschenrechtslage kritisierte, wurde die Ausstrahlung von ihrem eigenen Sender verweigert, worauf sie den Sender von sich aus verließ. Und Sean Hannity, der auf Fox News den ungeklärten Mord an DNC-Mitarbeiter Seth Rich thematisieren wollte, sah sich mit dem Absprung mehrerer Sponsoren und der möglichen Absetzung seiner Sendung konfrontiert – sowie mit erbosten Kommentaren von führenden Council-Mitarbeitern.

 

Für CFR-Medien ein Tabu: Erhielt Wikileaks die Emails der Demokratischen Partei 2016 nicht von
»russischen Hackern«, sondern vom kurz darauf ermordeten DNC-Mitarbeiter Seth Rich?

 

Nun könnte man annehmen, dass in solch offensichtlichen Missbrauchsfällen das amerikanische Committee to Protect Journalists (CPJ), das sich für die Rechte der Journalisten einsetzt, intervenieren würde. Dem ist jedoch nicht so – denn die Direktoren sowie fast der gesamte Vorstand des CPJ sind selbst Mitglieder des Council on Foreign Relations.


Immerhin könnten solche Journalisten für ihre Arbeit eine Auszeichnung erhalten, beispielsweise den renommierten Pulitzer-Preis. Auch hier wartet man jedoch vergeblich, denn der Präsident des Pulitzer-Komitees (aktuell ein Washington-Post-Redakteur) sowie diverse Vorstandsmitglieder entstammen ebenso dem Council. Generell ist die Vergabe von Preisen und Auszeichnungen ein wirksames Mittel, um festzulegen, was „guter“ Journalismus und wer „renommierter“ Journalist ist. Der deutsche Investigativ-Journalist und Dokumentarfilmer Dirk Pohlmann beschrieb die Situation mit den folgenden Worten, nachdem eines seiner geopolitisch brisanten Filmprojekte vom ZDF auf höchster Ebene gestoppt wurde:


„Das war eben ein Thema, bei dem man an die Grenzen dessen kommt, worüber man berichten darf. Diese Grenzen gibt es, auch in unserem sogenannten »Freien Westen«. Das merkt man, wenn man sie betritt: Dann gehen auf einmal die Scheinwerfer an, die Hunde fangen an zu bellen und man hört, wie die Leute näher kommen. Und dann weiß man, ok, jetzt bin ich in dem Territorium, von dem vorher behauptet wurde, dass es das gar nicht gibt: nämlich das verminte Territorium der Grenzen der Informationsfreiheit.“


Bedeutet dies, dass kritischer Journalismus in CFR-konformen Medien nicht erwünscht ist? Im Gegenteil: Seriöser Journalismus bildet überhaupt erst die Grundlage für die Glaubwürdigkeit der traditionellen Medien, auf deren Basis dann gezielt und wirkungsvoll geopolitische (und andere) Propaganda lanciert werden kann. Denn der arglose Leser und Zuschauer hat kaum eine Chance, zwischen zwei ehrlichen Beiträgen die geschickte Manipulation zu erkennen oder auch nur zu erahnen.


Von allen Propaganda-Prinzipien ist dieses – langfristig gesehen – vielleicht sogar das wichtigste: Nur Medien, die vertrauenswürdig erscheinen, können dieses Vertrauen auch missbrauchen.