2014/04: Unkonventionelle Methoden getestet txt
Nach dem Zweiten Weltkrieg bereitete sich die CIA auf den ultimativen Krieg mit den Sowjets vor. Forschungen im Bereich der biologischen, nuklearen und chemischen Kriegsführung begannen sich zu intensivieren – nicht zuletzt durch die Hilfe ehemaliger Nazi-Größen.
„Operation Paperclip“ brauchte die Nazis
Mehr als 1.600 Nazis und ihre Familien kamen nach Kriegsende in die USA. Im Rahmen des Topsecret-Programms „Operation Paperclip“ setzte der US-Geheimdienst ehemalige NS-Generäle wie Walter Schreiber und Kurt Blome für seine Zwecke ein. Nobelpreisträger Richard Kuhn unterstützte die US-Amerikaner insbesondere bei der Entwicklung chemischer Substanzen, die vor allem im Camp King bei sowjetischen Gefangenen eingesetzt wurden.
Das Lager Camp King lag im US-amerikanisch besetzten Teil von Deutschland in Oberursel, elf Kilometer von Frankfurt entfernt. Offiziell hatte das Lager laut einem Artikel im Nachrichtenportal The Daily Beast drei Namen: US Military Intelligence Service Center in Oberursel, 7707. Europäisches Geheimdienstkommandocenter und eben Camp King. Die Aktivitäten dort fanden zwischen 1946 und den späten 50er Jahren statt, wurden aber weder von der CIA noch vom US-Verteidigungsministerium in vollem Umfang offengelegt.
Camp King als Sowjet-Internierungslager
Fest steht jedoch, dass im Camp King 1945 zahlreiche NS-Gefangene und später, ab 1948, sowjetische Spione interniert waren. Zu dieser Zeit glaubten die US-Amerikaner, dass die Sowjets im Kalten Krieg Geheimwaffen verwendeten. So war sogar die Rede davon, dass die Russen mit speziellen Mitteln das Bewusstsein kontrollieren könnten. Die CIA entwickelte daher mit den Nazis eigene Substanzen und Programme, um den Russen zuvorzukommen.
Denn nicht nur die Amerikaner testeten während ihrer Befragungen neue Methoden, auch die Sowjets nahmen abgeschossene US-Piloten und Soldaten gefangen und probierten an ihnen neue, unkonventionelle Verhörarten aus. Unter dem Codenamen „Operation Bluebird“ kopierten die Amerikaner im Camp King zunächst die sowjetischen Methoden – später entwickelten sie ihre eigenen.
LSD bei Verhören eingesetzt
Insbesondere kam das „Wahrheitsserum“ Lysergsäurediethylamid, kurz LSD, zum Einsatz. Durch den Freedom of Information Act (FOIA) kam heraus, dass die CIA von LSD Gebrauch machte. Im Camp King wurde der Einsatz der Droge sogar noch weiterentwickelt – Gefangene sollten durch den Einfluss von Drogen nicht nur die Wahrheit sagen, sondern nach dem Verhör auch wieder alles vergessen.
„Operation Bluebird“ wurde später in „Artichoke“ umgetauft. Das Ziel war, „das Verhalten durch geheime Mittel zu verändern“, so John Marks, ein ehemaliges CIA-Mitglied. Der Ex-Geheimdienstdirektor Richard Helms erklärte, dass es „in unserer Verantwortung lag, in diesem Bereich nicht hinter die Russen oder Chinesen zurückzufallen; und der einzige Weg, herauszufinden, wie riskant bewusstseinsverändernde Drogen wie LSD sind, war, sie auszuprobieren“.
Bestimmte Aktivitäten nur im Ausland erlaubt
Weiters kam heraus, dass die CIA den Bereich „Verhörtechniken“ in der medizinischen Einheit abwickelte. Camp King war der ideale Ort dafür, um die radikalen Experimente durchzuführen, da ausländische Regierungen „bestimmte Aktivitäten erlaubten, die in den USA verboten waren“, so der ehemalige CIA-Direktor Allen Dulles. Und der Auftrag damals hieß: Spione unter Drogen setzen, sie verhören und ihnen Substanzen verabreichen, damit sie sich nicht mehr erinnern können.
Die Befürchtung des Geheimdienstes war, dass die Droge LSD auch von den Russen eingesetzt wurde. So glaubte die CIA, dass die Sowjets Millionen US-Amerikaner unter Drogen setzen könnten, indem sie LSD über das Wassersystem verbreiteten. Sie wollten den Russen zuvorkommen und investierten Millionen in die Entwicklung der Verhördrogen.
Der Kalte Krieg wurde zum Schlachtfeld der Doppelzüngigkeit. Auf der einen Seite wurden alle Pläne verzerrt und unter den Deckmantel des Schweigens gehüllt. Auf der anderen Seite suchte man die Wahrheit von beiden Seiten durch den Einsatz von bewusstseinsverändernden Substanzen.
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