Plan B: Stadt, Land - unter? Damit Städte und Gemeinden den gewaltigen Regenmengen künftig nicht ohnmächtig gegenüberstehen, arbeiten findige Bürgermeister, kreative Stadtplanerinnen und clevere Visionäre an Konzepten zum Schutz vor solchen Naturkatastrophen.
Allein drei Starkregen-Ereignisse haben die Gemeinde Grafschaft, die knapp 30 Kilometer vom Ahrtal entfernt liegt, innerhalb von sechs Jahren heimgesucht. Am schlimmsten war die damals so genannte Jahrhundertflut von 2016, bei der eine große Flutwelle den Ortsteil Nierendorf verwüstete. „Nur mit Glück gab es damals keine Todesopfer“, erzählt Bürgermeister Achim Juchem. Danach erarbeiteten Experten und Expertinnen innerhalb weniger Monate ein ganzheitliches Hochwasser-Schutzkonzept für das gesamte Gemeindegebiet. Dieses beinhaltet über 100 Einzelmaßnahmen, wie beispielsweise große Rückhaltebecken und kleine Erdwälle, neue Entwässerungsgräben oder Renaturierungen von Bachläufen.
Im Juli 2021 gab es auch in der Grafschaft wieder riesige Regenmengen. Dieses Mal blieben die Schäden überschaubar. „Wir hatten auch Glück“, sagt Bürgermeister Juchem. „Aber wir haben aus unserer Vergangenheit gelernt und bereits eine ganze Menge von Maßnahmen umgesetzt. Das hat uns diesmal vor dem Schlimmsten bewahrt.“
Selbst Großstädte gehen immer öfter im Starkregen unter. In Kopenhagen lag der Niederschlag am 2. Juli 2011 in nur zwei Stunden bei fast 150 Litern pro Quadratmeter. Die Schäden beliefen sich auf knapp eine Milliarde Euro. Schon ein Jahr später wurde Kopenhagens „Skybrudsplan“ verabschiedet, ein Wolkenbruch-Plan, der die gesamte Innenstadt Schritt für Schritt zu einer sogenannten Schwammstadt machen wird. Dafür werden Flächen geschaffen, die große Mengen an Wasser aufnehmen und zeitverzögert wieder abgeben können. Chef-Koordinator Mikkel Balskilde Hansen überwacht über 300 Einzelprojekte, die innerhalb von 20 Jahren verwirklicht werden. Nach einer Prioritätenliste baut Kopenhagen alle Plätze und Straßen nach und nach so um, dass sie so viel Regenwasser wie möglich „aufsaugen“ können.
Aber auch in ländlichen Gebieten muss Hochwasserschutz ansetzen. Denn der Schlamm, der durch Überflutungen in den Siedlungen landet, stammt von höher gelegenen Feldern. Um dagegen vorzugehen, wurde in Bayern die Initiative boden:ständig gegründet. Die berät Landwirte, wie sie ihre Äcker anders anlegen und bewirtschaften. Die Erkenntnis: Je gesünder ein Boden, desto mehr Wasser kann er aufnehmen. Dafür müssen sich möglichst viele Kleinstlebewesen in der Erde tummeln und sie auflockern. Das erreichen die Landwirte, indem sie auf den Pflug verzichten, die Erde nur noch an der Oberfläche bearbeiten, ihre Felder quer zum Hang bewirtschaften und ihre Äcker nach der Ernte niemals „nackt“ lassen, sondern mit Zwischenfrüchten bepflanzen.