Am 9. Juni 2013 offenbarte sich Edward Snowden als Quelle für die Enttarnung des US-Spähprogramms „PRISM“. Zehn Jahre später soll ein Gesetz nun Whistleblower in Deutschland vor Repressionen schützen.

Der ehemalige US-Geheimdienst Mitarbeiter Edward Snowden erlangte im Juni 2013 schlagartig Berühmtheit: Snowden gab sich gegenüber der britischen Tageszeitung „The Guardian“ als der Whistleblower zu erkennen, der hinter der Aufdeckung des US-amerikanischen Programms „PRISM“ stand. Hinter dieser Abkürzung verbirgt sich ein Spähprogramm, mit dem der amerikanische Auslandsgeheimdienst NSA Onlinekommunikation weltweit überwachen konnte.

 

„PRISM“ ist ein Programm zur umfassenden Überwachung des elektronischen Datenverkehrs (E-Mails, Chats, Datentransfers oder auch Voice-over-IP-Telefonate). Laut der Enthüllungen Snowdens hat die NSA über PRISM direkten Zugriff auf die Server großer amerikanischer Unternehmen wie Apple, Facebook, Google und Microsoft. Der Auslandsgeheimdienst NSA könne demnach Daten abgreifen ohne die Unternehmen vorher zu fragen oder einen Gerichtsbeschluss zu erlangen.

 

Der Whistleblower Snowden wollte, so sagte er in dem Interview, „nicht in einer Gesellschaft leben, die solche Dinge macht“. Um sich einer Strafverfolgung in den USA zu entziehen, floh Snowden zunächst nach Hongkong und von dort schließlich nach Moskau, wo er seither lebt und im Dezember 2022 auch die russische Staatsbürgerschaft erhalten hat.

EU-„Whistleblower-Richtlinie“

Als Reaktion auf diesen und weitere Fälle des Whistleblowings gelang die Frage, wie Hinweisgeberinnen und -geber besser geschützt werden können, auf die europäische Agenda. 2018 verfasste die (Interner Link: Europäische Kommission) einen entsprechenden Richtlinienentwurf.

 

Dies geschah auch vor dem Hintergrund, dass es zu diesem Zeitpunkt nur in wenigen EU-Staaten Gesetze zum Schutz von Whistleblowern gab. Auf EU-Ebene wurden ebenfalls nur in einzelnen Sektoren Maßnahmen zu ihrem Schutz durchgeführt, zum Beispiel in der Finanzwirtschaft.

 

Mit der EU-Richtlinie sollten nun verbindliche Standards eingeführt werden. Dazu gehörte, den individuellen Schutz von Hinweisgebenden zu stärken und beispielsweise Meldestellen in Behörden und Firmen einzuführen.

 

Ende 2019 trat die EU-Richtlinie „zum Schutz von Personen, die Verstöße gegen das Unionsrecht melden“ (kurz auch-> Externer Link: „Whistleblower-Richtlinie“) schließlich in Kraft.

 

Schleppende Umsetzung der Richtlinie

Die EU-Mitgliedsstaaten waren verpflichtet, die Vorgaben der EU-Richtlinie bis Ende 2021 in nationales Recht umzusetzen. Diese Frist hielten jedoch nicht alle Länder ein: Gegen Deutschland und sieben weitere Mitgliedsstaaten reichte die Kommission eine Klage wegen Vertragsverletzung vor dem Interner Link: Europäischen Gerichtshof

ein, weil sie nur ungenügende Fortschritte bei der Umsetzung vorweisen konnten.

 

Das neue „Hinweisgeberschutzgesetz“

Die Umsetzung der EU-Richtlinie verzögerte sich in Deutschland. Die damals regierende Große Koalition aus CDU/CSU und SPD konnte sich auf keinen Gesetzesentwurf verständigen.

 

Nach der Bundestagswahl 2021 einigte sich die neue Bundesregierung aus SPD, GRÜNEN und FDP, das Vorhaben in der aktuellen Legislaturperiode umzusetzen.

 

Das Bundesjustizministerium veröffentlichte im April 2022 einen Referentenentwurf, im Dezember desselben Jahres stimmte der Bundestag mit den Stimmen der Regierungskoalition für ein deutsches Hinweisgeberschutzgesetz.

 

Kern des Gesetzes war der Schutz von Whistleblowerinnen und Whistleblowern sowie die Einrichtung von Meldestellen.

Blockade im Bundesrat

Das Hinweisgeberschutzgesetz wurde nach der Verabschiedung im Bundestag jedoch vom Bundesrat gestoppt. Sowohl bei CDU/CSU als auch in Teilen der Wirtschaft stieß das Vorhaben auf Kritik. Kritikerinnen und Kritiker bemängelten unter anderem, dass die Verpflichtung, anonyme Meldewege zu ermöglichen, für kleinere Unternehmen schwer zu realisieren sein könnte.

 

Zivilgesellschaftliche Gruppen wie Transparency International und der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) kritisierten wiederum die Blockade durch den Bundesrat. Unter anderem bemängelten sie, dass damit ein wichtiger Schritt für den Arbeitsschutz verhindert werde.

Kompromiss nach Vermittlungsausschuss

Anfang Mai 2023 einigten sich Bundestag und Bundesrat in einem  Vermittlungsausschuss schließlich auf einen Gesetzestext.

 

Hinweisgeberinnen und -gebern sollen durch das Gesetz vor möglichen Benachteiligungen geschützt und so Hemmnisse abgebaut werden. Auch ist eine vertrauliche und diskrete Behandlung der hinweisgebenden Person vorgeschrieben. Eine Kündigung, Abmahnung oder sonstige berufliche Nachteile sind laut Gesetz verboten.

 

 

Firmen ab einer bestimmten Größe sowie Behörden sind zudem verpflichtet, interne Meldestellen einzurichten, an die sich Hinweisgebende wenden können. Neben solchen internen sollen externe Meldestellen eingerichtet werden, bei denen sie Rechtsverstöße melden und auch Rechtsschutz erhalten können.

 

Der Kompromiss des Vermittlungsausschusses sieht im Gegensatz zum Ursprungsentwurf vor, dass Meldestellen anonymen Hinweisen nicht nachgehen müssen. Außerdem wurde die Obergrenze für Bußgelder bei Verstößen von 100.000 auf 50.000 Euro herabgesenkt.

 

Das Gesetz soll Mitte Juni 2023 in Kraft treten.