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Die hyperbare Sauerstofftherapie (HBO-Therapie, Druckkammertherapie) ist eine Behandlungsmethode, bei der unter einem erhöhten (hyperbaren) Umgebungsdruck medizinisch reiner Sauerstoff eingeatmet wird. Lesen Sie hier, wann eine hyperbare Sauerstofftherapie durchgeführt wird, wie sie abläuft und was dabei zu beachten ist.

Was ist eine hyperbare Sauerstofftherapie?

Die hyperbare Sauerstofftherapie dient dazu, die Sauerstoffaufnahme ins Blut über die Normalwerte hinaus zu steigern. So will man eine bessere Sauerstoffversorgung auch schlecht durchbluteten Gewebes erzielen. Die hyperbare Sauerstofftherapie kann in Ein- oder Mehr-Personen-Druckkammern durchgeführt werden.


Unter Normalbedingungen ist der rote Blutfarbstoff (Hämoglobin) in den roten Blutkörperchen (Erythrozyten) bereits zu über 98 Prozent mit Sauerstoff gesättigt, so dass mit der Sauerstoffzufuhr aus der normalen Atemluft eine Steigerung kaum möglich ist.


Bei der hyperbaren Sauerstofftherapie wird der Außendruck mithilfe einer Druckkammer auf das 1,5- bis 3-Fache des Normaldrucks erhöht. Dadurch wird physikalisch mehr Sauerstoff in den flüssigen Bestandteilen des Blutes gelöst. Die Menge verhält sich dabei proportional zum Umgebungsdruck und dem Sauerstoffanteil im Atemgas.


Durch den erhöhten Sauerstoffgehalt im Blut soll der Stoffwechsel in schlecht durchbluteten Geweben beschleunigt werden. Damit will man etwa Heilungsprozesse antreiben.

Die hyperbare Sauerstofftherapie wird etwa eingesetzt bei:

Nutzen teilweise umstritten

Die Wirksamkeit der hyperbaren Sauerstofftherapie ist teilweise umstritten. So konnte etwa das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWIG) für das diabetische Fußsyndrom einen Nutzen der HBO-Therapie hinsichtlich Wundverschluss nachweisen – nicht aber hinsichtlich anderer Faktoren wie Sterblichkeit, Dauer des Krankenhausaufenthalts und Amputationen (Stand 2016).


Einen Nutzen der hyperbaren Sauerstofftherapie bei Brandwunden sowie bei Absterben von Knochengewebe am Hüftkopf (Hüftkopfnekrose) konnte das IQWIG nicht belegen (Stand 2007).


Die Studienlage zur Wirksamkeit der HBO-Therapie bei Hörsturz ist ebenfalls nicht zufriedenstellend. So ergab zum Beispiel eine Auswertung mehrerer Studien zu dem Thema (2012), dass die hyperbare Sauerstofftherapie bei Hörsturz-Patienten zwar signifikant das Hörvermögen verbessern konnte, die klinische Bedeutung dieses Ergebnisses aber unklar blieb. Zudem war die Zahl der Studienteilnehmer gering, und die Studien wiesen methodische Unzulänglichkeiten auf.


Zur Behandlung von chronischem Tinnitus wird die hyperbare Sauerstofftherapie in der aktuellen Leitlinie nicht empfohlen.

Was macht man bei einer hyperbaren Sauerstofftherapie?

Vor einer hyperbaren Sauerstofftherapie werden Sie auf Ihre Drucktauglichkeit hin untersucht, etwa mittels ein EKG und Lungenfunktionsprüfung. Geprüft wird auch die Durchgängigkeit der Ohrtrompete (Tuba auditiva) – der röhrenförmigen Verbindung zwischen Rachen und Mittelohr. Diese ist für den Druckausgleich der Ohren wichtig.


Druckkammer Platz, von der aus Sie jederzeit Kontakt nach außen mit dem Arzt oder Pflegepersonal aufnehmen können (etwa durch lautes Sprechen). Der Druck in der Kammer wird nun langsam erhöht, sodass der Druckausgleich der Ohren komplikationslos und möglichst angenehm erfolgen kann. Sie selbst können diesen Prozess erleichtern, indem Sie Kaugummi kauen oder bei zugehaltener Nase Luft in den Rachenraum pressen (Valsalva-Manöver).


Sobald der vorgesehene Druck erreicht ist, setzen Sie eine Sauerstoffmaske auf. Über diese atmen Sie nun reinen Sauerstoff ein. Zum Ende der Therapie wird der Druck über mehrere Minuten hinweg gesenkt, was man auch als Ausschleusen bezeichnet.

Dauer und Anzahl der Behandlungen

Die Dauer einer Sitzung in der Druckkammer beträgt je nach Indikation (Anwendungsgebiet) zwischen 45 Minuten und über sechs Stunden. Mehrstündige Behandlungen sind etwa in der Akuttherapie der Taucherkrankheit nötig.

Wie viele Sitzungen im Einzelfall durchgeführt werden, variiert ebenfalls. Je nach Indikation und Krankheitsverlauf müssen sich manche Patienten nur einmalig in die Druckkammer setzen, andere dagegen mehrmals (bis zu 30-mal und öfter).

Welche Risiken birgt eine hyperbare Sauerstofftherapie?

Der behandelnde Arzt klärt Sie im Vorfeld über mögliche Nebenwirkungen und Risiken der HBO-Therapie auf. Es zählen dazu beispielsweise:

  • Barotrauma: Das sind Verletzungen, die durch plötzliche Druckveränderungen in gasgefüllten Körperhöhlen (z.B. im Ohr) bei mangelndem Druckausgleich entstehen.
  • Riss des Trommelfells (Trommelfellperforation oder -ruptur)
  • Reizung der Atemwege
  • vorübergehende Sehstörungen

Manche Menschen reagieren auf das Einatmen von Sauerstoff unter Überdruck auch mit Krampfanfällen (selten).

Was muss ich bei einer hyperbaren Sauerstofftherapie beachten?

Wenn während einer hyperbaren Sauerstofftherapie-Sitzung in der Druckkammer folgende Symptome auftreten, sollten Sie die Atemmaske abnehmen und sich sogleich beim Arzt/Pflegepersonal melden (laut sprechen oder Ruftaste betätigen):

  • Kribbeln in Fingerspitzen, Nasenspitze oder Ohrläppchen
  • Gesichtszucken
  • plötzliches Doppeltsehen
  • Brennen in den oberen Atemwegen oder unter dem Brustbein
  • Unwohlsein
  • Unruhe

Reagieren Sie auch, wenn Sie solche Symptome bei anderen Patienten in der Druckkammer bemerken.


Die Kosten für eine hyperbare Sauerstofftherapie werden in der Regel nur in bestimmten Fällen von der Sozialversicherung übernommen. Informieren Sie sich darüber im Vorfeld bei Ihrer Kasse/Versicherung.