Testpost-Header Trump und Selenskyj brechen Treffen ab
Edward Snowden hat die Spähaktionen der NSA aufgedeckt – seitdem ist der Whistleblower auf der Flucht vor der US-Regierung. Lesen Sie hier die Chronologie der Ereignisse.

Whistleblower Edward Snowden: Von den USA gesucht –Foto: REUTERS/ Ewen MacAskill/ The Guardian
Dieser Beitrag stammt aus dem SPIEGEL-Archiv. Warum ist das wichtig?
Hamburg – Er hat öffentlich gemacht, wie Millionen von Internet- und Telefondaten überwacht werden – mit seinen Enthüllungen bringt Edward Snowden die Regierungen in Washington und London massiv unter Druck. Lesen Sie hier den Überblick der Ereignisse:

- 6. Juni: Der britische „Guardian“ und die amerikanische „Washington Post“ berichten in ihren Online-Ausgaben zum ersten Mal von den Spähaktionen der National Security Agency: In großem Stil zapft der Geheimdienst die Rechner von Internetfirmen an, um sich Zugang zu Videos, Fotos, E-Mails und Kontaktdaten zu verschaffen. Auch die Daten von Telefonanbietern werden millionenfach abgegriffen. Das geheime Programm Prism soll es bereits seit 2007 geben.
- 7. Juni: US-Präsident Barack Obama nimmt erstmals zur massiven Kritik Stellung. „Niemand hört Ihre Anrufe ab“, sagt er – erfasst würden nur Dauer der Telefonate und Telefonnummern. Prism sei ein wichtiges Mittel im Kampf gegen den Terror.

- 9. Juni: Der britische „Guardian“ präsentiert auf seiner Internetseite den Mann, der hinter den NSA-Enthüllungen steckt. Es ist der 29-jährige Techniker Edward Snowden, der in den vergangenen Jahren als Mitarbeiter externer Unternehmen wie Dell in dem US-Geheimdienst tätig war. „Ich will nicht in einer Gesellschaft leben, die so etwas macht“, kommentiert Snowden das geheime Ausspähen von Internetdiensten. Er war rund drei Wochen zuvor mit geheimen Dokumenten von Hawaii nach Hongkong geflohen und hofft nun auf Asyl. Die Enthüllungsplattform WikiLeaks unterstützt ihn
- 17. Juni: Snowden beantwortet die Fragen von Internetnutzern auf der Webseite des „Guardian“. Außerdem kündigt er weitere Details über die Überwachung von Internetnutzern an.

- 19. Juni: Bei seinem Besuch in Berlin verteidigt Barack Obama abermals die Spähaktionen. Sie seien nötig, um das amerikanische Volk zu schützen. Bundeskanzlerin Angela Merkel mahnt hingegen, dass die „Balance und die Verhältnismäßigkeit gewahrt bleiben“ müsse.
- 21. Juni: Unter Berufung auf Gerichte heißt es in US-Medien, die USA hätten Anklage gegen Snowden wegen Spionage und Diebstahls erhoben. Gleichzeitig berichtet der „Guardian“, dass der britische Geheimdienst GCHQ ebenfalls weltweiten Internetverkehr in ungeahntem Ausmaß überwacht.

- 23. Juni: Snowden landet aus Hongkong kommend auf dem Moskauer Flughafen Scheremetjewo – obwohl die USA seinen Pass entwertet haben. Ecuadors Außenminister teilt mit, Snowden habe in dem Land Asyl beantragt. Auch über Kuba und Venezuela als mögliche Ziele wird spekuliert. Russlands Präsident Wladimir Putin bestätigt zwei Tage später, dass sich Snowden im Transitbereich des Flughafens aufhält. Eine Auslieferung drohe ihm nicht – auch wenn die US-Regierung diese verlangt.
- 29. Juni: DER SPIEGEL berichtet, dass der US-Geheimdienst auch die Europäische Union ausspäht. In den diplomatischen Vertretungen der EU in Washington und bei den Vereinten Nationen in New York seien Wanzen installiert und das Computernetzwerk infiltriert worden.

- 30. Juni: Deutschland ist nach SPIEGEL-Informationen eines der Hauptziele der NSA. Demnach überwacht der US-Geheimdienst jeden Monat rund eine halbe Milliarde Telefonate, E-Mails und SMS. Die Bundesregierung kritisiert die USA dafür scharf: „Abhören von Freunden, das ist inakzeptabel, das geht gar nicht, wir sind nicht mehr im Kalten Krieg“, sagt Regierungssprecher Steffen Seibert.
- 2. Juli: Auf seiner Flucht vor den US-Behörden bittet Snowden in rund 20 Ländern um Asyl – darunter auch Deutschland. Die Bundesregierung lehnt seine Aufnahme jedoch ab.

- 3. Juli: Als der bolivianische Präsident Evo Morales von Moskau in zurück in die Heimat fliegt, kommt es zum diplomatischen Eklat: Nach Angaben Boliviens hätten mehrere EU-Länder der Maschine die Überflugrechte verweigert. Der Staatschef muss auf dem Flughafen Wien landen und darf erst nach zwölf Stunden wieder abheben. Gerüchte, Morales verstecke den Snowden an Bord, bestätigen sich nicht.
- 4. Juli: Merkel und Obama telefonieren wegen des NSA-Skandals. Obama versichert, Bedenken der europäischen Partner sehr ernst zu nehmen, teilt das Weiße Haus in Washington mit. Innenminister Hans-Peter Friedrich kündigt außerdem an, gemeinsam mit einer Delegation zu Gesprächen in die USA zu fliegen.
- 6. Juli: Venezuela, Nicaragua und Bolivien bieten Snowden Asyl an – aus „humanitären Gründen“.

- 9. Juli: Der Whistleblower nimmt eines der Angebote an und stellt bei den Behörden in Venezuela offiziell einen Asylantrag. Staatschef Nicolás Maduro: „Wir haben diesem jungen Mann gesagt: ‚Sie werden vom Imperialismus verfolgt, kommen Sie her‘.“
- 12. Juli: Snowden hält sich noch immer im Transitbereich des Moskauer Flughafens auf. Der geflohene Ex-Geheimdienstmitarbeiter trifft sich dort mit Vertretern internationaler Menschenrechtsorganisationen. Dabei erklärt er auch, dass er in Russland um temporäres Asyl bitten will. Tanja Lokschina von Human Rights Watch, die an dem Gespräch teilnimmt, sagt später: „Ich habe den Sinn dieses Treffens bis heute nicht verstanden.“
- 15. Juli: Putin gibt den USA die Schuld an der festgefahrenen Lage des Ex-Geheimdienstlers: „Sie haben alle anderen Länder so in Angst versetzt, dass ihn niemand möchte.“ Bereits zwei Tage zuvor hatten die Präsidenten beider Länder miteinander telefoniert. Der Kreml-Chef bekräftigte dabei, dass Snowden nicht ausgeliefert werde.
- 16. Juli: Snowden reicht offiziell einen Antrag auf vorübergehendes Asyl in Russland ein. Präsident Putin hatte bereits mehrmals deutlich gemacht, dem Antrag stattzugeben – jedoch nur unter der Bedingung, dass Snowden den amerikanischen Partnern keinen Schaden mehr zufüge.
- 17. Juli: Wusste die Bundeswehr schon seit Jahren vom US-Spähprogramm Prism? Die Bundesregierung bestreitet das. Es gebe ein Nato-Programm, das auch in Afghanistan verwendet werde und ebenfalls Prism heiße, sagte Regierungssprecher Steffen Seibert unter Verweis auf Kenntnisse des Bundesnachrichtendienstes (BND). Das sei System nicht identisch mit dem des US-Geheimdiensts.
- 21. Juli: Der SPIEGEL deckt auf, dass auch deutsche Dienste ein Werkzeug der NSA nutzen: Das Datenprogramm XKeyscore wird vom BND und dem Bundesamt für Verfassungsschutz eingesetzt. Damit soll sogar ein sogenannter „full take“ möglich sein, eine ungefilterte Aufzeichnung aller Daten für mehrere Tage.
- 25. Juli: Aus einer schriftlichen Stellungnahme der NSA geht hervor, dass es insgesamt drei Prism-Programme gibt – bisher waren lediglich zwei bekannt (siehe 17. Juli). Neben dem von Edward Snowden enthüllten werde ein weiteres vom US-Verteidigungsministerium in Afghanistan verwendet, das dritte nur NSA-intern.
- 31. Juli: Enthüllungen des „Guardian“ zeigen eine neue Dimension der Überwachung, die Tempora und Prism noch übersteigt: Das Programm XKeyscore ist demnach ein „System zur Ausnutzung von Digital Network Intelligence / Analysestruktur“. Der US-Geheimdienst hat damit praktisch unbegrenzten Zugriff auf Internetdaten weltweit.

- 1. August: Nach mehr als einem Monat auf dem Moskauer Flughafen Scheremetjewo reist Snowden offiziell in Russland ein. Er hatte am 16. Juli einen vorläufigen Asylantrag gestellt. Seinem Anwalt zufolge darf er nun für ein Jahr in Russland bleiben.
Impressum