Exposition Ich heiße Patric Gagne, und ich bin eine Soziopathin. Ich bin leidenschaftlich gern Mutter und Ehefrau. Ich bin eine einnehmende Therapeutin. Ich bin unglaublich charmant und beliebt. Ich habe viele Freunde und Freundinnen. Ich bin Mitglied in einem Countryclub.
Exposition
Einen Monat später saß ich mit einigen von Max’ Freunden in seinem Esszimmer beim Abendessen. In der kurzen Zeit seit unserer zufälligen Begegnung hatte sich unsere Freundschaft rasant entwickelt. Und ich mochte es. Ich genoss es, dass ich einen weiteren Freund hatte, der mich um meiner selbst willen mochte. Die Akzeptanz gab mir ein Gefühl der Stabilität. Das war eine willkommene Erleichterung.
Trotz des kleinen Lichtblicks die paar Wochen zuvor hatte sich die Lage mit David weiter verschlechtert. Ich erwischte mich mehr und mehr dabei, wie ich nach Gründen für Streit suchte, um dann seine wütende Reaktion als Anlass für mein Verschwinden zu nutzen. So hatte er zum Beispiel an dem Abend, als ich ihm doch endlich die Ausflüge zu Ginnys Haus gestand, fast den Verstand verloren. »Was zur Hölle, Patric? Du warst immer wieder bei ihr, standest in der Ecke?«
Es war eine hoffnungslose Dynamik, die mich an meine Kindheit erinnerte. Erneut bereute ich meine Entscheidung, ehrlich zu sein. »Was macht das schon?«, schnappte ich zurück, wütend über seine Kritik. »Ist ja nicht so, als hätte ich irgendwem Gewalt angetan.« (Fast.) »Ist ja nicht so, als hätte ich die Kontrolle verloren.« (Mehr oder weniger.)
Es war zwecklos, mit David über meine dunklen Triebe zu sprechen, denn es endete immer damit, dass er sie entweder unterdrücken oder negieren wollte. Wenn ich jedoch mit Max über sie redete, machte das Spaß.
Ich lehnte mich entspannt gegen ein Plüschkissen und betrachtete Max amüsiert, wie er von seinem Stuhl aufstand. »Und jetzt hebt bitte alle die Gläser, denn ich möchte einen Toast auf einen sehr besonderen Menschen ausbringen«, sagte er und zwinkerte in meine Richtung. »Eine völlig Verrückte, die gerade an diesem Nachmittag ihr allererstes Forschungsstipendium bewilligt bekommen hat!« Er grinste, als ich bei all der Aufmerksamkeit zusammenzuckte. »Auf Patric!«, verkündete Max. »Mögen ihre psychologischen Entdeckungen uns alle der Vernunft näherbringen.« Ich lächelte und rollte über dem Glasrand mit den Augen. Als es sich alle wieder in ihren Sitzen gemütlich gemacht hatten, fragte mich die Frau neben mir, eine Schauspielerin namens Michelle: »Was genau erforschst du denn?« »Soziopathen«, erklärte ich ihr. »Ich untersuche die Beziehung zwischen Soziopathie und Angst.« Ihr Gesichtsausdruck wechselte von unverbindlicher Neugier zu vollumfänglichem Interesse. Ich sah Max aus dem Augenwinkel grinsen. Er liebte es, die Entwicklung solcher Gespräche zu beobachten. »Warte mal«, unterbrach mich die Braunhaarige neben ihm. »Sind Soziopathen nicht bösartig oder so? Das sind doch die ohne Gefühle, wie halt Ted Bundy und so, oder?«
»Nicht ganz«, sagte ich. »Sie sind nicht wirklich bösartig. Sie fühlen nur alles anders als die meisten Menschen.« »Liegt da auch der Unterschied zwischen Soziopathen und Psychopathen?«, fragte Tim, ein Typ mir gegenüber. Auch er war Musiker und einer von Max’ ältesten Freunden. »Das ist eine schwierige Frage«, antwortete ich. »Denn sie werden immer in einen Topf geworfen, zusammen mit Menschen mit einer Antisozialen Persönlichkeitsstörung.« Ich hielt kurz inne, um mir eine einfache Zusammenfassung zu überlegen. »Es läuft letztlich auf die Diagnostik hinaus. Menschen mit einer Antisozialen Persönlichkeitsstörung werden mithilfe der Kriterien des Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders eingeschätzt. Das ist ein bisschen wie die Bibel der Psychologie. Allerdings können weder Psychopathen noch Soziopathen auf diese Weise diagnostiziert werden, für sie gibt es daher einen ganz eigenen Test.« »Warum kriegen die ihren eigenen Test?«, hakte Tim nach. »Weil dabei andere Sachen erfasst werden«, erklärte ich weiter. »Nur weil man antisozial ist, macht das einen nicht gleich auch zum Psycho- oder Soziopathen. Und umgekehrt.« »Warum aber werden sie dann in einen Topf geworfen?«, fragte Michelle. »Weil sie unterschiedliche Typen derselben Störung sind. Wie unterschiedliche Schattierungen einer Farbe.« »Was ist dann also der Unterschied zwischen einem Sozio- und einem Psychopathen?«, drängte Tim weiter. »Na ja, also es gibt jetzt gerade noch keinen«, antwortete ich. »Nicht aus klinischer Sicht zumindest. Ich finde aber, es sollte einen geben. Ein großer Teil der Forschung legt nahe, dass diejenigen, die sich am extremen Rand des Spektrums befinden, körperlich nicht in der Lage sind, soziale Emotionen zu erlernen, so wie Scham oder Reue«, erklärte ich ihm. »Die sehe ich als ›wirkliche Psychopathen‹ an, also jene, die rein biologisch daran gehindert werden, die normalen Phasen der emotionalen Entwicklung zu durchlaufen. Bei denen ist es so, als wäre ihr Gehirn falsch verdrahtet, sie lernen einfach nicht aus Konsequenzen oder durch Bestrafungen.«
»Sind Soziopathen aber nicht auch genauso?«, fragte mich Max’ Manager Brian. »Nein, und genau deswegen bin ich der Meinung, sollte man sie separat betrachten. Es gibt wirklich viele Menschen, die deutlich erhöht im Test abschneiden, aber dennoch genau unter den Schwellenwert fallen, um als Psychopath diagnostiziert zu werden. Sie sind körperlich in der Lage, soziale Emotionen zu erlernen, sie müssen sie nur auf andere Art beigebracht bekommen. Und das sind meiner Meinung nach die wahren Soziopathen. Und ich glaube, die meisten davon liegen irgendwo auf dem soziopathischen Spektrum.« Max’ Braunhaarige hatte die Augen aufgerissen. »Ich hatte mal so einen Ex«, sagte sie atemlos. Er nahm ihre Hand hoch und küsste sie liebevoll.
»Okay, aber was hat das jetzt mit Angst zu tun?«, fragte Michelle. »Genau das will ich auch wissen«, erwiderte ich. Ich erzählte ihnen von Cleckleys Psychopathie-Checkliste und von den Eigenschaften, die meiner Meinung nach teilweise fragwürdig waren. »Nehmen wir nur mal den dritten Punkt: Abwesenheit von Nervosität oder psychoneurotischen Manifestationen«, führte ich aus. »Das bedeutet so viel wie: Soziopathen fühlen keine Nervosität und machen sich keine Sorgen oder haben keinen Stress. Und auch wenn ich dem Teil mit der Nervosität zustimme, glaube ich nicht, dass Soziopathen immun gegen Ängste sind. Tatsächlich gehe ich eher davon aus, dass sie sich diesbezüglich wirklich von Psychopathen abheben.« Michelle schüttelte den Kopf und griff nach ihrem Weinglas. »So spannend«, sagte sie. »Was hat dein Interesse dafür geweckt?« »Warte!«, unterbrach Max. »Darf ich’s ihnen verraten?« Ich grinste kokett: »Klar.« »Unsere Patric hier ist erwiesenermaßen eine Soziopathin«, verkündete er voller Pathos. Er lächelte stolz und lehnte sich im Stuhl zurück. »Das stimmt«, gab ich zu. »Ich habe meine Diagnose vor ein paar Jahren erhalten. Und versucht, eine Behandlung zu finden, aber es gibt keine ›o zielle‹ für Soziopathie. Also dachte ich mir, dass ich einfach wieder an die Uni gehen und eine finde.« Ich stockte kurz. »Statt rumzusitzen und darauf zu warten, dass mein schlechtes Verhalten noch schlimmer wird.« Michelle riss ihre Augen noch weiter auf.
Max erhob sich, lief in Richtung Küche und fragte über die Schulter: »In diesem Sinne, braucht noch jemand was?« Ich spürte die Vibration meines Handys und sah eine Nachricht. Auf dem Heimweg. Bist du zu Hause? David musste am nächsten Morgen früh auf Geschäftsreise und wollte mich davor noch mal sehen. Solche Trips waren in letzter Zeit ein größerer Bestandteil seiner Arbeit geworden und da seine Firma immer weiter wuchs, verbrachte er teilweise eine Woche oder mehr in verschiedenen Ecken des Landes damit, Computersysteme einzurichten.
Ich runzelte die Stirn, als ich seine Nachricht las, und verspürte einen Anflug von Traurigkeit. Ich wusste, dass er sich anstrengte. Im Laufe meines Lebens war er sicher derjenige gewesen, der sich im Vergleich zu allen anderen am meisten Mühe gegeben hatte. Der Gedanke daran machte mich beklommen. Plötzlich wollte ich unbedingt bei ihm zu Hause sein. Ich entschuldigte mich, schnappte mir mein Glas und lief schnell in die Küche. »Hey«, sagte ich zu Max, der gerade eine weitere Flasche Wein aufmachte. »Ich muss los, David ist gleich zu Hause.« »Blöd.« Er runzelte die Stirn. »Er fährt morgen, oder?« »Genau«, antwortete ich. »Ist ein kurzer Trip. Nur ’ne Woche.« »Schon was geplant für die Zeit?« »Nicht wirklich.« Max legte den Kopf schrägt. »Dann lass uns doch am Donnerstag im Per Se essen gehen. Muss jedoch etwas später sein. So halb neun?« Mir schwante, dass er das ernst meinte. »Was hast du denn vor?«, fragte ich daher. »Ich muss so ein Presseding hinter mich bringen«, antwortete er. »Das Label fliegt mich ganz früh morgens Richtung JFK. Komm doch mit. Wir landen gegen drei, nach ’ner Stunde bin ich fertig und wir können machen, was wir wollen. Und nach dem Essen fliegen wir einfach wieder zurück.« Ich lachte. »Und was soll ich bitte David sagen?«, fragte ich und verschränkte die Arme vor der Brust. »Dass ich einfach mal so eben in seiner Abwesenheit nach New York jette?« »Warum nicht? Ist ja nicht mal ein Date, wir sind einfach zwei Freunde, die sich auf ein spontanes Abenteuer begeben«, beharrte Max. »Wird ihm doch egal sein.« Ich rümpfte die Nase und starrte ihn an. »Natürlich wäre es ihm nicht egal.« Max zuckte mit den Schultern und grinste. »Dann sag’s ihm halt nicht.« Ich unterdrückte ein Grinsen, schaute weg. »Du bist ein schlechter Einfluss.«
Das stimmte. Im Gegensatz zu David, der immer wollte, dass ich meine soziopathischen Eigenschaften unterdrückte, drängte mich Max seit unserem Kennenlernen eher dazu, sie für mich anzunehmen. Wir hatten eine einfache und sich natürlich anfühlende enge Beziehung zueinander, auch wenn sie nicht
gänzlich gesund war. Dessen war ich mir bewusst. Wie auch der Tatsache, dass es nicht die klügste Idee war, mit Max rumzuhängen. Er war wie eine Partydroge, die mir das Gefühl der Unbesiegbarkeit und Stärke gab. Meine Rettung war, dass ich sie nur in geringen Dosen zu mir nahm. Ein High durch die Droge. Max konnte ich schlicht nicht die ganze Zeit vertragen, wollte ich auch gar nicht. Er war mir zu extravagant und die fast unbegrenzten Ressourcen, die ihm zur Verfügung standen, machten ihn häufig zu einem Chaosmagneten. Ich jedoch bevorzugte Disziplin, also achtete ich auf die Dosis. Ich gab ihm einen freundschaftlichen Kuss auf die Wange. »Ich denk darüber nach.« »Das ist eine furchtbare Idee!«, rief er mir hinterher, als ich durch die Tür ging.
Donnerstagmorgen wachte ich von den Vibrationen der Benachrichtigungen meines Handys auf. Ich schielte auf das Display und sah, dass eine von Max war, ein Foto seiner hochgelegten Füße vor dem Fenster eines Jets.
Loser
Ich grinste und las die nächste Nachricht. Sie war von David. Du schläfst bestimmt noch, aber ich will einfach, dass du weißt, wie sehr ich dich liebe. Es gibt niemanden auf der Welt, der mich so zur Weißglut treibt wie du. Aber es gibt auch niemanden, mit dem ich lieber zusammen wäre. Ich liebe dich so sehr, Patric. Ich seufzte, legte das Handy zur Seite und lehnte mich gegen das Kopfende. Ich war froh, dass ich mich gegen Max’ Einladung entschieden hatte. Auch wenn das nicht einfach gewesen war. Der Musiker wusste einfach, wie er meine dunkle Seite ansprechen konnte. In Bezug auf den Trip nach NYC hatte ich keinerlei Probleme, seiner mentalen Gymnastik zu folgen. Es war schließlich nichts dabei, spontan einen Ausflug mit einem Freund zu unternehmen. Max und ich würden nichts Illegales tun oder uns auf irgendeine unerlaubte Sache einlassen. Ein Abendessen in Manhattan wäre dekadent und lustig gewesen. Das einzige Problem war, dass David es nicht gemocht hätte.
Das war nicht fair. Warum sollte ich etwas so Tolles nicht machen, nur weil jemand anderes dachte, dass es falsch war? Warum wurde andauernd von mir erwartet, dass ich ein paar emotionale Regeln einhielt, zu denen ich keinerlei Bezug verspürte? Warum konnte es nicht einmal andersherum sein? Wann würde jemand mal einen Bezug zu mir verspüren? Oh Mann! Es wäre so einfach gewesen, dieses Flugzeug zu betreten. Ich hätte hin- und zurückjetten können, ohne dass David je etwas davon geahnt hätte. Und ich hätte mich nicht einmal schlecht dabei gefühlt. Aber irgendetwas hielt mich dennoch zurück. Ich war mir an dem Morgen, als David gefahren war, einer Schwere in meiner Brust bewusst geworden. Erst hatte ich sie kaum bemerkt, aber je mehr ich über einen kurzen Ausflug zum Per Se mit Max nachdachte, desto schlimmer wurde das Gefühl. Waren das etwa Schuldgefühle? Ich wusste, dass dem nicht so sein konnte.
Ich hatte sie schon oft genug bei anderen Menschen beobachtet, vor allem bei David. Als Erstgeborener katholischer Eltern war er allzu oft mithilfe von Schuldgefühlen zu etwas gezwungen worden. »Das ergibt gar keinen Sinn«, hatte ich mal zu ihm gesagt, als ich ihn beim Packen für eine Fahrt nach Hause beobachtete. »Du sagst immer, du hasst Weihnachten bei deinem Onkel. Dass er ein Arschloch sei und jedes Jahr Streit mit deiner Mutter suche. Dass am Ende immer alle weinen würden. Warum also fährst du dennoch hin? Ich versteh das einfach gar nicht.« Er hielt inne und betrachtete mich liebevoll. »Ich weiß, dass du es nicht verstehst. Du Glückliche.«
Jetzt, hier im Bett liegend, wünschte ich mir halb, ich säße in einem Flugzeug quer durchs Land, und verstand, was er damit gemeint hatte. Ich hatte nicht entschieden, zu Hause zu bleiben, weil der Trip Schuldgefühle in mir ausgelöst hätte, sondern hatte Max’ Einladung ausgeschlagen, weil ich mich für die Beziehung mit David entschieden hatte. Aber durch sie fühlte ich mich eingeschränkt. Ich fühlte mich schwach. Das ließ mich an den zweiten Superman-Film denken, in dem er der Superkräfte entsagen muss, um mit Lois Lane zusammen sein zu können. Ich fragte mich, ob etwas Ähnliches mit mir geschah. Muss ich das tun, um mit David zusammen sein zu können? Musste ich meine soziopathischen »Superkräfte« ignorieren und wie ein Normalo leben? Immer vernünftige Entscheidungen treffen? Ach, scheiß drauf, dachte ich. Ich würde das unter »In der Theorie deutlich besser als in der Praxis« verbuchen. Frustriert stand ich auf und ging ins Bad. Ich mochte dieses Gefühl nicht, kein bisschen, und hoffte, ich könnte es mit einer Dusche loswerden. Ich drehte das heiße Wasser volle Kanne auf und wollte mich mit dem kochenden Strahl auf meiner Kopfhaut zum Stabilisieren zwingen, aber stattdessen wuchs das Unbehagen immer weiter an.
Ich fühlte mich so zwiegespalten. Einerseits wusste ich, dass ich den Rest meines Lebens mit David verbringen wollte. Ich hatte schon immer eine Art übernatürliche Verbindung zu ihm verspürt, als wären wir füreinander geschaffen worden. An guten Tagen passten wir wie die Faust aufs Auge zueinander. Er glänzte in so vielen Dingen, die mir nicht lagen, und ich in so vielen, die ihm nicht lagen. Das, was wir beide gut konnten, konnten wir wunderbar zusammen. Und das, was wir beide nicht gut konnten, konnten wir wunderbar zusammen nicht. An den guten Tagen waren wir miteinander verbunden. Was jedoch die schlechten Tage so schlimm machte. Schlechte Tage waren jene, an denen ich ihm nicht die Wahrheit sagte, an denen wir so stark voneinander getrennt waren, dass irgendwie alles schieflief. Jedes Gespräch war ein Streit, jedes Wort fehlinterpretiert. An den schlechten Tagen fühlte ich mich verloren. Wie auf offener See. An diesen Tagen stellte ich vollständig jeglichen Versuch einer Entwicklung infrage. Ich atmete tief ein, stellte das Wasser aus und schnappte mir ein Handtuch. »Aber heute wird ein guter Tag«, sagte ich zu mir selbst.
Dennoch wurde ich das klaustrophobische Gefühl in mir nicht gänzlich los. Es war nicht sonderlich ausgeprägt, eher so eine Verschiebung meiner Wahrnehmung. Und dennoch, wie geringfügig es auch gewesen sein mag, es rüttelte mich durch. Wie die Bewegung eines kaputten Elektrospielzeugs, das man schon lange für tot erklärt hatte.
Eingeklemmter Stress.
Dr. Carlin hatte recht gehabt. Meine Gefühle für David würden nie eine dauerhafte Lösung sein, konnten es nicht sein. Ich hatte ihn nur benutzt. Ohne es zu bemerken, hatte ich mich, solange es ging, auf den Wellen seiner Liebe treiben lassen, hatte versucht, mich vor meinen Problemen zu drücken. Jetzt aber, wo die Risse in unserer Beziehung immer virulenter wurden und nicht mehr ignoriert werden konnten, war der Kreislauf aus Apathie und Druck zurückgekehrt. Nur dass ich jetzt keinerlei Strategie hatte, um damit umzugehen. Ich hatte keine Übung mehr darin und wusste nicht, was ich tun sollte, und der Druck – dieser zwanghafte Trieb, etwas Schlimmes zu tun – stieg abermals an.
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