Zeit: Venezuela: USA setzen Kopfgeld auf Nicolás Maduro aus
Seltene Anklage gegen einen Staatschef: Die USA werfen Venezuelas Präsident vor, seit 20 Jahren ein Drogenkartell zu führen. Sie unterstützen Maduros Gegenspieler Guaidó.
Die USA haben Anklage gegen den venezolanischen Präsidenten Nicolás Maduro und mehrere seiner Vertrauten erhoben. Die US-Regierung wirft ihnen Drogenhandel und Geldwäsche vor. Das US-Außenministerium setzte zudem ein Kopfgeld von 15 Millionen Dollar auf Maduro aus. Außenminister Mike Pompeo sagte, die Belohnung werde für Hinweise gezahlt, die zur Ergreifung Maduros führten. Eine Summe von jeweils zehn Millionen Dollar ist auf vier von Maduros Vertrauten ausgesetzt.
In einer Anklage von New Yorker Staatsanwälten werden Maduro und Diosdado Cabello, Chef von Venezuelas sozialistischer Regierungspartei, beschuldigt, sich mit kolumbianischen früheren Farc-Rebellen und dem venezolanischen Militär verbündet zu haben, um Drogenhandel als „Waffe gegen Amerika“ einzusetzen.
In einer weiteren Anklage der Staatsanwaltschaft von Miami wurde Venezuelas Oberster Richter Maikel Moreno Geldwäsche vorgeworfen. Insgesamt wurden 15 Menschen angeklagt, unter ihnen auch Militärs sowie zwei Anführer der inzwischen aufgelösten kolumbianischen Guerillabewegung Farc. Mit dieser soll Maduro seit 20 Jahren eine „drogen-terroristische Partnerschaft“ verbinden, sagte Staatsanwalt Geoffrey Berman. Auch Venezuelas Verteidigungsminister Vladimir Padrino López, Industrieminister Tareck El Aissami sowie der frühere Chef des Militärgeheimdienstes Hugo Carvajal gehören zu den Angeklagten.
Maduro soll seit zwanzig Jahren ein Drogenkartell führen
„Das Maduro-Regime ist voller Korruption und Kriminalität“, sagte US-Justizminister William Barr. „Während das venezolanische Volk leidet, füllt diese Clique ihre Taschen mit Drogengeld und den Einnahmen von Korruption. Das muss aufhören.“
Konkret sollen Maduro und die anderen Angeklagten seit mindestens 1999 einen Drogenhändlerring mit dem Namen Cartel de los Soles (Kartell der Sonnen) anführen. Der Name sei ein Verweis auf Sonnen-Symbole auf den Uniformen hochrangiger venezolanischer Militärs. Einem Bericht der New York Times zufolge soll der Drogenhandel seit dem Niedergang der venezolanischen Ölwirtschaft eine wichtige Einnahmequelle für Maduro sein und trage zur Sicherung seiner Macht bei.
„Das Kartell der Sonnen wollte nicht nur seine Mitglieder bereichern und deren Macht vergrößern, sondern auch die USA mit Kokain überschwemmen und Konsumenten in den USA die schädlichen und abhängig machenden Folgen der Drogen aufbürden“, erklärte das Justizministerium. Ermittlungen, die seit über zehn Jahren liefen, hätten ergeben, dass die Farc und ihre Unterstützer in der venezolanischen Regierung bis zu 250 Tonnen Kokain im Jahr nach Mittelamerika schmuggelten.
Anklagen gegen amtierende Staatschefs sind sehr selten. Gemäß US-Recht und internationalen Normen genießen amtierende Staatsoberhäupter normalerweise Immunität vor Strafverfolgung. Allerdings erkennen die USA Maduro nicht als Venezuelas legitimen Präsidenten an. Stattdessen unterstützen die USA, wie auch die EU und die Bundesregierung, den ehemaligen Parlamentspräsidenten des Landes, Juan Guaidó. Dieser hatte sich im Januar 2019 zum Übergangspräsidenten ausgerufen und die Unterstützung vieler westlicher Staaten, konnte sich aber bisher nicht durchsetzen.
Anklagen könnten auch dem US-Wahlkampf dienen
Seitdem haben die USA bereits bestehende Sanktionen gegen Venezuela massiv verschärft. Unter anderem haben sie den Kauf venezolanischer Staatsanleihen unter Strafe gestellt, 2019 weiteten sie die Sanktionen auf Venezuelas Ölwirtschaft aus. 90 Prozent der venezolanischen Staatseinnahmen stammten zuvor aus dem Ölsektor, die USA waren der wichtigste Handelspartner des Landes. Die Sanktionen sorgten für eine erhebliche Verschlechterung der seit 2013 andauernden venezolanischen Wirtschaftskrise; die USA hoffen, dadurch Maduro stürzen zu können. Allerdings wird er nach wie vor vom venezolanischen Militär geschützt.
Ob die jüngste Anklage ebenfalls diesem Ziel dient, ist umstritten. So sagte der ehemalige Pentagon-Mitarbeiter und Lateinamerika-Experte Frank Mora, die US-Regierung verfolge damit eher das Ziel, sich bei der Präsidentschaftswahl im November die Stimmen lateinamerikanischer Einwanderer im möglicherweise wahlentscheidenden Staat Florida zu sichern. Das sei Präsident Donald Trump und seiner Regierung wichtiger als die Lösung der Krise in Venezuela. „Wir werden nicht hineingehen und ihn schnappen“, sagte Mora. „Hierbei geht es nicht um Regimewechsel oder Wiederherstellung der Demokratie in Venezuela. Es geht um Wahlpolitik.“
Die Opposition in Venezuela hingegen begrüßte die Anklage. Guaidós Außenbeauftragter Julio Borges sagte, Maduro stehe für Drogenhandel und organisiertes Verbrechen. Er rief die Streitkräfte dazu auf, die Seiten zu wechseln und die Opposition zu unterstützen.
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