Wws-T2: Fallgeschichten - Anna kämpft mit ihrem Selbstwert und einer Essstörung Stephanie Stahl - Wer wir sind: Wie wir wahrnehmen, fühlen und lieben. Alles, was Sie über Psychologie wissen sollten

Anna kämpft mit ihrem Selbstwert und einer Essstörung

Anna, 28, hat Karriere als TV -MODERATORIN GEMACHT. MIT 19 JAHREN BEGANN SIE DIREKT NACH DEM ABITUR BEI EINEM VERKAUFSSENDER ZU ARBEITEN, WURDE KURZE ZEIT SPÄTER VON EINEM GROSSEN TV -SENDER ALS HOST EINER TREND-SHOW ENGAGIERT. PARALLEL DAZU BEGANN SIE AUF INSTAGRAM UND YOUTUBE, FOTOS UND FILME VON SICH ZU POSTEN. ZU IHRER COMMUNITY GEHÖRTEN SCHON BALD 100 000 FOLLOWER. FÜR DIE MEISTEN KAM ES ÜBERRASCHEND, ALS ANNA IM MAI 2020 IHREN RÜCKZUG ERKLÄRTE UND FÜR EINEINHALB JAHRE VON DER BILDFLÄCHE VERSCHWAND.

INZWISCHEN HAT SIE ERKLÄRT, DASS SIE UNTER EXTREMEN ESSSTÖRUNGEN LITT UND KURZ VOR DEM ZUSAMMENBRUCH STAND. IM GESPRÄCH MIT MIR KLÄRT SICH, WAS SIE IN DIE ESSSTÖRUNG GETRIEBEN HAT UND WIE SIE IHREN SELBSTWERT HEUTE ZU STABILISIEREN VERSUCHT.

Magersucht und Bulimie gehören übrigens zu den gefährlichsten kinder- und jugendpsychiatrischen Erkrankungen mit hoher Todesrate – ähnlich wie Depressionen mit Suizidalität.

Ich bin in meinen Erfolg unerwartet hineingestürzt. Nach meinem Abitur, als viele meiner Freunde erst mal ins Ausland gingen oder ein Soziales Jahr machten, habe ich gesagt: »Okay, ich will sofort richtig durchstarten und arbeiten.« Ich habe mich bei einem Verkaufssender als Moderatorin beworben und wurde auch sofort genommen. Ich hatte mit meiner Art ziemlich schnell ziemlich viel Erfolg. Aber ich bekam auch die Rückmeldung vom Aufnahmeteam und der Redaktionsleitung, dass ich auf mein Gewicht achten sollte, weil mein Gesicht sonst zu rund oder sogar mopsig aussähe. Kurze Zeit später habe ich ein Angebot von einem richtigen TV -Format bekommen und begann als Moderatorin für eine Trend-Sendung. Da gab es die gleiche Ansage zu meiner Figur. Ich bin vom Typ her keine Elfe, ich war viele Jahre leicht übergewichtig. Im Fernsehen sieht man immer noch mal ein paar Kilo schwerer aus. Ich habe dann Diät gemacht, den Effekt fanden alle super.“

1. Anna stand ganz schön unter Druck, sehr schlank zu sein. Welche psychischen Grundbedürfnisse sind betroffen?

„Das war einerseits natürlich toll. Aber es war für mich nicht leicht, das zu halten. Jedes halbe Kilo sah man mir sofort an. Zu dem Zeitpunkt wusste ich auch nicht wirklich, was so ein Job mir abverlangen würde. Ich hatte nie geplant, eine Fernsehkarriere zu machen. Zu meinem Moderationsjob gehörte auch die Präsenz in den sozialen Medien. Ich hätte nie gedacht, wie viel Arbeit hinter all den Bildern und Videos steckt. Ich wusste auch nicht, wie es sich anfühlt, so im Rampenlicht zu stehen. Zwar habe ich an sich eine freundliche Community. Aber natürlich habe auch ich viele kritische und abwertende Kommentare bekommen. Und das tagtäglich. Sobald ich ein wenig zugenommen hatte und das im Gesicht oder auf den Ganzkörperbildern zu sehen war, wurde das kritisiert: »Anna lässt sich gehen.«“

Hier bestätigt sich, welch massiver Bedrohung Annas Selbstwertgefühl ausgesetzt war.

„Es fühlte sich an, als würde ich von Tausenden Augen ständig beobachtet, beurteilt und bewertet. Das hat einen wahnsinnigen Druck ausgelöst und mich verunsichert. Das Problem ist aber gewesen, dass solche Gefühle nicht gefragt sind bei einer Trend-Moderatorin. Die Leute wollen gut gelaunte Menschen sehen, es soll alles smooth, perfekt und schön sein. Persönliche Probleme bedeuten persönliches Versagen. Das wollte ich nicht vermitteln, denn ich stand hinter dem, was ich gemacht habe. Ich wollte das weitermachen! Ich habe also nach außen hin versucht, mir meine Leichtigkeit zu bewahren. Es gab auch keinen Grund, ein Trauerkloß zu sein.“

2. Was sagt diese Passage über Annas innere Balance aus? Ist sie zugunsten der Bindung oder der Autonomie aus dem Gleichgewicht? Und lebt sie eher mit einem Annäherungs- oder Vermeidungsmotiv?

Ich wollte darüber unbedingt die Kontrolle behalten, davon habe ich mir Sicherheit versprochen. Das heißt, ich habe mir extreme Ernährungs- und Diätpläne und auch Trainingspläne auferlegt. War mein Gesicht besonders schmal und waren die Wangenknochen stark zu sehen, habe ich viel positives Feedback bekommen. Im Nachhinein sehe ich es so: Ich habe für etwas, was sich für mich als negative Verhaltensweise herausgestellt hat, viel Anerkennung, Erfolg und Zuspruch bekommen. Ich habe erst jetzt gemerkt, dass ich sehr extrinsisch motiviert war. Ich habe die Diät nicht für mich gemacht, sondern für die Bestätigung von außen. Das war für mich vielleicht auch deshalb so bedeutend, weil ich diese Anerkennung in meiner Jugend nicht bekommen habe. Jedenfalls nicht von Gleichaltrigen. Mit meiner Familie hatte ich großes Glück, meine Kindheit war total unbeschwert. Sehr frei, sehr liebevoll.“

3. Anna kämpft um ihr Selbstwertgefühl. Wie nennt man den psychologischen Mechanismus, in dem sie hier gefangen war?

„Allerdings hatten meine Mum, meine Schwester und ich alle drei immer mit unserem Gewicht zu tun. Als Kind hätte ich am liebsten den ganzen Tag nur Süßigkeiten gegessen. Und dann hat meine Mutter immer gesagt: »Nein, für uns lieber gesunde Sachen.«

Ich habe dann auch von Gleichaltrigen fiese Kommentare zu meiner Figur bekommen. Ich habe Mobbingerfahrungen gemacht. Und ich hatte deswegen schon sehr früh ein komisches Essverhalten. Ich habe immer aus Emotionen heraus gegessen. Meistens zu viel. Dann ging auch ziemlich früh das heimliche Essen los. Da war ich ungefähr 13 oder 14 Jahre alt. Ich habe mich irgendwann nicht mehr getraut, vor anderen so etwas wie Pizza oder Kuchen zu essen. Ich hatte Angst, dass man denken könnte: »Ja, die hat’s ja nötig.« Ich hatte dann oft so einen enormen Hunger, dass ich angefangen habe, heimlich zu essen, wenn ich alleine war, damit es keiner kommentieren konnte oder irgendetwas über mich denken konnte.“


Hier sieht man, dass es nicht immer nur die Familie sein muss, die das Schattenkind prägt. In Annas Fall waren es die Gleichaltrigen. Mobbing ist häufig ein Auslöser für Essstörungen. Das hat etwas mit dem hohen Kontrollmotiv zu tun, das bei Essstörungen eine große Rolle spielt. Anna hatte Angst vor Ablehnung und hat deswegen auf den Selbstschutz zurückgegriffen, heimlich zu essen. Was das bewirkt, nden Sie unten unter Punkt 3a unter »Meine Überlegungen zu Anna«.

„Jedenfalls wollte ich schon in dem Alter gerne abnehmen. Ich habe in der Schule auch mitbekommen, dass die beliebten, hippen Kids irgendwie alle schlank und cool waren. In der Fachoberschule wurde es dann immer drastischer, und ich habe dann angefangen, erst mal laufen zu gehen. Dann kam FdH dazu, Kalorien zählen, Kohlenhydrate weglassen und so weiter. Irgendwann bin ich zum Kraftsport gekommen, das hat mir geholfen. Das hat mir Kraft gegeben! Aber ich bin dann auch in diese Kontrollschiene reingeraten. Die wurde dann noch mal hochgefahren, als ich mich öffentlich gezeigt habe. Die negativen Kommentare konnte ich einfach nicht ausblenden. Ich habe dann alles getan, um das zu vermeiden. Ich wollte perfekt sein. Glücklich war ich dabei nicht.“

4. Wie zu vermuten war, hat die Essproblematik bei Anna schon früher begonnen. Hier wird auch noch einmal das Vermeidungsmotiv von Anna besonders deutlich. Kontrolle ist häufig die Antwort auf Angst. Was wäre die psychologische Alternative zur Kontrolle?

„Mein Kontrollzwang hat sich dann irgendwann ins Gegenteil verkehrt. Ich hatte heftige Essanfälle, deswegen habe ich immer mal wieder etwas zugenommen. Das wurde in den sozialen Medien jedes Mal kommentiert. Dann kam noch die Trennung von meinem damaligen Freund dazu. All das zusammen – meine Erschöpfung, der Druck, die Diät und die Trennung – war der perfekte Nährboden für meine Essstörung. Ich hätte mir zu diesem Zeitpunkt Hilfe holen müssen. Ich hatte riesige Selbstzweifel. Eigentlich habe ich meinen Selbstwert ausschließlich über mein Aussehen und die Bewertung meines Aussehens definiert. Aber eine Therapie entsprach damals nicht meinem Anspruch an mich. Ich dachte: »Ach, das schaffe ich selber. Ich bin doch nicht gaga!«“

Bei essgestörten Menschen verändert sich der Stoffwechsel, was zu einem winterschlafähnlichen Zustand der Gefühlsarmut führen kann. Durch den negativ veränderten Stoffwechsel können auch Depressionen
entstehen oder bestehende Depressionen verstärkt werden.

„Ein weiteres Problem war aber auch, dass ich gar keinen Freundeskreis oder ein Sozialleben gehabt hätte, um mich aufzubauen oder auch nur abzulenken. Ab einem gewissen Punkt meiner TV-Karriere hatte ich nicht mehr viel mit meinen früheren Freunden zu tun. Ich wollte nicht mehr auswärts essen gehen. Für mich gab es auch keinen Kaffee und Kuchen mehr am Nachmittag. Auch mit meiner Familie hatte ich nur noch über WhatsApp sporadisch Kontakt. Und es gab dann auch keine Feiertage oder Wochenenden, weil ich entweder moderiert habe oder meine Kanäle bedienen wollte.“

5. Hier zeigt sich eine typische Problematik von Überangepassten. Welche könnte das sein?

„Heute sehe ich das anders. Lieber Qualität vor Quantität. Wenn ich mal kein Foto habe, dann gibt’s kein Foto. Wenn ich auf einem Video wenig Likes oder wenige Aufrufe habe, dann ist das halt so. Ich arbeite inzwischen wieder fürs Fernsehen, moderiere aber kein Lifestyle-Format mehr. Ich poste auch mit einem anderen Schwerpunkt: Es geht bei mir inzwischen viel um mentale Gesundheit.

Der Weg zu diesem Selbstverständnis war allerdings nicht einfach. Er begann, als 2020 plötzlich nichts mehr bei mir ging. Für mein Umfeld kam das sicherlich überraschend und war sehr schwer nachvollziehbar. Ich hatte ja immer so getan, als wäre alles super. Ich habe nie Nein gesagt. Aber auch das war Teil des Problems. Ich konnte nicht mehr fühlen, was ich eigentlich brauche. Ich wusste nicht mehr, was normales Essen bedeutet und wann ich Ruhe benötige.“

Hier formuliert Anna noch einmal deutlich, wie stark sie den Kontakt zu ihren Gefühlen und somit auch zu ihren natürlichen Grenzen verloren hatte.

„In einer Art Aufbäumen habe ich dann sozusagen den Stecker gezogen: Ich habe mich von meiner Sendung verabschiedet und auch von den sozialen Medien abgemeldet. Am Anfang meiner Auszeit habe ich eigentlich gedacht, dass ich schnell wieder auf Spur komme. Ich habe in dieser Zeit auch meinen heutigen Freund kennengelernt, und diese Liebe gibt mir viel Halt. Aber ein Zurück gab es trotzdem nicht. Nach einem halben Jahr habe ich gemerkt, dass ich grundlegend umdenken muss.

Ich habe mir eine Therapeutin gesucht und mich mit meiner Essstörung beschäftigt. Die Diagnose hat natürlich erst mal geschmerzt: Bulimia nervosa. Das ist mit viel Scham verbunden. Ich habe aber gelernt, dass Scham ein Teil meines Problems ist und mich daran hindert, Dinge zu verändern. Je offener und ehrlicher ich mit meiner Diagnose in der Öffentlichkeit umgehe, desto freier bin ich auch. Die Scham hält solche Schwierigkeiten sogar am Leben, auch weil es viel Energie kostet, den Schein aufrechtzuerhalten.“

Ein ganz wichtiger Punkt. Diese Schamgefühle sind ganz oft die Verhinderung der Verbesserung. Anna schämte sich so sehr für ihr Problem, dass sie alles mit sich alleine ausgemacht hat. Hierdurch versperrte sie jedoch den Lösungsweg. Durch die Verheimlichung konnte sie weder eine neue Perspektive auf ihr Problem erwerben, noch neue Verhaltensstrategien erarbeiten. Ihr vermeintlicher Selbstschutz hat ihr Problem aufrechterhalten und ihren Selbstwert weiter destabilisiert.

„Heute nehme ich mich anders wahr: Ich habe zwar manchmal Phasen, wo ich zu viel esse und den ganzen Tag Bock auf Schokolade habe, weil ich gestresst bin. Aber dann verfalle ich nicht sofort in Panik. Wenn ich jetzt auswärts esse, dann ist das für mich auch kein Fehler mehr. Es gibt natürlich Phasen, wo ich einfach mit mir selbst so ein bisschen unzufrieden bin, aber das sind keine wirklich tiefen Täler mehr. Ich sehe ganz klar auch andere Dinge, die mich ausmachen. Da sind zum Beispiel meine Werte. Ich denke, dass ich ein wertvoller Mensch bin, weil ich mitfühlend bin, liebevoll und hilfsbereit. Ich bin fleißig. Ich bin ordentlich. Das sind Eigenschaften, die sind wichtiger als die Kontur meines Gesichts. Meine Art oder mein Sein als Mensch kann mir keiner nehmen.“

6. Was hat Anna hier schon gelernt?

„Loslassen habe ich früher als etwas Schlechtes angesehen, weil ich damit Maßlosigkeit und mangelnde Disziplin verbunden habe. Jetzt weiß ich, dass loslassen auch bedeutet, das Leben zu genießen.“

Sehr schön, Anna ist auf einem guten Weg. Sie hat ihre Werte verschoben, mehr Kontakt zu ihren Gefühlen und Grenzen. Und sie lernt, ihr Leben zu genießen.

Meine Überlegungen zu Anna

1. In erster Linie ist Annas psychisches Grundbedürfnis nach Selbstwerterhöhung betroffen. Sie möchte keinesfalls auf Ablehnung stoßen und ihren Selbstwert durch die TV-Karriere stärken. Sie strengt sich an, den Anforderungen zu genügen, indem sie sich den Regeln anpasst. Durch die Diät stellt sie Kontrolle über ihre Angst vor Ablehnung und Versagen und somit über ihren Selbstwert her.

Vermutlich ist es übrigens kein Zufall, dass sie sich einen Beruf gewählt hat, in dem das Aussehen eine sehr wichtige Rolle spielt. Ihr Selbstwertgefühl dürfte schon früh mit diesem Thema verknüpft gewesen sein, und unbewusst hat sie wohl durch ihre Berufswahl die Kontrolle darüber herstellen wollen.

2. Annas innere Balance ist zugunsten der Bindung aus dem Gleichgewicht. Sie ist überangepasst und deswegen bestrebt, alle Erwartungen zu erfüllen. Um sich vor Ablehnung und somit vor Selbstwertverlust zu schützen, verfolgt sie vorwiegend Vermeidungsziele: Ihr Ziel ist, nicht abgelehnt zu werden. Frauen und Mädchen, die unter einer Essstörung leiden, weisen übrigens typische Eigenschaften auf. So etwa eine hohe soziale Überanpassung, einhergehend mit einer sehr strengen Selbstbewertung bis hin zur Selbstverachtung sowie einer Neigung zu Zwängen und Perfektionismus. Durch die Überanpassung ergibt sich natürlich auch ein gestörter Kontakt zu den eigenen Emotionen. Alles typische Schutzstrategien, die einem hohen Vermeidungsmotiv dienen.

3. Anna ist hier im Selbstwertspiegel gefangen (siehe auch »Wir sind unsere Erinnerung«). Ihr Selbstwert hängt von der Spiegelung ihrer Umwelt ab. Sie tut hierdurch fast alles für die Anerkennung anderer und verliert den Kontakt zu ihren eigenen Bedürfnissen und ihrer Authentizität.

3a. Das heimliche Essen erhöht die soziale Isolation und verhindert damit, dass Anna ein reales Maß für Essensportionen nden konnte, weil der Vergleichsmaßstab mit anderen fehlte. Außerdem verursacht heimliches Essen Schuldgefühle, weil Heimlichkeit dem Gehirn signalisiert: Das ist besonders schlimm! Die Schuldgefühle in Kombination mit den Minderwertigkeitsgefühlen verstärken die Abwärts- und Suchtspirale. Letztlich fördert heimliches Essen auch Fressanfälle, weil sowohl die soziale Kontrolle fehlt als auch die soziale Wärme. Essen ist schließlich oft eine Ersatzhandlung für mangelnde Geborgenheit.

4. Die Alternative zur Kontrolle wäre hier Vertrauen. Anna bräuchte in sich das Selbstvertrauen, dass sie auch unter der Bedingung, pummelig zu sein, ein wertvoller und schöner Mensch ist. Auch wenn der Druck durch unsere Schönheitsnormen im Außen hoch ist, bestimmt das eigene Selbstvertrauen in hohem Maße mit darüber, wie stark man geneigt ist, diesem Druck nachzugeben. Es ist schwer für Anna zu glauben, dass sie pummelig schön sein kann. Denn das Wissen, dass nur die schlanke Frau zählt, hat sie ganz früh geprägt.

Kontrolle bei Essstörungen bedeutet aber auch Kontrolle über das Hungergefühl, und diese wiederum pampert das Selbstwertgefühl. Wer sein Hungergefühl unter Kontrolle hat, ist sichtbar besser als die anderen – so empfinden das zumindest die meisten Essgestörten.

5. Überangepasste gehen häufig weit über ihre psychischen und physischen Grenzen hinaus, weil sie sich selbst so schlecht spüren. Um ihr Selbstwertgefühl zu stabilisieren, fokussiert sich Anna total auf ihre Karriere und vernachlässigt hierdurch Freunde und Familie; sie isoliert sich von ihren Sozialkontakten, was ihre Einsamkeit und ihre Probleme noch verstärkt. Durch ihre Essstörung beißt sich hier auch noch die Katze in den Schwanz: Sozialkontakte sind häufig mit Nahrungsaufnahme (Restaurantbesuch; Kaffee und Kuchen) verbunden. Das wollte Anna ja in dieser Phase ihres Lebens unbedingt vermeiden.

6. Anna hat hier schon gelernt, besser auf ihre Bedürfnisse zu achten und gesunde Grenzen zu ziehen. Sie hat einen neuen Freund gefunden, ihre Werte verändert und auch ihre Interessen verschoben. Damit kann sie sich jetzt mit gutem geistigem Input füttern und ihr Bedürfnis nach Liebe und Anerkennung viel gesünder befriedigen. Die Ersatzhandlung / Droge »Essstörung« kann somit in den Hintergrund treten. Anna hat viel gelernt, so auch, sich anzunehmen, wie sie ist, und damit auch ihr Perfektionsstreben aufzugeben und das Leben mehr zu genießen.