Marktwirtschaft

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Unter dem Begriff Marktwirtschaft wird heute meist die Marktwirtschaft unserer Zeit, also die kapitalistische Marktwirtschaft, verstanden. Tatsächlich aber sind Märkte und Handel, die zusammen die Marktwirtschaft ausmachen, bereits mehrere tausend Jahre alt.


Unsere Vorfahren haben in grauer Vorzeit als Nomaden vom Sammeln und von der Jagd gelebt, sind dann nach und nach sesshaft geworden, haben einzelne Dorfgemeinschaften gebildet und anschließend begonnen, Ackerbau und Viehzucht zu betreiben. Da sie mit der Zeit mehr produzieren konnten, als sie selbst benötigten, haben sie irgendwann zu tauschen begonnen. Und weil sich ihr Lebensstandard durch diesen Tausch verbesserte, haben sie von da an nicht mehr nur für den Eigenbedarf, sondern auch ganz gezielt für den Tausch produziert.


Auf diese Weise entstanden die ersten Märkte, dann der erste Handel und später das erste Geld. Die Grundzüge dieser frühen Marktwirtschaft haben sich bis in unsere Zeit erhalten, aber ihre Mechanismen haben sich im Verlauf der Geschichte gewaltig verändert.


Den größten Schub und die größte Veränderung hat die Marktwirtschaft durch die Industrialisierung erfahren, die in Europa in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts einsetzte und mit der Entstehung der Nationalstaaten und der Einführung nationaler Währungen einherging.


Die Industrialisierung führte zur kapitalistischen Produktionsweise, in der Geld, das in die Produktion floss, zu Kapital wurde und fortan eines forderte: Wachstum – und zwar unbegrenztes Wachstum. Das aber brachte Probleme mit sich.


Da die Warenproduktion immer größere Ausmaße annahm und ständig neue Rohstoffe und neue Absatzmärkte gebraucht wurden, stieß die Marktwirtschaft schon bald an die neu geschaffenen nationalen Grenzen.


Das Ergebnis dieses Konflikts war der Kolonialismus. Um weiter zu wachsen, wurden Länder erobert, deren Rohstoffe geplündert und deren Einwohner zu billigen Arbeitskräften und zu Konsumenten gemacht. Aber auch der Kolonialismus stieß an seine Grenzen, denn irgendwann waren die infrage kommenden Länder alle vergeben.


Nun begann unter den Industriestaaten ein Kampf um die Neuaufteilung der Kolonien, der im Ersten Weltkrieg mündete und später im Zweiten Weltkrieg seine Fortsetzung fand.


Begleitet wurde dieser Prozess von einer immer stärkeren Monopolisierung und Kartellbildung, die dazu führte, dass das Grundprinzip der Marktwirtschaft, das Spiel von Angebot und Nachfrage, immer mehr der Manipulation durch die großen Marktteilnehmer wich.


Außerdem führte die durch den steigenden industriellen Output zunehmende Sättigung der Märkte zur Verschleißproduktion, ohne die die Marktwirtschaft schon lange nicht
mehr funktionieren würde.


Ab 1948 kam es dann zum sogenannten Nachkriegsboom, der ein Vierteljahrhundert anhielt und die Illusion von der „sozialen Marktwirtschaft“ aufkommen ließ. Der Boom war aber nur die Folge des Wiederaufbaus nach dem Zweiten Weltkrieg und der Überflutung des Weltmarktes mit US-amerikanischen Waren und dem zur globalen
Leitwährung erkorenen US-Dollar. Als dieser Boom Mitte der 1970er Jahre zu Ende ging, stieß die Marktwirtschaft erneut an ihre Grenzen.


Um trotzdem weiteres Wachstum zu ermöglichen, griffen die Verantwortlichen zu einem neuen Mittel, nämlich der Deregulierung, also dem fortschreitenden Abbau von Gesetzen, die den Finanzsektor bis dahin geregelt und eingeschränkt hatten.


Das Ergebnis war, dass die Finanzmärkte förmlich explodierten und die Warenmärkte schon bald bei weitem übertrafen. Da sie aber auch auf dem Prinzip unendlichen Wachstums basierten, stießen sie ebenfalls bald an ihre Grenzen: Zum ersten Mal 1998, als ein US-Hedgefonds zusammenbrach und das globale Finanzsystem durch mehrere Großbanken vor dem Zusammenbruch bewahrt wurde.


Zum zweiten Mal 2007/08, als Regierungen und Zentralbanken eingreifen mussten, um die Finanzmärkte und damit die Marktwirtschaft zu retten. Seit 2008 leben wir nun in einer historisch einmaligen Situation, denn die Marktwirtschaft lässt sich nur noch durch extreme Manipulation seitens der Zentralbanken am Leben erhalten. Diese pumpen immer mehr Geld ins System, vergeben es zu immer niedrigeren Zinsen, kaufen Aktien und Anleihen und halten marode Unternehmen und bankrotte Staaten über Wasser.


Das Problem dabei ist, dass alle diese Maßnahmen das System untergraben und letztendlich zerstören. Das heißt, wir leben in der Endphase eines Systems, das auf unendlichem Wachstum basiert und damit in einem unlösbaren Widerspruch zur Wirklichkeit steht, denn die Welt, in derwir leben, ist endlich.