In der analytischen Psychologie von C. G. Jung taucht der Begriff des Selbst im Zusammenhang mit dem Individuationsprozess auf.
 
Auf diesem Weg ist der Mensch immer wieder gefordert, sich bewusst den neu auftauchenden Problemen zu stellen. Individuation bedeutet, sich nicht nach Normen oder Erwartungen zu richten, sondern ein Gespür für die eigenen Entwicklungstendenzen zu entwickeln und diesen zu folgen. In diesen Tendenzen äußert sich das Selbst als innere Ganzheit. Individuation ist in diesem Sinne Selbstfindung und Selbstverwirklichung.
 
Heute betrachten wir das Selbst vor allem aus der Perspektive des Erlebens, d. h. als Selbsterleben. Wir betonen damit, dass wir trotz aller Entwicklung und Veränderungen im Lebenslauf ein Gefühl von Kohärenz und Kontinuität für unsere Person haben. Es ist eng mit dem Gefühl verbunden, wer und wie wir sind, d. h. mit einem Gefühl der Identität.
 
Dieses Gefühl nährt sich aus dem Erleben der Gegenwart, aus den Erfahrungen der Vergangenheit und aus den Entwürfen für die Zukunft. Es hat seine Quelle im Innern und reflektiert zugleich die Erfahrungen mit den Anderen und die Erwartungen und Vorgaben, die von dort an einen herangetragen werden.