Medizin

Die Zeit wird kommen, in der man biologische Transmutationen in der Medizin voll anerkennt und praktiziert. Die Gesundheit des heutigen Menschen ist vergänglich; sie dauert nur solange, wie die Wirkung der letzten Tablette anhält. Kaum zeigt sich ein Krankheitssymptom, will man es mechanisch in den Griff bekommen, indem man die neueste Medizin einnimmt, die gerade auf dem Markt ist. Wenn die einfache Dosis nicht reicht, nimmt man die doppelte, und so fort – monatelang, selbst ein Leben lang. Statt Qualität zu suchen, wendet man sich der Quantität zu. Die Quantität mag die Krankheit zwar für eine Weile in Schach halten, doch wie ein Ball, den man unter Wasser drücken will, bricht sie an anderer Stelle umso stärker hervor.

 

Die Medizin, die viele Ärzte heute praktizieren, ist nicht sehr intelligent. Stets wird dafür gesorgt, daß nichts verloren geht. Verschwindet etwas, so sind alle besorgt und ersetzen es schleunigst; und um den Erfolg dieses mechanischen Vorgehens zu sichern, gibt man gleich reichlich. Der Mensch ist von einem umfassenden Verständnis der Physiologie zu einer rein mechanischen Sichtweise übergegangen. Der Körper ist nichts als eine Fabrik ohne Bedienungspersonal, in der die Maschinen ein irrationales Eigenleben entfalten. Man stellt jemand ein, um alles wieder in Ordnung zu bringen, doch die Aufgabe ist so kompliziert, daß er aufgibt, und ein anderer wird eingestellt. Das Bestreben, einen Stoff „ersetzen“ zu wollen, spiegelt ein primitives Denken und beruht auf einem mangelhaften Verständnis. Solche mechanischen Vorstellungen und Methoden machen die Menschen ängstlich und geben ihnen das Gefühl, fehl am Platze zu sein. Sie behindern den Fortschritt und, schlimmer noch, lassen die geistigen Fähigkeiten des Menschen verkümmern. Hätte er das richtige Verständnis, so könnte er sich weiterentwickeln und zu dem werden, was er sein soll, und nicht zu einem zwanghaft geschäftigen Wesen, das seine Zeit damit vergeudet, seine Sorgen und Wehwehchen zu kurieren.


Das Phänomen der biologischen Transmutationen bringt den Menschen wieder zum Leben und zur Realität zurück. Wenn er sie studiert und nutzt, erlangt er die Gesundheit zurück, die ihm schon vor langem abhanden gekommen ist. Gesundheit bedeutet nicht nur, fähig zu sein, seine Arbeit mit der nötigen Kraft zu verrichten, sondern auch klar denken und von den Wundern dieser Welt lernen zu können. Gesund sein heißt wachsen und wahrnehmen, von anderen in Demut lernen können. Künstlich herbeigeführtes körperliches Wohlbefinden ist nur vorübergehend. Wahre und vollständige Gesundheit muß Körper und Geist umfassen; sie schließt Glück und Verständnis ein. Die Anwendung der biologischen Transmutationen kann ein Wegweiser zum rechten Verhalten sein.

Calcium ist nicht immer das richtige Mittel

Die Fragen der Dekalzifizierung und der Stärkung der Knochen müssen völlig neu erforscht werden. Wie wir bereits sahen, können Knochenbrüche durch organische Kieselerde schnell geheilt werden (siehe Kapitel 6). Wir sahen auch, daß Schachtelhalm (Zinnkraut), eine ausgesprochen Calciumarme Pflanze, den Knochenheilprozeß unterstützen kann. Im Frühling enthält Schachtelhalm, im Gegensatz zur selben Pflanze im Sommer, viel organisches Silicium, nicht das mineralische Silicium (Kieselerde), das im Gegenteil dekalzifizierend wirkt.


Frisches junges Gemüse (junge Pflänzchen), Radieschen usw. enthalten viel Kieselerde. Wir wissen heute, daß Milchkühe mehr Calcium abgeben können als sie aufnehmen, ohne dabei zu dekalzifizieren, weil sie frisches Gras essen. Schwangere und Stillende können ihren Speisezettel anpassen, indem sie etwas Schachtelhalm zu sich nehmen, um eine Dekalzifizierung zu vermeiden. Darin besteht heute Einigkeit, und in Frankreich sind bereits entsprechende Mittel auf dem Markt.


In vielen Aufsätzen werden Autoren zitiert*, die sich auf meine Arbeiten beziehen und die spektakulären Ergebnisse zitieren, die bei der Anwendung von organischer Kieselsäure auf die Heilung von Knochenbrüchen erzielt wurden. Der Chefarzt eines Krankenhauses bat mich um Mithilfe in einem komplizierten Fall, in dem ein junger Mann bei einem Unfall einen sehr schweren Knochenbruch erlitten hatte. Die klassische Behandlung mit Vitamin D und Calciumphosphat hatte keine Besserung gezeitigt. Doch bei der Anwendung von organischer Kieselerde verheilten die Knochen rasch. Mehrere weitere Beispiele könnten hier noch genannt werden.


Zu jener Zeit war Professor Delbet bereits zu der Überzeugung gelangt, daß die Verabreichung von Calciumphosphat nichts nützt. Er schrieb: „Es ist fraglich, ob das Calciumphosphat in den Knochen gebildet wird“, und „wir wissen nicht, wie das Calciumphosphat in das Skelett kommt“, denn man hat noch nie Calcium auf dem Transportweg zum Knochen gefunden.

* R. Haegel: „Calcifications et transmutations biologiques“ in: La Nouvelle Hygiène (Paris) Sept. 1966

 

Im Jahre 1962 verfaßte Hans Selye, ein österreichisch-kanadischer Autor, ein ganzes Buch über das, was er „Calciphylaxis“ nannte. Er definiert dies als „eine diffuse Überempfindlichkeit“, in der „die Gewebe auf eine intensive und lokale Kalzifizierung reagieren“, eine rein dialektische Erklärung. Leider kommt er zu dem Schluß: „Nach welchem lokalen Mechanismus die Kalzifizierung genau abläuft, ist eines der bedeutendsten Probleme der Biochemie, die noch nicht gelöst wurden.“ Er kannte meine Arbeiten nicht.

 

Die Frage der Kalzifizierung gebietet uns, alle unsere Auffassungen über richtige Ernährung zu revidieren, denn es nützt nichts, den mineralischen Kalkgehalt der Lebensmittel zu berücksichtigen. Den größten Teil davon scheidet der Körper wieder aus, und den Rest bindet er nur mangelhaft. Generell läßt sich sagen, daß man aufgenommenes Calcium an heißen Tagen ausscheidet. Der mineralische Kalk entsteht zum Teil aus Magnesium, wenn dieses im Überschuß gebildet wurde.

Die Forschungen von Charnot*

Bei der Autopsie eines Tuberkulosepatienten fiel Charnot eine Stärkung der Knochen auf, während zugleich der Magnesiumgehalt außerhalb des normalen Bereichs lag und in den Knochen das Silicium fehlte.


* A. Charnot: Le silicium dans l’ostéomalacie, le darmous et la tuberculose. Paris 1947

 

Magnesium und Silicium sind zwei der hauptsächlichsten Quellen, aus denen der Körper sich den Kalk bildet. Diese Feststellung war der Ausgangspunkt zur systematischen Forschung an tuberkulösen Meerschweinchen, bei der sich herausstellte, daß Tuberkulose stets mit einer Dekalzifizierung einhergeht. Vor dem Calcium verschwindet das Silicium; dies ist ein frühes Anzeichen der Dekalzifikation. Gibt man aber organische Kieselerde, so kommt es zu einer raschen Verkalkung der Kavernen. Verschwindet die Kieselerde, so verläßt Calcium den Knochen. Gibt man organische Kieselerde, kehrt das Calcium zurück. Welche Erklärung man dafür auch immer haben mag, eine Tatsache ist unbestreitbar: die beiden Elemente stehen zueinander in einer Beziehung.


Charnot bemerkte auch, es gebe einen Zusammenhang zwischen Veränderungen des Kaliumgehalts und Dekalzifizierung. (Siehe dazu das Kapitel 5.) Das brachte ihn auf den Gedanken, die Wirkungen des Siliciums und des Kaliums bei der Rheumabehandlung einzusetzen.

 

Einer Patientin, deren Rheuma so schlimm war, daß es ihre Finger und Gelenke deformiert hatte, gab Charnot Kaliumhydrogencarbonat mit einem Extrakt von organischer Kieselerde. Vor der Behandlung wurde eine Röntgenaufnahme gemacht. Nach sechs Tagen Behandlung machte man eine weitere Röntgenaufnahme. Sie zeigte völlige Ausheilung.


Einem anderen Patienten, der an einer Dekalzifizierung im Knie litt, gab er wiederum organische Kieselerde, diesmal aus Pflanzen gewonnen. Die Kieselerde wurde zusammen mit Kaliumhydrogencarbonat verabreicht. Nach einem Monat täglicher Behandlung war das Knie geheilt.


Einer stark dekalzifizierten Frau gab er mehrere Tage hintereinander mehr Calcium, als sie ausschied. Trotzdem schied sie mehr Kieselerde aus, als sie aufnahm. Daraus kann man zwar lernen, daß Kalium und Silicium dem Knochen Calcium bringen und so Rheuma ohne die Einnahme von Calcium heilen können, doch man sollte sich vor Verallgemeinerungen hüten. Eine übermäßig große Dosis an Kieselerde, besonders mineralischer, ruft Dekalzifizierung hervor. Das Experiment von Charnot wird hier als Beispiel für biologische Transmutationen im menschlichen Körper angeführt.


So manchem Arzt ist klar geworden, daß es nicht ratsam ist, sich völlig auf die Chemie zu verlassen. Eine Calciumreiche Kost zum Beispiel führt nicht notwendigerweise zu einer ordentlichen Stärkung der Knochen. Das sagen auch Wissenschaftler, denen an der Propagierung wirkungsvoller Ernährung gelegen ist. Einer von ihnen, Dr. Plisnier aus Belgien, hat verschiedene Beobachtungen gemacht, die im Licht der biologischen Transmutationen einen Sinn ergeben. In seinem Buch Sauvez votre santé (Rette Deine Gesundheit!) sind einige Beobachtungen enthalten, die ich hier nur unvollständig zitieren kann:


a) Verzögerte Zahnentwicklung bei Kindern, die eine Kost mit normalem Calciumanteil erhielten (nach der alten, klassischen Ernährungslehre, die Obst, Gemüse, Milch, Käse und Fleisch vorschreibt) wurde innerhalb weniger Wochen behoben. Sie durften keine Milch und keinen Käse zu sich nehmen (denen man einen hohen Anteil assimilierbaren Calciums nachsagt).


b) Dieselbe Calciumarme Kost ermöglichte die rasche Heilung eines Knochenbruchs. Bei der Patientin handelte es sich um eine über 60 Jahre alte Frau, die sich einen Oberschenkel gebrochen hatte und der trotz zweier Operationen und einer Calciumreichen Ernährung nicht heilen wollte.

 

Autoren medizinischer Fachaufsätze räumen allerorten ein, daß sie sich widersprüchlichen Daten gegenübersehen, und zwar zu Natrium, Kalium, Magnesium und vor allem Calcium. Wir dürfen nicht blind alles akzeptieren, was man uns beigebracht hat. Man hat uns gelehrt, daß es vor allem auf die Substitution ankommt, daß Calcium auftaucht, weil es z. B. durch Magnesium verdrängt wurde. Diese Position entspringt dem Konformitätsdenken, im Sinne des Dogmas von der „Nichterschaffung“ von Materie. Diejenigen, die die Substitutionstheorie vertreten, haben noch nie das Magnesium und Calcium gewogen, das vor und nach dem Experiment vorhanden war.


Anhänger der Substitutionstheorie sagen, die Summe aus Magnesium und Calcium sei konstant. Das ist eine unbewiesene Behauptung, denn die relative Konstanz, die sie beobachtet haben, beruht darauf, daß das Magnesium weniger und das Calcium mehr wird. Konstant ist die Summe aus Magnesium plus Kalium plus Calcium. Folgt man aber einigen Wissenschaftlern, so ist das Element, das einem Organ verlorengegangen ist, woandershin gegangen.


Ich erinnere den Leser an die Experimente in der Sahara, wo die Ölbohrarbeiter sechs Monate lang durchschnittlich jeden Tag 320 mg mehr Calcium ausschieden als sie aufnahmen, und das ohne Dekalzifizierung! Alles was über den Calciumstoffwechsel geschrieben wurde, muß neu erforscht werden, soweit es die biologischen Transmutationen nicht berücksichtigt, denn es gibt einige wesentliche Tatsachen, die die Medizin anzuwenden beginnen muß.

Die Schilddrüse und der Calciumstoffwechsel

Im Kapitel über Natrium und Kalium habe ich die Ansicht vertreten, die Transmutation des Kaliums hinge möglicherweise vom Aldosteron ab. Doch in dem Kapitel, das dem Magnesium gewidmet war, habe ich nichts über mögliche endokrine Sekretionen gesagt, die mit der Magnesium-Calcium-Umwandlung in Zusammenhang stehen könnten. Um der Erforschung des Enzyms, das diese Umwandlungen bewerkstelligt, eine Richtung zu geben, seien hier einige Befunde wiedergegeben:


M. Fontaine* hat die Rolle der Schilddrüse in der Regulierung des Mineralstoffwechsels bei Wirbeltieren, insbesondere Fischen, erforscht.


* Archives Soc. Physiologie 7 (1954) C.55 bis C.78 (Paris)

 

Nach Olivereau# regt eine Verringerung des Salzgehalts des umgebenden Mediums die Schilddrüsenfunktion an, während das Umgekehrte, die Erhöhung des Salzgehalts des inneren Milieus, die Tätigkeit der Schilddrüse reduziert.

 

# C. R. Soc. Biologie (1948), S. 124, 176 (Paris)

 

Nigrelli** ist der Ansicht, daß die Änderung des Calcium-Magnesium-Quotienten des Wassers für die Beeinflussung der Schilddrüsenaktivität beim Fisch verantwortlich ist. Das gleiche sagen die Professoren Berg und Rasquin; Olivereau stimmt dem ebenfalls zu (1955). Etienne## studierte die Wirkung der Ionen des Kaliums, Magnesiums und Calciums auf die Schilddrüsenfunktion der Forelle. Viele andere, z. B. Koch*, untersuchten den Einfluß des Schilddrüsenhormons auf die Steuerung der Osmose beim Fisch.


Viele Einzelentdeckungen haben also gezeigt, daß das Enzym, das die Beziehung von Magnesium und Calcium reguliert, anscheinend von der Schilddrüse abgesondert wird. Die anregende Wirkung geht dabei vom Magnesium aus, so daß man annehmen müßte, das Magnesium rufe eine verstärkte Schilddrüsentätigkeit hervor.

 

Diese Abhängigkeit des Calcium-Magnesium-Quotienten von der Aktivität des Schilddrüse ist je nach Fischart äußerst variabel; alle reagieren verschieden auf bestimmte Konzentrationen der Natrium-, Kalium-, Magnesium- und Calciumionen im Wasser. Offenbar gibt es diese Abhängigkeit in unterschiedlichem Ausmaß bei allen Wirbeltieren. Beim Menschen fand Leriche einen Zusammenhang zwischen extremen Calciumschwankungen und einer Überfunktion der Nebenschilddrüse.


Störungen des Calciumstoffwechsels stehen stehen also anscheinend mit Veränderungen der Aktivität der Schilddrüse und der Nebenschilddrüse in Zusammenhang. Jegliche endogene Bildung von Calcium hängt augenscheinlich mit der Schilddrüse und der Nebenschilddrüse zusammen. Man hat auch die Wirkung von Kalium untersucht. Es regt die Schilddrüsenfunktion genauso an wie Magnesium. Calcium tut dies nicht.


Doch das Calcium kann auch aus Silicium stammen (und es könnte eine gleichzeitige Reaktion von Magnesium, Kalium und Silicium geben, in der Calcium gebildet wird), so daß man nach einem Zusammenhang zwischen organischem Silicium und der Schilddrüsentätigkeit suchen muß. Fest steht, daß Menschen, die an Tuberkulose leiden, auch eine Dekalzifizierung aufweisen. So untersuchte Dr. A. Charnot 29 Organe oder Bestandteile eines gesunden und eines tuberkulosekranken Meerschweinchens auf ihren Kieselsäuregehalt. Hier einige seiner Resultate (Angaben in Gramm pro 100 g Frischgewicht):

** Zoologica 37 (1952), S. 185-189 (Paris)

## C. R. Soc. Biologie 152 (1958) No. 2, S. 308-312 (Paris)

* Ann. Soc. Roy. Zool. Belge 73 (1942) S. 164-172

 

Organ gesundes Meerschweinchen  tuberkulosekrankes Meerschweinchen
Lunge 0,0059 0,0058
Leber 0,0053 0,0068
Niere 0,0046 0,0055
Hirn 0,0093 0,0104
Herz 0,0072 0,0073
Bauchspeicheldrüse 0,0061 0,0044
Schilddrüse 0,0234 0,0533
Nebenniere 0,0418 0,0390
Blut 0,0452 0,0554
Kleinhirn 0,0663 0,0686
Zähne 0,0505 0,0463
Knochen 0,0491 0,0412
Haut 0,0657 0,0573
Haar 0,0899 0,0530

 

Der Kieselerdeanteil in der Milz ist derselbe wie in der Bauchspeicheldrüse. Reich an Kieselerde ist die Thymusdrüse junger Meerschweinchen. Man sieht, daß die Zähne und Knochen bei gesunden Meerschweinchen viel Kieselerde enthalten, bei kranken aber wenig. Diese Abnahme des Siliciums geht der Abnahme des Calciums voraus, so als verursache der Siliciummangel den Calciummangel. Das ist bemerkenswert, sind doch Haarausfall und brüchige Nägel Frühzeichen einer Dekalzifizierung.


Man sieht auch, daß die Schilddrüse im Verhältnis zu den anderen Organen viel mehr Kieselerde enthält. Beim tuberkulosekranken Tier ist es mehr als doppelt soviel wie beim gesunden.


Diese relative Siliciumanreicherung deutet an, daß die Schilddrüse eine bedeutende Rolle im Calciumstoffwechsel spielt. Meines Wissens ist das nie zuvor beobachtet worden. Es erscheint darum vielversprechend, die Ergebnisse der Forschung zur Rolle der Schilddrüse beim Stoffwechsel des Magnesiums, Kaliums, Siliciums und Calciums genauer zu studieren.


Es gibt noch weitere Fälle, in denen sich die Schilddrüsentätigkeit mit dem Magnesium in Verbindung bringen läßt. Ich bin bereits auf die von Delbet erwähnten Veränderungen der Magnesiumwerte bei Krebs eingegangen. Wird die Schilddrüse in einer Krebsoperation entfernt, so zeigt sich die Neubildung von Krebsgewebe umso ausgeprägter.


Könnte das nicht auf die Tatsache zurückzuführen sein, daß die Regulation des Magnesiumstoffwechsels und auch die des Kaliums und Siliciums gestört wurde? Wäre das nicht eine ideale Basis für Krebswachstum?

 

Herzversagen

Ärztegruppen (unter ihnen auch Professoren an der Medizinischen Fakultät), die mehr über Grundfragen ihres Faches wissen wollten, haben mich einmal gebeten, über einen Mechanismus zu referieren, den man bis dahin mit der Biochemie nicht erklären konnte, nämlich die Zunahme von Kalium im Blutserum trotz kaliumfreier Diät. Sie hatten meine ersten Bücher gelesen, in denen ich beschrieben hatte, wie eine endogene Kaliumbildung möglich ist. Dies eröffnete neue Horizonte für die Erklärung des Mechanismus, der zum Herzversagen führt. (Ein übermäßiger Anstieg der Kaliumwerte im Serum führt den Tod herbei.)


Allgemein bekannt ist, daß Körperzellen (einschließlich der Nervenzellen) einen hohen Kaliumgehalt haben, obwohl sie ihre Nahrung aus einem natriumreichen Milieu beziehen. Das Kalium kann durch die Zellwand aus dem Innern der Zelle nach draußen wandern und umgekehrt. Manchmal gilt das auch für Natrium; im Normalfall stellt sich ein Gleichgewicht ein, bei dem der Kaliumgehalt im Zellinnern viel höher ist als außen. Aus diesem Grund liegt das Potential an der Zellaußenwand zwischen dem von Kalium und Natrium, und zwar mehr in Richtung Kalium. Im Serum herrscht ein Potential, das mehr zu dem von Natrium tendiert.


Erinnern wir uns, daß das elektrochemische Potential von Natrium gegenüber Wasserstoff negativ ist: -2,715 Volt. Das Kaliumpotential ist noch stärker negativ: -2,924 Volt. Kalium ist also um 0,209 Volt stärker negativ. Eine Batterie ist denkbar, in der Natrium den positiven und Kalium den negativen Pol bildet. (Man muß berücksichtigen, daß Nervenzellen auf Potentialdifferenzen von wenigen Millivolt ansprechen. Zu unterscheiden sind Ruhemembranpotentiale und Aktionspotentiale. Darum sind Mischungen mit stark schwankenden Kalium- und Natriumanteilen denkbar, denn im reinen Zustand bei Standardbedingungen bestünde eine Potentialdifferenz von 209 Millivolt.)


Ist aber das Mischungsverhältnis so, daß die Differenz der Potentiale auf beiden Seiten der Zellwand zu klein wird, dann ist keine Erregung möglich. Die Nerven sind blockiert, und es kommt zum Herzversagen. Beim Herzversagen kann der Kaliumgehalt im Serum so stark ansteigen, daß die Potentialdifferenz gegenüber dem Zellinnern nicht mehr ausreicht und die Nervenreizleitung blockiert wird. Das ist natürlich nur eine vereinfachte Darstellung, denn wie immer in der Biologie ist die Realität viel komplexer.


Um ein gefährliches Ansteigen des Kaliumgehalts im Blut zu verhindern, haben manche Ärzte eine streng kaliumarme Diät vorgeschrieben. Doch trotz des starken Kaliummangels in der Nahrung stiegen die Kaliumwerte weiter an und führten schließlich zur Katastrophe. Angesichts dieses Befundes meinten andere, die gefährliche Zunahme der Kaliumwerte im Blut erfordere einen Austausch des kaliumreichen Serums gegen eine künstliche physiologische Kochsalzlösung mit 0,9 % NaCl, ohne Kalium. Leider bewirkte die direkte Injektion von Natrium in den Blutkreislauf den sofortigen Tod.


Nach der Logik der Biochemiker gibt es noch einen weiteren Grund, weshalb man Natrium verabreichen sollte. Als das Kalium zunahm, „verschwand“ unerklärlicherweise eine beträchtliche Menge Natrium. Also folgerte man, wenn das Natrium abgebaut wird und nicht mehr genug davon da ist, müssen wir es dem Organismus zuführen!


Die von mir beobachteten biologischen Umwandlungen von Atomkernen halfen, eine Erklärung für das Geschehene zu geben. Eine Hormonstörung (der Nebennierenrinde) führt zu einer fortwährenden Produktion von Aldosteron, so daß körpereigenes Natrium in Kalium umgewandelt wird. In diesem Fall hatte also der ständige Kaliumanstieg im Blut nichts mit der Aufnahme von Kalium über die Nahrung zu tun, denn es war das Natrium im Serum, das zu Kalium umgewandelt wurde. Man braucht lediglich die Natriumaufnahme zu ändern, und es wird auch verständlich, wie eine Injektion von künstlichem Serum – einer wässrigen Lösung von Natriumchlorid – dem Blut einen reichen Nachschub gibt, der unverzüglich zu Kalium umgewandelt wird und den Tod herbeiführt. Traditionell verordnet man eine kochsalzfreie Diät, doch für eine dauernde Heilung sollte man mit der Behandlung an der Nebenniere ansetzen.

 

Addison-Krankheit

Im Dezember 1963 bat mich der Chef-Endokrinologe eines der größten Pariser Krankenhäuser, einigen Ärzten einen kurzen zusammenfassenden Vortrag über das Kalium zu halten. Der Professor wollte seinen Assistenten, Praktikanten, Studenten, Pharmazeuten, Laborleitern usw. Klarheit über die Entstehung von Kalium und das Verschwinden von Natrium verschaffen, da die Natriumverminderung und die Kaliumzunahme weiterhin unerklärlich blieben. Ein typisches Beispiel hiefür ist die Addison-Krankheit, bei der der Natriumanteil im Serum sinkt, der Kaliumanteil hingegen steigt.


Bauman und Kurland hatten 1927 festgestellt, daß die Erhöhung der Kaliumwerte im Serum durch eine Funktionsstörung der Nebennierenrinde verursacht werden. Im Jahre 1931 fanden Hastings und Compere nach der operativen Entfernung der Nebennierenrinde bei einem Hund heraus, daß der Kaliumgehalt im Plasma am zweiten Tag danach um bis zu 50 % ansteigen kann, was wenige Tage später zum Tode führt (unterdessen ist der Kaliumgehalt auf das Sechsfache des normalen Werts angestiegen).

 

Auch in der Zelle steigt der Kaliumanteil. Dies zeigten Harrison und Darrow 1938 sowie Buell und Turner 1941 an Ratten. Damit sind die Argumente derjenigen widerlegt, die behaupten, die Zunahme des Kaliums im Serum beruhe auf einer „Auswanderung“ des Kaliums aus der Zelle. Die genannten Forscher legten Beweise dafür vor, daß der Gesamtgehalt an Kalium zunimmt. Es geht also nicht um die einfache Verschiebung eines Ions.

 

Bei der Addison-Krankheit verschlimmern sich die Symptome bei extrem kaliumreicher Kost. Dass Kalium bei Nebennierenrindeninsuffizienz eine stark verschlimmernde Rolle spielt, wurde auch von Allen, Nilson, Kendall, Cleghorn und McVicar an Tieren bestätigt, denen die Nebennieren entfernt worden waren. Der Gehalt an Natrium im Serum, der bei der Nebennierenrindenunterfunktion sinkt, steigt bei Gabe von Cortexonacetat oder Cortison. Der steigende Kaliumgehalt wird unter denselben Bedingungen gesenkt. Die gegensätzliche Wirkung dieser Substanzen auf Natrium und Kalium wurde 1948 von Green herausgefunden, 1939 von Kuhlman und 1940 von Tookes. Cortexonacetat kann so stark wirken, daß das gesamte Kalium aus der Zelle verlorengeht.


Darrow zeigte, daß ein von Cortexonacetat hervorgerufener Mangel an intrazellulärem Kalium zu einer Alkalose führt. Diese Alkalose (Anstieg von Calcium) in Zusammenhang mit Kalium wurde von Endokrinologen bestätigt.

 

Thorn verwies 1941 auf einen anderen Effekt, den Cortison bei der Addison-Krankheit auf Natrium und Kalium hat. Cortison (oder Cortexonacetat) im Übermaß kann einen so großen Kaliumverlust herbeiführen, daß Dekalzifizierung die Folge ist. Man hatte nie verstanden, wieso der Kaliummangel einen Calciummangel hervorrufen kann!


Rheumabehandlungen mit Cortison (200 mg pro Tag) verändern das Natrium-Kalium-Gleichgewicht. Eine Dauerbehandlung kann tödliche Folgen haben, da sie eine Schrumpfung der Drüse (und damit auch der Nebennierenrinde) herbeiführt, die die Hormone produziert. Wird Rheuma auf diese Weise behandelt, so findet man, daß wie bei der Addison-Krankheit die Menge an ausgeschiedenem Kalium höher als die aufgenommene Menge ist. Diese negative Stoffwechselbilanz geht einher mit einer negativen Calcium-Bilanz, woran man sieht, daß das Verschwinden von Kalium durch die direkte Umwandlung dieses Elements zu Calcium zu erklären ist.

 

Das Cushing-Syndrom

Bei diesem Krankheitsbild geschieht das Umgekehrte: ein Hormonüberschuß führt zu einem Anstieg des Natriums im Blut. Die durch diese Krankheit hervorgerufene Alkalose wird einfach durch Kaliumgaben behoben. Das Cushing-Syndrom wird durch eine Überfunktion der Nebennierenrinde hervorgerufen, die häufig durch einen Tumor der Hypophyse ausgelöst wird, so daß diese ihre Regulationsfunktion verliert. Dadurch wird ein Übermaß an Cortison und anderen Steroidhormonen produziert. Die Wirkungen großer Mengen an Cortison sind hinreichend bekannt. Es kommt zu hohem Blutdruck, Mineralienabbau in den Knochen und zu Drüsenunterfunktionen. Alles zusammen kann schließlich zum Tode führen. Das Cushing-Syndrom wird als unheilbar angesehen. Die Behandlung besteht immer in der Operation, bei der ein Teil der Nebennierenrinde sowie der Hypophysentumor entfernt werden. Man hat es auch schon mit Gammastrahlung und Röntgenstrahlen versucht, doch dabei wird immer das Nachbargewebe mit geschädigt.

 

Patienten, die eine Cortisonbehandlung mitmachen, scheiden gewöhnlich mehr Kalium aus, als sie aufnehmen. Dieser Hinweis war für mich einer der Hauptanhaltspunkte bei der Forschung nach dem Enzym, das die Transmutation von Natrium und Kalium bewirkt, und das anscheinend zu derselben Gruppe gehört. Wenn die Hypophyse bei einem Trauma, wie z. B. Blutungen, schweren Verbrennungen, übermäßiger Kraftanstrengung, akuten Infektionen, schlimmen Verletzungen, Operationsschocks und Gefühlsausbrüchen, vermehrt ACTH ausschüttet, so führt das auch zu einer starken Freisetzung von Kalium. Meiner Ansicht nach sollte man hier die Verabreichung von physiologischer Kochsalzlösung in Erwägung ziehen. Wer die Kaliumfreisetzung behandelt, muß auch an die Natriumaufnahme denken, denn Natrium wird gebraucht, um das Kalium zu ersetzen. Darum sollte man für die Flüssigkeitsaufnahme eine Natriumchloridlösung wählen, um einem möglichen Kaliumverlust vorzubeugen.


Vor allem darf man nicht den schweren Fehler begehen, der heute immer noch begangen wird, zu meinen, der Körper brauche Kalium, weil er dieses Element ausscheide. (Das ist fast genauso, wie wenn man einem Organismus seine Ausscheidungen zurückgibt!) Eine Injektion großer Mengen Kaliumchlorid kann sogar gefährlich sein, weil sie eventuell eine lokale und lethale Konzentration in den Zellen bewirkt.


Anhand der Aufstellung präziser Stoffwechselbilanzen habe ich zeigen können, daß es biologische Transmutationen wirklich gibt. Wie man sieht, erklärt diese „neue“ Wissenschaft vieles, das bisher rätselhaft geblieben war (beispielsweise zum Stoffwechsel des Kaliums). Diese Beweise sollten zu neuen Forschungen in der Biologie anregen. Die Fakten waren sogar schon seit langem bekannt.


Für mich war es keine Enttäuschung, daß jemand sie vor mir entdeckt hat. Ganz im Gegenteil. Mich hat das begeistert, zeigte es doch, daß ich auf dem richtigen Wege war.