Dialektik nach Hegel einfach erklärt In diesem Fritz Tipp erkläre ich dir das Konzept der Dialektik des weltberühmten Philosophen Georg Wilhelm Friedrich Hegel mit einem anschaulichen Beispiel.
- Fritz-Tipp: Dialektik nach Hegel einfach erklärt
In diesem Fritz Tipp erkläre ich dir das Konzept der Dialektik des weltberühmten Philosophen Georg Wilhelm Friedrich Hegel mit einem anschaulichen Beispiel. Während ich Hegel in 60 Minuten lese, kommt mir ständig die Horrorgeschichte „The Pit and the Pendulum“ von Edgar Allan Poe in den Sinn.
Inhalt
Die Grube und das Pendel
In der Kurzgeschichte wird die Hauptfigur zur Zeit der spanischen Inquisition zum Tode verurteilt und verliert daraufhin das Bewusstsein. Als er erwacht, findet er sich gefesselt in einem dunklen Raum wieder. Über ihm schwingt ein Pendel mit einer halbmondförmigen Klinge hin und her, das sich unaufhaltsam weiter herabsenkt.
Wie die Geschichte ausgeht, kannst du hier nachlesen. Was aber viel wichtiger ist, Poe hat mir mit dem Pendel aus The Pit and the Pendulum eine wunderbare Analogie zur Hegelschen Dialektik geschenkt. Die Dialektik gleicht einem schwingenden Pendel, das sich stetig weiter herabsenkt.
Dialektik Definition
Dialektik ist ein Entwicklungsprinzip, nach dem eine Gestalt aus der vorausgegangenen hervorgeht. Dieses logische Hervorgehen nennt Hegel Dialektik.
In Anbetracht eines wieder aktuellen Dialektik-Beispiels könnte man argumentieren, dass nach acht Jahren Barack Obama (These) ein exzentrisches Donald Trump-Intermezzo (Antithese) notwendig war, damit etwas Vernünftigeres wie Joe Biden (Synthese) folgen kann.
Die Animation sollte um ein kontinuierlich herabkommendes Pendel erweitert werden, das Fortschritt und Entwicklung symbolisiert. Wie die Hegelsche Dialektik im Detail funktioniert, erkläre ich dir im folgenden Kapitel.
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Hegelsche Dialektik: Grundlagen
Hegel (1770-1831) zählt zu den bedeutendsten Philosophen der Welt, trotz seiner komplizierten Ausdrucksweise. Um die Dialektik Hegels verständlich zu erklären, orientiere ich mich eng an Erklärungen von Walter Ziegler:
- Hegel war der Erste, der die Dimensionen des Werdens in seiner ganzen Trageweite erkannte.
- Das menschliche Leben hat ebenso Prozesscharakter wie die Natur und die Geschichte.
- Dieser Prozess ist nicht zufällig aneinandergereiht, sondern folgt einem logischen Bewegungsprinzip, der Dialektik.
- Die Geschichte der Menschheit folgt einer inneren Logik. Eine Gestalt geht aus der vorausgegangenen hervor. Dieses Hervorgehen nennt Hegel Dialektik.
- Wenn beispielsweise eine historische Zeit Widersprüche in sich trägt, kommt es zu geistiger und materieller Auflehnung. Die alte Ordnung gerät ins Wanken und wird durch eine neue Ordnung ersetzt.
Beispiele: Dialektik der Aufklärung und Weltbild
- Ein Beispiel ist die Französische Revolution, die den Wechsel vom Absolutismus zur Aufklärung mit sich brachte. Hegel spricht von der Dialektik der Aufklärung.
- Zuerst gibt es eine These, also den Leitgedanken, dann eine Antithese und schließlich die Synthese.
- Nach einiger Zeit wird aber die Synthese selbst wieder zur These und alles beginnt von vorne.
- These: Die Erde ist eine Scheibe. Antithese: Die Erde ist rund. Synthese: Die Erde ist der runde Mittelpunkt des Universums.
- Diese Synthese wurde über Jahrhunderte zur These, bis Kopernikus erneut widersprochen hat.
- Nach Hegel sind der göttliche Weltgeist, der denkende Mensch und die Weltgeschichte nur drei verschiedene Perspektiven ein und derselben Bewegung, der dialektischen Vernunftsentfaltung.
Die dialektische Methode
- These: Um das Jahr 400 las Augustinus aus der Bibel und interpretierte, dass Gott den Menschen mit freiem Willen ausgestattet haben müsse.
- Antithese: Der Weltbestseller Homo Deus von Yuval Noah Harari basiert auf der Antithese, dass freier Wille eine Illusion ist. Demzufolge ist der Mensch eine Art Bio-Maschine, die durch Algorithmen ersetzt werden kann.
- Synthese: Der US-amerikanische Hirnforscher Benjamin Libet (1916-2007) ergänzt in diesem Zusammenhang den „freien Nicht-Willen“. Danach können wir immerhin Nein zu dem sagen, was ein Impuls in unserem Gehirn uns vorschreiben will. (Siehe auch FT: Das Libet Experiment)
Nach dieser vorläufigen Synthese ist unsere Aufgabe, das Wissen kontinuierlich weiterzuentwickeln und aus der Synthese eine neue These zu formen, der widersprochen werden kann.
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Die Wurzeln von Hegels Dialektik: Heraklit und Platons Einfluss
Wie so oft steht auch Hegel auf den Schultern von Riesen, wenn er seine Vorstellungen von Dialektik darlegt. Ich lade dich auf einen Streifzug durch die Geschichte der Philosophie ein:
Bereits Heraklit (520-460 v. Chr.) behauptet vor über 2000 Jahren, dass alles, was existiert, zugleich durch sein Gegenteil bedingt ist und es als solches in sich trägt. Precht folgend ist dieser Gedanke mit einem Wort Platons als dialektisches Denken in die Philosophiegeschichte eingegangen (Precht, S. 83).
Platon (428-348 v. Chr.) formulierte dialektische Dialoge. Ein kunstvolles Spiel mit Argumenten und Gegenargumenten, das am Ende zu einem höheren Erkenntnisgewinn führen soll. Ein ganzer Dialog seines Werks beschäftigt sich mit dem Wesen der Erkenntnis (Precht, S. 154).
Aristoteles, Abaelard und Bacon: Weiterentwicklung der Dialektik
Platons Schüler Aristoteles (384-322 v. Chr.) setzt noch einen drauf und begründet die Logik. Er unterscheidet den Schluss vom Allgemeinen auf das Besondere (Deduktion) vom Schluss vom Besonderen auf das Allgemeine (Induktion). Diese alltagsphilosophische Logik nennt er Dialektik (Precht, S. 233).
Der Grundstein zur Dialektik wurde in der Antike gelegt. Vieles davon ist im Mittelalter verloren gegangen und fand erst über Umwege wieder zurück ins abendländische Denken. Abaelard (1079-1142 n. Chr.) versucht beispielsweise die Widersprüche innerhalb der Kirche dialektisch zu untersuchen. Was ihm eine Verurteilung als Ketzer einbringt (Precht, S. 442).
Francis Bacon (1561-1626 n. Chr.) wird vor diesem Hintergrund in der Renaissance ein wenig übertrieben zum geistigen Vater der Induktion erklärt. Nach ihm stellt ein wahrer Wissenschaftlicher keine Theorien auf, die vom Allgemeinen auf das Besondere schließen (Deduktion). Stattdessen orientiert er sich am Einzelfall und dringt zum Allgemeinen vor (Induktion).
Hegels Dialektik für Führungskräfte
Was nutzt dir als Führungskraft der Kerngedanke der Dialektik von Hegel? In meiner Wahrnehmung durchlaufen wir im Management immer wieder gewisse Moden, wie zum Beispiel:
- Wir brauchen keine Führungskräfte vs. Wir brauchen starke Führungskräfte
siehe Holacracy: Definition, Modell und Kritik - Mehr Agilität vs. Mehr Planung
siehe Unternehmensentwicklung: Definition, Aufgaben, Vorgehen - Fremdorganisation vs. Selbstorganisation
siehe Selbstorganisation braucht Führung - New Work vs. Old Work
siehe New Work: Alter Wein in neuen Schläuchen?
Auf kurze Sicht betrachtet schwingt das Pendel aus Poes Geschichte hin und her und senkt sich dabei keinen Millimeter. Wie eine Mode, die kommt und geht ohne jeglichen Fortschritt.
Jetzt kommt allerdings der wichtige Punkt: Langfristig bringt jede dieser Pendelbewegungen wieder neue Gedanken, Aspekte und Ideen in Form der Synthese mit sich. Im Kern bekannt, am Rande doch etwas Neues.
Hier gilt es wachsam zu sein und die feinen, aber vorhandenen Fortschritte zu erkennen. Dies gelingt nach Hegel am besten im Austausch mit anderen. Nur wer sich im regen Austausch befindet, praktiziert Bildung.
Fazit: Hegelsche Dialektik als Entwicklungsprinzip
Für mich liefert die Hegelsche Dialektik ein wichtiges Entwicklungsprinzip. Fortschritt kann als Pendelbewegung gedacht werden. Auch wenn der Fortschritt noch so gering ist, jeder Ausschlag ins Extreme, wie z.B. die Antithese Trump, kann Gutes bringen. Du musst nur aufmerksam bleiben und nicht alles totreden. Zugegeben eine schwierige Aufgabe – dennoch eine lohnende.
Dr. Patrick Fritz
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